Wenn das Eigentum Dritter von in einer städtischen Kindertagesstätte untergebrachten Kindern beschädigt wird – Haftung der Stadt nach Amtshaftungsgrundsätzen.

Wenn das Eigentum Dritter von in einer städtischen Kindertagesstätte untergebrachten Kindern beschädigt wird – Haftung der Stadt nach Amtshaftungsgrundsätzen.

Spielt beispielsweise eine Kindergruppe einer städtischen Tagesstätte im Freigelände und wirft eines der Kinder, das sich von der Gruppe entfernt hat, Kieselsteine auf ein in der Nähe parkendes Auto, haftet die Stadt, als Träger der Tagesstätte, gemäß § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) i. V. m. Art. 34 Grundgesetz (GG) für den an dem Auto entstandenen Schaden, wenn eine für den Schaden ursächliche Aufsichtspflichtverletzung der Erzieherinnen der Kindertagesstätte vorliegt.

Die Haftung der Stadt beurteilt sich in diesem Fall nach Amtshaftungsgrundsätzen, da die Erzieherinnen einer in öffentlicher Trägerschaft stehenden Kindertagesstätte in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig sind.
Für Umfang und Inhalt der den Erzieherinnen der Tagesstätte – auch zum Schutz Dritter – obliegenden Aufsichtspflichten sind maßgeblich dabei stets die Umstände des Einzelfalls, insbesondere Alter, Eigenart und Charakter der Aufsichtsbedürftigen, das örtliche Umfeld, das Ausmaß der drohenden Gefahren, die Voraussehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie die Zumutbarkeit der Aufsichtsmaßnahme für den Aufsichtspflichtigen.
Erscheint es beispielsweise aufgrund der Lage des Außengeländes der Tagesstätte und der konkreten Tätigkeit der Kinder dieser Gruppe nicht ausgeschlossen, dass die Kinder selbst oder Dritte in Folge kindlichen Spiels und gruppendynamischer Prozesse gefährdet werden können, sind die Kinder von der Aufsichtsperson zwar nicht „auf Schritt und Tritt“, aber doch in kurzen Abständen regelmäßig zu kontrollieren.

Bleibt ungeklärt, welche Kontrollmaßnahmen in welchen zeitlichen Abständen die für die Kinderbetreuung verantwortlichen Erzieherinnen ergriffen haben oder bestehen zumindest Restzweifel, ob und inwieweit die für die Kinderbetreuung verantwortlichen Erzieherinnen ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind oder kann nicht festgestellt werden, ob eine – unterstellte – Aufsichtspflichtverletzung ursächlich für den Schaden war, findet die in § 832 BGB bestimmte Beweislastregelung, auch im Rahmen der Amtshaftung, Anwendung. Das bedeutet, weil nach dieser Vorschrift eine Aufsichtspflichtverletzung der Erzieherinnen vermutet wird, es der Stadt obliegt, den Entlastungsbeweis nach § 832 Abs. 1 S. 2 BGB zu erbringen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13.12.2012 – III ZR 226/12 – entschieden und damit seine frühere Rechtsprechung aufgegeben.

In dieser Entscheidung hat der BGH u. a. auf Folgendes hingewiesen:
Die den Bediensteten einer Kindertagesstätte obliegende Aufsichtspflicht über die ihnen anvertrauten Kinder ist, soweit sie der Vermeidung von Schäden Dritter dient, eine besondere Ausprägung der Verkehrssicherungspflichten, wie sie allgemein von der Grundnorm des § 823 BGB erfasst werden. Im Bereich der privatrechtlichen Haftung ist sie in § 832 BGB geregelt, der im Rahmen der §§ 823 ff BGB einen eigenständigen Haftungstatbestand bildet. Zwar ist für eine unmittelbare Anwendung der deliktischen Haftungstatbestände der §§ 823 ff BGB im Fall von Amtspflichtverletzungen grundsätzlich kein Raum, weil § 839 BGB insofern einen Sondertatbestand darstellt. Dies bedeutet indes nicht, dass die besonderen Beweislastregeln der §§ 832, 833 S. 2 und § 836 BGB im Rahmen der Amtshaftung keine Anwendung finden können. Verdrängt werden durch den Sondertatbestande des § 839 BGB lediglich die Haftungstatbestände der §§ 823 ff BGB als solche, nicht hingegen die in ihnen enthaltenen besonderen Beweislastregeln.

 

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