Heißt es in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine (Betriebs)Haftpflichtversicherung, wie in Ziff. 1.1 der Allgemeinen Haftpflicht-Versicherungsbedingungen 2008 (AHB 2008),
„Versicherungsschutz besteht im Rahmen des versicherten Risikos für den Fall,
- dass der Versicherungsnehmer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses (Versicherungsfall),
- das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hatte,
aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird“(= Satz 1),
sowie
- „dass Schadenereignis das Ereignis ist, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist“ (= Satz 2)
und
- „dass es auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadenereignis geführt hat, nicht ankommt“ (= Satz 3),
kommt es für die Frage, ob
- das Schadensereignis i. S. v. dieser Bedingungen in die Vertragslaufzeit einer Betriebshaftpflichtversicherung fällt,
darauf an,
- ob die schädliche Einwirkung auf die Sache eines Dritten jedenfalls auch innerhalb der versicherten Zeit erfolgte.
Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 10.03.2015 – 12 U 289/14 – in einem Fall hingewiesen, in dem
- von dem Kläger, einem selbständigen Dachdeckermeister,
- der zwischen 01.01.2008 und 2012 bei der Beklagten eine Betriebshaftpflichtversicherung unterhalten hatte,
- im Jahre 2007 Flachdacharbeiten bei dem Neubau seines Auftraggebers durchgeführt sowie auch abgenommen worden waren und
- es im Jahr 2010, infolge mangelhaft verlegter Dachbahnen, zu Wasserschäden im Bereich des Objekts seines Auftraggebers gekommen war.
Dieser Wasserschaden fiel, wie das OLG Karlsruhe entschied, in die versicherte Zeit, weil
- als das maßgebliche Schadensereignis i. S. v. Ziff. 1.1 der AHB 2008 erst der Eintritt des Wassers anzusehen ist,
so dass der Kläger danach Anspruch auf Versicherungsschutz hatte.
Die Entscheidung begründete das OLG Karlsruhe damit, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen nach ständiger Rechtsprechung so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei
- verständiger Würdigung,
- aufmerksamer Durchsicht und
- unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs
verstehen muss.
- Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an.
- Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren.
- In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen.
- Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urteile vom 25.07.2012 – IV ZR 201/10 – und vom 26.03.2014 – IV ZR 422/12 –).
Geht man davon aus, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer Satz 3 von Ziff. 1.1 AHB 2008 „dass es auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadenereignis geführt hat, nicht ankommt“ zunächst entnehmen, dass
- es nicht auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung ankommt, da diese erst noch zum Schadenereignis führen muss.
Der Zeitpunkt der Ausführung der Dacharbeiten scheidet damit aus.
Umgekehrt wird er aufgrund der Regelung in Satz 2 „dass Schadenereignis das Ereignis ist, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist“, erkennen, dass
- das Schadenereignis zeitlich noch vor dem Zeitpunkt der Schädigung des Dritten liegen muss, da die Schädigung als Folge des Schadenereignisses bezeichnet ist.
Dabei muss der zeitliche Abstand allerdings nicht groß sein, da die Schädigung des Dritten „unmittelbar“ aus dem Schadenereignis entstanden sein soll.
Danach kommt auch die Abnahme der fehlerhaften Arbeit als maßgebliches Ereignis nicht in Betracht; sie führt die Schädigung nicht unmittelbar herbei.
Als möglicher Anknüpfungspunkt verbleibt damit
- nur der tatsächlich stattfindende Wassereintritt.
Die letzte Tatsache, die den Schaden an dem Objekt des Auftraggebers ausgelöst hat, ist der Eintritt des Wassers selbst.
Erst für diesen Umstand,
- nämlich den tatsächlich stattfindenden Wassereintritt
wird der Kläger hier von seinem Auftraggeber haftbar gemacht.
Schadenereignis kann aber nur ein solches Ereignis sein,
- das zur Auslösung des gegen den Versicherungsnehmer gerichteten Haftpflichtanspruchs geeignet ist.
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die Klausel daher aufgrund des in ihr verwendeten Begriffs der Unmittelbarkeit so verstehen, dass ihm gerade für den Eintritt dieser Tatsache
- nämlich den tatsächlich stattfindenden Wassereintritt
Haftpflichtversicherungsschutz gewährt werden soll (BGH, Urteil vom 26.03.2014 – IV ZR 422/12 –).
Damit lag das Schadensereignis innerhalb der versicherten Zeit
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