Was berufstätige Eltern, die für ihr Kind keinen Kitaplatz nachgewiesen erhalten, wissen sollten

Was berufstätige Eltern, die für ihr Kind keinen Kitaplatz nachgewiesen erhalten, wissen sollten

Wird Kindern entgegen § 24 Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ab Vollendung des ersten Lebensjahres vom zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe kein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt, können ihre Eltern,

  • wenn sie deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können und
  • den Bediensteten des zuständigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ein Verschulden trifft, wofür der Beweis des ersten Anscheins spricht,

nach § 839 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Artikel 34 Satz 1 Grundgesetz (GG) ihren Verdienstausfallschaden ersetzt verlangen.

Das hat der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten wegen Schadensersatzansprüchen aus Amtshaftung zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in drei Verfahren mit Urteilen jeweils vom 20.10.2016 – III ZR 278/15, 302/15 und 303/15 – entschieden.

In den drei den Verfahren zugrunde liegenden Fällen war von drei Müttern,

  • die nach Ablauf der einjährigen Elternzeit ihre Vollzeit-Berufstätigkeit wieder aufnehmen wollten und unter Hinweis darauf für ihre Kinder wenige Monate nach der Geburt bei der beklagten Stadt Bedarf für einen Kinderbetreuungsplatz für die Zeit ab der Vollendung des ersten Lebensjahres angemeldet,
  • aber zum gewünschten Termin keinen Betreuungsplatz nachgewiesen erhalten hatten,

für den Zeitraum zwischen der Vollendung des ersten Lebensjahres ihrer Kinder und der späteren Beschaffung eines Betreuungsplatzes Ersatz des ihnen entstandenen Verdienstausfalls verlangt worden.

Wie der Senat ausgeführt hat,

  • verletzt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe seine Amtspflicht, wenn er einem gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII anspruchsberechtigten Kind trotz rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfs keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellt,
  • ist die betreffende Amtspflicht nicht durch die vorhandene Kapazität begrenzt, sondern trifft den verantwortlichen öffentlichen Träger der Jugendhilfe der gehalten ist, eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte – freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen – bereitzustellen, eine unbedingte Gewährleistungspflicht,
  • bezweckt diese Amtspflicht auch den Schutz der Interessen der personensorgeberechtigten Eltern und
  • fallen in den Schutzbereich der Amtspflicht auch Verdienstausfallschäden, die Eltern dadurch erleiden, dass ihre Kinder entgegen § 24 Abs. 2 SGB VIII keinen Betreuungsplatz erhalten.

Des weiteren hat der Senat auch darauf hingewiesen, dass sich der verantwortliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu seiner Entschuldigung,

  • da er nach der gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt – insbesondere: ohne „Kapazitätsvorbehalt“ – einstehen muss,

nicht auf allgemeine finanzielle Engpässe berufen kann.

Nachdem in den drei Fällen noch Feststellungen zum Verschulden des beklagten Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und zum Umfang des erstattungsfähigen Schadens zu treffen sind, sind die drei Verfahren zur Nachholung dieser Feststellungen vom Senat an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.

Das hat die Pressestelle des BGH am 20.10.2016 – Nr. 185/2016 – mitgeteilt.


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