Keine Prozesskostenhilfe für Eigentümer einer selbst bewohnten Immobilie?

Keine Prozesskostenhilfe für Eigentümer einer selbst bewohnten Immobilie?

Ein vom Antragsteller selbst bewohntes Hausgrundstück mit mehr als einer angemessenen Wohnfläche ist kein Schonvermögen und muss zur Finanzierung von Prozesskosten eingesetzt werden.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 10.10.2014 – 9 W 34/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Antragstellerin, die gemeinsam  mit ihrer Tochter eine in ihrem hälftigen Miteigentum stehende, unbelastete Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von 100 m² bewohnt, Prozesskostenhilfe beantragt für eine Schadensersatzklage in Höhe von ca. 10.000 Euro gegen den Antragsgegner, von dem in ihrer Wohnung Mobiliar fahrlässig in Brand gesetzt worden war.

Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm hat Prozesskostenhilfe versagt und zur Begründung ausgeführt, dass die Antragstellerin sich die zur Prozessführung notwendigen finanziellen Mittel durch Verwertung ihres Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück selbst beschaffen kann.
Das Hausgrundstück sei – auch wenn es von der Antragstellerin gemeinsam mit ihrer Tochter selbst bewohnt werde – nicht als sogenanntes Schonvermögen nach § 115 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) geschützt. Denn das von ihr selbst und ihrer Tochter bewohnte Haus übersteige unter den gegebenen Umständen den angemessenen Wohnbedarf und könne demzufolge bei der Prozesskostenhilfeentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben.

Die Angemessenheit einer Wohnungsgröße sei nach den Vorschriften über die soziale Wohnraumförderung zu beurteilen. Aus diesen ergebe sich für Nordrhein-Westfalen, dass

  • in der Regel für eine alleinstehende Person eine Wohnungsgröße von 50 m² Wohnfläche,
  • für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen zwei Wohnräume oder 65 m² Wohnfläche und für jede weitere haushaltsangehörige Person ein weiterer Raum oder weitere 15 m² Wohnfläche

angemessen seien,

  • wobei eine Überschreitung um bis zu 5 m² Wohnfläche, da geringfügig, noch hinzunehmen sei.

Nach diesen Maßstäben sei eine Wohnung von bis zu 70 m² für die Antragstellerin und ihre Tochter angemessen und die von ihr bewohnte Doppelhaushälfte mit 100 m² mithin nicht mehr angemessen.
Die Antragstellerin müsse für die Prozesskosten daher grundsätzlich ein Darlehen gegen die Bestellung eines Grundpfandrechts aufnehmen.
Grundvermögen, das nicht unter das Schonvermögen fällt, sei nämlich uneingeschränkt einzusetzen. Es müsse belastet oder verwertet werden. Jedenfalls sei bei Grundvermögen, das nicht Schonvermögen ist, eine Belastung durch Kreditaufnahme zumutbar.
Die Antragstellerin müsse deshalb, die sich bei streitiger Durchführung des Verfahrens auf ca. 2600 € belaufenden Prozesskosten gegebenenfalls mit einem Darlehen finanzieren.
Dafür, dass sie einen Kredit in dieser Höhe auch unter dinglicher Absicherung nicht erlangen kann, gab es vorliegend keine Anhaltspunkte. 

 


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