Presseberichte mit voller Namensnennung.

Presseberichte mit voller Namensnennung.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 13.01.2015 – VI ZR 386/13 – entschieden, dass

  • es keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt,
    • wenn unter voller Namensnennung eines Arbeitgebers (im vorliegenden Fall handelte es sich dabei um einen bekannten Friseur, der mehrere Friseurgeschäfte betreibt) in einem Zeitungsartikel darüber berichtet wird, dass einer seiner Mitarbeiter zusammen mit zwei Mitgliedern der Gruppierung „Hells Angels“ wegen des Vorwurfs der versuchten schweren räuberischen Erpressung verhaftet worden sei und die Frage gestellt wird, „was hat der Figaro bloß mit den Rockern zu tun?“ und
  • der Arbeitgeber (im Folgenden Kläger genannt) gegen den Zeitungsverleger deshalb in einem solchen Fall auch keinen Anspruch gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auf Unterlassung seiner namentlichen Erwähnung in Zusammenhang mit der Festnahme hat.  

Zwar sei durch einen solchen personenbezogenen Wortbericht, wie der VI. Zivilsenat des BGH ausführte,

  • nicht nur der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung betroffen, das über den Schutz der Privatsphäre hinausgeht und sich als Befugnis des Einzelnen darstellt, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 23.09.2014 – VI ZR 358/13 –; vom 29.04.2014 – VI ZR 137/13 –; vom 23.06.2009 – VI ZR 196/08 –),
  • sondern auch die ebenfalls vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Geschäftsehre des Klägers tangiert, weil der Artikel für das Ansehen und den geschäftlichen Erfolg des Klägers abträglich ist.

Rechtswidrig war dieser Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vorliegend allerdings deshalb nicht, weil, wie der Senat weiter ausführte, die in einem solchen Fall gebotene Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 30.09.2014 – VI ZR 490/12 –),

  • hier das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung, seiner Geschäftsehre und seiner persönlichen Daten
  • mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Recht des beklagten Zeitungsverlegers auf Meinungs- und Medienfreiheit

ergebe, dass die geschützten Interessen des Beklagten diejenigen des Klägers überwiegen.

Der Senat begründete dies damit, dass

  • bei Tatsachenbehauptungen die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interesse insbesondere vom Wahrheitsgehalt abhängt, so dass wahre Tatsachenbehauptungen, wie hier, in der Regel hingenommen werden müssen, auch wenn sie für einen Betroffenen nachteilig sind, unwahre dagegen nicht (BGH, Urteil vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 –),
  • besondere Umstände, aufgrund derer die Abwägung trotzdem zulasten der Meinungs- und Medienfreiheit des Beklagten ausfallen könnte, nicht ersichtlich waren, im Gegenteil für ein Überwiegen der geschützten Interessen des Beklagten auch der Umstand sprach, dass die angegriffene Berichterstattung den Kläger nur in seiner beruflichen Sphäre betraf,
  • schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers, wie sie nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGH, Urteile vom 20.12.2011 – VI ZR 262/10 –; vom 17.11.2009 – VI ZR 226/08 –; vom 23.06.2009 – VI ZR 196/08 –) erforderlich wären, um an Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre negative Sanktionen knüpfen zu können, nicht drohten und
  • die angegriffene Berichterstattung den Kläger nur in geringem Maße belastet, ihm dadurch insbesondere weder soziale Ausgrenzung noch Stigmatisierung drohten und der Artikel auch keine Prangerwirkung entfaltet (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 18.02.2010 – 1 BvR 2477/08 –), nachdem darin keine Vorwürfe gegen den Kläger erhoben wurden sowie in keiner Weise behauptet wurde, dass der Kläger in das möglicherweise strafrechtlich relevante Geschehen in irgendeiner Weise involviert gewesen sei.

Dass über die Festnahme auch hätte berichtet werden können, ohne den Kläger zu erwähnen, rechtfertigt keine andere Entscheidung, weil es zum Kern der Meinungs- und Medienfreiheit gehört, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses – auch unter dem Gesichtspunkt des „Aufmachers“ – wert halten und was nicht (BGH, Urteil vom 29.04.2014 – VI ZR 137/13 –). 

 


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