Verfassungsgerichtshof des Saarlandes stärkt die Verteidigungsrechte von Betroffenen im Bußgeldverfahren

Verfassungsgerichtshof des Saarlandes stärkt die Verteidigungsrechte von Betroffenen im Bußgeldverfahren

…. gibt der Verfassungsbeschwerde eines wegen eines Rotlichtverstoßes verurteilten Betroffenen statt und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Mit Beschluss vom 27.04.2018 – Lv 1/18 – hat der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) des Saarlandes entschieden, dass ein Betroffener,

  • dem vorgeworfen wird, einen mittels eines automatisch arbeitenden Überwachungs- oder Messgeräts festgestellten Geschwindigkeits- oder Rotlichtverstoß begangen zu haben,

von der Bußgeldbehörde verlangen kann, dass ihm, oder einem von ihm beauftragten Sachverständen in dessen Büro, zur Überprüfung der Plausibilität des Messergebnisses, rechtzeitig vor der gerichtlichen Verhandlung,

  • die, auch die nicht bei den Akten befindlichen Messdaten, in lesbarer Form, zur Verfügung gestellt werden,
  • also der Falldatensatz, die Token-Datei und das Passwort des verwendeten Messgeräts, mittels derer die Falldatei geöffnet/entschlüsselt werden kann, sowie
  • die Statistikdatei, sofern das verwendete Messgerät eine solche automatisch anfertigt,

dass, falls die Verwaltungsbehörde einem solchen Begehren nicht nachkommen und die Daten im amtsgerichtlichen Verfahren noch nicht vorliegen sollten,

  • von dem Betroffenen oder seinem Verteidiger beantragt werden kann, die Hauptverhandlung bis zum Erhalt der Messdaten auszusetzen und für den Fall einer Ablehnung des Aussetzungsantrags gemäß § 238 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) hierüber einen Beschluss zu fassen,

dass in einem solchen Fall das Amtsgericht

  • dem Aussetzungsantrag stattgeben sowie
  • sicherstellen muss, dass, bevor es ein Urteil spricht, der Betroffene die gewünschten Daten zur Auswertung der Messung erhält

und dass andernfalls der Anspruch des Betroffenen auf

  • ein faires Verfahren und
  • rechtliches Gehör

verletzt ist.

Begründet hat der VerfGH dies u.a. damit,

  • dass ein Betroffener die Richtigkeitsvermutung bei einem sog. standardisierten Messverfahren nur angreifen kann, wenn er konkrete Anhaltspunkte für einen Fehler im Rahmen der Messung vorträgt und
  • es Betroffenen, ohne, dass ihnen von der Bußgeldbehörde die Messdaten, die Grundlage der Messung sind, auch die, die sich nicht bei der gerichtlichen Akte befinden, in lesbarer Form für eine sachverständige Untersuchung zur Verfügung gestellt werden, unmöglich gemacht wird, diese Punkte vorzutragen und eine effektive Verteidigung mit Vortrag von Messfehlern – wenn diese aufgetreten sein sollten – vorzubereiten.

Hinweis:
Bevor Verfassungsbeschwerde erhoben werden kann, muss der Rechtsweg erschöpft sein, d.h. der vorrangig zu stellende Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde bzw. die Rechtsbeschwerde eines verurteilten Betroffenen gegen das amtsgerichtliche Urteil vom Oberlandesgericht als unbegründet sowie die Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO zurückgewiesen worden sein.


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