Mietminderung wegen Lärmbelästigungen durch einen neuen Bolzplatz?

Mietminderung wegen Lärmbelästigungen durch einen neuen Bolzplatz?

Nach Mietbeginn neu auftretende Geräuschimmissionen sind

Das hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Miete von dem Mieter einer Erdgeschosswohnung wegen Lärmbelästigung durch Jugendliche um 20 % gemindert worden, weil diese, wie der Mieter gegenüber dem Vermieter gerügt hatte, einen, nach Mietbeginn auf dem Nachbargrundstück, zwanzig Meter von seiner Terrasse entfernt, errichteten Bolzplatz, der nur Kindern im Alter bis zu 12 Jahren von Montag bis Freitag bis 18:00 Uhr zur Benutzung offenstehen sollte, dort auch außerhalb der genannten Zeiten zum Spielen nutzten.

Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mieter einer Wohnung in einem solchen Fall die Miete mindern darf und wie dabei Kinderlärm zu berücksichtigen ist, hat der VIII. Zivilsenat des BGH darauf hingewiesen, dass nachteilige Einwirkungen auf die Mietsache von außen – sogenannte „Umweltmängel“ – hier Lärmbelästigungen –

  • zwar Gegenstand einer Vereinbarung über die Beschaffenheit der Mietwohnung sein können,

so dass im Laufe der Zeit eintretende nachteilige Änderungen wegen eines Zurückbleibens der vereinbarten hinter der tatsächlich bestehenden Beschaffenheit zu einem Mangel der Mietsache (§ 536 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) führen können.

Allerdings kann – entgegen einer verbreiteten Praxis –

  • bei Fehlen ausdrücklicher Vereinbarungen nicht ohne konkrete Anhaltspunkte davon ausgegangen werden,

die Mietvertragsparteien hätten gleichwohl den bei Vertragsschluss vorgefundenen Wohnstandard zumindest stillschweigend dahin festlegen wollen, dass dieser Zustand sich in Bezug auf Umwelteinflüsse über die Dauer des Mietverhältnisses hinweg nicht nachteilig verändern darf und der Vermieter seinen Fortbestand jedenfalls im Wesentlichen zu garantieren hat.

Bei

  • Fehlen einer derartigen Vereinbarung im Mietvertrag

ist die Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter ein nachträglich verändertes Maß an Geräuschimmissionen hinzunehmen hat, ohne sich auf einen Mangel der Mietwohnung berufen zu können, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung unter Rückgriff auf die Verkehrsanschauung zu beantworten.

Entgegen einer vielfach vertretenen Auffassung hat ein Vermieter dabei aber im Rahmen seiner nach § 535 Abs. 1 BGB bestehenden Pflicht, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten,

  • nicht dafür einzustehen, dass sich ein bei Vertragsschluss hingenommenes Maß an Geräuschen vom Nachbargrundstück nicht nachträglich vergrößert,
  • wenn er diese Geräusche selbst gegenüber dem Nachbarn gemäß § 906 Abs. 1 BGB (entschädigungslos) zu dulden hätte.

Denn Unmögliches hätte der Mieter, wenn die Vertragsparteien das Ansteigen der Geräuschkulisse bei Vertragsschluss bedacht hätten, vom Vermieter redlicherweise nicht beanspruchen können.
Er hätte vielmehr nur verlangen können,

  • dass der Vermieter einen von ihm nicht mehr zu duldenden Geräuschanstieg gegenüber dem Dritten abwehrt oder ihm eine Minderung zubilligt,
  • wenn auch er selbst von dem Dritten für eine wesentliche, aber als ortüblich zu duldende Störung einen Ausgleich (vgl. § 906 Abs. 2 BGB) verlangen kann.

Demzufolge kann in den im obigen Fall neu aufgetretenen Lärmbelästigungen jedenfalls dann kein Mangel der Mietsache gesehen werden,

  • wenn auch der Vermieter selbst die Belästigungen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten – etwa mit Rücksicht auf das bei Kinderlärm bestehende Toleranzgebot des § 22 Abs. 1a BImSchG – als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen müsste.

Da der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif war, sondern noch Feststellungen zu treffen waren – insbesondere zu der Frage, ob die von den Beklagten geltend gemachten Lärmbelästigungen von Kindern oder von (nicht unter die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG fallenden) Jugendlichen oder jungen Erwachsenen verursacht werden – hat der VIII. Zivilsenat des BGH die Sache an das Landgericht (LG) zurück verwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 29.04.2015 – Nr. 72/2015 – mitgeteilt.

 


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