Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat mit Beschluss vom 27.07.2022 – 8 U 58/21 – das bei ihm anhängige
in dem der Käufer eines PKW Diesel gegen den Fahrzeughersteller
mit der Begründung geltend macht, dass das von ihm erworbene Fahrzeug vom Fahrzeughersteller
- mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters, bei dem die Abgasrückführung in Abhängigkeit von der Temperatur erfolgt,
ausgestattet wurde,
- in entsprechender Anwendung von § 148 Zivilprozessordnung (ZPO)
ausgesetzt, bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)
- über das bei ihm anhängige Vorentscheidungsersuchen des Landgerichts (LG) Ravensburg in der Rechtssache C-100/21,
dem eine Klage zugrunde liegt, mit der der Käufer eines gebrauchten Mercedes C 220 CDI,
- weil die Abgasrückführung bei dem Fahrzeug durch ein sog. „Thermofenster“ bei kühleren Außentemperaturen reduziert wird, was zu einer Erhöhung der Stickoxidemissionen (NOx) führt,
vom Fahrzeughersteller, der Mercedes-Benz Group AG, vormals Daimler AG,
- wegen der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung,
Schadensersatz verlangt und in dem es um die Frage der Auslegung
- der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.09.2007 – Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 – sowie
- der Verordnung Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.07.2007 – Art. 5 Abs. 2 –
geht.
Nachdem der Generalanwalt Rantos in dem beim EuGH anhängigen Vorentscheidungsersuchen in seinen Schlussanträgen die Auffassung vertreten hat,
- dass Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG die Interessen eines individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs schützen, insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet ist und
- dass die Richtlinie 2007/46 die Mitgliedstaaten verpflichtet, vorzusehen, dass ein Erwerber eines Fahrzeugs einen Ersatzanspruch gegen den Fahrzeughersteller hat, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 ausgestattet ist,
möchte das OLG die Entscheidung des EuGH abwarten, weil,
- sollte der EuGH die Rechtsauffassung des Generalanwalts teilen,
sich daraus Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht dahingehend ergeben könnten, dass
- im Gegensatz zur bisherigen Rechtsauffassung auch des Bundesgerichtshofs (BGH)
zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Fahrzeughersteller,
- wegen Verwendens einer unzulässigen Abschalteinrichtung,
nicht mehr der Nachweis einer
- vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
erforderlich wäre, sondern ein Schadensersatzanspruch des Fahrzeugkäufers nach § 823 Abs. 2 BGB gegen den Fahrzeughersteller schon bei einem
- fahrlässigen Verstoß gegen die Unionsregelung über die EG-Typgenehmigung
bestehen könnte (Quelle: Pressemitteilung des EuGH).
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