Zur Inhaltskontrolle einer im unternehmerischen Geschäftsverkehr verwendeten Preisanpassungsklausel (Ölpreisbindung) in einem Gaslieferungsvertrag.

Zur Inhaltskontrolle einer im unternehmerischen Geschäftsverkehr verwendeten Preisanpassungsklausel (Ölpreisbindung) in einem Gaslieferungsvertrag.

Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Gaslieferungsvertrags enthaltene und im unternehmerischen Geschäftsverkehr von Unternehmern gegenüber Unternehmern verwendete Preisanpassungsklausel, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, hält der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit zwei Urteilen vom 14.05.2014 – VIII ZR 114/13 – und – VIII ZR 116/13 – entschieden.

Den beiden Verfahren lagen Gaslieferungsverträge zugrunde, bei denen die Abnehmer jeweils selbst Unternehmer sind. Diese vertraten die Auffassung, dass die Preisklauseln, soweit sie nicht nur dazu dienten, den Anfangspreis zu bestimmen, als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB ) unterliegen und dieser nicht standhalten, wie der BGH für ähnliche, gegenüber Verbrauchern verwendete Klauseln bereits entschieden habe (BGH, Urteile vom 24.03.2010 – VIII ZR 178/08 – und – VIII ZR 304/08 –).

Im Verfahren VIII ZR 114/13 bezog die Klägerin, eine Porzellanfabrik, von der Beklagten ab Mitte August 2005 Erdgas.
Vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2009 erfolgte die Belieferung aufgrund des Gaslieferungsvertrages vom 20./21.12.2007. Gemäß § 4 Ziffer 1 des Vertrages richtete sich das zu zahlende Entgelt für die Gaslieferung nach der als Anlage beigefügten Preisregelung. Hiernach handelt es sich bei dem Arbeitspreis um einen veränderlichen Preisanteil, der sich quartalsweise in Abhängigkeit von dem im Vertrag näher definierten Preis für leichtes Heizöl ändert.
In der Folgezeit teilte die Beklagte der Klägerin jeweils zum Quartalsbeginn Preisänderungen mit.
Die Klägerin glich die Abrechnungen zunächst aus.
Sie beanstandete die Preiserhöhungen erstmals mit Schreiben vom 19.11.2008 und begehrte Rückzahlung der ihrer Auffassung nach überzahlten Rechnungsbeträge für die Jahre 2008 und 2009 in Höhe von 110.285,13 €.

Das Landgericht (LG) wies die Klage ab.
Das Oberlandesgericht (OLG) wies die Berufung der Klägerin zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Preisregelung sei wirksam. Nach deren ausdrücklichem Wortlaut handele es sich bei dem Arbeitspreis um einen veränderlichen Preis. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Im Verfahren VIII ZR 116/13 versorgte die Klägerin die Beklagte, eine Wohnungsbaugenossenschaft, aufgrund des am 17.01./03.ß2.2003 geschlossenen Liefervertrags mit Erdgas. § 1 Satz 3 dieses Vertrages verweist hinsichtlich der Erdgaspreise auf eine Anlage, der zufolge der als variabel bezeichnete, sich quartalsweise ändernde Arbeitspreis sich nach der Entwicklung des im Vertrag näher definierten Preises für Heizöl richtet.
Die Klägerin verlangte Zahlung von insgesamt 11.746,85 € für ihre Gaslieferungen im Jahr 2009 und für nicht gezahlte Abschläge bis Oktober 2010 sowie Sperrung des Gaszählers.
Die Beklagte hält die von der Klägerin zugrunde gelegten Preiserhöhungen für unwirksam und begehrte nach Maßgabe des anfänglich geltenden Arbeitspreises im Wege der Widerklage Rückzahlung der in den Jahren 2005 bis 2008 ihrer Auffassung nach überzahlten Gasentgelte in Höhe von 13.138,83 €.

Das Landgericht (LG) gab der Klage statt und wies die Widerklage ab.
Das Oberlandesgericht (OLG) wies die Berufung der Beklagten zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Preisklauseln stellten eine kontrollfreie Preishauptabrede dar. Es sei eine variable Vergütung vereinbart worden, die den bei Vertragsschluss geltenden Preis überhaupt erst bestimme. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Beide vom BGH zugelassenen Revisionen hatten keinen Erfolg.

Der VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass

  • eine in den AGB eines Gaslieferungsvertrags enthaltene Preisregelung, die sowohl der Berechnung des bei Vertragsbeginn geltenden Arbeitspreises als auch der Berechnung späterer Preisänderungen dient, entgegen der Auffassung der Berufungsgerichte eine der Inhaltskontrolle unterworfene Preisnebenabrede darstellt, soweit sie künftige, noch ungewisse Preisanpassungen regelt,
  • eine solche Klausel, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, aber bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB standhält.

Ob die Bindung des Gaspreises an den Marktpreis für Heizöl sachgerecht und akzeptabel erscheint, unterliegt der kaufmännischen Beurteilung und Entscheidung des als Unternehmer handelnden Gaskunden, von dem zu erwarten ist, dass er seine Kosten – auch auf dem Energiesektor – sorgfältig kalkuliert, den Mechanismus einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel kennt und die damit hinsichtlich seiner Energiekosten verbundenen Chancen und Risiken überblickt.
Dass die Entwicklung der Ölpreise – wie anderer Rohstoffkosten auch – mit Ungewissheiten verbunden ist, gehört zu den für eine unternehmerische Tätigkeit typischen Risiken, die der Unternehmer selbst zu beurteilen und zu tragen hat.

Für einen Unternehmer ist auch ersichtlich, dass mit der Anknüpfung an den Marktpreis von Heizöl als einzige Variable kein Bezug auf künftige Kostensteigerungen oder Kostensenkungen beim Gaslieferanten genommen wird. Solche sind deshalb für die Entwicklung des in Zukunft zu zahlenden Arbeitspreises für Erdgas bei Verwendung einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel im unternehmerischen Geschäftsverkehr ohne Bedeutung.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 14.05.2014 – Nr. 82/2014 – mitgeteilt.

 


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