Betreuungsverfahren – Anhörung und Begutachtung dürfen gegen den Willen eines Betroffenen nicht in dessen Wohnung erfolgen.

Betreuungsverfahren – Anhörung und Begutachtung dürfen gegen den Willen eines Betroffenen nicht in dessen Wohnung erfolgen.

Im Verfahren zur Bestellung eines Betreuers hat das Gericht den Betroffenen gemäß § 278 Abs. 1 S. 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vor der Bestellung eines Betreuers persönlich anzuhören. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Diesen persönlichen Eindruck soll sich das Gericht in dessen üblicher Umgebung verschaffen, wenn es der Betroffene verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient und der Betroffene nicht widerspricht (§ 278 Abs. 1 S. 2 und 3 FamFG).
Ferner hat gemäß § 280 Abs. 1 FamFG eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden.
Ebenso wenig, wie ein Betroffener dabei gegen seinen Willen in seiner Wohnung angehört werden darf, darf der Sachverständige einen Betroffenen gegen dessen Willen in dessen Wohnung untersuchen.
Entzieht sich ein Betroffener einer richterlichen Anhörung, sieht § 278 Abs. 5 FamFG für einen solchen Fall die Vorführung eines Betroffenen vor und wirkt ein Betroffener an einer Begutachtung nicht mit, kann das Gericht gemäß § 283 Abs. 1 und 3 FamFG auch nur seine Vorführung anordnen und gegebenenfalls die Befugnis aussprechen, die Wohnung des Betroffenen zu betreten. Letztere Maßnahme dient freilich allein dem Ziel, die Person des Betroffenen aufzufinden, um ihn der Untersuchung (in den Räumlichkeiten des Sachverständigen) zuzuführen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 17.10.2012 – XII ZB 181/12 – entschieden.

In diesem Beschluss hat der BGH auch darauf hingewiesen, dass nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren zwar von einer Anhörung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Allerdings kann im Beschwerdeverfahren dann nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Ver¬fahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen, d. h., im Falle einer vom Amtsgericht fehlerhaft durchgeführten Anhörung muss das Beschwerdegericht die Anhörung des Betroffenen wiederholen.

 

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