Die fahrlässige Tötung (§ 222 StGB).

Die fahrlässige Tötung (§ 222 StGB).

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, macht sich schuldig der fahrlässigen Tötung und wird nach § 222 Strafgesetzbuch (StGB) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Fahrlässig handelt,

  • wer eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht,
  • sofern
    • er diese nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte und
    • die Pflichtwidrigkeit objektiv und subjektiv vorhersehbar den Erfolg herbeigeführt hat

(Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 10.05.2001 – 3 StR 45/01 –; Urteile vom 26.05.2004 – 2 StR 505/03 –; vom 20.11.2008 – 4 StR 328/08 –).

Pflichtwidrig handelt bzw. verhält sich,

  • wer objektiv gegen eine Sorgfaltspflicht verstößt,
  • die gerade dem Schutz des beeinträchtigten Rechtsguts dient.

Dabei bestimmen sich Art und Maß der anzuwendenden Sorgfalt nach den Anforderungen, die bei objektiver Betrachtung der Gefahrenlage ex ante an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind (BGH, Urteil vom 01.02.2005 – 1 StR 422/04 –).
Nicht entscheidend ist dagegen, ob die Pflichtwidrigkeit

  • durch ein aktives Tun begangen wurde oder
  • in einem Unterlassen begründet ist

(BGH, Urteile vom 01.02.2005 – 1 StR 422/04 –; vom 14.03.2003 – 2 StR 239/02 –).

Die subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts erfordert nicht, dass der Täter die Folgen seines Nicht-Handelns in allen Einzelheiten voraussehen konnte; vielmehr genügt, dass sie in ihrem Gewicht im Wesentlichen voraussehbar waren (BGH, Urteil vom 26.05.2004 – 2 StR 505/03 –; Beschluss vom 10.05.2001 – 3 StR 45/01 –; Urteil vom 20.11.2008 – 4 StR 328/08 –).

  • Tritt der Erfolg durch das Zusammenwirken mehrerer Umstände ein, müssen dem Täter alle – jedoch ebenfalls nicht in allen Einzelheiten – erkennbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 – 3 StR 463/07 –).
  • Zwar kann insbesondere eine gänzlich vernunftwidrige Handlungsweise eines Getöteten die Vorhersehbarkeit des Erfolgs entfallen lassen (vgl. BGH, Urteile vom 02.10.1952 – 3 StR 389/52 –; vom 23.04.1953 – 3 StR 894/52 – und vom 10.07.1958 – 4 StR 180/58 –).
  • Allerdings entfällt in solchen Fällen die Vorhersehbarkeit nur dann, wenn der Getötete zu einer freien Entscheidung fähig war, er mithin insbesondere beispielsweise nicht stark betrunken war (vgl. BGH, Urteile vom 10.01.2008 – 3 StR 463/07 – und vom 21.12.2011 – 2 StR 295/11 –).

Erforderlich für die Tatbestandsverwirklichung einer fahrlässigen Tötung ist letztlich auch, dass das tatbestandsrelevante Verhalten den Erfolg verursacht hat, also der Erfolg auf der Fahrlässigkeit beruht (BGH, Urteil vom 12.01.2010 – 1 StR 272/09 –).

  • Eine Ursache im Rechtssinne verliert dabei ihre Bedeutung nicht, wenn außer ihr noch andere Ursachen zur Herbeiführung des Erfolges beitragen (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 – 3 StR 463/07 –).
  • Allerdings ist ein Ursachenzusammenhang dann zu verneinen, wenn

Dies kann der Fall sein, wenn eine Selbstgefährdung oder ein selbstschädigendes Verhalten vorliegt (BGH, Urteil vom 20.11.2008 – 4 StR 328/08 –).

  • Auch macht sich nach der Rechtsprechung des BGH, sofern er nicht kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Tötende oder Verletzende, grundsätzlich nicht strafbar,
  • Straffrei ist ein solches Handeln regelmäßig auch dann,
    • wenn es nicht auf die Selbsttötung oder -verletzung gerichtet war,
    • sich aber ein entsprechendes, vom Opfer bewusst eingegangenes Risiko realisiert hat.

Darauf hat der 4.Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 04.09.2014 – 4 StR 473/13 – hingewiesen.

 


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