…. aus einer Parkbucht vorwärts an- und in den fließenden Verkehr auf den rechten Fahrstreifen einfahrenden Kraftfahrzeug?
Mit Urteil vom 08.03.2022 – VI ZR 1308/20 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO),
- wonach ein Fahrstreifen nur gewechselt werden darf, wenn eine Gefährdung „anderer Verkehrsteilnehmer“ ausgeschlossen ist,
„anderer Verkehrsteilnehmer“ nur ein
- Teilnehmer des fließenden Verkehrs
ist, also nicht ein
- vom Fahrbahnrand An- und in den fließenden Verkehr Einfahrender.
Kommt es zu einer Kollision zwischen
- einem, auf einer zweispurigen Straße, vom linken auf den rechten Fahrstreifen wechselnden und
- einem aus einer Parkbucht vorwärts an- und in den fließenden Verkehr auf den rechten Fahrstreifen einfahrenden
Kraftfahrzeug, liegt demzufolge ein
- schuldhafter Verstoß des Führers des ausparkenden Kraftfahrzeugs gegen § 10 Satz 1 StVO
vor, weil dieser
- beim Einfahren von einem anderen Straßenteil – hier aus einer Parkbucht – auf die Fahrbahn, sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist und deshalb,
bei für ihn sichtbarer Annäherung des anderen Kraftfahrzeugs von hinten,
- aufgrund des grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn geltenden Vorrangs dieses Fahrzeugs,
nicht weiter in den rechten Fahrstreifen hätte einfahren dürfen, den
- den Fahrstreifen wechselnden Fahrzeugführers
dagegen eine schuldhafte Mitverursachung des Unfalls durch Verletzung des § 1 Abs. 2 StVO nur dann vorgeworfen werden kann, wenn er
- den Ausparkvorgang des anderen Fahrzeugs hätte erkennen und
- durch ein Absehen oder einen Abbruch des Fahrstreifenwechsels die Kollision hätte vermeiden können,
da der sich im fließenden Verkehr Bewegende,
- sofern nicht Anzeichen für eine bestehende Verletzung seines Vorrangs sprechen,
zwar darauf vertrauen darf,
- dass der Einfahrende sein Vorrecht beachten wird,
er andererseits aber auch, trotz seines grundsätzlichen Vorrangs, seine ungehinderte Weiterfahrt nicht erzwingen darf (§ 11 Abs. 3 StVO), sondern
- auf den Ein- oder Anfahrenden im Rahmen des § 1 StVO Rücksicht zu nehmen sowie eine mäßige Behinderung hinzunehmen hat und
- dessen Ein- oder Anfahren gegebenenfalls durch Verringern seiner Geschwindigkeit erleichtern muss.
Übrigens:
Wer in einem Fall wie den obigen für die entstandenen Unfallschäden wie haftet,
- also wie die Haftung im Rahmen des § 17 Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu verteilen ist,
richtet sich in erster Linie nach dem unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 Zivilprozessordnung (ZPO) bewiesenen
in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben, wobei bei der insoweit vorzunehmender Abwägung
- ein feststehendes unfall(mit)ursächlichem Verschulden
ein Faktor ist.
Vgl. hierzu auch unseren Blog:
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