Strafrecht – Zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Strafgesetzbuch (StGB).

Strafrecht – Zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Strafgesetzbuch (StGB).

§ 64 StGB lautet:
„Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen“.

Für einen Hang im Sinne dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss.
Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint.
Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist.

Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus.
Dass bei einem Betroffenen die Voraussetzungen des § 21 StGB zur Tatzeit nicht vorgelegen haben, steht einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht entgegen.

Nicht erforderlich ist, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist bzw. war. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat, und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.07.2013 – 2 StR 174/13 – hingewiesen.

Ist gegen ein Urteil nur vom Angeklagten Revision eingelegt worden, wird das angefochtene Urteil, auch wenn die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht angeordnet worden ist, im Rahmen der Sachrüge trotzdem vom Revisionsgericht daraufhin überprüft, ob von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu Recht abgesehen worden ist. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 Strafprozessordnung (StPO )).
Verhindern kann dies der Beschwerdeführer dadurch, dass er die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht vom Rechtsmittelangriff ausnimmt.

 

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