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Verkaufsstandbetreiber die ein Stromkabel quer durch einen Fußgängerbereich verlegen und dieses nicht ordnungsgemäß absichern

…. haften, wenn ein Fußgänger stürzt, für die Sturzfolgen. 

Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 07.05.2021 – 7 U 27/20 – in einem Fall, in dem ein Besucher eines Bundesligaspiels im Stadion über eine Gummimatte gestürzt war, 

  • mit der der Betreiber eines Verkaufsstandes, ein von ihm quer über den Durchgang verlegtes Elektrokabel überdeckt hatte und 
  • die nicht (mehr) flach auf dem Boden gelegen, sondern im Randbereich wellig war bzw. vom Boden abstand,

darauf hingewiesen, dass dem bei dem Sturz verletzten Stadionbesucher 

  • dem Grunde nach 

gegenüber dem Standbetreiber ein Anspruch auf 

  • Schmerzensgeld und Schadensersatz 

zusteht, der allerdings,

  • da der Gestürzte die Gummimatte hätte erkennen und ihn deshalb ein Mitverschulden trifft,

um 1/3 zu reduzieren ist.

Begründet ist die Haftung des Verkaufsstandbetreibers vom OLG damit worden, dass ein quer durch einen Fußgängerbereich verlegtes Stromkabel eine 

  • Stolperfalle

darstellt, die durch geeignete Maßnahmen zuverlässig abzusichern ist, was hier nicht geschehen war, da 

  • die zur Absicherung verwendete Gummimatte wellig war bzw. im Randbereich vom Boden abstand und dadurch 

der Verkaufsstandbetreiber die Stolpergefahr für darüber gehende Stadionbesucher nicht zuverlässig sowie nachhaltig abgewendet, 

  • sondern im Gegenteil eine neue Gefahrenquelle geschaffen 

hatte. 

Die dem Verkaufsstandbetreiber obliegende Verkehrssicherungspflicht hätte es danach geboten, 

  • entweder durch das Abkleben der Ränder der Gummimatte eine Wellenbildung bzw. ein Abstehen vom Boden und damit ein Hängenbleiben bzw. Einfädeln mit dem Fuß von darüber gehenden Stadionbesuchern zu verhindern 
  • oder gleich eine stabile, nicht verformbare und sich nicht bewegende Matte zur Abdeckung des Stromkabels zu verwenden (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm).

Was, wer einen Online-Partnervermittlungsvertrag abschließen will, wissen sollte

Mit Urteil vom 17.06.2021 – III ZR 125/19 – hat der unter anderem für das Dienstvertragsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass 

  • § 656 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

der bestimmt, dass

  • durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe eine Verbindlichkeit, d.h. ein Vergütungsanspruch des Vermittlers nicht begründet wird, 
  • das auf Grund des Versprechens Geleistete jedoch nicht deshalb zurückgefordert werden kann, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat,

zwar

  • auf Eheanbahnungs- und auch auf Partnerschaftsanbahnungsverträge 

nicht aber

  • auf Online-Partnervermittlungsverträge 

entsprechend anwendbar ist, mit der Rechtsfolge, dass durch den Abschluss eines Online-Partnervermittlungsvertrags,

  • im Gegensatz zu dem Abschluss eines Eheanbahnungs- oder Partnerschaftsanbahnungsvertrages, 

die Agentur einen Vergütungsanspruch erlangt.

Für einen Kunden,

  • der bei einer Agentur einen Online-Partnervermittlungsvertrag abschließt, 
    • beispielsweise in Form einer Mitgliedschaft mit einer Laufzeit von 12 Monaten zum Preis von 265,68 €,

bedeutet das, dass durch den 

  • Abschluss eines solchen Vertrags 

die Agentur Anspruch auf die vereinbarte Vergütung erwirbt, der Kunde aber,  

  • wenn er den Widerruf des Vertrages rechtzeitig und wirksam erklärt,

gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB Rückzahlung einer bereits geleisteten Vergütung verlangen kann, sich hiervon allerdings, 

  • sofern er von der Partnervermittlungsagentur verlangt hat, mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist zu beginnen, 

abziehen lassen muss, den 

  • gemäß § 357 Abs. 8 Satz 1 BGB 

geschuldeten Wertersatz 

  • für die von der Partnervermittlungsagentur bis zum Widerruf erbrachte Leistung, 

der, 

  • unter Berücksichtigung des vereinbarten Preises für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen, 

in der Regel zeitanteilig zu berechnen ist (hierzu und zur Hauptleistungspflicht einer Online-Partnervermittlungsagentur vgl. BGH, Urteil vom 06.05.2021 – III ZR 169/20 –).

Demnach würde, 

  • bei Zugrundelegung der Daten in dem obigen Beispielsfall und 
  • einem erfolgten Widerruf 2 Tage nach Vertragsschluss,

der Wertersatz 

  • den der Kunde der Agentur schuldet bzw. sich abziehen lassen muss 

(265,68 € : 365 Tage x 2 Tage =) 1,46 € betragen (Quelle: Pressemitteilung des BGH). 

Was Eheleute, die gemeinsam eine Wohnung angemietet haben oder anmieten wollen, wissen sollten

Eheleute, die gemeinsam eine Wohnung anmieten, 

  • d.h. den Mietvertrag gemeinsam unterschreiben, 

werden durch den Vertrag gemeinsam 

  • berechtigt und 
  • verpflichtet.

Kommt es in einem solchen Fall zur Trennung die Eheleute und zieht ein Ehepartner aus der Wohnung aus, haften weiterhin 

  • der Ausgezogene und der in der in der Wohnung Verbleibende 

gemeinsam für die Mietzahlung und damit auch gemeinsam, wenn 

  • es zu Mietrückständen kommt.   

Zur Verhinderung seiner weiteren Haftung aus dem Mietvertrag kann der aus der Wohnung Ausgezogene den Vermieter dann nur bitten, ihn aus dem 

  • Mietvertrag

zu entlassen.

Lehnt der Vermieter 

  • dies ab 

und ist der in der Wohnung Verbliebene auch 

  • entweder nicht willens oder 
  • nicht in der Lage, 

den Ausgezogenen 

  • im Außenverhältnis zum Vermieter 

von Verpflichtungen dem Vermieter gegenüber freizustellen, hat der Ausgezogene nur noch die Möglichkeit, von dem in der Wohnung Verbliebenen die 

  • Zustimmung zur Kündigung des Mietvertrages

zu verlangen.

Die Zustimmung zur Kündigung des Mietvertrages muss,

  • wie der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 29.03.2021 – 13 UF 2/21 – entschieden hat,

der in der Wohnung Verbliebene jedenfalls nach 

  • Ablauf des Trennungsjahres 

dann erteilen, wenn er 

  • den Ausgezogenen nicht im Außenverhältnis zum Vermieter von den mietvertraglichen Verpflichtungen freistellt.

Danach muss, jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres, der in der Wohnung Verbliebene an einer 

  • Befreiung des Ausgezogenen aus der gemeinsamen mietvertraglichen Bindung 

mitwirken (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Denn spätestens nach Ablauf eines Zeitraums von einem Jahr kann sich der in der Ehewohnung verbliebene Ehepartner nicht mehr auf den 

  • Grundsatz der nachehelichen Solidarität 

berufen und ist dem Interesse des ausgezogenen Ehepartners,    

  • keinen weiteren finanziellen Belastungen gegenüber dem Vermieter aus dem Mietverhältnis ausgesetzt zu sein, 

der Vorrang einzuräumen 

  • vor etwaigen Ausgleichsansprüchen zwischen Noch-Ehegatten.

Dies folgt aus dem, 

  • auch für getrenntlebende Ehegatten geltenden, 

Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme und aus der 

  • aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzuleitenden 

Verpflichtung von Ehegatten, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies 

  • ohne eine Verletzung eigener Interessen 

möglich ist (vgl. hierzu auch Beschluss des Amtsgerichts (AG) Frankfurt am Main vom 19.03.2021 – 477 F 23297/20 RI – sowie Beschlüsse des OLG Hamm vom 21.01.2016 – 12 UF 170/15 – und des OLG Hamburg vom 10.09.2010 – 12 WF 51/10 –).  

Was Autofahrer, die ihren PKW auf einer Motorsport-Rennstrecke für eine sog. Touristenfahrt nutzen,

…. wissen sollten.

Mit Beschluss vom 05.01.2021 – 12 U 1571/20 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Fall, in dem ein Autofahrer seinen PKW für eine 

  • sogenannte Touristenfahrt auf einer Motorsport-Rennstrecke 

genutzt und dabei, nachdem er mit einer Geschwindigkeit von ca. 160 bis 170 km/h 

  • zunächst über eine Bergkuppe sowie durch die sich anschließende, nur eingeschränkt einsehbare Linkskurve 

gefahren war, wegen einer

  • von einem anderen Fahrzeug hinterlassenen 

Kühlmittelspur die Kontrolle über sein Auto verloren hatte und in die Leitplanke gekracht war, den geschädigten Autobesitzer darauf hingewiesen, dass er 

  • von dem Halter des Fahrzeugs, das die für den Unfall ursächliche Kühlmittelspur hinterlassen hatte, lediglich 75 % seines Schadens ersetzt verlangen könne,

weil er, aufgrund der von seinem Fahrzeug ausgehenden 

  • und mit 25 % anzusetzenden 

Betriebsgefahr, für den Unfallschaden mithafte.

Danach bleibt, wenn die konkrete Nutzung eines Kraftfahrzeugs,

  • wie hier das Fahren auf einer Rennstrecke bei eingeschränkter Sicht mit hoher Geschwindigkeit im „Rennmodus“,   

dessen Betriebsgefahr erhöht hat, die Haftung aus Betriebsgefahr nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) anspruchsmindernd bestehen und tritt

  • auch bei einem groben Verschulden des Unfallgegners

nicht dahinter zurück (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz).

Übrigens:
Zur (möglichen) Erhöhung der Betriebsgefahr bei 

  • Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen und 
  • Begründung einer Mithaftung dadurch im Falle eines Unfalls, wenn nur dem Führer des anderen unfallbeteiligten Fahrzeugs ein Verschulden nachgewiesen werden kann,

vgl. Urteile des OLG Düsseldorf vom 21.11.2017 – 1 U 44/17 – und des OLG Koblenz vom 14.10.2013 – 12 U 313/13 – sowie Beschluss des OLG Hamm vom 21.12.2017 – 7 U 39/17 –).

Erben und Pflichtteilsberechtigte sollten wissen, dass Grabpflegekosten nicht zu den Beerdigungskosten zählen und

…. bei der Berechnung des Nachlasswertes für den Pflichtteilsanspruch Grabpflegekosten nur bei einer Fallgestaltung in Abzug gebracht werden können. 

Zu den Kosten der Beerdigung des Erblassers, die

  • gemäß § 1968 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

von dem bzw. den Erben zu tragen und

  • als erst durch den Erbfall entstehende Verbindlichkeit (Erbfallschuld)

im Rahmen der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs vom festgestellten Nachlasswert (§§ 2311 bis 2313 BGB) 

  • abzuziehen

sind, gehören

  • nur die eigentlichen Kosten einer standesgemäßen Beerdigung, 
    • also die Kosten des Bestattungsaktes selbst, der mit der Herrichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten sowie geeigneten Grabstätte abgeschlossen ist  

und nicht auch die 

Auch dann, wenn ein Erblasser

  • im Testament 

in Form einer Auflage gemäß §§ 1940, 2192 BGB,

  • d.h. durch eine einem Erben auferlegt Verpflichtung, ohne dass eine begünstigte Person ein Recht auf die Leistung erhält,  

bestimmt hat,

  • dass ein (gewisser) Teil seines Vermögens von den Erben für die Grabpflege verwendet werden soll,

können die

  • Grabpflegekosten

bei der Berechnung des Nachlasswertes für den Pflichtteilsanspruch 

  • nicht in Abzug gebracht 

werden. 

Denn ein Pflichtteilsanspruch ist,

  • wie sich aus den gesetzlichen Regelung des § 1991 Abs. 4 BGB und des § 327 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) ergibt,

 gegenüber in letztwilligen Verfügungen enthaltenen 

  • Vermächtnissen und 
  • Auflagen des Erblassers an die Erben zur Grabpflege 

vorrangig,

  • wodurch es dem Erblasser verwehrt ist, den Pflichtteilsanspruch durch freigiebige Vermächtnisanordnungen oder Auflagen zu schmälern oder gar auszuhöhlen. 

Ausschließlich dann, wenn 

  • ein Erblasser bereits zu Lebzeiten einen Grabpflegevertrag geschlossen 

hatte, 

  • der die Erben als dessen Rechtsnachfolger gemäß § 1922 BGB bindet,

können,

  • weil es sich in einem solchen Fall noch um eine vom Erblasser vor seinem Tod eingegangene Verbindlichkeit (Erblasserschuld) handelt,

Grabpflegekosten zu einer Kürzung des Pflichtteilsanspruchs führen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20 –).

Wichtig für Grundstückseigentümer zu wissen, wenn von auf dem Nachbargrundstück stehenden Bäumen, Zweige und Äste

…. auf ihr Grundstück herüberragen.

Mit Urteil vom 11.06.2021 – V ZR 234/19 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass Grundstückseigentümer, wenn 

  • von auf dem Nachbargrundstück stehenden Bäumen Äste oder Zweige auf ihr Grundstück ragen, 
  • dieser Überhang die Nutzung ihres Grundstücks objektiv und nicht nur gänzlich unerheblich (unmittelbar oder mittelbar, wie durch den Abfall von Laub, Nadeln oder Zapfen und ähnlichem) beeinträchtigt (§ 910 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und
  • dem Besitzer des Nachbargrundstücks zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung des Überhangs (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) gesetzt war, 

von ihrem Selbsthilferecht aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB, 

  • sofern dieses nicht durch naturschutzrechtliche Beschränkungen, etwa durch Baumschutzsatzungen oder -verordnungen, eingeschränkt ist,

auch dann Gebrauch machen 

  • und die auf ihr Grundstück herüberragenden Äste und Zweige im Bereich über ihrem eigenem Grundstück selbst abschneiden und behalten

dürfen, wenn durch das Abschneiden überhängender Äste 

  • das Absterben des Baums oder 
  • der Verlust seiner Standfestigkeit 

droht. 

Begründet hat der Senat dies damit, dass das Selbsthilferecht aus § 910 Abs. 1 BGB 

  • nach der Vorstellung des Gesetzgebers einfach und allgemein verständlich ausgestaltet sein sollte und daher insbesondere 

keiner Verhältnismäßigkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung unterliegt, zudem Eigentümer von Grundstücken auf denen Bäume stehen, dafür verantwortlich sind, dass 

  • Äste und Zweige nicht über die Grenze ihres Grundstücks hinauswachsen 

und Grundstückseigentümer, 

  • die ihrer diesbezüglichen Verantwortung im Rahmen der Bewirtschaftung seines Grundstücks nicht nachkommen und Zweige von Bäumen über die Grundstücksgrenze wachsen lassen,   

von ihrem Nachbarn nicht verlangen können, 

  • das Abschneiden zu unterlassen und 
  • die Beeinträchtigung durch den Überhang hinzunehmen (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Übrigens:
Grundstückseigentümer, die es zulassen, dass Zweige über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen und zu Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks führen, sind, 

  • wegen nicht ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ihres Grundstücks 

als Störer i.S.d. § 1004 Abs. 1 BGB anzusehen.

Der Beseitigungsanspruch 

  • nach § 1004 Abs. 1 BGB 

und das Selbsthilferecht des Grundstückeigentümers 

  • aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB 

stehen gleichrangig nebeneinander.

Die Beeinträchtigung des Grundstücks durch den Überhang, die Voraussetzung sowohl für den Beseitigungsanspruch als auch für das Selbsthilferecht ist, muss 

  • nicht unmittelbar durch den Überhang hervorgerufen werden, 

sondern kann

  • auch liegen in dem Abfallen von Laub, Nadeln und ähnlichem.

Ob der Eigentümer eines Grundstücks vom Nachbargrundstück herüberragende Zweige ausnahmsweise dulden muss, wenn die Störung 

  • allein in einem Laub-, Nadel- oder Zapfenabfall und ähnlichem besteht,  

bestimmt sich – vorbehaltlich naturschutzrechtlicher Beschränkungen eines Rückschnitts – allein 

  • nach § 910 Abs. 2 BGB und 
  • nicht nach § 906 BGB.

Dass die Beeinträchtigung unwesentlich ist, muss im Streitfall der 

  • (störende) Nachbar 

darlegen und beweisen.

Gehindert an 

  • der Ausübung des Selbsthilferechts aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. 
  • der Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB

 kann der durch den Überhang beeinträchtigte Grundstückseigentümer sein durch 

  • das öffentliche Naturschutzrecht (vgl. § 39 Abs. 5 Nr. 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG)) oder
  • auch das Landes- und Gemeinderecht.

Steht beispielsweise eine wirksame Baumschutzsatzung dem Rückschnitt des Überhangs entgegen und ist eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot

  • die der Grundstückseigentümer im Übrigen auch selbst beantragen kann, 

nicht möglich, ist 

  • eine Verurteilung zur Beseitigung ebenso ausgeschlossen, 
  • wie das Selbsthilferecht aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Der Anspruch eines Grundstückseigentümers auf Zurückschneiden herüberragender Äste 

  • aus § 1004 Abs. 1 BGB 

unterliegt

  • – im Gegensatz zu dem Selbsthilferecht nach § 910 Abs.1 Satz 2 BGB –

der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB, 

Beachte:
Für Laub und Nadeln, die abfallen, 

  • von einem Überhang, gilt mit § 910 Abs. 2 BGB ein anderer Maßstab 

als für Laub- und Nadelabfall, der ausgeht von einem auf dem Nachbargrundstück stehenden Baum, 

Wichtig zu wissen, wenn Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht und eingeklagt werden

Nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann, wer von einem anderen wegen der Verletzung 

  • seines Körpers, seiner Gesundheit, seiner Freiheit oder seiner sexuellen Selbstbestimmung 

Schadensersatz verlangen kann, 

  • auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, 

eine billige Entschädigung in Geld fordern. 

Dieses einem Geschädigten in einem solchen Fall, neben dem Anspruch auf Schadensersatz, zustehende Schmerzensgeld hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 16.09.2016 – VGS 1/16 –) rechtlich eine doppelte Funktion. 

  • Es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden, für diejenige Lebenshemmung, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). 
  • Zugleich soll es aber dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (Genugtuungsfunktion).

Der Entschädigungs- oder Ausgleichsgedanke steht dabei im Vordergrund. 

Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung des Schmerzensgeldes bildet die Rücksicht auf 

  • Größe,
  • Heftigkeit und 
  • Dauer der Schmerzen, 
  • Leiden und 
  • Entstellungen

die wesentlichste Grundlage bei der Bemessung. 

  • Für bestimmte Gruppen von immateriellen Schäden, insbesondere wenn diese Folge eines vorsätzlichen Handeln sind, hat aber auch die Genugtuungsfunktion, eine besondere Bedeutung. 

Ganz im Vordergrund stehen der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld, 

  • die Höhe und 
  • das Maß der Lebensbeeinträchtigung. 

Daneben können aber auch alle anderen Umstände (mit) berücksichtigt werden, die dem einzelnen Schadensfall 

  • sein besonderes Gepräge geben, 

wie etwa 

  • der Grad des Verschuldens des Schädigers, 
  • im Einzelfall auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten und diejenigen des Schädigers, 
    • sofern ein außergewöhnliches Gefälle zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Täter und Opfer und damit ein Fall vorliegt, in dem die wirtschaftliche Situation der Sache ein besonderes Gepräge gibt,

Wird Klage von einem Geschädigten gegen den Schädiger auf Zahlung eines bestimmten Schmerzensgeldes 

  • für erlittene Körperverletzungen 

erhoben, so werden 

nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die 

  • entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren 
  • oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte.   

Nicht umfasst 

  • von einem derartigen Zahlungsklageantrag 

werden lediglich solche Verletzungsfolgen, 

  • die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und 
  • deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, 
    • mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und 
    • die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen,

so dass auch nur diese objektiv noch nicht vorhersehbaren Verletzungsfolgen die Grundlage 

Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes objektiv erkennbar waren, beurteilt sich 

  • nach den Kenntnissen und Erfahrungen der einschlägigen medizinischen Fachkreise.

Maßgebend ist, ob sich in dem Schmerzendgeldverfahren eine Verletzungsfolge 

  • bereits als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon in dem Verfahren bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden konnte, 

wobei

OLG Zweibrücken entscheidet: Für Bordsteinunfall, bei dem ein Autofahrer zwar auf der Straße bleibt, aber einen

…. sehr nah an der Bordsteinkante stehenden Fußgänger erfasst, haftet der Autofahrer ganz überwiegend.

Mit Urteil vom 26.04.2021 – 1 U 141/19 – hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken in einem Fall, in dem ein elfjähriges Kind, als es

  • an einer Kreuzung am äußersten Rand der Bordsteinkante stand und 
  • dort, um die Straße überqueren zu können, darauf wartete, bis die Lichtzeichenanlage „grün“ zeigt,

von einem 

  • in einem Abstand von deutlich unter einem Meter zum rechten Fahrbahnrand an dem Kind vorbeifahrenden 

PKW erfasst worden war, entschieden, dass 

  • der Autofahrer für die Unfallfolgen zu 80% haftet und 
  • dem elfjährigen Kind ein Mitverschulden in Höhe von 20% trifft.

Begründet hat der Senat dies damit, dass Autofahrer 

  • grundsätzlich nicht berechtigt sind, innerorts die Fahrbahn bis an den rechten Bordstein heran zu befahren, wenn hieraus Risiken für Passanten entstehen und
  • dies erst recht gegenüber am Fahrbahnrand an einer Fußgängerampel stehenden Kindern gilt,

andererseits aber auch einem elf Jahre alten Kind hätte bewusst sein müssen, dass 

  • seine Position am äußersten Rand der Bordsteinkante an einer stark befahrenden Straße gefährlich ist und 
  • es von dem vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst werden kann (Quelle: Pressemitteilung des OLG Zweibrücken).

Wichtig zu wissen für pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge eines Erblassers, die als (Mit)Erben eingesetzt sind

Ein nach §§ 2303, 2309 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) pflichtteilsberechtigter Abkömmling eines Erblassers, der vom Erblasser 

  • durch Testament als (Mit)Erbe eingesetzt, 

aber 

  • durch die Einsetzung als bzw. eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder 
  • mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert worden ist,

kann,

  • ohne dadurch sein Pflichtteilsrecht zu verlieren, 

den Erbteil ausschlagen und den Pflichtteil verlangen (§ 2306 BGB). 

Ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling eines Erblassers, dem vom Erblasser 

  • ein Erbteil hinterlassen worden ist, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils,

kann nach § 2305 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 

  • ohne den Erbteil ausschlagen zu müssen, wie dies im Fall des § 2306 BGB erforderlich ist,

von den Miterben 

  • den Wert des an der Hälfte fehlenden Teils 

als Zusatzpflichtteil verlangen.

Bei der Berechnung des 

  • Wertes

des Zusatzpflichtteils bleiben gemäß § 2305 Satz 2 BGB allerdings 

  • etwaige Beschränkungen und Beschwerungen der in § 2306 BGB bezeichneten Art 

außer Betracht, mit der Folge, dass, 

  • wenn in einem solchen Fall die Erbschaft nicht gemäß § 2306 Abs. 1 BGB ausgeschlagen und der Pflichtteil verlangt wird,

der Anspruchsberechtigte die 

  • seinen Erbteil betreffenden Beschränkungen und Beschwerungen 

voll tragen muss, der Pflichtteilsrestanspruch sich mithin bemisst aus der Differenz zwischen 

  • der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und 
  • dem hinterlassenen Erbteil ohne Abzug der Belastungen und Beschränkungen.

Übrigens:
Ein Pflichtteilsanspruch kann, 

  • auch wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht, 

gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 3 BGB gerichtlich nur gegen die Erben geltend gemacht werden. 

Bis zur Teilung des Nachlasses haben Nachlassgläubiger, wie (Zusatz)Pflichtteilsberechtigte, die Wahl, 

  • ob sie die Miterben bzw. einzelne von ihnen als Gesamtschuldner (§§ 2058, 421 BGB) in Anspruch nehmen, oder 
  • ob sie von sämtlichen Erben (lediglich) die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass in Form der Gesamthandsklage (§ 2059 Abs. 2 BGB) verlangen wollen.

Unterliegt der Nachlass der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers, kann eine solche Zahlungsklage,

  • um gemäß § 748 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) eine Vollstreckung des mit der Zahlungsklage geltend gemachten Betrags in den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass zu ermöglichen,

mit einem Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung verbunden werden (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20 –).

Wichtig zu wissen, wenn Schäden von Kindern oder Jugendlichen (mit)verursacht worden sind

Für Schäden, die sie anderen zufügen sind 

  • nach § 828 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

nicht verantwortlich,

  • Kinder, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
  • Kinder, die das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben dann, wenn 
    • die Schäden einem anderen bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn zugefügt worden sind und
    • die Verletzung nicht vorsätzlich herbeigeführt worden ist  

ferner

  • Kinder sowie Jugendliche, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn 
    • sie bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatten.

Gleichwohl können aber auch Kinder und Jugendliche, die 

  • nach § 828 BGB 

nicht verantwortlich sind, 

  • in den in §§ 823 bis 826 BGB bezeichneten Fällen, 

für von ihnen verursachte Schäden,

  • sofern der Geschädigte Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten (§ 832 BGB) erlangen kann,

nach § 829 BGB 

  • verschuldensunabhängig aus Billigkeitsgründen 

ersatzpflichtig sein, sofern

  • die gesamten Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Verhältnisse der Beteiligten, 

eine Haftung des schuldlosen Kindes oder Jugendlichen aus Billigkeitsgründen geradezu erfordern,

Das bedeutet:
Verantwortlich sein für Schäden und (mit)haften 

  • – beispielsweise nach § 823 BGB –  

können nicht nur Jugendliche, sondern auch schon Kinder 

  • ab ihrem zehnten Geburtstag, wenn 
    • die Schäden einem anderen bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn fahrlässig zugefügt worden sind und
    • die Verletzung fahrlässig herbeigeführt worden ist  

sowie ansonsten bereits

  • ab ihrem siebten Geburtstag, 

sofern die Kinder bzw. Jugendlichen bei der Begehung der schädigenden Handlung 

  • die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besaßen,
  • wozu die Fähigkeit genügt, zu erkennen, dass sie in irgendeiner Weise für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen werden können.

Übrigens:
Zur (Mit)Haftung von Kindern für Schäden im Straßenverkehr bzw. zur Haftungsverteilung in solchen Fällen vgl.