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Landessozialgericht Baden-Württemberg entscheidet, wann man während einer Reha unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht

…. und wann nicht.

Danach steht, wer auf Kosten eines Rehabilitations-Trägers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhält, bei Tätigkeiten/Aktivitäten während einer Kur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn

  • ein spezifischer sachlicher Zusammenhang gerade zu den durchgeführten Reha-Maßnahmen besteht,
  • also insbesondere bei Tätigkeiten/Aktivitäten die
    • speziell der stationären Behandlung dienen,
    • auf den Rehabilitationszweck ausgerichtet,
    • ärztlich angeordnet oder
    • therapeutisch überwacht und begleitet worden sind.

In der Freizeit des Rehabilitanden, ohne Unterstützungsmaßnahmen seitens der Reha-Klinik unternommene Aktivitäten, bei denen das „ob“, das „wann“, das „wie“ und das „wohin“ der Aktivität allein Sache der Eigeninitiative des Rehabilitanden ist, sind vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erfasst.

Darauf hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 23.03.2018 – L 8 U 3286/17 – hingewiesen und in einem Fall, in dem eine 53-jährige Frau, die wegen einer psychischen Erkrankung (Anpassungsstörung) für drei Wochen zur Kur war,

  • in dieser Zeit an einem Samstagabend mit einigen Mitrehabilitanden zum Zweck der Entspannung sowie
  • um dort gemeinsam zu Essen und zu Trinken eine Gaststätte

außerhalb der Reha-Klinik aufgesucht und sich auf dem Rückweg zur Klinik bei einem Sturz verletzt hatte, entschieden, dass

Fluggäste sollten wissen, dass sie auch dann Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben können, wenn es infolge eines „wilden Streiks“

…. des Flugpersonals zu einer Annullierung ihres Fluges oder einer Ankunftsverspätung von drei Stunden oder mehr kommt.

Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 17.04.2018 in den verbundenen Rechtssachen C-195/17, C-197/17 bis C 203/17, C-226/17, C-228/17, C-254/17, C-274/17, C-275/17, C-278/17 bis C-286/17 und C-290/17 bis C-292/17 entschieden.

Danach stellt ein „wilder Streik“ des Flugpersonals,

  • der durch spontane massenhafte Krankmeldungen nach einer überraschenden Ankündigung einer Umstrukturierung durch das Management der Fluggesellschaft zustande kommt,

keinen „außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO)dar, der es der Fluggesellschaft erlaubt, sich von ihrer Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen zu befreien.

Begründet hat der EuGH dies damit, dass die Einstufung eines Vorkommnisses als „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO voraussetzt, dass

  • das Vorkommnis seiner Natur oder Ursache nach weder Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Fluggesellschaft,
  • noch von dieser tatsächlich beherrschbar ist,

dass Risiken, die sich aus den mit Umstrukturierungsmaßnahmen einhergehenden sozialen Folgen ergeben, jedoch

  • Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Fluggesellschaft sind, weil
    • Umstrukturierungen und betriebliche Umorganisationen zu den normalen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen von Unternehmen gehören und
    • es somit nicht ungewöhnlich ist, dass sich Fluggesellschaften bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten mit ihren Mitarbeitern oder einem Teil von ihnen gegenübersehen können (Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 17.04.2018).

Wird ein Landwirt durch ein von ihm aufgestelltes Wühlmaus-Selbstschussgerät verletzt, hat er Anspruch auf Leistungen

…. aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das hat das Sozialgericht (SG) Münster mit Urteil vom 05.04.2018 – S 3 U 11/16 – entschieden.

Danach ist ein Landwirt beim Aufstellen einer Wühlmausfalle (hier: Wühlmaus-Selbstschussgerät) gesetzlich unfallversichert, so dass,

  • wenn sich beispielsweise bei Austellen ein Schuss löst und
  • der Landwirt ein Knalltrauma erleidet,

er Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen kann (Quelle: Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18.04.2018).

Arbeitnehmer, deren Versetzung an einen anderen Firmenstandort rechtswidrig war, können vom Arbeitgeber die Kosten

…. für eine angemietete Zweitwohnung und eines Teils der Heimfahrten erstattet sowie die Zahlung eines Tagegeldes verlangen.

Das hat das Hessische Landesarbeitsgericht (LArbG) mit Urteil vom 10.11.2017 – 10 Sa 964/17 – in einem Fall entschieden, in dem ein bei seiner Arbeitgeberin seit 1997 beschäftigter Arbeitnehmer,

  • von seiner Arbeitgeberin ab November 2014 in eine ca. 480 km entfernte Niederlassung versetzt worden,
  • dieser Versetzungsaufforderung auch gefolgt war,
  • jedoch gegen die Versetzung erfolgreich geklagt hatte, so dass er nach der rechtskräftigen Feststellung in einem vorausgehenden Rechtsstreit, dass die Versetzung rechtswidrig war, ab Oktober 2016 wieder an seinem ursprünglichen Beschäftigungsort arbeiten konnte und

während seines Einsatzes in der Niederlassung

  • eine Zweitwohnung angemietet hatte sowie
  • mit seinem Privatfahrzeug regelmäßig sonntags und freitags zwischen Hauptwohnsitz und Zweitwohnung gependelt war.

Der Schadensersatz, den die Arbeitgeberin in einem solchen Fall dem Arbeitnehmer schuldet, umfasst nach der Entscheidung des LArbG dem Grunde nach die Kosten der Zweitwohnung und des Pendelns,

  • wobei die Berechnung des Schadens nach dem Leitbild der öffentlich-rechtlichen Reisekostenregelungen, konkret der Trennungsgeldverordnung (TGV), zu berechnen sein soll

und danach der Arbeitnehmer

  • die Mietkosten, soweit diese angemessen sind, erstattet,
  • den Wert einer Zugfahrt an jedem zweiten Wochenende vergütet verlangen und
  • daneben für den höheren Aufwand auch einen monatlichen Ausgleich, ermittelt nach den Vorschriften für ein Trennungstagegeld, verlangen kann (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Frankfurt vom 17.04.2018).

Wer auf der Internet-Auktions-Plattform eBay ein Nutzerkonto eröffnet und einen Nutzernamen wählt, sollte wissen

…. dass sämtliche Umsätze aus unter diesem Nutzernamen ausgeführten Verkäufen steuerrechtlich ihm zuzurechnen sind.

Das hat das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg in Stuttgart mit Urteil vom 26.10.2017 – 1 K 2431/17 – entschieden.

Danach ist

  • bei Verkäufen über die Internet-Auktions-Plattform eBay Leistungserbringer im umsatzsteuerlichen Sinne und damit Unternehmer die Person, unter deren Nutzernamen die Verkäufe ausgeführt werden und
  • ein innerer Wille, über das Nutzerkonto auch Verkäufe anderer abzuwickeln, ohne Belang (Quelle: Pressemitteilung des FG Stuttgart vom 04.04.2018).

Wer die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer bestimmten Domain in Auftrag gibt, sollte beachten

…. dass er grundsätzlich das Risiko trägt, dass mit der in Auftrag gegebenen Werbemaßnahme die gewünschte Werbewirkung tatsächlich auch erzielt werden kann, wenn

  • er mit dem Auftragnehmer keine vertraglichen Regelungen trifft, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann.

Darauf hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.03.2018 – VII ZR 71/17 – hingewiesen.

Danach ist ein Vertrag,

  • mit dem ein anderer bzw. ein Unternehmen beauftragt wird, unter einer bestimmten Domain eine Werbeanzeige zu platzieren,

in der Regel,

rechtlich als Werkvertrag gemäß § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu qualifizieren, nach dem – vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien – der Auftragnehmer für die Dauer der Vertragslaufzeit als Arbeitsergebnis bzw. Arbeitserfolg lediglich schuldet,

  • die Werbeanzeige in der im Vertrag festgelegten Form durch die Plazierung unter einer bestimmten Domain dem potentiellen Kundenkreis zur Kenntnis zu bringen.

Wohnungsmieter die sich gegen eine erhebliche Abstandszahlung verpflichten, aus ihrer Wohnung auszuziehen, sollten beachten

…. dass sie damit möglicherweise (stillschweigend gleichzeitig) erklären, auf Ansprüche gegen den Vermieter, auch auf solche aus vom Vermieter eventuell vorgetäuschtem Eigenbedarf, zu verzichten.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 29.03.2018 – 432 C 1222/18 – hingewiesen

Danach kann in eine Vereinbarung über die „Aufhebung und Beendigung des Mietverhältnisses“ gegen Zahlung einer erheblichen Abstandssumme,

  • insbesondere wenn der Vermieter darin auf Schönheitsreparaturen verzichtet und
  • sich zur Kautionsrückzahlung binnen einer kurzen Frist verpflichtet,

der Wille der Parteien hineinzulesen sein,

  • damit alle gegenseitigen Ansprüche zu regeln und
  • zur Meidung künftigen Streits auf gegenseitige Ansprüche zu verzichten.

In einem solchen Fall soll nach Auffassung des AG

  • der Mieter seine Zustimmung zu der „Aufhebung und Beendigung des Mietverhältnisses“ selbst dann nicht mehr anfechten und
  • keine Schadensersatzansprüche (mehr) gegen den Vermieter geltend machen können,

wenn

  • sich der Mieter nur im Hinblick auf einen vom Vermieter angekündigten Eigenbedarf auf die Mietvertragsaufhebungsvereinbarung eingelassen hat,
  • dieser Eigenbedarf lediglich vorgetäuscht war und
  • nach dem Auszug des Mieters die nun unvermietete Wohnung von dem Vermieter verkauft worden ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 13.04.2018).

Mietern und Vermietern ist deswegen zu empfehlen, sich vor dem Abschluss einer Vereinbarung über die Aufhebung und Beendigung eines Mietverhältnisses von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Wirksamkeitsvoraussetzung einer Verdachtskündigung ist u.a. (auch), dass der Arbeitnehmer angemessen Zeit hatte, zu den

…. ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Schleswig-Holstein in Kiel mit Urteil vom 21.03.2018 – 3 Sa 398/17 – entschieden.

  • Danach kann eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Verdachtskündigung allein schon deshalb unwirksam sein, weil dem Arbeitnehmer keine angemessene Zeit gegeben wurde, zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Begründet hat das LArbG dies damit, dass Arbeitgeber, die einem Arbeitnehmer gegenüber eine Kündigung aussprechen wollen,

  • die nicht auf Tatsachen,
  • sondern auf einem Verdacht beruht,

dies bei u.a. hinreichend schwerem Verdacht rechtlich wirksam tun können, den betroffenen Arbeitnehmer aber

  • vorher zu den Vorwürfen anhören und
  • ihm dabei eine angemessene Zeit für die Antwort einräumen müssen.

Ist die vom Arbeitgeber gesetzte Frist zu kurz und

  • kündigt der Arbeitgeber nach Ablauf einer zu kurzen Stellungnahmefrist,
  • ohne dass die Stellungnahme des Betroffenen vorliegt,

ist die Verdachtskündigung rechtsunwirksam (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Kiel vom 13.04.2018).

Blockiert ein falsch geparktes Auto Straßenbahnschienen kann das für den Autofahrer unter Umständen teuer werden

Mit Urteil vom 17.08.2017 – 32 C 3586/16 (72) – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem ein Autofahrer in einer Stadt mit öffentlichem Straßenbahnnetz sein Fahrzeug so geparkt hatte, dass

  • eine Straßenbahn nicht mehr fahrplanmäßig fahren konnte und
  • deswegen im Zeitraum bis das Fahrzeug abgeschleppt werden konnte von dem Betreiber des öffentlichen Straßenbahnnetzes ein Schienenersatzverkehr durch Taxis für die Fahrgäste eingerichtet worden war,

nämlich entschieden, dass

  • der Autofahrer dem Betreiber des öffentlichen Straßenbahnnetzes die durch den Schienenersatzverkehr angefallenen Taxikosten ersetzen muss.

Begründet hat das AG dies damit,

  • dass der Autofahrer durch sein Fehlverhalten die bestimmungsmäßige Nutzungsmöglichkeit der Straßenbahngleise vollständig aufgehoben,
  • dadurch das Eigentum des Betreibers des öffentlichen Straßenbahnnetzes verletzt hatte

und

  • der Betreiber des öffentlichen Straßenbahnnetzes, auf der Grundlage des Personenbeförderungsgesetzes in Verbindung mit seiner Beauftragung seitens der Stadt, die Schienenverkehrsleistungen zu erbringen, verpflichtet war für einen Schienenersatzverkehr zu sorgen.

OLG München entscheidet dass Reisevermittler bei schuldhaft falschen Angaben haften

Mit Urteil vom 15.03.2018 – 29 U 2137/17 – hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München entschieden, dass Reisevermittler, die zu den vermittelten Leistungen schuldhaft falsche Angaben machen, beispielsweise dadurch, dass sie

  • Angaben des Leistungsträgers unrichtig wiedergeben oder
  • die Angaben des Leistungsträgers zwar zutreffend wiedergeben, aber ihre Kunden auf ihnen bekannte Unrichtigkeiten nicht hinweisen,

ihren Kunden gemäß § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ersatz des diesen entstandenen Schadens verpflichtet sind und

  • sich Reisevermittler von dieser Haftung in ihren Geschäftsbedingungen (AGB) bzw. auf ihrer Internetseite auch nicht völlig freizeichnen können.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • es sich bei einem Reisevermittlungsvertrag um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handelt, der einen Werkvertrag zum Gegenstand hat und

eine völlige Freizeichnung von der Haftung für Angaben zu den vermittelten Leistungen,

  • beispielsweise durch den Verweis in den AGB oder auf der Internetseite, dass die Angaben zu den vermittelten Reiseleistungen ausschließlich auf Informationen der Leistungsträger beruhen und
  • keine eigenen Zusagen des Vermittlers gegenüber dem Reiseteilnehmer darstellen,

unwirksam ist, weil

  • eine solche generelle Haftungsfreizeichnung die Kunden der Vermittler unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).