Auf Privatgrundstücken unbefugt abgestellte Fahrzeuge dürfen abgeschleppt werden

Auf Privatgrundstücken unbefugt abgestellte Fahrzeuge dürfen abgeschleppt werden

Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, begeht verbotene Eigenmacht, derer sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt.
Die Abschleppkosten kann der unmittelbare Grundstücksbesitzer vom Fahrzeugführer als Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. § 858 Abs. 1 BGB verlangen.

Das hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 05.06.2009 – V ZR 144/08 – in einem Fall entschieden, in dem ein, trotz Hinweisschildes, dass unberechtigt parkende Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden, unbefugt auf dem Kundenparkplatz eines Supermarktes abgestelltes Fahrzeug abgeschleppt worden war.

Nach der Entscheidung des V. Zivilsenats des BGH begeht,

  • wer ein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt,
  • eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB,
  • wobei es für die weitere rechtliche Beurteilung ohne Belang ist, ob es sich hierbei um eine Besitzstörung oder um eine teilweise Besitzentziehung handelt.

 

Die verbotene Eigenmacht richtet sich gegen den unmittelbaren Besitzer des Grundstücks und § 858 Abs. 1 BGB ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des unmittelbaren Besitzers.

Dem unmittelbaren Grundstücksbesitzer steht ein Selbsthilferecht zur Beseitigung der Besitzbeeinträchtigung zu.
Dieses hat seine Grundlage in der Vorschrift des § 859 Abs. 1 BGB, wenn man das unbefugte Parken als Besitzstörung ansieht; nimmt man eine teilweise Entziehung des Besitzes an, folgt es aus der Vorschrift des § 859 Abs. 3 BGB.

Allerdings kann die Selbsthilfe unverhältnismäßig sein.
Maßgeblich für die Beurteilung ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist, ist grundsätzlich eine Mittel-Zweck-Relation.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Ausübung eines Rechts dann unzulässig, wenn

  • sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und
  • andere, weniger schwer wiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären;
  • es gilt das Gebot der schonendsten Sanktion.

 

Nicht unverhältnismäßig ist danach das Abschleppen eines Fahrzeugs, wenn der unmittelbare Grundstücksbesitzer nicht in anderer Weise von seinem Selbsthilferecht hätte Gebrauch machen können.

Ob das Fahrzeug behindernd geparkt war oder nicht, ist für die Entscheidung, ob das Ab- schleppen des Fahrzeugs rechtmäßig war, unerheblich.
Zwar kann die Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 BGB, auch wenn es verhältnismäßig ist, unter dem allgemeinen Gesichtspunkt von Treu und Glauben unzulässig sein.
Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die Selbsthilfe eine verbotene Eigenmacht beseitigt, die nur einen örtlich abgegrenzten Teil des Grundstücks betrifft und die übrige Grundstücksfläche unberührt lässt, so dass diese ohne Einschränkung genutzt werden kann. Denn wie der Eigentümer andere von jeder Einwirkung ausschließen kann (§ 903 Satz 1 Alt. 2 BGB), auch wenn dies ihn nur teilweise in dem Gebrauch seiner Sache beeinträchtigt, kann sich der unmittelbare Besitzer verbotener Eigenmacht durch Selbsthilfe unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie hat und ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lässt.
Deshalb darf z.B. ein unbefugt auf einem fremden Grundstück abgestelltes Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung entfernt werden.
Anderenfalls müsste der Besitzer die verbotene Eigenmacht all derer dulden, die nur eine kleine, räumlich abgegrenzte Grundstücksfläche unbefugt nutzen, ohne dass dadurch die Nutzungsmöglichkeit der übrigen Fläche eingeschränkt wird.

Der Umfang des ersatzfähigen Schadens bemisst sich, da es hier nicht um die Beschädigung einer Sache, sondern um die Beseitigung der Folgen einer verbotenen Eigenmacht geht, nach § 249 Abs. 1 BGB.
Ersatzfähig sind danach solche Schäden, die in adäquatem Zusammenhang mit der verübten verbotenen Eigenmacht stehen und vom Schutzbereich der verletzten Norm erfasst werden.

  • Neben den reinen Abschleppkosten sind das
  • die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppens entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen, die Zuordnung des Fahrzeugs in eine bestimmte Fahrzeugkategorie und durch die Anforderung eines geeigneten Abschleppfahrzeugs.

 

Wegen dieser erstattungsfähiger Kosten besteht ein Zurückbehaltungsrecht, so dass, wenn dieses nicht durch Zahlung oder Erbringung einer Sicherheitsleistung gemäß § 273 Abs. 3 BGB abgewendet wird, die Preisgabe des Standorts des Fahrzeugs und damit auch die Herausgabe verweigert werden kann (so BGH, Urteil vom 02.12.2011- V ZR 30/11 –).

 


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