Strafrecht – Verbotsirrtum nach § 17 Strafgesetzbuch (StGB) – Voraussetzungen für die Unvermeidbarkeit.

Strafrecht – Verbotsirrtum nach § 17 Strafgesetzbuch (StGB) – Voraussetzungen für die Unvermeidbarkeit.

Nach § 17 S. 1 StGB handelt ein Täter ohne Schuld, wenn ihm bei Begehung der Tat die Einsicht Unrecht zu tun fehlt und er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.
Die Unvermeidbarkeit eines solchen Verbotsirrtums setzt voraus, dass der Täter

  • alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und
  • etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats

beseitigt hat.

Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist.
Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet.
Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen.

Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat vermag nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Täters zu begründen. Wendet sich dieser an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt, so hat er damit zwar vielfach das zunächst Gebotene getan.
Jedoch ist weiter erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Unerlaubtheit des Tuns für ihn bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein.
Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts etwa nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist.
Eher zur Absicherung als zur Klärung bestellte Gefälligkeitsgutachten scheiden als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine „Feigenblattfunktion“ erfüllen sollen, können den Täter ebenfalls nicht entlasten. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen.

Darauf, und dass für die Frage, ob ein Verbotsirrtum vermeidbar oder unvermeidbar war, demzufolge entscheidend ist, ob ein Angeklagter seinen nach diesen Maßstäben hohen Erkundigungs- und Prüfungspflichten in ausreichendem Umfang nachgekommen ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 04.04.2013 – 3 StR 521/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.


Warning: Undefined variable $user_ID in /is/htdocs/wp1087826_EK6QR6X9JJ/www/haerlein.de/wordpress/wp-content/themes/arilewp-pro/comments.php on line 45

You must be <a href="https://www.haerlein.de/wp-login.php?redirect_to=https%3A%2F%2Fwww.haerlein.de%2Fstrafrecht-verbotsirrtum-nach-%25c2%25a7-17-strafgesetzbuch-stgb%2F">logged in</a> to post a comment