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Auch wenn ein im öffentlichen Verkehrsraum abgestelltes Auto keine Zulassung mehr hat darf die Stadt es nicht stets sofort abschleppen lassen

Darauf hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf mit Beschluss vom 24.11.2017 – 5 A 1467/16 – hingewiesen.

Danach darf eine Stadt ein Fahrzeug, das

  • noch angemeldet und
  • nicht verkehrsbehindernd

auf einer öffentlichen Straße abgestellt ist, aber von Amts wegen still gelegt wurde

  • und bei dem deswegen von Polizeibeamten die Dienstsiegel von den noch vorhandenen Nummernschildern entfernt worden sind sowie
  • zugleich ein Aufkleber mit der Aufforderung angebracht worden ist, es binnen einer bestimmten Frist aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen,

erst dann abschleppen lassen,

  • wenn zunächst erfolglos versucht worden ist den vorrangig verantwortlichen Halter als Adressat einer möglichen Ordnungsverfügung zu ermitteln und ihn zum Entfernen des Fahrzeugs aufzufordern

oder

BGH entscheidet: Bürge kann sich stets auch auf ein zwischen dem Hauptschuldner und dem Gläubiger geschlossenes Stillhalteabkommen berufen

Mit Urteil vom 28.11.2017 – XI ZR 211/16 – hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass ein Bürge sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • auf ein Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem zwischen diesem und dem Gläubiger geschlossenen Stillhalteabkommen

auch dann berufen kann, wenn

  • sich der Gläubiger in dem Stillhalteabkommen die Geltendmachung der Ansprüche aus der Bürgschaft ausdrücklich vorbehalten hat.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Bürge die Einreden des Hauptschuldners wie eigene geltend machen kann,
  • dieses Recht auch dem selbstschuldnerisch haftenden Bürgen zusteht,
  • der Bürge dabei nicht auf Gegenrechte beschränkt ist, die dem Hauptschuldner gegen die verbürgte Forderung zustehen, sondern dass er, weil die Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsmittel dem Gläubiger gegen den Bürgen im Allgemeinen keine besseren Rechte gewähren soll als gegen den Hauptschuldner, auch Einreden des Hauptschuldners gegen die Verwertung der Bürgschaft geltend machen kann,
  • sich der Bürge deshalb nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf sämtliche Einreden des Hauptschuldners berufen kann, soweit der Sicherungszweck der Bürgschaft dem nicht entgegensteht,
  • demzufolge der Bürge nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auch ein – vorübergehendes oder dauerhaftes – Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem Stillhalteabkommen mit dem Gläubiger geltend machen kann und

diese Einrede des Bürgen nicht dadurch entfällt, dass sich der Gläubiger in der Stillhaltevereinbarung die Inanspruchnahme des Bürgen vorbehalten hat.

Reiseveranstalter sind (normalerweise) nicht verantwortlich, wenn Reisende, die eine Auslandsreise gebucht haben

…. bei Reiseantritt nicht über ausreichende Ausweisdokumente hierfür verfügen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 08.02.2017 – 271 C 12313/16 – hingewiesen.

Danach kann, wer eine Auslands(flug)reise gebucht hat,

  • diese aber wegen unzureichender (beispielsweise bald ablaufender bzw. nur vorläufiger) Ausweisdokumente nicht antreten oder durchführen kann,

Ansprüche auf Erstattung des Reisepreises und/oder Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreuden gegen den Reiseveranstalter erfolgreich nur dann geltend machen, wenn er beweisen kann, dass der Reiseveranstalter

BSG entscheidet wann vom Arbeitgeber im Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes gezahlte Provisionen das Elterngeld erhöhen

…. und wann nicht.

Der 10. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat am 14.12.2017 in mehreren Verfahren – unter anderem im Verfahren B 10 EG 7/17 R – entschieden, dass vom Arbeitgeber im Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes, neben dem monatlichen Gehalt, gezahlte Provisionen das Elterngeld erhöhen können,

  • wenn die Provisionen nach dem Arbeitsvertrag regelmäßig als laufender Arbeitslohn,
  • nicht dagegen, wenn die Provisionen ausweislich der Gehaltsmitteilungen als sonstige Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinne

gezahlt worden sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • durch die seit dem 01.01.2015 geltende Neuregelung des § 2c Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG)

Provisionen von der Bemessung des Elterngeldes ausgenommen worden sind,

Weil Brutplatz eines Rotmilans in der Nähe ist darf Windenergieanlage nicht gebaut werden

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz mit Urteil vom 07.12.2017 – 4 K 455/17.KO – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Unternehmen der Windenergiebranche die nach 4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) i.V.m. Nr. 1.6. des Anhangs 1 der 4. Bundesimmissionsschutz-Verordnung erforderliche Genehmigung für den Bau einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 138,4 m, einem Rotordurchmesser von 92 m und einer Gesamthöhe von 184,4 m beantragt und
  • der Landkreis den Antrag deswegen abgelehnt hatte, weil beobachtet worden war, dass in der Nähe des Standortes der geplanten Anlage ein Brutplatz des Rotmilans sein muss,

die Klage des Unternehmens auf Erteilung der Genehmigung für den Bau der Windenergieanlage mit der Begründung abgewiesen, dass dem Betrieb der Anlage

  • Belange des Umweltschutzes S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 des Baugesetzbuches (BBauG) und
  • damit „andere öffentlich-rechtliche Vorschriften“ nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG

entgegen stehen.

Der Rotmilan zähle nämlich, so das VG, zu den besonders geschützten Tierarten,

  • die nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) zu fangen, zu verletzen, zu töten, ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören verboten ist

und durch den Betrieb von Windenergieanlagen bestehe für diese Vogelart ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko grundsätzlich dann, wenn

  • der fachlich empfohlene Mindestabstand von 1.000 m zwischen Brutstätte und Anlagenstandort unterschritten werde (Quelle: Pressemitteilung des 22.12.2017 – 48/2017 –).

Nicht immer ist allein die unzulässige Nutzung einer Busspur im Falle einer Kollision Grund für eine (Mit)Haftung

Mit Urteil vom 14.12.2017 – 22 U 31/16 – hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin entschieden, dass wer

  • mit seinem zuvor geparkten Fahrzeug von der rechten, zum Parken benutzten Spur auf die mittlere Spur unter Verstoß gegen § 10 Straßenverkehrs-Ordnung anfährt,

auch dann den gesamten Schaden zu tragen hat, wenn er dabei mit einem PKW kollidiert,

  • dessen Fahrer unter Missachtung des Zeichens 245 der Anl. 2 zu § 41 Abs. 1 StVO unberechtigt die als Bussonderfahrstreifen ausgewiesene mittlere Fahrspur befährt.

Danach kann in einem solchen Fall derjenige, der sich unter Verstoß gegen § 10 Satz 1 StVO in den fließenden Verkehr einreihen will, nicht darauf berufen, dass der andere Unfallbeteiligte die Fahrspur unberechtigt befahren hat.

  • Denn das Verbot für den allgemeinen Verkehr, den durch Zeichen 245 ausgewiesenen Bussonderfahrstreifen zu befahren, dient, so das KG, nicht der Unfallverhütung.

Vielmehr solle mit der Einführung von Bussonderfahrstreifen Störungen des Linienverkehrs vermieden und der geordnete und zügige Betriebsablauf mit Taktfahrplänen gewährleistet werden.

Im Übrigen treffe einem aus einer Parkreihe Anfahrenden, so das KG weiter, die – besonderen – Anforderungen des § 10 Satz 1 StVO unabhängig davon, ob die Spur, auf die er einfahren will, zunächst nur für besonderen Verkehr zugelassen ist oder nicht und ein diese Spur benutzender Fahrer müsse, nachdem die Spur nicht für den Verkehr allgemein gesperrt, sondern für Sonderverkehr freigegeben ist, auch nicht damit rechnen, dass ein Fahrzeug aus der Parkreihe ohne ausreichende Versicherung über herannahenden Verkehr in die mittlere Spur einfährt.

Im Gegensatz zu diesem,

  • aber auch zu dem Fall, in dem ein Linksabbieger die mit einer Lichtzeichenanlage versehene Vorfahrtsstraße überqueren will, ohne auf den für ihn geltenden Räumpfeil zu warten und mit einem die Busspur nutzenden Fahrzeug zusammenstößt,

können sich die unzulässige Nutzung der Busspur und die damit zusammenhängenden Besonderheiten unfall-(mit-)verursachend jedoch dann auswirken, wenn beispielsweise

  • im gleichgerichteten Verkehr ein Rechtsabbieger den auf der Busspur Fahrenden übersieht, weil diesem das Durchfahrtsrecht nach § 9 Abs. 3 Satz 2 StVO nicht zusteht oder
  • ein Linksabbieger an einer Kreuzung oder Einmündung, in diese einfahren will und wegen des Staus auf der Vorfahrtsstraße sich eine Lücke bildet, weil hier der die Busspur Befahrende damit rechnen muss, dass jemand unzureichend aufmerksam in die Busspur einfährt oder
  • auf den Bussondersonderstreifen ausgewichen wird, um den gestauten Verkehr durch Rechtsüberholen zu entgehen und später wieder einzuscheren.

Wann haften Waldbesitzer wenn Waldbesucher auf Waldwegen verunfallen und wann haften sie nicht?

Mit Beschluss vom 30.10.2017 – 13 U 111/17 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main darauf hingewiesen,

  • dass für unfallursächliche „waldtypische Gefahren“, d. h. Gefahren, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben, Waldbesitzer nicht verantwortlich sind

und

  • dass auch dann, wenn atypische Gefahren unfallursächlich waren, bei ausreichend erkennbaren Gefahrenquellen das allgemeine Lebensrisiko nicht auf die verkehrssicherungspflichtigen Waldbesitzer abgewälzt werden kann.

Danach haften Waldbesitzer beispielsweise nicht, wenn Waldbesucher,

  • die einen Waldweg nutzen, der nach dem Straßen und Wegerecht keine öffentliche Straße darstellt,

dort deshalb stürzen, weil der Weg durch Wurzelwerk und Auswaschungen infolge von Witterungseinflüssen erhebliche Unebenheiten, insbesondere auch Löcher, aufgewiesen hat

  • und zwar selbst dann nicht, wenn der Weg stark frequentiert wird (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 20.12.2017 – Nr. 29/2017 –).

Nicht immer müssen Grundstücksbesitzer es dulden, dass des Nachbars Katze auf ihr Grundstück kommt

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 08.11.2017 – 19 C 227/16 – hingewiesen.

Danach muss ein Grundstücksbesitzer zwar das reine Betreten seines Grundstücks durch fremde Katzen grundsätzlich dulden, insbesondere wenn Katzenhaltung in Wohngebieten üblich und verbreitet ist.

  • Springt die Katze des Nachbarn allerdings beispielsweise regelmäßig auf den auf dem Grundstück abgestellten PKW des Grundstücksbesitzers und hinterlässt sie dort Haare, Pfotenabdrücke sowie Kratzer, muss der Grundstücksbesitzer das nicht dulden und
  • ist der Grundstücksbesitzer in solchen Fällen auch nicht verpflichtet, sein auf seinem Grundstück abgestelltes Fahrzeug durch Abdeckplanen o.ä. vor Katzenbesuchen selbst zu schützen.

Denn, so das AG, auch aus dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Rücksichtnahmegebotes, muss ein Grundstücksbesitzer die Störungen einer fremden Katze durch Hinterlassen von Schmutz und Kratzern nicht hinnehmen.

Vielmehr kann, nach Auffassung des AG, der Grundstücksbesitzer in einem derartigen Fall vom Halter der Katze

  • gemäß §§ 862 Abs. 1 S. 2, 858, 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

verlangen,

  • die Katze so zu halten, dass sie sein Fahrzeug nicht mehr verschmutzt und nicht mehr beschädigt.

Allerdings hat im Falle der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs der Grundstücksbesitzer zu beweisen, dass sein Fahrzeug von der Katze des in Anspruch genommenen regelmäßig beschmutzt und beschädigt worden ist.

BGH entscheidet wann keine vom Mieter zu duldenden Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB (mehr) vorliegen

Mit Beschluss vom 21.11.2017 – VIII ZR 28/17 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass vom Mieter nach § 555d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu duldende Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB,

  • d.h. bauliche Veränderungen, durch die
    • der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird oder
    • die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden,

dann nicht vorliegen, wenn die beabsichtigten Maßnahmen

  • sich nicht auf eine Verbesserung des vorhandenen Bestands beschränken, sondern

so weitreichend sind,

  • wie beispielsweise bei einer Hinzufügung neuer Räume [Wintergarten; Ausbau des Spitzbodens] unter Veränderung des Grundrisses; einem veränderten Zuschnitt der Wohnräume und des Bads; der Anlegung einer Terrasse; dem Abriss einer Veranda,

dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würde.

Begründet worden ist dies vom Senat damit, dass sich eine Modernisierungsmaßnahme dadurch auszeichnet, dass sie

  • einerseits über die bloße Erhaltung des bisherigen Zustands (vgl. § 555a BGB) hinausgeht,
  • andererseits aber die Mietsache nicht so verändert, dass etwas Neues entsteht.

Arbeitnehmer, die einen Anspruch nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)

…. auf Entschädigung und Schadensersatz gegen den Arbeitgeber haben, sollten wissen, ob solche Entschädigungs- und Schadensersatzzahlungen steuerpflichtig oder steuerfrei sind.

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot,

  • beispielsweise aufgrund Mobbings, Diskriminierung oder sexueller Belästigung,

können Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber

  • wegen entstandener materieller Schäden nach § 15 Abs. 1 AGG Anspruch auf Schadensersatz

haben sowie

  • wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld.

Dabei handelt es sich,

  • wenn der Arbeitgeber den nach § 15 Abs. 1 AGG entstandenen materiellen Schaden, beispielsweise den wegen Kündigung entgehenden Arbeitslohn, ersetzen muss,
    • um steuerpflichtige Einnahmen des Arbeitnehmers aus nichtselbständiger Arbeit,

während Zahlungen,

  • die Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 2 AGG als Ersatz für immaterielle Schäden (z.B. wegen Mobbings, Diskriminierung oder sexueller Belästigung) erhalten,
    • keinen Lohncharakter haben und deshalb steuerfrei sind.

Darauf hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 21.03.2017 – 5 K 1594/14 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz).