Gegenstand einer Verständigung gemäß § 257c StPO müssen auch die Bewährungsauflagen sein.

Gegenstand einer Verständigung gemäß § 257c StPO müssen auch die Bewährungsauflagen sein.

Die Verhängung einer Bewährungsauflage gemäß § 56b Abs. 1 Satz 1 Strafgesetzbuch (StGB) verstößt gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und unterliegt im Beschwerdeverfahren der Aufhebung, wenn der Angeklagte vor Vereinbarung einer Verständigung gemäß § 257c Strafprozessordnung (StPO), deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, nicht auf konkret in Betracht kommende Bewährungsauflagen hingewiesen worden ist.

Darauf hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 11.09.2014 – 4 StR 148/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Angeklagte gegen ein Strafurteil, dem eine Verständigung zugrunde lag und mit dem er zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, Revision und gegen den Bewährungsbeschluss nach § 268a StPO mit dem ihm 150 Sozialstunden auferlegt worden waren, gemäß § 305a StPO Beschwerde eingelegt.

Die Revision gegen das Urteil wurde als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hatte.

Die Beschwerde gegen den Bewährungsbeschluss erachte der 4. Strafsenat des BGH für überwiegend begründet und entschied, dass die Anordnung 150 Sozialstunden zu leisten deshalb wegen Gesetzeswidrigkeit im Sinne des § 305a Abs. 1 Satz 2 StPO entfällt, weil das Gericht den Angeklagten im Rahmen der Verständigungsgespräche nicht konkret auf die in Betracht kommende Bewährungsauflage hingewiesen hatte.
Danach ergibt sich aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)), dass ein Angeklagter vor Vereinbarung einer Verständigung gemäß § 257c StPO, deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, konkret auf in Betracht kommende Bewährungsauflagen hingewiesen werden muss, die nach § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen und deren Erteilung Voraussetzung für die in Aussicht gestellte Strafaussetzung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29.01.2014 – 4 StR 254/13 –).
Die Verständigung im Strafverfahren ist nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn durch eine vorherige Belehrung sichergestellt ist, dass der Angeklagte vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung informiert ist.
Nur in diesem Fall ist gewährleistet, dass er autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt.
Diese Grundsätze erfordern es, dass das Gericht vor Vereinbarung einer Verständigung offenlegt, dass es die Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe allein nicht für ausreichend hält, sondern zur Verwirklichung der Genugtuungsfunktion des Strafverfahrens Bewährungsauflagen in Betracht zieht. Denn nur wenn der Angeklagte über den gesamten Umfang der Rechtsfolgenerwartung bei der Verständigung informiert ist, kann er autonom eine Entscheidung über seine Mitwirkung treffen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 04.10.2013 – 1 Ws 106/13 –).
Bewährungsauflagen sind Bestandteil dieser Rechtsfolgenerwartung. Sie dienen gemäß § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht und stellen damit eine strafähnliche Sanktion dar.
Ebenso wie Geldauflagen können Arbeitsauflagen eine erhebliche Belastung für den Angeklagten darstellen, zumal diese in Zahlungsauflagen umgewandelt werden können. Erst die Kenntnis des Umstandes, dass ihm neben der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe weitere Maßnahmen mit Vergeltungscharakter drohen, versetzt den Angeklagten in die Lage, von seiner Entscheidungsfreiheit, ob er auf das Angebot des Gerichts eingehen möchte, auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage Gebrauch zu machen. 

 


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