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Dieselgate: OVG Münster entscheidet, dass Halter von Dieselfahrzeugen zum Software-Update verpflichtet sind

Mit zwei Beschlüssen vom 17.08.2018 – 8 B 548/18, 8 B 865/18 – hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster darauf hingewiesen, dass Halter von Dieselfahrzeugen,

  • in die vom Hersteller eine, zu Abgasmanipulationen führende, unzulässige Abschalteinrichtung verbaut und
  • deren Entfernung dem Hersteller vom Kraftfahrbundesamt aufgegeben worden ist, um die Übereinstimmung mit dem ursprünglich genehmigten Typ wiederherzustellen,

verpflichtet sind an ihren Fahrzeugen nach schriftlicher Aufforderung durch die Straßenverkehrsbehörden ein Software-Update vornehmen zu lassen, wenn

Betroffene Autobesitzer,

  • die wegen der Abgasmanipulation zivilrechtliche (Schadensersatz)Ansprüche gegen den Fahrzeugverkäufer oder -hersteller geltend machen wollen,

sollten sich deshalb rechtzeitig von einem Rechtsanwalt beraten lassen, ob es erforderlich ist,

  • ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren, zur gerichtsverwertbaren Dokumentation des derzeitigen Zustands ihres Fahrzeuges, durchzuführen.

Möchten Verbraucher, die zur Finanzierung des Fahrzeugkaufs, egal ob Diesel oder Benziner, einen vom Verkäufer vermittelten Darlehensvertrag

…. abgeschlossen haben, das gekaufte Auto nicht behalten, sollten sie überprüfen (lassen),

  • ob die vertragliche Widerrufsinformation hinsichtlich der Rückabwicklung des Vertrags nach einem Widerruf ordnungsgemäß gewesen ist,

weil, wenn das nicht der Fall war, was häufig vorkommt,

  • die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt worden ist und

sie dann, wie das Landgericht (LG) Ravensburg mit Urteil vom 07.08.2018 – 2 O 259/17 – entschieden hat,

  • berechtigt sind den Autokreditvertrag zu widerrufen und
  • nach dem wirksamen Widerruf gem. §§ 358 Abs. 1, Abs. 4 S. 5, 355, 357 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von der Bank, gegen Rückgabe des Fahrzeugs, die bisher geleisteten Darlehensraten, sowie auch eine ggf. von ihnen an den Verkäufer geleistete Anzahlung zurückverlangen können,
    • ohne Wertersatz oder Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer zahlen zu müssen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall waren nach Auffassung des LG die vertraglichen Widerrufsinformationen hinsichtlich der Rückabwicklung des Vertrages nach einem Widerruf, mangels ausreichender Belehrung gemäß Art. 247 § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 b Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB)auf die Rechtsfolgen nach § 358 Abs. 1, Abs. 2 BGB deshalb nicht ordnungsgemäß, weil

  • es zwar in der dem Vertrag beiliegenden Widerrufsinformationa. hieß, dass,
    • wenn der Darlehensnehmer die aufgrund des Fahrzeug-Kaufvertrages überlassene Sache nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren kann, er insoweit Wertersatz zu leisten hat, dies allerdings nur in Betracht kommt, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war,“
  • allerdings im Widerspruch dazu in den Darlehensbedingungen unter der Unterschrift „Widerruf“ zum Wertverlust dem Darlehensnehmer mitgeteilt worden war, dass
    • der Darlehensnehmer im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeuges entstandene Wertminderung (zum Beispiel Wertverlust aufgrund der Zulassung eines Pkw) zu ersetzen hat,“

und

  • nachdem (auch) nicht ersichtlich war, dass die Ausführungen in der Widerrufsinformation denjenigen in den Kreditbedingungen vorgehen sollen,

der (inhaltlich falsche) Hinweis in den Darlehensbedingungen somit geeignet war,

  • bei dem Darlehensnehmer der Eindruck entstehen zu lassen, dass er auch dann Wertersatz für das mit dem verbundenen Kaufvertrag erworbene Fahrzeug leisten muss, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit der Eigenschaften und der Funktionsweise notwendig war und
  • ihn demzufolge von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.

BAG entscheidet: Streikabbruchprämie zu zahlen ist für bestreikte Arbeitgeber ein zulässiges Kampfmittel

Mit Urteil vom 14.08.2018 – 1 AZR 287/17 – hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass Arbeitgeber,

  • deren Betrieb bestreikt werden soll bzw. wird,

grundsätzlich berechtigt sind, den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmern,

  • die sich nicht am Streik beteiligen und ihrer regulären Tätigkeit nachgehen,

die Zahlung einer Prämie (Streikbruchprämie) zuzusagen,

  • um sie von einer Streikbeteiligung abzuhalten und
  • damit betrieblichen Ablaufstörungen zu begegnen.

Danach handelt es sich bei einer solchen Ungleichbehandlung der streikenden und der nicht streikenden Beschäftigten,

  • vor dem Hintergrund der für beide soziale Gegenspieler geltenden Kampfmittelfreiheit,

um eine grundsätzlich zulässige Maßnahme des Arbeitgebers,

  • für die das Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hat das BAG eine den Tagesverdienst Streikender um ein Mehrfaches übersteigende Streikbruchprämie,

  • nämlich zunächst in Höhe von 200 Euro brutto (bei einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend anteilig) pro Streiktag und
  • später in Höhe von 100 Euro brutto,

als nicht unangemessen angesehen (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 14.08.2018).

Grundsicherung beziehende schwer Lungenkranke können gegen das Sozialamt Anspruch auf Zuschuss für den Kauf eines

…. Gebrauchtwagens haben, wenn

  • sie wegen ständig benötigter Flüssigsauerstoff ein mehrere Kilogramm schweres Sauerstoffgerät mit einem Sauerstofftank bei sich führen müssen,
  • sie bisher mit ihrem Pkw in größerem Umfang ihre zahlreichen weit entfernt lebenden Verwandten und Freunde besucht haben und
  • sie dazu nun deshalb nicht mehr in der Lage sind, weil
    • ihr Fahrzeug verschrottet werden musste,
    • ihnen, wegen der notwendigen Mitnahme des Sauerstoffgerätes sowie angesichts der Dauer ihrer Abwesenheit von zu Hause, auch eines Zusatztanks, die Benutzung des ÖPNV nicht zugemutet werden kann und
    • Behindertenfahrdienste nicht zur Verfügung stehen.

Das hat das Sozialgericht (SG) Mannheim mit Bescheid vom 09.04.2018 – S 2 SO 2030/16 – entschieden.

Danach gehört die Möglichkeit seine Verwandte und Freunde auch weiterhin besuchen zu können zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall ist das Sozialamt vom SG zur Zahlung eines Zuschusses von 7.500 Euro für den Erwerb eines Gebrauchtwagens verurteilt worden (Quelle: Pressemitteilung des SG Mannheim vom 07.08.2018).

Wann haben Fluggäste, deren Flug verspätet gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit am Zielflughafen

…. ankommt, Anspruch auf eine Ausgleichszahlung?

Einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO)

in Höhe von

  • 250 Euro bei Flügen über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger,
  • 400 Euro bei allen Flügen innerhalb der EU über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km sowie
  • von 600 Euro bei allen anderen Flügen,

haben Fluggäste,

  • unbeschadet eines weitergehenden Schadensersatzanspruches,

dann, wenn

  • ihr Flug erst mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr das Endziel erreicht hat,
  • der Flug
    • angetreten worden ist von einem Flughafen in einem EU-Land oder
    • bei Antritt von einem Flughafen in einem Drittstaat zu einem Flughafen in einem EU-Land, durchgeführt worden ist von einem Flugunternehmen mit Firmensitz in der EU
  • die Fluggäste
    • nicht kostenlos (wie beispielsweise mitunter kostenlos mitreisende Kleinkinder (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2015 – X ZR 35/14 –) oder
    • zu einem reduzierten Tarif gereist sind, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist

und

  • die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch von dem Flugunternehmen dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO).

Endziel eines Fluges ist

  • der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein,
  • bei direkten Anschlussflügen der Zielort des letzten Fluges.

Bei der Bestimmung des Ausmaßes der Verspätung ist abzustellen auf den Zeitpunkt,

Maßgebend für die Entfernungsberechnung und damit für die Höhe des Ausgleichszahlungsanspruchs ist,

  • wenn es sich um einen Flug mit Anschlussflügen gehandelt hat,

die Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen und dem Endzielflughafen,

  • die nach der Großkreisentfernung (vgl. Art. 7 Abs. 4 FluggastrechteVO) zu ermitteln ist,

unabhängig von der tatsächlich zurückgelegten Flugstrecke, also

  • die Luftlinienentfernung, die ein Direktflug zwischen dem Start- und dem Zielflughafen zurücklegen würde,

was bedeutet, dass bei einem gebuchten Flug

  • beispielsweise von Rom über Brüssel nach Hamburg,
  • der in Hamburg mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit ankommt,

sich die Höhe des Ausgleichs der dem Fluggast zusteht, richtet nach

  • der Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen Rom und dem Zielflughafen Hamburg
  • und nicht nach der Luftlinienentfernung zwischen Rom und Brüssel zuzüglich der Luftlinienentfernung zwischen Brüssel und Hamburg (so EuGH, Urteil vom 07.09.2017 in der Rechtssache C-559/16).

Außergewöhnliche Umstände i.S.v. Art. 5 Abs. 3 der FluggastrechteVO, die einem Ausgleichsanspruch wegen erheblicher Verspätung entgegenstehen, sind beispielsweise

  • Sabotageakte oder terroristische Handlungen,
  • Naturereignisse wie etwa ein Vulkanausbruch oder eine Kollision mit Vögeln,
  • vom Maschinenhersteller oder der zuständigen Behörde entdeckte versteckte, die Flugsicherheit beeinträchtigende Fabrikationsfehler bei bereits in Betrieb genommenen Maschinen,
  • aber auch eine behördliche Anordnung, die Auswirkungen auf den Flugbetrieb hat oder ein den Betrieb beeinträchtigender Streik (nicht jedoch ein wilder Streik (EuGH, Urteil vom 17.04.2018 in der Rechtssache C-195/17)).

Keine außergewöhnlichen Umstände sind dagegen

  • wilde Streiks,
  • stattgefundene Kollisionen zwischen einem Flugzeug oder einem Fahrzeug, das bei der Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr notwendigerweise eingesetzt wird, wie beispielsweise einem Treppenfahrzeug oder einem Gepäckwagen und
  • ein unerwartet auftretendes technisches Problem, wie beispielsweise ein unerwartet defekt gewordenes Teil, das erst geliefert und eingebaut werden musste (EuGH, Urteil vom 17.09.2015 in der Rechtssache C-257/14).

Ist vom Verkäufer eines Gebrauchtwagens wahrheitswidrig angegeben worden, dass das Fahrzeug scheckheftgepflegt ist, kann

…. der Kaufvertrag vom Käufer nach § 123 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • wegen arglistiger Täuschung angefochten,
  • das Fahrzeug dem Verkäufer zurückgegeben und
  • von diesem der Kaufpreis zurückverlangt werden.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 10.01.2018 – 142 C 10499/17 – entschieden.

Danach handelt es sich

  • bei der Eigenschaft der Scheckheftpflege

um ein wesentliches wertbildendes Merkmal, so dass

  • wenn dieses vorgetäuscht wird,

die Anfechtung möglich ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 10.08.2018).

Verfügt bei einem Flug ins Ausland ein von einem Flugunternehmen beförderter Fluggast nicht über die erforderlichen Dokumente

…. für die Einreise in das Zielland kann dies

  • sowohl für den Fluggast
  • als auch für das ihn befördernde Flugunternehmen

teuer werden.

Mit Urteil vom 15.05.2018 – X ZR 79/17 – hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem einem Fluggast eines Flugunternehmens bei der Ankunft in Indien, von den indischen Behörden,

  • weil er nicht über das für die Einreise erforderliche Visum verfügte, die Einreise verweigert sowie

dem Flugunternehmen wegen Verstoßes gegen den Immigration (Carrier’s Liability) Act 2000 ein Bußgeld in Höhe von 100.000 Rupien (zum Zahlungszeitpunkt umgerechnet 1.415,35 €) auferlegt worden war

  • und das Flugunternehmen mit dem Fluggast darüber streitet, ob der Fluggast dem Flugunternehmen das Bußgeld erstatten muss,

nämlich entschieden, dass

  • zwar den Fluggast gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen die, sich aus dem entgeltlichen (Werk-)Vertrag über die (Luft-)Beförderung von Personen ergebende, vertragliche Nebenpflicht trifft, einen Auslandsflug nicht ohne die für die Einreise in den Zielstaat nach dessen Recht notwendigen Dokumente, einschließlich eines etwa erforderlichen Visums anzutreten (§ 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))

und

  • bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung der Fluggast dem Luftverkehrsunternehmen gemäß § 280 BGB zum Ersatz eines diesem dadurch entstehenden Schadens verpflichtet ist,

allerdings

  • nach § 254 Abs. 1 BGB auch das Luftverkehrsunternehmen ein Mitverschulden treffen kann, das seinen Ersatzanspruch mindert oder ausschließt, was insbesondere dann in Betracht kommt, wenn
    • der Schaden in einer dem Luftverkehrsunternehmen wegen der fehlenden Einreisedokumente des Fluggastes auferlegten Geldbuße besteht und
    • das Luftverkehrsunternehmen vor dem Abflug keine geeignete Dokumentenkontrolle durchgeführt hat.

Zur Feststellung ob ein solches Mitverschulden des Flugunternehmens vorgelegen hat, ist die Sache vom Senat an das Berufungsgericht,

  • das der Klage des Flugunternehmen gegen den Fluggast auf Erstattung des Bußgeldbetrages in vollem Umfang stattgegeben hatte,

zurückverwiesen worden.

Wichtig zu wissen für gesetzlich Unfallversicherte, die auf dem gewöhnlichen Weg zum Arbeitsplatz einen Unfall haben

Mit Urteil vom 29.06.2018 – L 8 U 4324/16 hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg darauf hingewiesen, dass

  • zwar auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges zum Arbeitsplatz versichert ist (sog. „Wegeunfall“),

allerdings nicht automatisch jeder Unfall auf dem Arbeitsweg ein Wegeunfall ist, sondern,

  • auch wenn sich der Unfall auf der gewöhnlichen Strecke zum Arbeitsplatz ereignet,

wegen Fehlens am erforderlichen Zusammenhang mit der versicherten beruflichen Tätigkeit, dann kein Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) mehr vorliegt, wenn

Übrigens:
Darauf, dass grundsätzlich auch

  • während des Auftankens des zur Fahrt nach oder von dem Ort der Tätigkeit benutzten Fahrzeuges

kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht und

  • etwas Anderes nur dann gilt, wenn das Nachtanken während der Fahrt unvorhergesehen notwendig wird, damit der restliche Weg zurückgelegt werden kann,
  • wobei von einem unvorhergesehenen Auftankenmüssen eines Fahrzeuges nur dann auszugehen ist, wenn
    • der Treibstoff für das benutzte Fahrzeug plötzlich aus Umständen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, für ihn vollkommen unerwartet zur Neige geht,
    • etwa weil wegen einer Verkehrsumleitung oder eines Staus der Kraftstoffverbrauch so stark ansteigt, dass der Versicherte ohne ein Nachtanken die Arbeitsstelle bzw. hier seine Wohnung nicht mehr erreichen kann,

hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart mit Urteil vom 20.07.2017 – S 1 U 2825/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 02.08.2018).

Krankenkasse muss gesetzlich Versichertem höhenverstellbaren Arbeits- und Therapiestuhl zahlen, wenn ohne dieses Hilfsmittel

…. das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens nicht gewährleistet ist.

Darauf hat das Sozialgericht (SG) Mannheim mit Bescheid vom 23.02.2018 – S 11 KR 3029/17 – hingewiesen und in einem Fall eines halbseitig Gelähmten,

  • der von der Krankenkasse bereits unter anderem einen Leichtrollstuhl und einem Elektrorollstuhl bekommen hatte,

entschieden,

  • dass dieser auch einen Anspruch gegen die Krankenkasse auf einen höhenverstellbaren Arbeits- und Therapiestuhl hat.

Maßgebend für diese Entscheidung des SG war, dass

  • der halbseitig gelähmte Versicherte sich mit seinem Leichtrollstuhl nicht in der ganzen Wohnung fortbewegen konnte,
  • er auch nur mit dem Therapie- und Arbeitsstuhl in der Lage war, sich aus dem Sitzen in den Stand aufzurichten und
  • er darüber hinaus auch nur mit einem solchen Stuhl selbst Mahlzeiten zubereiten konnte (Quelle: Pressemitteilung des SG Mannheim vom 07.08.2018).

Erleidet ein Friedhofsmitarbeiter beim Anheben eines Leichnams ein Verhebetrauma handelt es sich um einen Arbeitsunfall

Darauf hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 19.07.2018 – L 6 U 1695/18 – hingewiesen und in einem Fall, in dem ein u. a. für die Abholung von Verstorbenen zuständiger Friedhofsmitarbeiter (Bestattungshelfer),

  • als er gemeinsam mit einem Kollegen einen Leichnam vom Bett auf die am Boden stehende Trage wollte und
  • sich dazu etwas seitlich verrenken musste,

beim Anheben der Leiche ein „Knacken“ im rechten Oberarm und einen brennenden Schmerz direkt oberhalb des Ellenbogens verspürt hatte,

  • der mit einem deutlichen Kraftverlust im Bereich der Bizepsmuskulatur, Druckschmerz sowie einem Muskelbauch am rechten distalen Oberarm verbunden war und
  • ein nochmaliges Anheben der Leiche unmöglich machte,

das Vorliegen eines Arbeitsunfalls (vgl. § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) festgestellt.

Denn, so das LSG, das Verhebetrauma, das der Friedhofsmitarbeiter während der beruflichen Tätigkeit, nämlich bei dem Versuch die Leiche anzuheben, erlitten habe, erfülle,

  • da wesentliche Ursache hierfür die dabei stattgefundene, zu den äußeren Ursachen zählende (mechanische) Krafteinwirkung bei dem Anhebeversuch gewesen sei,

die gesetzliche Anforderung an Arbeitsunfälle „von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt“.

Für Versicherte,

  • die auf ausdrückliche oder stillschweigende Anordnung ihres Arbeitgebers zur Ausübung ihrer versicherten Tätigkeit derartige Kraftanstrengungen unternehmen,

bedeutet die Entscheidung, dass sie,

  • wenn sie dabei einen Gesundheitsschaden erleiden,

unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen (Quelle: Pressemitteilung des LSG Stuttgart vom 24.07.2018).