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Mietverhältnis über Gewerberaum – Kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis allein durch den vorbehaltlosen Ausgleich einer Nebenkostenabrechnung.

Bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum rechtfertigt allein die Übersendung der Betriebskostenabrechnung und der vorbehaltlose Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in seinen Urteilen vom 10.07.2013 – XII ZR 62/12 – und vom 28.05.2014 – XII ZR 6/13 – hingewiesen.

Wie der XII. Zivilsenat ausgeführt hat, kann zwar auch ein konkludentes Verhalten der Mietvertragsparteien ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis begründen. Allerdings setzt die Wertung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung als Angebot zum Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses regelmäßig voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen und sich dahingehend einigen wollen.
Mit der Übersendung der Betriebskostenabrechnung gibt der Vermieter aber aus der maßgeblichen Sicht des Mieters (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) keine auf den Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gerichtete Willenserklärung ab.
Die Betriebskostenabrechnung ist eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen (BGH, Urteil vom 28.04.2010 – VIII ZR 263/09 –).
Auch der Mieter, der eine Betriebskostennachforderung vorbehaltlos erfüllt, erbringt damit eine reine Erfüllungshandlung, ohne dass daraus geschlossen werden kann, er erkenne den Abrechnungssaldo endgültig für verbindlich an.

Auch wenn allein durch den vorbehaltlosen Ausgleich einer Nebenkostenabrechnung noch nicht auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis geschlossen werden kann, bleibt es den Mietvertragsparteien jedoch unbenommen, im Einzelfall hinsichtlich des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abzuschließen und damit den Saldo für beide Seiten für verbindlich zu erklären.
Sofern die Parteien hierzu keine ausdrückliche Vereinbarung treffen, bedarf es für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses allerdings – neben der bloßen Übersendung der Nebenkostenabrechnung und dem Ausgleich des Saldos – weiterer Umstände, aus denen auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Mietvertragsparteien geschlossen werden kann.
Die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldverhältnisses kann danach in Betracht kommen, wenn die Parteien zunächst über einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung gestritten haben und dann der Saldo von einer der beiden Vertragsparteien ausgeglichen wurde oder wenn die Parteien eine Ratenzahlungs- bzw. Stundungsvereinbarung getroffen haben.

 

Welche Rechte hat ein Eigentümer der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nachbarn jahrzehntelang gestattet hat?

Ein Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nachbarn (hier: durch unterirdisch verlegte Stromleitungen) jahrzehntelang gestattet hat, verliert hierdurch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend seine Ansprüche aus § 1004 BGB geltend zu machen.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 16.05.2014 – V ZR 181/13 – hingewiesen.

Der Eigentümer ist nicht deshalb, weil er seinen Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegenüber dem Störer wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr durchzusetzen vermag, die Störung auch in Zukunft hinnehmen muss.
Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs begründet kein Recht des Störers auf Duldung nach § 1004 Abs. 2 BGB.
Der Eigentümer ist vielmehr auf Grund seiner Befugnisse aus § 903 Satz 1 BGB berechtigt, die Beeinträchtigung seines Eigentums durch Entfernung des störenden Gegenstands von seinem Grundstück selbst zu beseitigen (BGH, Urteile vom 28.01.2011 – V ZR 141/10 – und – V ZR 147/10 –). Er kann deshalb in einem solchen Fall Klage erheben mit dem Antrag, festzustellen, dass er berechtigt ist …….. (hier: die in seinem Grundstück befindlichen, der Stromversorgung der Grundstücke des Nachbarn dienenden Kabel selbst zu beseitigen).

Anders ist es allerdings, wenn der Eigentümer nach § 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, die Beeinträchtigung zu dulden. Die Störung stellt sich dann nicht als eine Verletzung der Eigentümerrechte dar.
Eine Duldungspflicht im Sinne des § 1004 Abs. 2 BGB schließt daher nicht nur den Abwehranspruch gegen den Störer, sondern auch das Recht des Eigentümers aus, die Störung selbst auf eigene Kosten zu beseitigen.

Dulden muss der Eigentümer die Störung

Schließlich darf das Recht des Eigentümers, die Störung ihres Eigentums durch die Leitungen selbst zu beseitigen, nicht verwirkt sein.

 

Ärztliche Zwangsmaßnahmen – Zu den Voraussetzungen für die Einwilligung des Betreuers und den Anforderungen an die Genehmigung des Betreuungsgerichts.

Der Betreuer kann in eine im Rahmen einer zivilrechtlichen Unterbringung erfolgende ärztliche Zwangsmaßnahme nur einwilligen, wenn die in § 1906 Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgezählten Voraussetzungen kumulativ vorliegen.

  1. Nach § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB kann der Betreuer in eine ärztliche Zwangsmaßnahme, also in die Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen nur einwilligen, wenn es dem Betroffenen krankheits- oder behinderungsbedingt an der Fähigkeit fehlt, die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu erkennen, oder wenn er trotz Vorliegens einer solchen Einsicht krankheits- oder behinderungsbedingt nicht nach dieser Einsicht handeln kann.
     
  2. Gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB muss die ärztliche Zwangsmaßnahme erforderlich sein, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden des Betroffenen abzuwenden (vgl. zu diesem Tatbestandsmerkmal etwa Bundesgerichtshof (BGH), Beschlüsse vom 05.12.2012 – XII ZB 665/11 –; vom 22.08.2012 – XII ZB 295/12 – und vom 23.06.2010 – XII ZB 118/10 –).
    Denn die Überwindung des entgegenstehenden natürlichen Willens des Betroffenen im Wege der Zwangsbehandlung kann schon im Ansatz nur dann gerechtfertigt sein, wenn es gilt, gewichtige gesundheitliche Nachteile des Betroffenen zu verhindern.
    Umgekehrt ist der natürliche Wille des Betroffenen zu respektieren, wenn auch bei Unterbleiben der Behandlung keine wesentlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Betroffenen zu erwarten sind.
     
  3. Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist weiterhin das Erfordernis, dass der erhebliche gesundheitliche Nachteil nicht durch eine mildere, dem Betroffenen zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BGB).
    Eine solche kann etwa in einer alternativen Behandlungsmethode zu sehen sein, die nicht dem natürlichen Willen des Betroffenen widerspricht und ebenfalls das mit der Zwangsbehandlung verfolgte Behandlungsziel herbeizuführen vermag, aber auch in sonstigen, die Behandlung entbehrlich machenden Maßnahmen.
     
  4. Auch wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Zwangsbehandlung nur verhältnismäßig, sofern der von ihr zu erwartende Nutzen die aus ihr für den Betroffenen folgenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BGB).
    Dem zu erwartenden Behandlungserfolg sind die mit der Behandlung verbundenen Neben- und Auswirkungen einschließlich der möglichen Komplikationen gegenüberzustellen und Nutzen und Beeinträchtigungen gegeneinander abzuwägen.
     
  5. Schließlich setzt die Zulässigkeit einer zwangsweisen Behandlung gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB voraus, dass vor der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme versucht wurde, den Betroffenen von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen und seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen.
    Dieser Versuch muss ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks durch eine überzeugungsfähige und -bereite Person unternommen worden sein, was das Gericht in jedem Einzelfall festzustellen und in seiner Entscheidung in nachprüfbarer Weise darzulegen hat.
    Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert, dass die Durchführung der ärztlichen Maßnahme gegen den natürlichen Willen des Betroffenen nicht vermieden werden kann, indem der Betroffene von ihrer Notwendigkeit überzeugt, so eine Änderung seines Willens herbeigeführt und eine Zwangsmaßnahme dadurch überflüssig wird.
    Bei dem Überzeugungsversuch handelt es sich um eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung durch den Betreuer.
    Zur näheren Ausgestaltung eines solchen Versuchs, insbesondere dazu, von wem er zu unternehmen ist, enthält das Gesetz keine Angaben.
    Dies wird regelmäßig der ärztlich beratene Betreuer, kann aber gegebenenfalls auch ein behandelnder Arzt sein. In Betracht kommen für den Überzeugungsversuch zudem Vertrauenspersonen des Betroffenen aus seinem Angehörigen- und Freundeskreis.
    Im Übrigen hängt die Ausgestaltung des Überzeugungsversuchs stark vom jeweiligen Einzelfall mit dem Krankheits- oder Behinderungsbild des Betroffenen ab.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 312 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) die gemäß § 1906 Abs. 3a Satz 1 BGB erforderliche Genehmigung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme den Unterbringungssachen i. S. d. § 312 FamFG zugeordnet. Damit gelten für das gerichtliche Verfahren die bereits vor der Gesetzesänderung im zweiten Abschnitt des dritten Buches des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) enthaltenen Vorschriften.

  • Zusätzlich muss gemäß § 323 Abs. 2 FamFG die Beschlussformel enthalten, dass die Zwangsmaßnahme unter der Verantwortung eines Arztes durchzuführen und zu dokumentieren ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 20.06.2012 – XII ZB 99/12 –).
     
  • Darüber hinaus gelten Sonderregelungen für die Person des gerichtlichen Gutachters (§§ 312 Abs. 1 Satz 5, 329 Abs. 3 FamFG (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30.10.2013 – XII ZB 482/13 –).
     
  • Schließlich bestimmt § 329 Abs. 1 Satz 2 FamFG nun als Höchstdauer für die (erstmalige) Genehmigung der Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme eine Frist von sechs Wochen.
    Bei Erlass einer einstweiligen Anordnung beträgt diese Frist nach § 333 Abs. 2 Satz 1 FamFG zwei Wochen.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 04.06.2014 – XII ZB 121/14 – hingewiesen.

 

Wenn zwei verkehrswidrig fahrende Radfahrer zusammenstoßen – Haftungsquote?

Stößt

  • eine Radfahrerin, die den Radweg einer bevorrechtigten Straße entgegen der Fahrtrichtung befährt,
  • mit einem aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf den Radweg einbiegenden Radfahrer

zusammen, kann eine Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Radfahrers und 1/3 zu Lasten der Radfahrerin gerechtfertigt sein.

Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 06.06.2014 – 26 U 60/13 – entschieden.

In so einem Fall hat der Radfahrer, der aus dem verkehrsberuhigten Bereich auf den Radweg eingebogen ist gegen § 10 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verstoßen. Er hätte nämlich  vom verkehrsberuhigten Bereich nur so auf den Radweg einbiegen dürfen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dem hat er nicht genügt.

Die Radfahrerin hat dadurch, dass sie den Radweg entgegen der Fahrtrichtung benutzt hat gegen § 2 Abs. 4 StVO verstoßen.

Das Verschulden des gemäß § 10 StVO verpflichteten Radfahrers überwiegt, weil gegenüber diesem der gesamte fließende Verkehr auf dem Radweg, auch ein den Radweg in verkehrter Richtung benutzender Radfahrer Vorrang hat.

Das Mitverschulden der Radfahrerin tritt hinter das Verschulden des Radfahrers nicht vollständig zurück, da, wer einen Radweg vorsätzlich in der für sie nicht freigegebenen Fahrrichtung befährt nicht darauf vertrauen darf, dass sein grundsätzliches Vorfahrtsrecht beachtet wird und deswegen eine Fahrweise wählen muss, bei der er einen für ihn von links kommenden Fahrzeug ausweichen kann.

Nach Unfällen im Straßenverkehr ist die Beurteilung der Schuld- und die Haftungsfrage im konkreten Einzelfall oft schwierig. Es ist deshalb nach einem Unfall empfehlenswert die Beratung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen. 

 

Anonymität von Internetnutzern bleibt bei Persönlichkeitsverletzungen gegenüber Dritten weiterhin geschützt.

Wer von einem anonymen Nutzer des Internets auf einer Internetseite durch falsche Behauptungen in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist, hat gegen den Betreiber des Internetportals keinen Anspruch darauf, dass ihm dieser die hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers mitteilt.

Das hat der für das Recht der unerlaubten Handlung zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 01.07.2014 – VI ZR 345/13 – entschieden.

Der Betreiber eines Internetportals ist danach ohne Einwilligung des Nutzers grundsätzlich nicht befugt dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an einen Betroffenen zu übermitteln.
Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 2 Telemediengesetz (TMG). Nach dieser Vorschrift dürfen für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwendet und damit auch nur dann an Dritte übermittelt werden, soweit das TMG oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf das TMG bezieht, dies erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.
Eine solche Vorschrift könnte der Gesetzgeber zwar schaffen, hat er aber bisher – bewusst – nicht geschaffen.

Dennoch ist ein in seinem Persönlichkeitsrecht Verletzter nicht gänzlich schutzlos.
Ihm kann ein Unterlassungsanspruch gerichtet auf die Verbreitung der beanstandeten Behauptungen gegen den Diensteanbieter zustehen (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 –).

Auch kann ein Betroffener ggf. Anzeige bei der Polizei erstatten.
Denn nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 5 Satz 4 TMG darf der Diensteanbieter auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies u. a. für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist.

Zu empfehlen ist einem Betroffenen in einem solchen Fall die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.

 

Auch während der Fußball-WM in Brasilien muss nächtlicher, ruhestörender Lärm nicht geduldet werden.

Weil ihre Nachbarn sie bei Spielen der deutschen Nationalmannschaft durch ihr Gegröhle außerhalb ihrer Wohnung nach 22.00 Uhr in ihrer Nachtruhe störten, erwirkte die Antragstellerin gegen sie beim Amtsgericht (AG) Neukölln eine einstweilige Verfügung.

Den Nachbarn der Antragsteller wurde durch Beschluss des AG Neukölln vom 25.06.2014 – 17 C 1004/14 – bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zum 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten

  • untersagt, bis zum 14. Juli 2014 während der Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft außerhalb ihrer Wohnung auf dem Grundstück (…) einschließlich des Balkons und der Terrasse ihrer Wohnung nach 22.00 Uhr Lärm, insbesondere in Form von gemeinschaftlichem Gesang, Gegröhle und lauten Rufen zu verursachen oder durch Familienangehörige oder Besucher verursachen zu lassen, durch den die Antragstellerin oder andere Mitbewohner des Grundstücks (…) in ihrer Nachtruhe gestört werden;
  • aufgegeben, die Fenster und Außentüren ihrer Wohnung während der Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft bis zum 14. Juli nach 22.00 Uhr geschlossen zu halten im Falle des Empfangs der Fernseh-, Internet- und Rundfunkübertragung“.

Die einstweilige Verfügung hat das AG Neukölln ohne mündliche Verhandlung erlassen. Die Nachbarn (= Antragsgegner) können gegen die Entscheidung Widerspruch erheben. Wird Widerspruch erhoben entscheidet das AG Neukölln unter Berücksichtigung der Widerspruchsbegründung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung. Es kann die einstweilige Verfügung ganz oder teilweise bestätigen, abändern oder aufheben.

Da die anspruchsbegründenden Behauptungen von dem Antragsteller im einstweiligen Verfügungsverfahren glaubhaft und in einem dem einstweiligen Verfügungsverfahren nachfolgenden Hauptsacheverfahren bewiesen werden müssen empfiehlt es sich die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen. 

 

Parkverbote an Elektroladestationen gelten auch ohne Rechtsgrundlage.

Ein Betroffener muss wegen vorsätzlichen Parkverstoßes eine Geldbuße von 10 € zahlen, weil er seinen VW mit Verbrennungsmotor auf einem Parkstreifen abgestellt hat, an dem eine Elektroladestation installiert und der deswegen mit dem Parkplatzschild und dem Zusatzschild mit der Aufschrift “Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs“ versehen war.

Dass sich aus einer solchen Beschilderung ein Parkverbot für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ergibt hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 27.05.2014 – 5 RBs 13/14 – entschieden.

In ihrer Entscheidung haben die Richter darauf hingewiesen, dass dieses sich aus einer derartigen Beschilderung ergebende Parkverbot auch dann beachtet werden muss, wenn es dafür eine Rechtsgrundlage im geltenden Straßenverkehrsrecht (noch) nicht geben sollte. Denn Verkehrszeichen seien Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen die nur dann nichtig und nicht zu beachten sind, wenn sie an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler leiden. Ein Verkehrszeichen, das von der zuständigen Behörde aufgestellt worden ist, sei aber auch dann, wenn eine gesetzliche Grundlage dafür fehlt, nicht nichtig, sondern in der Regel wirksam.

Der Fall zeigt, dass es auch bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten empfehlenswert sein kann die Beratung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

 

Wann besteht für Beschäftigte eines Betriebes während einer Feier Unfallversicherungsschutz?

Diese Frage stellt sich immer dann wenn der Unfallversicherungsträger die Feststellung als Arbeitsunfall ablehnt.

An betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen – wie zum Beispiel Betriebsausflügen – Teilnehmende sind als Beschäftigte (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII)) grundsätzlich in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn die Teilnahme allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offen steht und die Veranstaltung von der Autorität der Betriebsleitung angeordnet bzw. getragen  wird.

Nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht dagegen eine Feier, die die Beschäftigten einer Abteilung und ihr Abteilungsleiter aus eigenem Antrieb außerhalb der Arbeitszeit nur für ihr Team selbst organisieren und deren Kosten sie selbst tragen. Das gilt auch dann, wenn die Unternehmensleitung Kenntnis von der Veranstaltung hat und dieser Feier positiv gegenübersteht. Erleidet ein Beschäftigter während einer solchen Feier einen Unfall handelt es sich bei dem Unfallereignis nicht um einen Arbeitsunfall.
Die gesetzliche Unfallversicherung während der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung setzt nämlich voraus, dass diese durch die Betriebsleitung oder im Einvernehmen mit der Betriebsleitung als deren eigene Veranstaltung durchgeführt wird.

Das hat das Bundessozialgericht (BSG) – B 2 U 7/13 R – entschieden.

Im Einzelfall empfehlenswert ist die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Sozialrecht“ hat.

 

Räumungsurteil gegen rauchenden Mieter.

Raucht ein Mieter in seiner Wohnung, stellt dies für sich genommen kein vertragswidriges Verhalten dar, das eine Kündigung rechtfertigen kann.
Mieter dürfen sich in ihrer Wohnung grundsätzlich frei entfalten. Alles was zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört ist gestattet. Allerdings gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Nachbarn und Vermietermüssen müssen sich nicht alles gefallen lassen.

Das Landgericht (LG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 26.06.2014 – 21 S 240/13 – entschieden, dass ein eine Kündigung rechtfertigender schwerwiegender Pflichtverstoß i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann vorliegt, wenn ein in einem Mehrfamilienhaus wohnender, kettenrauchender Mieter auch nach mehrfacher erfolgloser Abmahnung durch den Vermieter keine Maßnahmen trifft, um zu verhindern, dass der Zigarettenrauch von seiner Wohnung in den Hausflur zieht und er die Geruchsbelästigung anderer Hausbewohner noch dadurch fördert, dass er seine Wohnung unzureichend lüftet und seine zahlreichen Aschenbecher nicht leert.

Die Berufung des Mieters gegen das vorausgegangene Räumungsurteil des Amtsgerichts Düsseldorf ist damit vom LG Düsseldorf zurückgewiesen worden.

Da der Mieter bereits seit 40 Jahren in der Wohnung lebte wurde ihm eine Räumungsfrist bis zum Jahresende eingeräumt.

Das LG Düsseldorf hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.

Die Frage, ob durch einen Mieter verursachte Immissionen innerhalb eines Mehrfamilienhauses einen Kündigungsgrund darstellen können, kann bedeutsam sein auch für andere Formen der Geruchsbelästigung, beispielsweise für Belästigungen durch Kochgerüche, wenn diese von einem Mieter nicht über die Fenster seiner Wohnung nach draußen, sondern über die geöffnete Wohnungstür ins Treppenhaus weglüftet werden.

Treten derartige oder vergleichbare Probleme in einem Mehrfamilienhaus zwischen Hausbewohnern untereinander oder Mietern und Vermietern auf, sollte zunächst das Gespräch miteinander gesucht werden.
Führt dieses zu keinem befriedigenden Ergebnis empfiehlt es sich, die Beratung eines Rechtsanwalts, der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Mietrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

 

Unfall mit Güterzug – Schadenersatzanspruch des Autofahrers?

Unfälle stellen meist ein Problem dar. Schon im Straßenverkehr zeigen sich erhebliche Haftungsprobleme. Noch schwieriger kann es werden, wenn es um einen Unfall mit einem Zug geht.

Mit der Frage inwieweit dabei ein Anspruch auf Schadenersatz, insbesondere auch auf Schmerzensgeld besteht, hatte sich nun der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in seinem Urteil vom 19.06.2014 – 1 U 113/13 – zu befassen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger am Morgen des 09.08.2011 versucht mit einem Transporter im Emsland einen mit einem Andreaskreuz (Zeichen 201 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)) gekennzeichneten unbeschrankten Bahnübergang zu überqueren. Dabei kam es zum Unfall zwischen dem Kläger und dem aus 30 Waggons und einer Lok bestehenden Güterzug der Beklagten.

Der Unfall war schwerwiegend. Das klägerische Fahrzeug wurde in dem vom OLG Oldenburg entschiedenen Fall von dem Zug ca. 50 m mitgeschleift. Der Kläger wurde erheblich verletzt und begehrte nun die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 30.000 €. Der Kläger räumte ein Mitverschulden ein und verlangte in der Klage die Erstattung von 40 % des erlittenen Schadens.

In seiner Entscheidung hat der 1. Zivilsenat des OLG Oldenburg jedoch zum Nachteil des Klägers das Urteil des Landgerichts (LG) Osnabrück bestätigt mit dem die Klage auf Schmerzensgeld abgewiesen worden war.

Normalerweise ist es nicht alltäglich, dass ein OLG eine Sache „vor Ort“ an der Unfallstelle verhandelt. Das OLG Oldenburg beraumte einen Ortstermin an um sich ein Bild von der Unfallstelle machen zu können.  In seinem Urteil kam es zu dem Ergebnis, dass der Kläger trotz der grundsätzlichen Gefährdungshaftung der Beklagten (vgl. §§ 1 Abs. 1, 6 Haftpflichtgesetz (HaftPflG)) den Schaden alleine zu tragen hat.

Wesentlich war für die Richter, dass der Kläger den Zug hätte erkennen können. Der Kläger hatte selbst eingeräumt, dass ihm bewusst war, dass er vor dem Andreaskreuz hätte anhalten müssen, er aber noch versucht habe den Bahnübergang zu passieren. Dabei missachtete er nach der Auffassung der Richter das Vorfahrtsrecht des Güterzuges.

Ein Verschulden des Zugführers sah der Senat des OLG nicht.
Der Zugführer hatte die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit am Bahnübergang von 25 km/h eingehalten. Er war nicht verpflichtet, die Geschwindigkeit weiter zu reduzieren, da die Bahnstrecke am Unfallort nach den Feststellungen der Richter ausreichend übersichtlich war. Gleichzeitig galt für den Kläger eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km/h.

Zwar hatte der Kläger sich auf Sichtbeeinträchtigungen durch hohe Büsche und Bäume berufen. Dies hat sich im Rahmen des Ortstermins sowie in der Zeugeneinvernahme jedoch nicht bestätigt.

Der Senat berücksichtigte zugunsten der Beklagten auch, dass der Zug ein Pfeifsignal vor dem Überqueren der Unfallstelle gegeben hatte und der Kläger den Bahnübergang gut kannte, da er ihn regelmäßig überquerte.
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sich dem Risiko bewusst als „Nervenkitzel“ ausgesetzt, bestätigte sich nicht.

Die Entscheidung zeigt, dass die Frage, wer bei Unfällen mit einem Zug in welchem Umfang haftet, immer schwierig zu beantworten ist. Bei solchen Unfällen empfiehlt es sich daher, die Beratung eines Anwalts, der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.