Fristlose Kündigung gerechtfertigt, wenn Fitness-Club in anderen Stadtteil umzieht?

Fristlose Kündigung gerechtfertigt, wenn Fitness-Club in anderen Stadtteil umzieht?

Einem Kunden eines Fitness-Clubs steht bei einer Verlegung der Räume des Fitness-Studios in ein anderes Stadtgebiet ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund zu,

  • wenn die Erreichbarkeit der neuen Räume von ihm einen derartigen Mehraufwand an Zeit und ggf. auch Geld erfordern,
  • dass ihm das Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.

 

Das hat das Amtsgericht (AG) Brandenburg mit Urteil vom 15.10.2015 – 34 C 5/15 – entschieden.

Wie das AG ausgeführt hat, handelt es sich bei einem Fitness-Studio-Mitgliedsvertrag,

 

um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem dem Kunden grundsätzlich ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zusteht.
Insofern kommt in den Vorschriften der §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und § 314 Abs. 1 BGB der von Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zusteht (BGH, Urteile vom 07.03.2013 – III ZR 231/12 – und vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).

  • Dieses Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann auch nicht durch eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).
  • Schließt eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses zwar nicht gänzlich aus, knüpft dieses aber an zusätzliche Voraussetzungen, die geeignet sein können, den Vertragspartner des Verwenders von der Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts abzuhalten, führt dies ebenfalls zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden und damit zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH, Urteile vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 – und vom 03.07.2000 – II ZR 282/98 –).

 

Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen dem Vertragspartner nämlich nicht solche Rechte entziehen oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat (BGH, Urteile vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 – und vom 23.04.2010 – LwZR 15/08 –).

  • Insofern wäre also auch eine allgemeine Vertragsklausel unwirksam, wonach bei einer Verlegung des Fitness-Studios in andere Räume im Stadtgebiet eine Kündigung ausgeschlossen wäre.

 

Auch derartige Vertrags-Klauseln würden – jedenfalls in ihrer dem Kunden ungünstigsten Auslegung – das nach allgemeiner Meinung nicht abdingbare Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages ausschließen und schon deshalb der Inhaltskontrolle nicht Stand halten.

Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann,

  • was im Allgemeinen grundsätzlich schon dann anzunehmen ist, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen.
  • Lediglich wenn der Kündigungsgrund aus Vorgängen hergeleitet wird, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung (BGH, Urteile vom 07.03.2013 – III ZR 231/12 –; vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –; vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 – und vom 09.03.2010 – VI ZR 52/09 –).
  • Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen.

 

Ein Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt,

  • trägt zwar grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können, so dass ein Umzug eines Kunden – etwa aus familiärer oder beruflicher Veranlassung – prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt (BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).
  • Werden jedoch die Räume des Fitness-Studios in einen anderen Stadtteil verlegt, liegen die Gründe hierfür allein in der Sphäre des Studiobetreibers und sind von dem Kunden – als dem kündigenden Vertragsteil – nicht beeinflussbar.

 

Zwar kann eine Verlegung der Räume des Fitness-Studios innerhalb des Gebiets einer Stadt für Kunden noch zumutbar sein.
Andererseits kann die Erreichbarkeit der neuen Räume, wegen der Größe eines Stadtgebiets – insbesondere unter Berücksichtigung wohin die Verlegung des Fitness-Studios erfolgt und woher der Kunde kommt und ob der Kunde das Fitness-Studio in seiner relativ kurzen Mittagspause nutzen wollte – aber auch von einem Kunden einen derartigen Mehraufwand an Zeit und ggf. Geld erfordern, dass diesem das Festhalten an dem Vertrag dann nicht mehr zugemutet werden kann.

 


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