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Darf ein vom Vorwurf der Vergewaltigung Freigesprochener die Frau, die ihn angezeigt hat, als „Kriminelle“ bezeichnen?

Wer vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden ist, weil keine für eine Verurteilung ausreichende Gewissheit gewonnen werden konnte, dass der Vergewaltigungsvorwurf der Frau die ihn angezeigt hat zutreffend war, darf in öffentlichen Äußerungen

  • den gegen ihn gerichteten Vergewaltigungsvorwurf zwar als unzutreffend bezeichnen,
  • die Anzeigeerstatterin jedoch nicht als „Kriminelle“ persönlich herabwürdigen.

Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 22.10.2014 – 6 U 152/13 – entschieden.

Danach ist ein Freigesprochener bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden, in der beide Parteien an ihrer ursprünglichen Sachdarstellung festgehalten, berechtigt, den Tatvorwurf der Vergewaltigung in öffentlichen Äußerungen als unzutreffend zu bezeichnen, obwohl damit notwendigerweise der Vorwurf der falschen Beschuldigung durch die Anzeigeerstatterin verbunden ist, den der Freigesprochene seinerseits nicht bewiesen hat.

Dagegen hat der Senat den Freigesprochenen für nicht berechtigt erachtet, die Anzeigeerstatterin mit der Bezeichnung als „Kriminelle“ persönlich herabzuwürdigen, da in Situationen wie der vorliegenden, in der nicht nur zugunsten des Freigesprochenen, sondern auch zugunsten der Anzeigeerstatterin die Unschuldsvermutung gelte, gegenüber derartigen Zuspitzungen,

  • mit denen einerseits die Unrichtigkeit des gegen ihn erhobenen Vorwurfs, also eine Tatsachenbehauptung, bekräftigt werden soll und
  • andererseits eine stark abwertende Beurteilung der Anzeigeerstatterin zum Ausdruck gebracht wird,

Zurückhaltung geboten sei.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Karlsruhe am 30.10.2014 mitgeteilt.

 

QM-Befragung

Gerne möchten wir uns ständig verbessern. Wir wären Ihnen daher dankbar, wenn Sie uns die folgenden Fragen ehrlich beantworten.

Wenn ein Betroffener sich gegen die Auswahl des Betreuers wendet bzw. einen anderen Betreuer möchte.

§ 1908 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der die Voraussetzungen regelt, unter denen die Entlassung eines Betreuers erfolgen kann, bezieht sich nur auf diejenigen Fälle,

  • in denen bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll.

Ist dagegen im Zusammenhang mit der

  • Entscheidung über die Verlängerung einer bereits bestehenden Betreuung bzw.
  • im Rahmen der Erstentscheidung über die Anordnung einer Betreuung

über einen Betreuerwechsel zu befinden, richtet sich die Auswahl der Person des Betreuers nach der für die Neubestellung eines Betreuers maßgeblichen Vorschrift des § 1897 BGB (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 15.09.2010 – XII ZB 166/10 –).

Welche Norm dem Betreuerwechsel zugrunde gelegt wird, ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Nach § 1908 b Abs. 3 BGB steht es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob ein Betreuer während eines laufenden Betreuungsverfahrens entlassen wird, weil der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt.

§ 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB räumt dagegen dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betreute wünscht. Der Wille des Betreuten kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will, etwa weil die vorgeschlagene Person die Übernahme der Betreuung ablehnt oder durch die Übernahme des Amtes in die konkrete Gefahr eines schwerwiegenden Interessenkonflikts gerät (BGH, Beschluss vom 15.09.2010 – XII ZB 166/10 –).

Deshalb muss auch, wenn sich ein Betroffener nach der Anordnung der Betreuung noch innerhalb der Beschwerdefrist (vgl. § 63 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) allein gegen die Betreuerauswahl wendet, dieses Anliegen als Beschwerde gegen den Ausgangsbeschluss ausgelegt und darf nicht als Antrag nach § 1908 b Abs. 3 BGB behandelt werden. Andernfalls würde die Regelung des § 1897 Abs. 4 BGB umgangen und dem Betroffenen damit sein entsprechendes Vorschlagsrecht genommen werden.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 17.09.2014 – XII ZB 220/14 – hingewiesen.

 

Nachbarn eines Kindergartens müssen Kinderlärm grundsätzlich hinnehmen.

Durch die Regelung des § 22 Abs. 1a Satz 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG) hat der Gesetzgeber Kinderlärm gegenüber sonstigem Lärm bevorzugt.
Nach dieser Vorschrift sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkungen. Privilegiert werden nicht nur die unmittelbar von Kindern bei der Nutzung der Einrichtung erzeugten Geräusche, sondern auch die zusätzlichen Lärmemissionen, die sich mit der bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage verbinden.

  • Zu den von Anliegern im Regelfall zu duldenden Geräuscheinwirkungen zählen somit nicht allein solche, die durch kindliche Laute wie Schreien oder Singen sowie durch körperliche Aktivitäten der Kinder wie Spielen, Laufen, Springen und Tanzen hervorgerufen werden;
  • ebenso gehören hierzu das Sprechen und Rufen von Betreuern sowie das Nutzen kindgerechter Spielzeuge und Spielgeräte.

Nachbarn können sich deshalb nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen unter Berufung auf Lärmbelästigungen gegen den Betrieb einer Kindertagesstätte zur Wehr setzen.

Darauf hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) mit Beschluss vom 27.10.2014 – 1 ME 145/14 – hingewiesen.

Einen solchen Ausnahmeversuch geltend zu machen hatten in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall Nachbarn eines Betriebskindergartens, die wegen der dadurch befürchteten unzumutbarer Lärmbelästigung ein Nutzungsverbot für den Kindergarten erreichen wollten, ohne Aussicht auf Erfolg versucht.

Das hat die Pressestelle des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts am 30.10.2014 mitgeteilt.

 

Darf telefoniert werden wenn aufgrund der ECO Start-Stopp-Funktion der Motor automatisch abgeschaltet ist?

Ein Fahrzeugführer darf sein Mobiltelefon im Auto benutzen, wenn

  • das Fahrzeug steht und
  • der Motor infolge einer automatischen Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet ist.

Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 09.09.2014 – 1 RBs 1/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Betroffene, während

  • er mit seinem Pkw an der Lichtzeichenanlage halten musste und
  • der Motor seines Fahrzeugs aufgrund der ECO Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet war,

mit seinem in der Hand gehaltenen Handy telefoniert und war deswegen vom Amtsgericht wegen verbotenen Telefonierens mit einem Mobiltelefon nach §§ 23 Abs. 1a, 49 Abs. 1 Nr. 22 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt worden.

Auf seine gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm den Betroffenen freigesprochen.

Zur Begründung des Freispruchs hat der Senat darauf verwiesen, dass das in § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO normierte Verbot, ein Mobiltelefon zu benutzen, nach § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO nicht gelte, wenn das Fahrzeug stehe und der Motor ausgeschaltet sei.
Der Gesetzeswortlaut differenziere dabei nicht zwischen einem automatisch und einem manuell abgeschalteten Motor. Ebenso wenig stelle die Vorschrift darauf ab, dass ein Motor nur dann abgeschaltet sei, wenn zu dessen Wiedereinschalten die Zündvorrichtung bedient werden müsse.
Deswegen sei ein Telefonieren auch bei einem automatisch abgeschalteten Motor zulässig, der durch das Betätigen des Gaspedals wieder in Gang gesetzt werden könne, wenn das Fahrzeug stehe. Durch die infrage stehende Verbotsvorschrift solle gewährleistet werden, dass dem Fahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stünden. Stehe das Fahrzeug und sei der Motor nicht im Betrieb, fielen Fahraufgaben, wofür der Fahrzeugführer beide Hände benötigte, nicht an. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Motor zuvor durch den Fahrer mittels Betätigen der Zündung manuell oder durch Abbremsen bzw. dem Stillstand des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden sei.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 28.10.2014 mitgeteilt.

 

Wann ist ein unvollständiges Ehegattentestament als wirksames Einzeltestament zu behandeln und wann nicht?

Ein mangels Unterschrift der Ehefrau gescheitertes gemeinschaftliches Ehegattentestament (vgl. § 2267 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ist grundsätzlich kein Einzeltestament nach § 2247 Abs. 1 BGB des den Entwurf verfassenden Ehemanns.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Ehemann den Testamentsentwurf – unabhängig vom Beitritt seiner Ehefrau – als sein Einzeltestament gelten lassen wollte.

Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 21.02.2014 – 15 W 46/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der im Mai 2013 im Alter von 74 Jahren verstorbene Erblasser beabsichtigt im Februar 2007 mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zu errichten.
Er hatte einen Entwurf erstellt und diesen selbst unterzeichnet.
Die Unterzeichnung seiner Ehefrau war unterblieben.
Im Testamentsentwurf war vorgesehen, dass der überlebende Ehegatte Vorerbe und eins der 4 gemeinsamen Kinder Nacherbe werden sollte.

Nach Auffassung des 15. Zivilsenats des OLG Hamm stellte das vom Erblasser im Februar 2007 verfasste Schriftstück kein formwirksames Einzeltestament nach § 2247 Abs. 1 BGB dar, sondern lediglich den Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments, so dass im vorliegenden Fall gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.
Zur Begründung seiner Auffassung wies der Senat darauf hin, dass das vom Erblasser im Februar 2007 verfasste Schriftstück als gemeinschaftliches Testament nicht wirksam geworden sei, weil es die Ehefrau nicht unterzeichnet habe (vgl. § 2267 BGB).
Obwohl das Schriftstück vom Erblasser handschriftlich verfasst und unterschrieben worden sei, so dass es den gesetzlichen Formvorschriften eines Einzeltestaments genüge. könne es aber als Einzeltestament hier deshalb nicht aufrechterhalten werden, weil der Wille des Erblassers gefehlt habe, ein einseitiges Testament zu errichten.
Im vorliegenden Fall könne nicht angenommen werden, dass der Erblasser die nach seiner Auffassung gemeinsam mit seiner Ehefrau zu treffenden letztwilligen Verfügungen auch ohne die mit einem gemeinschaftlichen Testament verbundene Verpflichtung beider Ehegatten habe anordnen wollen.
Denn nach dem Entwurf des gemeinschaftlichen Testaments sei es Ziel des Erblassers gewesen, das im hälftigen Eigentum beider Ehegatten stehende Familienheim der Familie zu erhalten. Deswegen sei auch eins der Kinder als Schlusserbe bestimmt worden. Diese Zielsetzung habe aber nur erreicht werden können, wenn auch die Ehefrau durch Mitzeichnung des Testamentsentwurfs eine entsprechende Verpflichtung eingegangen wäre, was jedoch nicht der Fall war.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 27.10.2014 mitgeteilt.

 

Formularmäßige Kostenübertragung in einem Mietvertrag über Geschäftsräume.

Die Umlage von

  • „Verwaltungskosten“

in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mietvertrages über Geschäftsräume ist – ebenso wie die Umlage der „Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung“

(BGH, Urteile vom 24.02.2010 – XII ZR 69/08 –; vom 04.05.2011 – XII ZR 112/09 –; vom 03.08.2011 – XII ZR 205/09 – und vom 26.09.2012 – XII ZR 112/10 –).

Die formularmäßige

  • Auferlegung der Instandhaltung und Instandsetzung gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen auf den Mieter ohne Beschränkung der Höhe nach
  • verstößt gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB,

weil die Überwälzung der gesamten Kosten von gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen auf einen Mieter erheblich vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages abweicht.
Die Verpflichtung zur Instandsetzung und Instandhaltung kann nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur bei der Gewerberaummiete formularmäßig auf den Mieter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind.
Die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild findet aber dort ihre Grenze, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Damit werden dem Mieter auch Kosten übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, dass er die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn bestehenden, in der Regel gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel bzw. bereits vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Darüber hinaus werden ihm Kosten für Schäden auferlegt, die von Dritten verursacht worden sind, für deren Handeln er keine Verantwortung trägt, so dass auch insoweit ihm nicht zurechenbare und der Höhe nach nicht vorhersehbare Kosten auf ihn übertragen werden. Diese Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages benachteiligten den Mieter unangemessen (BGH, Urteile vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01 – und vom 26.09.2012 – XII ZR 112/10 –).

Die formularmäßig vereinbarte Klausel eines Gewerberaummietvertrages, die dem Mieter eines in einem Einkaufszentrum belegenen Ladenlokals als Nebenkosten

  • zusätzlich zu den Kosten der „Verwaltung“ nicht näher aufgeschlüsselte Kosten des „Center-Managements“ gesondert auferlegt,
  • ist intransparent und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam,

weil es dem Begriff Centermanagement oder „Center-Manager“ an ausreichender Transparenz fehlt; es ist nicht ersichtlich, welche Kosten hierdurch einbezogen und welche Leistungen dem Inhalt nach hiervon erfasst werden sollen.
Der Begriff „Kosten für Center-Manager“ erlaubt keine Eingrenzung der damit inhaltlich verbundenen Einzelpositionen, da etwa auch Aufwendungen für Marktanalysen, Ermittlung von Kundenwünschen, Werbe- und PR-Maßnahmen, Dekoration, Veranstaltungen sowie sonstige Profilierungsmaßnahmen erfasst sein könnten.
Ist der Umfang der durch den „Center-Manager“ zu ergreifenden Maßnahmen nicht vertraglich eingegrenzt und ermöglichen auch die Begriffe eines allgemein „Ortsüblichen und Notwendigen“ keine hinreichend klare Eingrenzung, können die hierunter entstehenden Kosten auch nicht im Groben abgeschätzt werden und sind deshalb intransparent (BGH, Urteile vom 03.08.2011 – XII ZR 205/09 – und vom 26.09.2012 – XII ZR 112/10 –).

Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) und

  • führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen.

Das gilt auch dann, wenn der mit den Geschäftsbedingungen konfrontierte Unternehmer eine bedeutende Marktstellung innehat, aufgrund derer er von vornherein hätte versuchen können, andere Vertragsbedingungen auszuhandeln (BGH, Urteile vom 03.08.2011 – XII ZR 205/09 – und vom 26.09.2012 – XII ZR 112/10 –).
Nachdem bei der Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt, auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist, würde auch eine nachträgliche Erläuterung der Aufgaben des Center-Managers durch den Vermieter an der Bewertung nichts ändern.

Eine formularmäßige Klausel, dass

  • der Mieter Einwendungen gegen die Kostenabrechnung innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Abrechnung schriftlich erheben muss und nach Ablauf dieser Frist Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen sind,
  • verstößt gegen das Regelungsverbot des § 308 Nr. 5 BGB.

Nach dieser Vorschrift ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen.
Allerdings ist das Klauselverbot des § 308 Nr. 5 BGB nicht unmittelbar anwendbar, wenn es sich bei dem Mieter um einen Unternehmer handelt. Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, findet § 308 BGB keine Anwendung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Solche Geschäftsbedingungen unterliegen jedoch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, und zwar auch insoweit, als dies zur Unwirksamkeit von Vertragsbestimmungen führt, die in § 308 BGB aufgeführt sind. Dabei ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Bräuche angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 310 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Das bedeutet, dass bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen berücksichtigt werden sollen, soweit sie übertragbar sind. Den Klauselverboten kommt im Rahmen der Inhaltskontrolle somit Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu. Fällt eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm der §§ 308, 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (BGH, Urteil vom 19.09.2007 – VIII ZR 141/06 –).

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.09.2014 – XII ZR 56/11 – hingewiesen.

 

Ist eine von einem Zahnarzt eingegliederte Brücke (noch) nachbesserungsbedürftig muss der Patient darauf hingewiesen werden.

Ein Zahnarzt handelt grob behandlungsfehlerhaft, wenn er einen Patienten ohne ausdrücklichen Hinweis darauf entlässt, dass eine von ihm eingegliederte Brücke nachbesserungsbedürftig ist.

Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 12.09.2014 – 26 U 56/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte sich der Kläger vom beklagten Zahnarzt im Dezember 2007 im Oberkiefer eine Brücke eingliedern lassen. Diese wies am Kronenrand eine Stufe zu den natürlichen Zähnen auf, so dass die Kronenränder abstanden, was vom Beklagten bei der letzten Behandlung des Klägers im Januar 2008 nicht beseitigt worden war.  
Erst im Dezember 2008 suchte der Kläger aufgrund von Beschwerden wegen der Brückenkonstruktion den Beklagten erneut auf, brach die Behandlung dort dann aber Anfang des Jahres 2009 ab und ließ sich von einem anderen Zahnarzt weiter behandeln.
Mit der Begründung mangelhaft behandelt worden zu sein und erhebliche Beschwerden beim Kauen sowie Entzündungen im Mundraum zu haben, verlangte er von dem Kläger Schmerzensgeld.

Der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm sprach dem Kläger 1.000 Euro Schmerzensgeld zu.

Denn der Kläger war, wie der Senat feststellte, bei der zahnprothetischen Versorgung durch den Beklagten fehlerhaft behandelt worden, da die Brückenkonstruktion bei 5 Zähnen abstehende Kronenränder aufgewiesen habe, sie deshalb mangelhaft gewesen sei, der Beklagte dies bei der Eingliederung der Brücke hätte erkennen müssen und die gleichwohl vorgenommene Eingliederung nicht dem zahnärztlichen Standard entsprochen hat.

  • Weil der Beklagte nach der Eingliederung der mangelbehafteten Brücke den Kläger von sich aus wieder hätte einbestellen müssen, um den Mangel zu beseitigen, liege auch ein grober Behandlungsfehler vor.

Darauf, dass der Kläger ihn selbständig wieder aufsuchen würde, habe sich der Beklagte nicht verlassen dürfen. Deshalb entlaste es ihn auch nicht, dass er zuvor keine Möglichkeit gehabt habe, die Brücke nachzubessern.

Wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigen, die der Kläger erlitten hatte, erachtete der Senat ein Schmerzensgeld i.H.v. 1000 Euro für angemessen.
Dabei berücksichtigte der Senat

  • einerseits, dass der Kläger durch die fehlerhafte Behandlung Schmerzen erlitten hatte, er beim Essen und Trinken beeinträchtigt war, der abstehende Kronenrand dazu geführt hatte, dass Zahnfleisch gegen die Kante des Zahnersatzes stieß, was Reizungen, Blutungen, Rötungen und Schwellungen hervorrief und auch kurzfristige Entzündungen im Mundraum deswegen aufgetreten oder begünstigt worden waren,
  • andererseits aber auch, dass der Kläger, wenn er sehr heftige oder starke Schmerzen gehabt hätte, den Beklagten nicht erst ca. ein Jahr nach der letzten Behandlung sondern sicherlich früher wieder aufgesucht hätte.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 23.10.2014 mitgeteilt.

 

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen gelegentlichen Cannabiskonsums.

Zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist ein gelegentlicher Cannabiskonsument dann, wenn er seinen Cannabiskonsum nicht ausreichend vom Fahren trennt.
Was unter einer solchen ausreichenden Trennung von Cannabiskonsum und Fahren im Sinne der Fahrerlaubnis-Verordnung zu verstehen ist hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 23.10.2014 – 3 C 3.13 – entschieden.
Danach kann von einer ausreichenden Trennung von Cannabiskonsum und Fahren im Sinne der Fahrerlaubnis-Verordnung nur dann ausgegangen werden, wenn ein gelegentlicher Konsument von Cannabis

  • seinen Konsum und
  • das Fahren

in jedem Fall so trennt,

  • dass eine cannabisbedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit unter keinen Umständen eintreten kann.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte das Landratsamt dem Kläger die Fahrerlaubnis wegen gelegentlichen Cannabiskonsums und fehlender Trennung dieses Konsums vom Fahren (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) entzogen, nachdem bei ihm nach einer Verkehrskontrolle wegen des Verdachts, dass er unter der Wirkung von Cannabis gefahren sei, eine Blutprobe entnommen und bei deren Untersuchung ein Wert von 1,3 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), des psychoaktiven Wirkstoffs von Cannabis, im Blutserum festgestellt worden war.

Seine Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis hatte keinen Erfolg, weil

  • die Beweisaufnahme ergab, dass der Kläger ein gelegentlicher Cannabiskonsument war und
  • nachdem ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blutserum eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nicht ausgeschlossen werden kann, der bei dem Kläger gemessene THC-Pegel zeigte, dass bei ihm eine ausreichende Trennung nicht gewährleistet ist.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 23.10.2014 – Nr. 64/2014 – mitgeteilt.

 

Unzuverlässigkeit eines Waffenbesitzers bei Schusswaffengebrauch unter Alkoholeinfluss.

Macht ein Waffenbesitzer in alkoholisiertem Zustand von seiner Schusswaffe Gebrauch,

  • rechtfertigt dies die Annahme, dass er im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig ist,
  • auch wenn zum Alkoholkonsum kein weiteres Fehlverhalten hinzutritt.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 22.10.2014 – 6 C 30.14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die einem Jäger erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG) widerrufen worden, weil dieser eine Waffe in alkoholisiertem Zustand zu Jagdzwecken benutzt hatte. Er hatte, bevor er mit seinem Kraftfahrzeug zur Jagd gefahren war und von einem Hochsitz aus einen Rehbock mit einem Schuss erlegt hatte, daheim zwei Gläser Rotwein (0,5 l) und ein Glas Wodka (30 ml) getrunken. Als er auf der Heimfahrt von der Polizei kontrolliert wurde, ergab der Alkoholtest bei ihm einen Wert von 0,47 mg/l Atemluftalkoholkonzentration.

Die gegen den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gerichtete Klage des Jägers hatte keinen Erfolg, weil

  • nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen und Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen und
  • wie das BVerwG ausführte, vorsichtig und sachgemäß mit Schusswaffen nur umgeht, wer sie ausschließlich in nüchternem Zustand gebraucht und sicher sein kann, keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu erleiden, die zu Gefährdungen Dritter führen können.

Bei der vom Kläger konsumierten Alkoholmenge waren nach Auffassung des BVerwG solche Ausfallerscheinungen jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen. Diese war vielmehr geeignet, die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Wahrnehmungsfähigkeit zu mindern und enthemmend zu wirken.
Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bei dem Kläger im konkreten Fall alkoholbedingte Ausfallerscheinungen aufgetreten sind, war nach Ansicht des BVerwG unerheblich.
Unvorsichtig und unsachgemäß ist der Gebrauch von Schusswaffen nämlich bereits dann, wenn ein Waffenbesitzer hierbei das Risiko solcher Ausfallerscheinungen eingegangen ist. Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit setzt die Fähigkeit und die Bereitschaft voraus, Risiken mit dem Potential der Schädigung Dritter strikt zu vermeiden, zumal wenn dies problemlos möglich ist.
Dass der Kläger sich trotz dieser offenkundigen Risiken vom Schusswaffengebrauch nicht hatte abhalten lassen, rechtfertigte die Prognose, dass er auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen wird.
Wer das Risiko alkoholbedingt geminderter Reaktionsgeschwindigkeit und Wahrnehmungsfähigkeit oder alkoholbedingter Enthemmung auch nur in einem Fall des Schusswaffengebrauchs in Kauf genommen hat, verdient das Vertrauen nicht länger, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 22.10.2014 – Nr. 62/2014 – mitgeteilt.