Die Beweiskraft einer Privaturkunde im Zivilprozess.

Die Beweiskraft einer Privaturkunde im Zivilprozess.

Eine Privaturkunde begründet nach § 416 Zivilprozessordnung (ZPO)

  • allein vollen Beweis dafür,

dass die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen

  • von dem Aussteller abgegeben worden sind.

Die Beweisregel erstreckt sich

  • dagegen nicht
  • auf die inhaltliche Richtigkeit des Erklärten.

Ob die in der Privaturkunde enthaltenen Angaben

  • zutreffen,
  • ob die darin bestätigten tatsächlichen Vorgänge wirklich so geschehen sind oder nicht,
  • ob insbesondere ein Rechtsgeschäft zustande gekommen ist und welchen Inhalt es hat,

unterliegt der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO. Dafür erbringt die Privaturkunde keinen Beweis.

Die Beweisregel des § 416 ZPO,

  • wonach durch Vorlage der Urkunde voller Beweis dafür erbracht ist, dass der Aussteller die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen abgegeben hat und
  • nach der es, soweit die Beweiskraft der Urkunde reicht (§ 286 Abs. 2 ZPO), auf die Überzeugung des Gerichts nicht ankommt,

greift aber nur dann ein, wenn die vom Beweisführer beigebrachte Urkunde

Echt im Sinne des § 416 ZPO ist eine Privaturkunde, wenn

  • die Unterschrift dem Namensträger zuzuordnen ist und
  • die über der Unterschrift stehende Schrift
    • vom Aussteller selbst stammt oder
    • mit dessen Willen dort steht.

Dass die Unterschrift vom Namensträger stammt hat die Partei zu beweisen, die sich auf die Urkunde beruft.

Steht

  • die Echtheit der Unterschrift fest,

greift zugunsten der Partei, die sich auf die Urkunde beruft, die Vermutung der Echtheit

Ist der Text über der Unterschrift von dem Aussteller

  • weder geschrieben
  • noch verfasst worden,

erstreckt sich diese Vermutung darauf,

Diese Vermutung gilt auch

§ 440 Abs. 2 ZPO enthält jedoch

  • nicht – wie § 416 ZPO – eine die freie richterliche Beweiswürdigung ausschließende Beweisregel,
  • sondern eine Beweislastanordnung in Form einer widerlegbaren gesetzlichen Vermutung.

Gegen die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO ist

Bei einem

  • behaupteten Blankettmissbrauch

hat allerdings

  • der Aussteller die nicht vereinbarungsgemäße Ausfüllung eines Blanketts zu beweisen.
  • Lebt der Aussteller nicht mehr, trifft die Beweislast den Erben, gegen den aus einer Urkunde mit der Unterschrift des Erblassers Rechte geltend gemacht werden.

An den Beweis des Gegenteils gegen eine gesetzliche Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen.

  • Der Beweis ist nicht schon dann geführt, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Text der Urkunde ohne den Willen des Ausstellers nachträglich über dessen Unterschrift gesetzt worden ist, die Vermutung also nur erschüttert ist.
  • Die Vermutung der Echtheit des Textes über der Unterschrift muss nach der Überzeugung des Gerichts – die gemäß § 286 ZPO allerdings auch aus den Gesamtumständen gewonnen werden kann – widerlegt sein (vgl. BGH, Urteil vom 04.02.2002 – II ZR 37/00 – [zur Vermutung aus § 1006 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)]).

Ist die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO widerlegt,

  • also bewiesen worden, dass der Text über der Unterschrift nicht dem Willen des Unterzeichners entsprochen hat,

ist die Urkunde insoweit unecht und

  • dann kommt ihr auch nicht die in § 416 ZPO bestimmte Beweiskraft zu.

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 12.03.2015 – V ZR 86/14 – hingewiesen.

 


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