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Patient muss über möglichen dauerhaften Haarverlust nach einer Chemotherapie aufgeklärt werden

Darauf hat das Oberlandesgericht Köln hingewiesen und einer Patientin wegen unzureichender Aufklärung 20.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

Weil bei einer Patientin, die sich wegen Brustkrebs hatte operieren lassen,

  • nach der von den behandelnden Ärzte mit einem damals recht neuen und besonders wirksamen Medikament durchgeführten Chemotherapie nicht nur ein vorübergehender, sondern ein dauerhafter Haarverlust eingetreten war und
  • sie vor Einleitung der Chemotherapie über das Risiko eines dauerhaften Haarverlustes bei Verwendung dieses Krebsmedikaments unzureichend aufgeklärt worden war,

muss ihr das Krankenhaus 20.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Urteil vom 21.03.2016 – 5 U 76/14 – in einem Fall entschieden, in dem bei der Patientin seit der Behandlung Körperbehaarung, Wimpern und Augenbrauen fast vollständig fehlten und das Kopfhaar nur teilweise nachwuchs.

Dass die Patientin darüber, dass bei Verwendung des Medikaments ein dauerhafter Haarverlust eintreten kann, hätte aufgeklärt werden müssen, begründete das OLG damit,

  • dass vom Medikamentenhersteller zum Behandlungszeitpunkt Ärzte darüber informiert worden waren, dass sich nach einer Studie bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 55 Monaten bei 3,2 % der Patientinnen dauerhafter Haarausfall eingestellt hatte und
  • Patienten vor einer ärztlichen Behandlungsmaßnahme „im Großen und Ganzen“ wissen müssen, worauf sie sich einlassen, auch wenn sich ein Risiko selten verwirklicht.

Der – grundsätzlich zulässige – Einwand des Krankenhauses, dass sich die Patientin auch bei vollständiger Aufklärung für die Chemotherapie mit dem Medikament entschieden hätte, blieb deshalb erfolglos, weil

  • das OLG nach Befragung der Patientin davon überzeugt war, dass die Patientin sich im Fall einer vollständigen Aufklärung in einem sog. „echten Entscheidungskonflikt“ befunden hätte,
  • es also nicht sicher war, dass sie sich bei der Abwägung zwischen einer abstrakten höheren Überlebenswahrscheinlichkeit mit dem Medikament und dem geringen aber konkreten Risiko des dauerhaften Haarverlustes auch bei vollständiger Aufklärung für diese Therapie entschieden hätte.

Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes waren insbesondere die erheblichen und nachhaltigen psychischen Folgen des Haarverlustes für die Patientin und die seelischen Belastungen unter denen sie wegen ihres Haarverlustes litt.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Köln am 23.03.2016 mitgeteilt.

Wenn Taubheit droht

Sozialgericht Koblenz entscheidet, dass gesetzliche Krankenkassen im Falle medizinischer Notwendigkeit für Gebärdensprachkurse aufkommen müssen.

Ein gesetzlich Krankenversicherter, der,

  • weil er an einer nicht heilbaren Hörstörung leidet,
  • die nach ärztlicher Bescheinigung mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Taubheit führen wird,

schon jetzt die Gebärdensprache erlernen möchte, hat Anspruch darauf, dass die Krankenkasse die Kosten für den Sprachkurs übernimmt.

Das hat das Sozialgericht (SG) Koblenz mit Urteil vom 01.03.2016 – S 14 KR 760/14 – entschieden.

Danach ist die Teilnahme an solchen Kursen als Krankenbehandlung einzustufen, für die die Krankenkassen im Falle medizinischer Notwendigkeit aufzukommen haben.

Das hat die Pressestelle des Sozialgerichts Koblenz am 23.03.2016 – 2/2016 – mitgeteilt.

Wann ist ein Immobilienvertrag wegen überhöhten Kaufpreises sittenwidrig?

Bundesgerichtshof erläutert, wann das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob ist und den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulässt.

Ein gegenseitiger Vertrag ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sittenwidrig, wenn

  • zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und
  • außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt.

Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist.

  • Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, lässt dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 19.01.2001 – V ZR 437/99 – und vom 24.01.2014 – V ZR 249/12 –).

Ausgehend von dem für die Annahme eines besonders groben Äquivalenzmissverhältnisses bestehenden Erfordernis,

  • dass der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung,
  • ist diese Voraussetzung grundsätzlich erst ab einer Verkehrswertüber- oder -unterschreitung von 90 % erfüllt (BGH, Urteil vom 24.01.2014 – V ZR 249/12 –).

Bei der Prüfung, ob bei einem Immobilienkaufvertrag eine Verkehrswertüberschreitung von 90% oder mehr und damit ein auffälliges bzw. besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, sind von dem Verkäufer übernommene, üblicherweise von dem Käufer zu tragenden Erwerbsnebenkosten (wie Grunderwerbssteuer, Beurkundungskosten, Kosten der Grundbuchumschreibung) von dessen Leistung abzuziehen (BGH, Urteile vom 18.04.2000 – XI ZR 193/99 –; vom 26.02.2008 – XI ZR 74/06 – und vom 10.12.2013 – XI ZR 508/12 –).

Besteht eine Verkehrswertüberschreitung von unter 90%, also noch kein besonders grobes, aber jedenfalls ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, kommt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB nur dann in Betracht, wenn weitere Umstände hinzutreten, die in Verbindung mit einem auffälligen Missverhältnis den Vorwurf der sittenwidrigen Übervorteilung begründen (vgl. BGH, Urteile vom 24.01.2014 – V ZR 249/12 – und vom 10.12.2013 – XI ZR 508/12 –).

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 15.01.2016 – V ZR 278/14 – hingewiesen.

Welche Aktivitäten sind von der Schülerunfallversicherung gedeckt?

Landessozialgericht Baden-Württemberg entscheidet: Auch bei Projektarbeiten außerhalb der Schule können Schüler unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 8b Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Schüler kraft Gesetzes unfallversichert während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen.

Das Landessozialgericht (LSG) in Stuttgart hat mit Urteil vom 17.03.2016 – L 6 U 4904/14 – entschieden, dass ein Unfall eines Schülers auch dann versichert ist,

  • wenn er sich zwar außerhalb der Schule, aber auf dem Nachhauseweg von einer Projektarbeit ereignet, die eigentlich zum Unterricht gehört und im Normalfall unter der Aufsicht von Lehrpersonen steht und

in einem Fall,

  • in dem ein Schüler, dem im Musikunterricht die Aufgabe gestellt worden war, einen Videoclip zum Thema „Musik und Werbung“ in seinem privaten Bereich zu drehen,
  • auf dem Nachhauseweg von dem Videodreh außerhalb der Schule, von einem Mitschüler angerempelt, zu Fall gebracht, dabei auf den Kopf gestürzt war und ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte,

den Sturz des Schülers als Arbeitsunfall anerkannt.

Begründet hat das LSG die Entscheidung damit, dass

  • Projektarbeiten auch außerhalb der Schule mittlerweile zu einem modernen Unterrichtskonzept gehören, bei dem der schulorganisatorische Rahmen gelockert wird und
  • solche moderne Unterrichtskonzepte mit Aktivitäten außerhalb des gewöhnlichen Lernens in der Schule von der Schülerunfallversicherung gedeckt sind.

Das und dass wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) zugelassen worden ist, hat die Pressestelle des Landessozialgerichts Baden-Württemberg am 17.03.2016 mitgeteilt.

Geldbuße und Fahrverbot auch bei unbewusster Alkoholaufnahme?

Kammergericht Berlin weist darauf hin, dass ein Kraftfahrzeugführer auch im Fall einer unbewussten Alkoholaufnahme der fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG schuldig sein kann.

Wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er

  • 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder
  • 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder
  • eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt,

begeht,

  • wenn er vorsätzlich oder fahrlässig handelt,

eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), die mit Geldbuße und einem Fahrverbot geahndet wird.

Ist von einem Kraftfahrzeugführer,

  • der in einer Gaststätte alkoholfreies Weizenbier bestellt hat, versehentlich Alkohol konsumiert worden,
  • weil er von ihm unbemerkt alkoholhaltiges Weizenbier erhalten hat und

wird bei ihm infolgedessen bei einer Verkehrskontrolle eine Atemalkoholkonzentration von 0,35 mg/l festgestellt,

  • ist er der fahrlässigen Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG dann schuldig,
  • wenn er nach der ihm obliegenden strengen Selbstprüfung zu dem Ergebnis hätte kommen können und müssen, dass er unter der Wirkung von Alkohol steht.

Darauf hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 03.03.2016 – 3 Ws (B) 106/16 – 122 Ss 30/16 – hingewiesen.

Wie der Senat in seiner Entscheidung ausgeführt hat, sind,

  • da § 24a StVG als abstrakte Gefährdungsordnungswidrigkeit wichtige Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum der Verkehrsteilnehmer schützt und
  • die Gefahren im Straßenverkehr, wo Nachlässigkeiten und Irrtümer zu folgenschweren Unfällen führen, besonders hoch sind,

auch die Sorgfaltsanforderungen besonders streng.

Folgerichtig muss sich ein Kraftfahrer vor Fahrtantritt

  • nicht nur der Verkehrssicherheit seines Fahrzeugs (§ 23 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)) und seiner Ladung (§ 22 StVO),
  • sondern auch seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit (§ 2 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV); § 31 Abs. 1 Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung (StVZO); auch §§ 315c, 316 Strafgesetzbuch (StGB)) sicher sein.

Unfall nach verkehrswidriger Schrägfahrt eines 80-jährigen Pedelec-Fahrers

Oberlandesgericht Hamm entscheidet: Betriebsgefahr des an dem Unfall beteiligten Pkws tritt angesichts des erheblichen Eigenverschuldens des 80-jährigen Pedelec- Fahrer zurück, so dass dieser allein haftet.

Ein 80-jähriger Pedelec-Fahrer, der einen Zusammenstoß mit einem Pkw verursacht,

  • weil er mit seinem Pedelec vor einer Kreuzung, ohne dies rechtzeitig anzukündigen und ohne auf den hinter seinem Rücken herannahenden Verkehr zu achten,
  • von dem rechts von der Fahrbahn durch eine durchgehende Linie abgetrennten Geh- und Radweg über die durchgezogene Linie schräg auf die Fahrbahn fährt, um an der Kreuzung links abzubiegen,

kann für den Verkehrsunfall allein haften.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm – nach erteiltem Hinweis vom 08.01.2016 – mit Beschluss vom 09.02.2016 – 9 U 125/15 – entschieden.

Danach trifft den Pedelec-Fahrer in einem solchen Fall ein erhebliches Eigenverschulden an dem Zustandekommen des Unfalls, welches eine Haftung der Pkw-Halters – auch unter dem Gesichtspunkt der von dem Pkw ausgehenden Betriebsgefahr – ausschließt.

Begründet hat der Senat dies damit, dass ein Pedelec-Fahrer, der ohne die gebotene Rückschau gleichsam blindlinks von einem rechts neben der Fahrbahn verlaufenden Radweg schräg über die Fahrbahn fährt, um in die gegenüberliegende Zufahrt einzubiegen, die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt.
Denn bei verkehrsgerechtem Verhalten hätte er an der Kreuzung diese im rechten Winkel überqueren müssen, sein Pedelec schiebend oder wie ein aus der Querstraße kommender Verkehrsteilnehmer fahrend.

Gegenüber diesem groben Fehlverhalten des Pedelec-Fahrers trete, so der Senat weiter, die Betriebsgefahr des Pkws – ein Verschulden der Pkw-Fahrers am Zusammenstoß war nicht bewiesen – zurück.

Sich nicht auf das erkennbar höhere Alter des Pedelec-Fahrers eingestellt zu haben, könne dem Fahrer des Pkws nämlich hier nicht vorgeworfen werden.
Zwar habe sich ein Fahrzeugführer nach § 3 Abs. 2a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)

  • durch eine Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und
  • durch Bremsbereitschaft

so zu verhalten, dass einer Gefährdung von Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen ausgeschlossen sei.
Ein sofortiges Herabsetzen der eigenen Geschwindigkeit sei

  • jedoch nicht bei jedem im Blickfeld eines Kraftfahrers erscheinenden Verkehrsteilnehmer aus diesem Personenkreis geboten,
  • sondern erst dann, wenn das Verhalten der Person oder die Situation, in der sie sich befinde, Auffälligkeiten zeige, die zu einer Gefährdung führen könnten und
  • hiervon habe der Pkw-Fahrer vor dem Unfall nicht ausgehen müssen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 21.03.2016 mitgeteilt.

Wann darf der Vorstand eines Fußballvereins ein Stadionverbot erteilen?

Oberlandesgericht Dresden entscheidet: Geht es darum potentielle Störer auszuschließen, genügt es, dass deren bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen werden.

Bei Fußballspielen gewährt der Veranstalter in Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierten Vertragsfreiheit grundsätzlich jedermann (gegen Bezahlung) den Zutritt zum Stadion.

  • Will der Veranstalter bestimmte Personen davon ausschließen, so muss er deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende Grundrechte beachten.
  • Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) eines Betroffenen und das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der Gleichbehandlung lassen es nicht zu, einen einzelnen Zuschauer willkürlich auszuschließen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.10.2009 – V ZR 253/08 – zum bundesweiten Stadionverbot).

Ein derartiges Willkürverbot gilt ganz allgemein bei Hausverboten, wenn eine zuvor erfolgte Publikumsöffnung die Privatautonomie des Hausrechtsinhabers beschränkt (so für ein Hotel BGH, Urteil vom 09.03.2012 – V ZR 115/11 –).

Geht es darum,

  • potentielle Störer auszuschließen, welche die Sicherheit und den reibungslosen Ablauf von Großveranstaltungen wie einem Liga-Fußballspiel gefährden können,

setzt die Verhängung eines Hausverbots, das seine Grundlage in einem solchen Fall in einem Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat, voraus,

  • dass eine künftige Störung zu besorgen ist.

Daran, potentielle Störer auszuschließen, hat der Veranstalter ein schützenswertes Interesse, weil ihn gegenüber allen Besuchern Schutzpflichten treffen, sie vor Übergriffen randalierender und gewaltbereiter „Fans“ zu bewahren.
Solche Schutzpflichten bestehen

  • entweder aufgrund Vertrages mit den Besuchern der Veranstaltung oder
  • unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten.

Ein sachlicher Grund für ein Stadionverbot besteht daher, wenn

  • aufgrund von objektiven Tatsachen,
  • nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtungen,

die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen sind.

Bei vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen wird eine derartige Gefahr schon regelmäßig vermutet.
Das ergibt sich aus den Besonderheiten sportlicher Großveranstaltungen, insbesondere von Fußballgroßereignissen. Diese werden häufig zum Anlass für Ausschreitungen genommen.

  • Dabei sind an die Annahme einer Gefahr von Störungen keine überhöhten Anforderungen zu stellen.
  • Insofern sind andere Maßstäbe anzuwenden als bei der strafrechtlichen Sanktionierung von Störungen bei früheren Spielen.

Denn Stadionverbote können eine nennenswerte präventive Wirkung nur dann erzielen, wenn

  • sie auch gegen solche Besucher ausgesprochen werden, die zwar nicht wegen einer Straftat belangt werden,
  • deren bisheriges Verhalten aber besorgen lässt, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen werden.

Ein unter Beachtung der obigen Voraussetzungen erteiltes Hausverbot ist wirksam und kann, solange es nicht aufgehoben ist, bei Missachtung als Haufriedensbruch nach § 123 Strafgesetzbuch (StGB) geahndet werden.

Darauf hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden mit Urteil vom 11.03.2016 – 2 OLG 21 Ss 506/15 – hingewiesen.

Landwirt der unachtsam bewässert haftet für Panikreaktion eines Pferdes

Das hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.

Ein Landwirt, der beim Bewässern seiner Ackerflächen mit Hilfe seiner Bewässerungsanlage auch eine daneben liegende Pferdeweide beregnet hatte, muss,

  • weil ein Pferd auf der Pferdeweide in Panik vor einem Wasserstrahl geflüchtet war und
  • sich auf seiner Flucht vor dem Wasserstrahl beim Überspringen eines Weidezauns so schwer verletzt hatte, dass es eingeschläfert werden musste,

40.000 € Schadensersatz an den Eigentümer des Pferdes zahlen.

Das hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Urteil vom 14.03.2016 – 20 U 30/13 – entschieden.

Der Landwirt hafte wegen fahrlässiger Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht, weil er, so der Senat, vor dem Einschalten der Bewässerungsanlage hätte sicherstellen müssen,

  • dass die Bewässerungsanlage nur das eigene Grundstück beregnet und
  • kein Wasserstrahl auf die angrenzende Weide reicht.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Celle am 21.03.2016 mitgeteilt.

Was man wissen sollte, wenn man eine Detektei mit Nachforschungen beauftragt

Amtsgericht München entscheidet: Handelt es sich dabei um einen Dienstvertrag muss der Auftraggeber die vereinbarte Vergütung auch dann zahlen muss, wenn das Ermittlungsergebnis dürftig ausfällt und nicht zielführend ist.

Wer eine Detektei beauftragt bestimmte Ermittlungen anzustellen, muss die vereinbarte Vergütung auch dann zahlen, wenn das Ermittlungsergebnis eher dürftig und auch nicht zielführend ist.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 13.05.2015 – 262 C 7033/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem eine Firma für Objekt- und Personenschutz von einem Mann beauftragt worden war, herauszufinden, ob und in welcher Höhe seine geschiedene Ehefrau Angaben zu ihrem Einkommen für die Jahre 2009 bis 2013 gegenüber dem Finanzamt gemacht hat und
  • er von der Firma einen Report erhalten hatte, in dem lediglich stand, dass die Nachforschungen ergeben haben, dass seine geschiedene Ehefrau aktuell keiner Tätigkeit nachgeht und genauere Aussagen darüber – ob und in welchem Umfang – sie doch einer Tätigkeit nachgeht, sich vermutlich erst durch eine mehrtägige Observation treffen lassen,

entschieden, dass der Mann den mit der Firma für Objekt- und Personenschutz vereinbarten Dienstlohn – insgesamt waren das 3000 € – zahlen muss.

Das AG begründete seine Entscheidung damit, dass

  • es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nach dem Vertragsinhalt, der schriftlich fixiert worden war und vorlag, um einen Dienstvertrag gehandelt habe, weil danach die beauftragte Firma lediglich verpflichtet gewesen sei, bestimmte Ermittlungen durchzuführen und
  • der den Auftrag erteilende Mann nicht habe beweisen können, dass im Gegensatz zu dem schriftlich Festgehaltenen, mündlich vereinbart worden war, dass die beauftragte Firma ein bestimmtes Ergebnis liefern muss.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 11.03.2016 – 21/16 – mitgeteilt.

Eine gerichtliche Betreuerbestellung kann durch eine Vorsorgevollmacht vermieden werden

Was man dazu wissen muss:

Was kann man in noch gesunden Jahren mit einer Vorsorgevollmacht regeln?

Mit einer Vorsorgevollmacht in gesunden Tagen können Volljährige, die nicht geschäftsunfähig sind, regeln,

  • wer ihre rechtlichen Angelegenheiten besorgen soll,
  • wenn sie krankheitsbedingt hierzu nicht mehr selbst in der Lage sind.

Diese Möglichkeit der vorsorgenden Bevollmächtigung ist Ausfluss des von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierten Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28.07.2015 – XII ZB 674/14 – und vom 17.02.2016 – XII ZB 498/15 –).

Kann eine Vorsorgevollmacht widerrufen werden?

Solange Geschäftsfähigkeit besteht ist die jederzeit möglich, danach nicht mehr.
Das bedeutet, ist eine Betroffener nicht mehr geschäftsfähig kann seine – gegebenenfalls krankheitsbedingte – Meinungsänderung die in gesunden Tagen geschaffene rechtliche Bindungswirkung der Vollmachterteilung nicht beseitigen (BGH, Beschluss vom 17.02.2016 – XII ZB 498/15 –).

Kann durch eine Vorsorgevollmacht vermieden werden, dass im Betreuungsfall vom Gericht ein Betreuer bestellt wird?

Da ein Betreuer nach § 1896 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur bestellt werden darf, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) und es an der Erforderlichkeit fehlt, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB), steht eine Vorsorgevollmacht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen.

Anders kann es dann liegen, d.h. die Bestellung eines Betreuers kann trotz Vorsorgevollmacht erforderlich sein,

  • wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmachterteilung oder am Fortbestand der Vollmacht bestehen, die geeignet sind, die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr und damit die Wahrnehmung von Rechten des Betroffenen durch den Bevollmächtigten zu beeinträchtigen (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 03.02.2016 – XII ZB 425/14 – und vom 03.02.2016 – XII ZB 425/14 –) oder
  • wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch den Bevollmächtigten eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet oder weil er eigene Interessen über die des Betroffenen stellt, indem er beispielsweise aus eigensüchtigen Motiven den persönlichen Kontakt des Betroffenen mit für diesen wichtigen Bezugspersonen unterbindet (BGH, Beschlüsse vom 26.02.2014 – XII ZB 301/13 –; vom 13.04.2011 – XII ZB 584/10 – und vom 17.02.2016 – XII ZB 498/15 –).

 Übrigens:
Seine Unterschrift auf einer Vorsorgevollmacht kann und sollte man bei der Betreuungsbehörde öffentlich beglaubigen lassen. Die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde ist dazu nach § 6 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger (Betreuungsbehördengesetz – BtBG) befugt (vgl. hierzu Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2015 – 11 Wx 71/15 –).

Übermittelt zur Eintragung in das Zentrale Vorsorgeregister können privatschriftliche Vorsorgevollmachten (aber auch Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung) der Bundesnotarkammer.
Von dieser Möglichkeit sollte Gebrauch gemacht werden, weil damit sichergestellt ist, dass Gerichte rechtzeitig erfahren, ob und ggf. was ein Betroffener in betreuungsrechtlicher Hinsicht verfügt hat.