Zur Beratungspflicht einer Bank die als Kaufkommissionärin einem Kunden empfohlene Wertpapiere beschafft.

Zur Beratungspflicht einer Bank die als Kaufkommissionärin einem Kunden empfohlene Wertpapiere beschafft.

Eine beratende Bank, die als Kaufkommissionärin dem Kunden für die Beschaffung eines empfohlenen Wertpapiers eine Provision in Rechnung stellt, hat den Kunden über eine Vertriebsvergütung von Seiten der Emittentin des Wertpapiers aufzuklären.
Kommt die Bank dieser Aufklärungspflicht nicht nach kann sie sich nach § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) wegen Verletzung ihrer Pflichten aus dem mit dem Kunden zustande gekommenen Beratungsvertrag schadensersatzpflichtig machen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24.09.2013 – XI ZR 204/12 – hingewiesen.

Eine beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. 
Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. 
Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. 
Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger.

Im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden besteht eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene und der Bank im Zeitpunkt der Beratung bereits dem Grunde nach bekannte Provision, wenn der Kunde seinerseits eine Provision an die Bank zahlt.

Zwar begründet allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Bank gezahlte Provision. Das ändert sich jedoch durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. 
Diese Voraussetzung kann erfüllt sein,

  • wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist, der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss, oder 
  • wenn – wie im Falle von Rückvergütungen – der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt.

Ein derart schwerwiegender und damit im Rahmen des Beratungsvertrages aufklärungsbedürftiger Interessenkonflikt über diese Fälle hinaus besteht auch dann,

  • wenn die als Kaufkommissionärin des Kunden auftretende Bank von diesem eine Provision für sich vereinnahmt und 
  • gleichzeitig von der Emittentin des empfohlenen Produkts eine Vertriebsvergütung erhält.

Berechnet die Bank dem Kunden in einem solchen Fall für die Beschaffung der von ihr empfohlenen Wertpapiere eine Provision, geht der Anleger nämlich bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise davon aus, das – schon von Gesetzes wegen offenkundige (vgl. §§ 354, 396 Handelsgesetzbuch (HGB )) – Gewinnerzielungsinteresse der Bank werde durch das von ihm geleistete Entgelt befriedigt. 
Er rechnet damit, dass der Kommissionär seinen gesetzlichen Pflichten nachkommt, insbesondere allein seine Interessen als Kommittent wahrnimmt (§ 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB ) und sich bei seinen Ratschlägen ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt. 
Bezieht jedoch die Bank vom Emittenten des empfohlenen Produkts ebenfalls eine Vertriebsvergütung, lässt sie sich also gewissermaßen von beiden Seiten bezahlen, so befindet sie sich hierdurch in einem von ihr geschaffenen schwerwiegenden Interessenkonflikt. 
Dem Kunden, der von der doppelten Vergütung nichts weiß, bleibt nämlich das zusätzliche Umsatzinteresse der Bank verborgen. Er kann daher als Kommittent nicht beurteilen, ob die Bank ihm ein bestimmtes Papier nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst auch noch von dritter Seite dafür vergütet wird. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen (Provisions-) Interesse.

Der beim Kunden hervorgerufenen Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank kann nur dadurch begegnet werden, dass die Bank ihre Doppelrolle offenbart und im Rahmen des Beratungsvertrages sowohl über den – geplanten oder bereits erfolgten – Erhalt der Vertriebsprovision als auch über deren Höhe aufklärt.

Diese Offenbarungspflicht besteht schon dann, wenn das Provisionsangebot der Emittentin noch nicht angenommen wurde.

Behauptet die Bank, der Kunde hätte die Zertifikate auch bei gehöriger Aufklärung über die Vertriebsvergütung erworben, trägt sie hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. 
Diese sogenannte „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens“ gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters. 
Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung.
Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. 
Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte.

 

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