Strafrecht – Zur Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Strafrecht – Zur Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus setzt nach § 63 Strafgesetzbuch (StGB ) voraus, dass Jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB ) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB ) begangen hat, von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Wegen der Schwere des Eingriffs in die persönliche Freiheit und mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB ) rechtfertigen nur schwere Störungen des Rechtsfriedens, die zumindest in den Bereich der mittleren Kriminalität hineinreichen, eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Die Anlasstat selbst muss dabei nicht erheblich im Sinne des § 63 StGB sein. Maßgeblich ist vielmehr, welche Taten künftig von dem Täter infolge seines Zustandes zu erwarten sind und ob diese erheblich im Sinne des § 63 StGB sind.
Allerdings bedarf die Gefährlichkeitsprognose einer besonders sorgfältigen Darlegung, wenn die Anlasstaten nach ihrem Gewicht dem unteren Bereich strafbaren Verhaltens zuzuordnen sind.
Es muss dann durch konkrete Anhaltspunkte belegt werden, dass nicht nur die einfache Möglichkeit, sondern eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, dass es der Täter künftig nicht bei Taten, vergleichbar denen der Anlasstaten belassen, sondern sein kriminelles Verhalten steigern und er auch in schwerwiegenderer Weise den Rechtsfrieden stören wird.

Sind von einem Täter künftig dem mittleren Bereich der Kriminalität zuzuordnende Taten, also solche im Sinne des § 63 StGB zu erwarten, kann die Anordnung der Unterbringung im Einzelfall dennoch unverhältnismäßig sein.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist mit Verfassungsrang ausgestattet. In § 62 StGB hat ihn der Gesetzgeber ausdrücklich nochmals einfachgesetzlich geregelt, um seine Bedeutung bei der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung hervorzuheben. Er beherrscht auch die Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und gebietet, dass die Freiheit der Person nur beschränkt werden darf, soweit dies im öffentlichen Interesse unerlässlich ist.
Die Unterbringung darf demzufolge nicht angeordnet werden, wenn die wegen ihrer unbestimmten Dauer sehr belastende Maßnahme außer Verhältnis zu der Bedeutung der begangenen und zu erwartenden Taten stehen würde.
Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Sicherungsbelangen der Allgemeinheit und dem Freiheitsanspruch des Täters ist auf die Besonderheiten des Falles einzugehen. Zu erwägen sind nicht nur der Ist-Zustand des Täters und die von ihm ausgehende Gefahr, sondern auch sein früheres Verhalten, seine aktuellen Lebensumstände, die ihn konkret treffenden Wirkungen einer Unterbringung nach § 63 StGB sowie die Möglichkeiten, ggf. durch andere Maßnahmen auf ihn einzuwirken.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinen Urteilen vom 31.07.2013 – 2 StR 220/13 – und vom 15.08.2013 – 4 StR 179/13 – hingewiesen.

 

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