Ordnungswidrigkeitenverfahren – Wann kann von einem Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 S. 2 StVG abgesehen werden?

Ordnungswidrigkeitenverfahren – Wann kann von einem Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 S. 2 StVG abgesehen werden?

Hat ein Betroffener im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug geführt, entweder, unter der Wirkung eines in der Anlage zu § 24 a Straßenverkehrsgesetz (StVG) genannten berauschenden Mittels, oder, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hatte, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt und wird deshalb gegen ihn, wegen einer fahrlässigen oder vorsätzlichen begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG, eine Geldbuße festgesetzt, ist gemäß § 25 Abs. 1 S. 2 StVG in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

Ein Absehen von diesem gesetzlichen Regelfahrverbot kommt unbeschadet der Gültigkeit des rechtsstaatlichen Übermaßverbotes nur in Härtefällen ganz außergewöhnlicher Art in Betracht oder wenn wegen besonderer Umstände das Tatgeschehen ausnahmsweise aus dem Rahmen einer typischen Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG derart herausfällt, dass die Verhängung des Regelfahrverbots als offensichtlich unpassend anzusehen wäre.

Denn anders als bei den Katalogtaten nach § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbots wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (BKatV), in denen ein Fahrverbot lediglich in der Regel „in Betracht“ kommt, ist bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 a StVG gemäß § 25 Abs. 1 S. 2 StVG i. V. m. § 4 Abs. 3 BKatV in der Regel ein Fahrverbot zu verhängen.
Den Gerichten ist deshalb in den Fällen des § 24 a StVG bei der Entscheidung darüber, ob von einem Fahrverbot im Einzelfall ausnahmsweise abgesehen werden kann, ein geringerer Ermessensspielraum eingeräumt. Angesichts des höheren Unrechtsgehalts und der Gefährlichkeit einer derartigen Ordnungswidrigkeit versteht sich vielmehr die grundsätzliche Angemessenheit eines Fahrverbots regelmäßig von selbst. Schon daraus folgt, dass eine nur geringfügige Überschreitung des Alkoholgrenzwertes kein Grund für einen Wegfall des Fahrverbots sein kann.

Dennoch bleibt der Tatrichter auch in den Fällen des § 24 a StVG verpflichtet, sich mit den möglichen Folgen eines Fahrverbots für einen Betroffenen zu befassen, wenn ein Betroffener eine von einem Fahrverbot ausgehende unverhältnismäßige Härte vorträgt; die Beschäftigung mit dieser Frage gebietet schon das mit Verfassungsrang ausgestattete rechtsstaatliche Übermaßverbot.
Wird wegen der drohenden Verhängung eines Fahrverbots eine existenzielle Betroffenheit geltend gemacht, ist bei Selbständigen, Handwerkern oder Freiberuflern die Vorlage hinreichend aussagekräftiger Unterlagen wie Bilanzen, Kontounterlagen, Steuerbescheide oder Gewinnermittlungen grundsätzlich unabdingbar und auch durch zeugenschaftliche Einvernahme des betrieblichen Steuerberaters oder wenigstens durch Verlesung der vorgenannten oder vergleichbarer Unterlagen im Wege des Urkundenbeweises Beweis zu erheben.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit Beschluss vom 29.10.2012 – 3 Ss OWi 1374/12 – hingewiesen.

 

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