Anforderungen an eine formularmäßige Verkürzung der Verjährungsfrist im Gebrauchtwagenhandel.

Anforderungen an eine formularmäßige Verkürzung der Verjährungsfrist im Gebrauchtwagenhandel.

Eine Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist in den einem Vertrag über den Verkauf eines Gebrauchtwagens zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) unwirksam, wenn

  • die Regelung widersprüchlich ist,
  • also beispielsweise ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Käufer der Regelung nicht entnehmen kann, ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann.

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 104/14 – in einem Fall entschieden,

  • in dem die Klägerin von dem beklagten Autohändler, bei dem sie einen gebrauchten Pkw gekauft hatte, wegen aufgrund von Produktionsfehlern aufgetretener Korrosionsschäden, 15 Monate nach Übergabe des Fahrzeugs die Kosten für eine Beseitigung dieser Schäden verlangt und
  • der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hatte,
  • unter Bezugnahme auf die dem Kaufvertrag zugrundeliegenden AGB, die der „Unverbindlichen Empfehlung des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK)“ mit Stand 3/2008 entsprachen und auszugsweise wie folgt lauteten:
    • VI. Sachmangel1. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden. […]

      5. Abschnitt VI Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung.

      VII. Haftung

      1. Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:
      Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. […]

      5. Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.“

Seine Entscheidung,

  • dass die Verjährungsverkürzung gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der obigen AGB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam und
  • der Beklagte deshalb wegen Verletzung seiner Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) zur Zahlung des von der Klägerin begehrten Schadensersatzes verpflichtet ist,

hat der VIII. Zivilsenat des BGH damit begründet, dass ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Kunde den – widersprüchlichen – Regelungen in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 und VI Nr. 5, VII nicht entnehmen könne,

  • ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann.

Denn einerseits sollen nach Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der AGB Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren.

  • Danach darf der Verkäufer nach Ablauf dieser Zeit die Nacherfüllung wegen eines Sachmangels verweigern, so dass auch für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht kein Raum mehr wäre.

Andererseits ergibt sich aus den Regelungen des Abschnitts VI Nr. 5 und VII, dass für sämtliche Schadensersatzansprüche die Verjährungsfrist nicht verkürzt ist und die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt.

  • Danach kann der Käufer einen Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr mit Erfolg geltend machen.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben somit – aus der maßgeblichen Sicht des Kunden – keine eindeutige Antwort darauf,

  • binnen welcher Frist er vom Verkäufer Schadensersatz wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht verlangen kann.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 29.04.2015 – Nr. 71/2015 – mitgeteilt.

 


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