Mittelmeer-Kreuzfahrt & Badeurlaub – Werbung muss Gesamtpreis angeben – „Sternchenhinweis“ auf täglich an Bord anfallende Zusatzkosten verstößt gegen Wettbewerbsrecht.

Mittelmeer-Kreuzfahrt & Badeurlaub – Werbung muss Gesamtpreis angeben – „Sternchenhinweis“ auf täglich an Bord anfallende Zusatzkosten verstößt gegen Wettbewerbsrecht.

Reiseveranstalter, die im Paket eine Schiffsreise und einen Hotelaufenthalt anbieten, müssen bei der Bewerbung ihres Angebotes den jeweiligen Endpreis der Reise benennen. 
Zum Endpreis gehören auch Entgelte für Leistungen Dritter, die von Reisenden zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssen – insbesondere das an Bord täglich zu entrichtende sogenannte „Serviceentgelt“. Derartige Kosten sind bezifferbar und müssen in den ausgewiesenen Endpreis der Reise eingerechnet werden. Der Verweis auf die Serviceentgelte mittels „Sternchen“ unterhalb des beworbenen Reisepreises widerspricht den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften.

Das hat der für Wettbewerbssachen zuständige 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz mit Urteil vom 04.06.2014 – 9 U 1324/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall machte der Kläger – ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehört – Unterlassungsansprüche wegen wettbewerbswidriger Werbung für Schiffsreisen geltend.
Die beklagte Gesellschaft hatte 2012 als Reiseveranstalter in der Zeitschrift „ADAC Motorwelt“ für eine „Mittelmeer-Kreuzfahrt & Badeurlaub“ geworben und dort als im Schriftbild hervorgehobenen Preis 999.- „ab € p.P. in der 2er Innenkabine * zzgl. Serviceentgelt an Bord“ angegeben. 
Im „Sternchenhinweis“ an anderer Stelle der Anzeige wird zu den Zusatzkosten pro Person und Tag auf „*Serviceentgelt an Bord ca. € 7.- (wird automatisch dem Bordkonto belastet)“ hingewiesen. 

Die beim Landgericht (LG) Koblenz zuständige Kammer für Handelssachen gab der Klage statt und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld bis zu 250.000 € an.

Das OLG Koblenz hat die Berufung der Beklagten weitestgehend zurückgewiesen.

Danach ergibt sich der Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) i.V.m. § 1 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngVO).  Die letztgenannte Vorschrift ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.

Durch die Werbeanzeige hat die Beklagte gegenüber Letztverbrauchern geschäftsmäßig unter Angabe von Preisen geworben, ohne den Endpreis anzugeben.
Sie hat damit gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und die Preisangabenverordnung verstoßen.

Die Beklagte war nach § 1 Abs. 1 PAngVO verpflichtet, das in der Werbeanzeige ausgewiesene Serviceentgelt, das an Bord erhoben und dem Bordkonto belastet wird, in die angegebenen Endpreise einzurechnen, denn es handelt sich um einen sonstigen Preisbestandteil im Sinne des § 1 Abs. 1 PAngVO. Dies sind alle Preise und Kosten, die der Verkäufer in die Kalkulation seiner Endpreise einbezieht. Dazu gehören auch die Entgelte für Leistungen Dritter, die zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssen.
Entscheidend für die Einbeziehung ist, ob die Kosten auf jeden Fall und ohne Wahlmöglichkeit des Kunden anfallen.
Lediglich solche Leistungen, die als beliebig zu wählende Zusatzleistungen zu betrachten sind, müssen nicht in den Endpreis mit einbezogen werden (OLG Köln, Urteil vom 14.3.2014 – 6 U 172/13 –).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei dem Serviceentgelt um einen Preisbestandteil.
Es ist kein fakultatives Trinkgeld, sondern ein Entgelt für den während der Reise erbrachten und geschuldeten Service.
Der Umstand, dass das Serviceentgelt direkt an einen Dritten zu zahlen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Die Höhe des Serviceentgelts ist ohne weiteres zu berechnen, denn es beträgt nach der Anzeige 7,00 € pro Person und Tag. Die Qualifizierung als Preisbestandteil unterliegt danach keinem Zweifel (so auch Kammergericht (KG), Beschluss vom 12.02.2013 – 5 W 11/13 –).
Die Kenntlichmachung des Serviceentgelts in der beanstandeten Werbeanzeige durch einen sogenannten Sternchenhinweis ist nach der Preisangabenverordnung nicht zulässig.
Lediglich solche mit dem Vertrag verbundenen Kosten, die nicht bezifferbar sind, müssen nicht in einen einheitlichen Endpreis eingerechnet werden, sondern können, da sie trotzdem Bestandteil des Endpreises sind – auf andere Weise hinreichend deutlich kenntlich gemacht werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 23/08 –).
Das Serviceentgelt ist vorliegend eindeutig bezifferbar, weil sowohl die Dauer der Reise als auch die Höhe des pro Person erhobenen Entgelts feststehen.

Dem Verstoß der Beklagten fehlt  nicht die geschäftliche Relevanz im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG. Der Umstand, dass der Endpreis durch eine einfache Rechenoperation ermittelt werden kann, steht der Annahme einer geschäftlichen Relevanz nicht entgegen.

Zweck der Preisangabenverordnung ist es, durch eine vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken. Dies ist nicht gewährleistet, wenn der Verbraucher den Endpreis erst durch einen mehr oder weniger schwierigen zusätzlichen Rechenvorgang ermitteln muss.

Außerdem ist die Angabe des Endpreises ein wesentlicher Umstand im Sinne des § 5 a Abs. 3 Nr. 3 UWG.
Der Anwendungsbereich des § 5 a Abs. 3 UWG ist eröffnet, denn durch die umfassenden Angaben in der Werbeanzeige wird die angebotene Reise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann. Dies hat zur Folge, dass die unterlassene Verbraucherinformation unwiderlegbar als „spürbare Beeinträchtigung“ der Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers gilt.

Der Senat hat der Beklagten zur Umstellung ihrer Werbung und Beachtung der festgestellten Unterlassungsansprüche eine sogenannte “Aufbrauchfrist“ bis zum 31.12.2014 zugebilligt, da deren Kataloge für die angebotenen Reisen langfristig und kostenaufwändig produziert werden und der derzeitig geltende Katalog eine Laufzeit bis Dezember 2014 ausweist.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz am 18.06.2014 mitgeteilt.

 


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