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Dieselgate: OLG Koblenz entscheidet, dass Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung den Wert des Fahrzeugs mindert

…. und schätzt die Höhe dieser Wertminderung auf etwa 10% des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises.

Mit Urteil vom 16.09.2019 – 12 U 61/19 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Fall, in dem ein Käufer

  • zum Preis von 25.700 Euro

einen gebrauchten VW Golf erworben hatte und nach Bekanntwerden, dass das Fahrzeug

  • von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet worden war, die VW AG

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

u.a. auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, in Anspruch genommen hatte, entschieden, dass

  • der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung den Wert des Fahrzeugs mindert

und deswegen dem Käufer nicht nur

  • der – um den Nutzungsvorteil gekürzten – Kaufpreis zu erstatten ist,

sondern der Käufer auch Anspruch hat, auf

  • Verzinsung des Wertminderungsbetrags – den der Senat auf etwa 10% des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises schätzt – ab Zahlung des Kaufpreises.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • die VW AG den Fahrzeugkäufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe,
  • der Schaden des Fahrzeugkäufers im Kauf eines nicht ordnungsgemäß ausgerüsteten Pkws liege, dem, wegen des Einbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung das Risiko der Stilllegung anhaftete,
  • deswegen der Fahrzeugkäufer von der VW AG die faktische Rückabwicklung des Vertrages verlangen könne

und dies neben

nach § 849 BGB auch

  • die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises in Höhe des manipulationsbedingten Minderwerts des Fahrzeugs ab Datum der Kaufpreiszahlung umfasse (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz).

Autofahrer sollten wissen, welche Folgen das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes im Falle eines Verkehrsunfalles für sie

…. auch dann haben kann, wenn der Unfall von ihnen nicht verursacht worden ist.

Auch dann, wenn nach einem Verkehrsunfall

  • aufgrund des Unfallhergangs

einer der Unfallbeteiligten zu 100% für die unfallbedingt, einem anderen unfallbeteiligten Autofahrer, entstandene Schäden haften würde, kann diesem,

  • im Fall von bei dem Unfall erlittener Verletzungen,

ein zu einer anspruchsmindernden Mithaftung führendes Mitverschulden

  • wegen der Nichtanlegung des Sicherheitsgurts (Verstoß gegen § 21a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO))

vorzuwerfen sein, wenn aufgrund medizinischer Beurteilung die erlittenen Verletzungen,

  • wäre der verletzte Autofahrer zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt gewesen,

nach der Art des Unfalls – wegen Fehlens einer wesentlichen Komponente des Rückhaltekonzepts im Fahrzeug –

  • tatsächlich verhindert worden oder
  • zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären.

Das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes kann sich auf einzelne Verletzungen nämlich verschieden ausgewirkt haben.

So kann beispielsweise bei bestimmten Verletzungen

  • – wegen eines anderen Verletzungsmechanismus – eine Ursächlichkeit des Nichtanlegens des Sicherheitsgurtes von vornherein auszuschließen sein

oder

  • – weil es keinen Unterschied macht, ob der Körper des Insassen durch den Airbag oder den Sicherheitsgurt zurückgehalten wird – nicht davon ausgegangen werden, dass diese Verletzungen im angegurteten Zustand nicht oder wesentlich geringfügiger ausgefallen wären,

während bei anderen Verletzungen es wiederum mit hoher Wahrscheinlichkeit sein kann, dass diese

  • – bei angelegtem Dreipunkt-Sicherheitsgurt –

nicht eingetreten oder deutlich geringer ausgefallen wären, wobei diesbezüglich dann,

  • wenn der Unfall einer der hierfür typischen Gruppen von Unfallabläufen zuzuordnen ist,

dem Geschädigten die Regeln des Anscheinsbeweises zugutekommen,

  • wie etwa im Fall einer frontalen Kollision zwischen zwei Fahrzeugen, bei der das Risiko, schwere Knieverletzungen zu erleiden bei einem angegurteten Fahrer deutlich geringer ist als bei einem nicht angegurteten Fahrer.

Hat der Geschädigte verschiedene Verletzungen erlitten, von denen nur ein Teil auf das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes zurückzuführen ist, führt dies nicht dazu, dass der Geschädigte Schadensersatz nur für die Verletzungen verlangen kann, die er auch erlitten hätte, wäre er angegurtet gewesen.

Vielmehr wird dann, unter Abwägung aller Umstände,

  • insbesondere der von den Verletzungen ausgehenden Folgeschäden, deren vermögensrechtliches Gewicht je nach der Verletzung verschieden sein kann,

eine einheitliche Mitschuldquote gebildet.

Übrigens:
Eine solche Mitverschuldensquote wirkt sich auch aus auf einen erlittenen Haushaltsführungs- und Verdienstausfallschaden (vgl. dazu Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 25.10.2019 – 10 U 3171/18 –).

OLG Düsseldorf entscheidet: Kfz-Werkstatt kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie ihre Kunden nicht auf

…. weiteren Reparaturbedarf hinweist.

Mit Urteil vom 17.10.2019 – I-21 U 43/18 – hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf in einem Fall, in dem eine Werkstatt

  • im Rahmen der Reparatur des SUVs eines Kunden

umfangreiche Arbeiten an dem Fahrzeugmotor durchgeführt,

  • dabei u.a. alle hydraulischen Ventilspielausgleichselemente und einen Kettenspanner erneuert,

aber den Zustand der

  • zu diesem Zeitpunkt bereits stark gelängten und austauschbedürftigen

Steuerketten nicht untersucht und deswegen der Motor

  • nach einigen hundert Kilometern

einen Totalschaden erlitten hatte, entschieden, dass,

  • weil es unterlassen worden war,
    • den Zustand der Steuerketten zu überprüfen und
    • dem Kunden einen Austausch zu empfehlen,

der Kunde von dem Betreiber bzw. Inhaber der Werkstatt,

  • wegen Verletzung der Prüfpflicht und unterlassener Aufklärung über den weiteren Reparaturbedarf bei seinem SUV,

ersetzt verlangen kann,

  • die entstandenen Kosten
    • für den Erwerb und Einbau eines Austauschmotors, abzüglich der Kosten, die ohnehin durch den Austausch der Steuerketten entstanden wären und
    • für das zur Aufklärung privat eingeholte Sachverständigengutachten

sowie

  • den Nutzungsausfall.

Danach muss eine Werkstatt auch auf Unzulänglichkeiten an den Teilen des Fahrzeugs achten,

  • mit denen sie sich im Zuge der durchgeführten Reparatur befasst und
  • deren Mängel danach nicht mehr ohne weiteres entdeckt und behoben werden können (Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf).

OLG Oldenburg entscheidet: 500.000 Euro Schmerzensgeld für Kind, das als Folge einer Sauerstoffunterversorgung

…. vor der Geburt einen schweren Hirnschaden erlitten hat.

Mit Urteil vom 13.11.2019 – 4 U 108/18 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem

  • es anlässlich der Geburt eines Kindes in einer Klinik,

bei dem Kind

  • zu einem schweren Hirnschaden infolge einer Sauerstoffunterversorgung vor der Geburt

gekommen war, weil,

  • nachdem ca. 45 min vor der Entbindung die Herzfrequenz des Kindes sehr stark abgefallen war (sog. Bradykardie) und
  • in diesem Zeitraum für ca. 10 min das CTG (sog. Wehenschreiber) weder von dem Kind, noch von der Mutter, einen Herzschlag aufgezeichnet hatte,

bei Wiedererfassung eines Herzschlages mit normgerechter Frequenz im CTG, die Ärzte diesen Herzschlag,

  • bei dem es sich tatsächlich um den der Mutter handelte,

irrtümlicherweise für den des Kindes gehalten hatten, in der Annahme, es habe sich wieder erholt und

  • nachdem später der Irrtum bemerkt worden war,

das Kind durch die Sauerstoffunterversorgung bereits erheblich geschädigt war, das Klinikum und die behandelnden Ärzte verurteilt dem Kind

  • 500.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen und
  • sämtlichen Vermögensschaden zu ersetzen, der dem Kind aus den Kunstfehlern anlässlich seiner Geburt entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.

Der Senat erachtete es als groben Behandlungsfehler, dass angesichts

  • des Verdachts auf einen kindlichen Herzfrequenzabfall und
  • der bedrohlichen Situation,

die behandelnden Ärzte

  • sich über einen Zeitraum von 10 min mit einem nicht aussagekräftigen CTG zufrieden gegeben und

es unterlassen hatten, sich auf andere Weise,

  • beispielsweise durch eine sog. Kopfschwartenelektrode,

davon zu überzeugen, dass es dem Kind gut geht.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte der Senat insbesondere, dass das Kind

Hinweis:
Wer von einem anderen

  • wegen der Verletzung seines Körpers, seiner Gesundheit, seiner Freiheit oder seiner sexuellen Selbstbestimmung

Schadensersatz verlangen kann, kann nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist,

eine billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld) fordern.

Dieses einem Geschädigten in einem solchen Fall neben dem Anspruch auf Schadensersatz zustehende Schmerzensgeld hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 16.09.2016 – VGS 1/16 –) rechtlich eine doppelte Funktion.

  • Es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden, für diejenige Lebenshemmung, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion).
  • Zugleich soll es aber dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (Genugtuungsfunktion).

Der Entschädigungs- oder Ausgleichsgedanke steht dabei im Vordergrund.

Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung des Schmerzensgeldes bildet die Rücksicht auf

  • Größe,
  • Heftigkeit und
  • Dauer der Schmerzen,
  • Leiden und
  • Entstellungen

die wesentlichste Grundlage bei der Bemessung.

  • Für bestimmte Gruppen von immateriellen Schäden, insbesondere wenn diese Folge eines vorsätzlichen Handeln sind, hat aber auch die Genugtuungsfunktion, eine besondere Bedeutung.

Ganz im Vordergrund stehen der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld,

  • die Höhe und
  • das Maß der Lebensbeeinträchtigung.

Daneben können aber auch alle anderen Umstände (mit) berücksichtigt werden, die dem einzelnen Schadensfall

  • sein besonderes Gepräge geben,

wie etwa

  • der Grad des Verschuldens des Schädigers,
  • im Einzelfall auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten und diejenigen des Schädigers,
    • sofern ein außergewöhnliches Gefälle zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Täter und Opfer und damit ein Fall vorliegt, in dem die wirtschaftliche Situation der Sache ein besonderes Gepräge gibt,
    • wie bei der Verletzung einer „armen“ Partei durch einen vermögenden Schädiger (BGH, Beschluss vom 11.05.2017 – 2 StR 550/15 –).

Wichtig zu wissen für Autobesitzer, wenn sie ihren Pkw kaskoversichert haben und der Versicherungsvertrag

…. vorsieht, dass

  • das Fahrzeug nachts in einer Garage abgestellt wird bzw.
  • der Versicherer auf dieser Grundlage die Höhe der Versicherungsprämie kalkuliert hat.

Wird in so einem Fall

  • die Garage nicht als nächtlicher Abstellort für den Pkw genutzt, sondern

das Fahrzeug vor der Garage stehen gelassen,

  • etwa weil schlicht vergessen worden ist es noch in die Garage zu fahren,

ist der Versicherer,

  • wenn das Fahrzeug in der Nacht gestohlen werden sollte,

berechtigt,

  • wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadensfalles

die Leistung aus der Kaskoversicherung

  • §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG)

zu kürzen.

Denn durch den Verstoß gegen die Obliegenheit,

  • die Garage als nächtlichen Einstellplatz für das Auto zu nutzen,

wird die Gefahr eines Diebstahls,

  • da der Täter, um das Fahrzeug zu entwenden, nicht mehr in die Garage eindringen muss,

deutlich erhöht.

Darauf hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 11.09.2018 – 11 O 217/18 – hingewiesen und in dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Fall eine Kürzung des Anspruchs des Versicherungsnehmers

  • in Höhe von 30 %

für gerechtfertigt erachtet.

Hinweis:
Nach § 23 Abs. 1 VVG darf der Versicherungsnehmer nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn

  • der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 VVG vorsätzlich verletzt hat (§ 26 Abs. 1 S. 1 VVG).

Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistungen

  • in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis

zu kürzen, wobei die Beweislast für das

  • Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit

der Versicherungsnehmer trägt (§ 26 Abs. 1 S. 2 VVG).

Abweichend davon ist der Versicherer jedoch zur Leistung verpflichtet, soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich war für

  • den Eintritt des Versicherungsfalls oder
  • den Umfang der Leitungspflicht (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG).

Nicht immer muss ein materiell baurechtswidrig errichtetes Wochenendhaus wieder abgerissen werden

Mit Urteil vom 28.08.2019 – 15 K 11189/17 – hat die 15. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Stuttgart in einem Fall, in dem ein Landratsamt, als die dafür zuständige Bauaufsichtsbehörde, die Beseitigung

  • eines materiell baurechtswidrig errichteten Wochenendhauses

angeordnet hatte, der hiergegen

  • von dem Eigentümer

erhobenen Klage stattgegeben und die Abbruchsanordnung für rechtswidrig erklärt.

Danach ist die Anordnung des Abbruchs eines

  • nicht durch eine Baugenehmigung legalisierten und
  • gegen die Festsetzungen des Babauungsplans verstoßenden

Wochenendhauses

  • wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG))

dann ermessensfehlerhaft, wenn

  • es in dem Wochenendhausgebiet zahlreiche weitere baurechtliche Verstöße gibt

und

  • keine sachlichen Gründe dafür vorliegen, im Einzelfall anlassbezogen gerade gegen die bauliche Anlage auf dem Grundstück der Kläger vorzugehen, noch bevor gegen andere, in deutlich größerem Ausmaß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoßende bauliche Anlagen vorgegangen wird.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall

  • gab es in einem Gebiet auf einer Vielzahl der Grundstücke baurechtliche Verstöße, teilweise gravierendere als auf dem Grundstück des Klägers,
  • war die Bauaufsichtsbehörde (bisher) lediglich in nicht einmal 20% aller Grundstücke tätig geworden und
  • konnte die Bauaufsichtsbehörde für ihr Vorgehen kein ausreichendes systematisches Eingreifenskonzept vorweisen (Quelle: Pressemitteilung des VG Stuttgart).

Dieselgate: OLG Karlsruhe weist darauf hin, dass, wer ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug erworben hat

…. und dieses

  • nicht gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben, sondern

behalten will, gegen den Fahrzeug- bzw. Motorhersteller einen Schadensersatzanspruch wegen Wertminderung haben kann, wenn,

  • was durch Einholung eines Gutachtens geklärt werden muss,

nach Aufspielen des Software-Updates (noch) ein Fahrzeugminderwert besteht.

Mit Beschluss vom 29.10.2019 – 17 U 102/18 – hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem eine Käuferin eines gebrauchten Audi A 3,

  • den sie bei einem Autohändler für 22.500 Euro erworben hatte,
  • der mit einem von der VW AG hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet war und
  • bei dem sie nach Fristsetzung durch die Zulassungsstelle das vom Kraftfahrbundesamt (KBA) zugelassene Software-Update hat aufspielen lassen,

das Fahrzeug behalten will und von der VW AG,

  • mit der Begründung, dass das von ihr erworbene Fahrzeug, wegen der in der Motorsteuerung installierten unzulässigen Software zur Abgassteuerung, zum Zeitpunkt des Kaufs mindestens 25% weniger wert gewesen sei,

Ersatz des Minderwertes verlangt, darauf hingewiesen,

  • dass ein Anspruch auf Ersatz eines Minderwertes grundsätzlich in Betracht kommen kann.

Zwar sei, so der Senat, nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass

  • bei Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung das Fahrzeug nicht gekauft worden wäre,

jedoch könne, wenn

  • das Fahrzeug behalten wird und
  • bei diesem – was durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden müsse –
    • durch die Software zur Abgassteuerung eine Wertminderung eingetreten und
    • nach Aufspielen des Software-Updates verblieben sei,

auch dieser Wertminderungsbetrag

  • als Schadensersatz wegen sittenwidriger, vorsätzlicher Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

verlangt werden (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

Dieselgate: LG Nürnberg-Fürth entscheidet, dass die VW AG dem Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs

…. Schadensersatz leisten muss.

Mit Urteil vom 29.10.2019 – 9 O 2719/19 – hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth in einem Fall, in dem ein Käufer bei einem Händler zum Preis von 31.000 Euro einen VW Tiguan erworben hatte, der

  • von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet war und der

  • nach der Übergabe des Fahrzeugs, weil ansonsten die Stilllegung angeordnet worden wäre,

zur Entfernung der installierten unzulässigen Abschalteinrichtung

  • auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamt (KBA)

mittels eines Software-Updates technisch überarbeitet werden musste, entschieden, dass dem Fahrzeugkäufer gegen die VW AG, wegen des von dieser,

  • aufgrund des vorsätzlichen Verschweigens gegenüber Händler und Fahrzeugkäufer, dass in dem in den Verkehr gebrachten Fahrzeugmotor der Baureihe EA 189 eine unzulässigen Abschalteinrichtung installiert wurde,
  • als mittelbare Täterin (§ 25 Abs. 1 Fall 2 Strafgesetzbuch (StGB)) durch Unterlassen (§ 13 Abs. 1 StGB) und durch den Händler als vorsatzloses Werkzeug,

begangenen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) ein Schadensersatzanspruch

  • aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

zusteht.

Danach kann der Fahrzeugkäufer von der VW AG,

  • Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Tiguan,

den Kaufpreis erstattet verlangen, allerdings unter Abzug der Gebrauchsvorteile,

  • die der Käufer erlangt hat, durch die (Weiter)Nutzung des Fahrzeugs
    • zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung der VW AG, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion betroffen ist sowie
    • dem Rückabwicklungsverlangen

und

  • die errechnet werden,
    • durch Multiplikation des Bruttokaufpreises mit den Kilometern, die zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung der VW AG, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion betroffen ist und dem Rückabwicklungsverlangen gefahren worden sind,
    • geteilt durch die beim Fahrzeugkauf zu erwartende restliche Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs.

Autofahrer sollten wissen, dass ein Messergebnis zum Nachweis einer Geschwindigkeitsüberschreitung

…. nicht verwertbar ist, wenn die Messung von einem privaten Dienstleister durchgeführt worden ist.

Mit Urteil vom 06.11.2019 – 2 Ss-OWi 942/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem der Bürgermeister einer Gemeinde, als Ortspolizeibehörde, mit einer privaten GmbH einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag

  • zum Zweck der „Unterstützung bei der Durchführung von Geschwindigkeitsprotokollen, der allgemeinen Datenverarbeitung und Erstellung von Messberichten“ mit jeweiligen Stundenverrechnungssätzen

geschlossen hatte und nach Vornahme einer Geschwindigkeitsmessung durch einen Angestellten der privaten GmbH,

  • der der Gemeinde aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages von der privaten GmbH überlassen worden war,

mit Bußgeldbescheid eine Geldbuße wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit festgesetzt worden war,

  • nach Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid,

entschieden, dass

  • Verkehrsüberwachungen durch private Dienstleister gesetzeswidrig sind und
  • auf der Grundlage solcher unzulässigen Verkehrsüberwachungen keine Bußgeldbescheide erlassen werden dürfen.

Begründet hat das OLG dies damit, dass,

  • da es an einer Rechtsgrundlage für eine im hoheitlichen Auftrag von einer privaten Person durchgeführten Geschwindigkeitsmessung fehlt,

Verkehrsüberwachungen nur durch eigene,

  • entsprechend qualifizierte

Bedienstete der jeweiligen Ortspolizeibehörde vorgenommen werden dürfen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main).

Was Eigentümer eines Reit- und Sportpferdes, die es u.a. für den Fall einer erforderlich werdenden Nottötung versichert

…. haben oder versichern wollen, wissen sollten.

Mit Urteil vom 06.03.2019 – 32 C 1479/18 – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main darauf hingewiesen, dass, wenn bei einer

  • u.a. für den Fall einer erforderlich werdenden Nottötung

abgeschlossenen Pferdelebensversicherung die Versicherungssumme an den Versicherungswert (d.h. den Wert des Pferdes unmittelbar vor dem Vorfall der die Nottötung ausgelöst hat) gekoppelt ist,

  • es also in den Versicherungsbedingungen etwa heißt, dass die Versicherungssumme dem Wert des Tieres entsprechen soll,

bei

  • dauernder Lahmheit und
  • Schlachtuntauglichkeit

des Reit- und Sportpferdes dessen Versicherungswert auf Null sinken,

  • eine Versicherungsleistung also gegebenenfalls entfallen kann.

Ein Fall,

  • in dem der Versicherungswert Null beträgt,

liegt – bei einer solchen Koppelung der Versicherungssumme an den Versicherungswert – nach Auffassung des AG vor, wenn ein Pferd nach einem Zusammenbruch medikamentös eingeschläfert werden muss und es zuvor beispielsweise

  • wegen arthrosebedingter Lahmheit medikamentös mit Phenylbutazon behandelt worden sowie
  • aufgrund der Arthrose zum Reiten und Fahren nicht mehr brauchbar war,

weil das Pferd dann schon vor dem (die Nottötung auslösenden) Zusammenbruch

  • nicht nur bereits dauernd Lahm gewesen ist,
  • sondern nach der Phenylbutazongabe auch nicht mehr zur Schlachtung zugelassen werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des AG Frankfurt am Main).

Hinweis:
Die Entscheidung des AG bedeutet, dass, wenn

  • bei einer u.a. für den Fall einer erforderlich werdenden Nottötung eines Reit- und Sportpferdes abgeschlossenen Pferdelebensversicherung,
  • bei der die Versicherungssumme an den Versicherungswert gekoppelt ist,

der Versicherungswert des Pferdes bei der Nottötung nicht Null betragen soll,

  • entweder das Pferd vor einem zur Nottötung führenden Vorfall gesund und reittüchtig gewesen sein muss
  • oder es vor dem zur Nottötung führenden Vorfall nicht mit einem zur Schlachtunfähigkeit führendem Medikament behandelt worden sein darf.