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Wichtig zu wissen für Patienten und Ärzte, wenn wegen fehlerhafter therapeutischer Aufklärung

…. Schadensersatz- und/oder Schmerzensgeldansprüche gegen einen Arzt geltend gemacht werden.

Mit Urteil vom 23.03.2018 – 26 U 125/17 – hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden, dass, wenn ein Patient

  • nach einer fachgerecht erfolgten Behandlung und
  • einer dieser Behandlung vorausgegangenen ordnungsgemäßen Risikoaufklärung,

von dem behandelnden Arzt Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld mit der Begründung verlangt,

  • infolge einer im Zusammenhang mit der Behandlung erfolgten unzureichenden therapeutischen Aufklärung einen Schaden erlitten zu haben,

im Streitfall

  • (zunächst) der Arzt die vollständige und richtige therapeutische Aufklärung darlegen und
  • der Patient
    • dies ggf. widerlegen bzw. die Fehlerhaftigkeit der therapeutischen Aufklärung sowie
    • deren Ursächlichkeit für den erlittenen Schaden beweisen muss.

Begründet hat der Senat das damit, dass im Unterschied zur Risikoaufklärung,

  • deren Ordnungsmäßigkeit der Arzt beweisen muss und die dem Patienten, durch Darstellung der gestellten (Verdachts-)Diagnose, der Behandlungsmöglichkeiten sowie der damit verbundenen Risiken, die Entscheidung ermöglichen soll, ob und welcher ärztlichen Behandlung er sich unterziehen will,

die regelmäßig erst nach der ärztlichen Behandlung einsetzende therapeutische Aufklärung der Gewährleistung des Heilerfolgs und der Abwendung eines Schadens dient, der dem Patienten durch ein falsches Verhalten nach der Behandlung entstehen kann.

BGH entscheidet: Ob Dashcam-Aufnahmen im Unfallhaftpflichtprozess als Beweismittel verwertbar sind, hängt

…. sofern nicht nur eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung unmittelbar des Unfallgeschehens erfolgt ist,

  • wie beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges,

sondern permanent und anlasslos das gesamte Geschehen auf und entlang der Fahrstrecke aufgezeichnet wird, davon ab, ob die vorzunehmende Abwägung im jeweiligen Einzelfall zwischen

  • dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und
  • dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild andererseits,

ergibt, dass die Interessen des Beweisführers überwiegen.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 15.05.2018 – VI ZR 233/17 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit,

  • dass eine permanente und anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang einer Fahrstrecke mittels einer Dashcam nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig ist, weil sie,
    • wegen fehlender Einwilligung der Betroffenen gegen § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstößt und
    • nicht auf § 6b Abs. 1 BDSG oder § 28 Abs. 1 BDSG gestützt werden kann,
  • dass aber eine unzulässige und rechtswidrige Beweiserhebung im Zivilprozess nicht automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot führt, sondern über die Frage der Verwertbarkeit aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den jeweils im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem

  • die Beteiligten darüber stritten, wer von beiden seine Spur verlassen und die Kollision herbeigeführt hat,
  • der vom Gericht zugezogene Sachverständige aus technischer Sicht die Schilderungen beider Parteien zum Unfallhergang prinzipiell für möglich erachtet hatte und
  • die Fahrt vor der Kollision und die Kollision von einer im Fahrzeug des Klägers angebrachten Dashcam aufgezeichnet worden waren,

erachtete der Senat, nach Abwägung der beidseitigen Interessen,

  • bei der u.a. auch die Beweisnot berücksichtigt wurde, in der sich der Kläger befand, dass lediglich Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet wurden, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar waren sowie, dass das Gesetz den Beweisinteressen eines Unfallgeschädigten durch die Regelung des § 142 Strafgesetzbuch (StGB – Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) ein besonderes Gewicht zugewiesen hat,

die Videoaufzeichnung als Beweismittel für verwertbar (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 15.05.2018).

Vorfahrtsberechtigte Autofahrer, die beim Linksabbiegen in eine untergeordnete Straße die Kurve schneiden, haften (mit), wenn sie

…. statt den Mittelpunkt der Trichterbreite rechts zu umfahren, beim Abbiegen die dem ausfahrenden Gegenverkehr vorbehaltene Seite der Fahrbahn in Anspruch nehmen und

  • es deshalb zu einer Kollision mit einem wartepflichtigen PKW eines Fahrzeugführers kommt, der nach links in die bevorrechtigte Straße abbiegen möchte.

Vorrang genießt der Vorfahrtsberechtigte außerhalb des eigentlichen Einmündungs- bzw. Kreuzungsbereichs beim Abbiegen nämlich

  • nur auf der rechten Fahrbahn der untergeordneten Straße,
  • nicht dagegen auf der linken Fahrbahnseite der untergeordneten Straße.

Wer wartepflichtig ist bzw. von einer untergeordneten Straße nach links in eine vorfahrtsberechtigte Straße abbiegen möchte, darf zwar einen Vorfahrtsberechtigten bei dessen Linksabbiegen in die untergeordnete Straße nicht wesentlich behindern (§ 8 Abs. 2 Satz 4 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)).

  • Er darf aber, ohne dass ihn ein Verstoß gegen § 8 StVO trifft, auf der für ihn rechten Fahrbahnseite grundsätzlich bis zur Schnittlinie der Einmündung vorfahren und muss sich nur darauf einstellen, vor dem Fahrbahnrand der bevorrechtigten Straße anhalten zu können.

Wegen Mitverursachung des Unfalls infolge von Unaufmerksamkeit haftet ein Wartepflichtiger in einem solchen Fall deswegen nur dann auch mit (neben demjenigen, der die Kurve geschnitten hat), wenn er bei der Annäherung an die Wartelinie,

  • bei Einhaltung einer der Verkehrssituation angepassten Geschwindigkeit und
  • Beobachtung des gesamten vorfahrtsberechtigten Verkehrs von rechts wie von links,

den Unfall durch ein rechtzeitiges Bremsmanöver hätte vermeiden können.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 27.04.2018 – 13 S 165/17 – hingewiesen.

Dieselgate: OLG Nürnberg entscheidet, dass ein vom sog. Abgasskandal betroffenes Fahrzeug einen erheblichen Sachmangel aufweist

…. der zum Rücktritt vom Kaufvertrag oder zur Minderung des Kaufpreises berechtigen kann.

Mit Urteil vom 24.04.2018 – 6 U 409/17 –,

  • das nicht nur für Fahrzeuge der VW-AG betrifft,
  • sondern auch für sämtliche Fahrzeugmodelle von allen anderen Fahrzeugherstellern einschlägig sein dürfte,
    • die mit einer Software ausgestattet sind, welche die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtern und
    • deswegen vom Hersteller zur Nachbesserung zurückgerufenwerden,

hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in einem Streitfall über die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags darauf hingewiesen,

  • dass die Verwendung einer unzulässigen Abschaltsoftware, die dazu führt, dass die Stickoxidwerte eines Fahrzeugmotors im realen Fahrbetrieb gegenüber dem Prüfstandlauf (NEFZ) verschlechtert werden, als Sachmangel anzusehen ist,
    • weil der Käufer eines Fahrzeugs für den Verkäufer erkennbar voraussetzt, dass das gelieferte Fahrzeug allen Vorschriften entspricht, die für die Betriebserlaubnis von wesentlicher Bedeutung sind

und

  • dass, wenn der Mangel zu einer Entziehung der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs führen kann, der Rücktritt vom Kaufvertrag auch dann nicht wegen Unerheblichkeit im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist,
    • falls die Mangelbeseitigungskosten weniger als ein Prozent des Kaufpreises betragen sollten.

Käufer einer Sache, die wegen eines Mangels der Kaufsache erwägen den Kaufpreis zu mindern, sollten wissen, dass sie

…. nach einer gegenüber dem Verkäufer wirksam erklärten Minderung,

  • nicht mehr unter Berufung auf denselben Mangel anstelle oder neben der Minderung den sogenannten „großen Schadensersatz“ und damit die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen können,
  • sondern nur (noch) Ersatz eines ggf. zusätzlich zu dem mangelbedingten Minderwert der Sache erlittenen Schadens (etwa entgangenen Gewinn).

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.05.2018 – VIII ZR 26/17 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der Käufer einer mangelhaften Sache, der unter den Voraussetzungen des § 437 Nr. 2, § 441 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • statt vom Kaufvertrag zurückzutreten und diesen rückabzuwickeln,

die Kaufsache behalten will und den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindert (durch anteiliges Rückzahlungsverlangen des Kaufpreises),

  • durch einseitiges Rechtsgeschäft eine Änderung des Vertragsverhältnisses (Herabsetzung des Kaufpreises) unmittelbar herbeiführt, damit

an die von ihm erklärte Minderung gebunden ist und er eine solche gegenüber dem Verkäufer wirksam erklärte Minderung einseitig

  • weder wieder zurücknehmen
  • noch widerrufen kann,

um stattdessen unter Berufung auf denselben Mangel nunmehr im Rahmen des sogenannten großen Schadensersatzes die Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages zu verlangen.

Auch ist der Käufer, so der Senat weiter,

  • weil er mit der wirksamen Ausübung der Minderung zugleich das ihm vom Gesetz eingeräumte Wahlrecht
  • zwischen Festhalten am und Lösen vom Kaufvertrag „verbraucht“ habe,

in einem solchen Fall ebenfalls gehindert, den sogenannten großen Schadensersatz,

  • zusätzlich zu der von ihm nicht mehr zu beseitigenden Gestaltungswirkung der Minderung,

geltend zu machen und auf diesem Wege im Ergebnis

  • nicht nur eine Herabsetzung des Kaufpreises zu erreichen,
  • sondern den (gegebenenfalls um Gegenforderungen reduzierten) Kaufpreis insgesamt zurückzufordern.

Wichtig zu wissen für einem Käufer,

  • der wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache berechtigt ist Rechte gegen den Verkäufer nach § 437 Nr. 2 BGB und § 437 Nr. 3 BGB geltend zu machen,

ist deshalb, dass er sich entscheiden muss, ob

  • er die Kaufsache behalten und den Kaufvertrag (unter Liquidation entstandener Vermögenseinbußen) weitergelten lassen oder
  • sich von dem Kaufvertrag lösen will.

Will der Käufer die Kaufsache behalten, kann er

  • entweder durch eine Gestaltungserklärung den Kaufpreis unter den Voraussetzungen des § 437 Nr. 2, § 441 BGB mindern oder
  • im Wege der Geltendmachung eines Schadensanspruches statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB die Liquidation des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache erreichen (sogenannter kleiner Schadensersatz).

Will der Käufer sich hingegen vom Kaufvertrag lösen, kann er

  • entweder nach § 437 Nr. 2, § 323 BGB den Rücktritt vom Vertrag erklären und die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache verlangen oder
  • aber Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB fordern,
    • der auf Ersatz des dem Käufer durch die Nichterfüllung des gesamten Vertrages entstandenen Schadens gerichtet ist und
    • die Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen (§ 281 Abs. 5 BGB) zur Folge hat (großer Schadensersatz) (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 09.05.2018).

Verfassungsgerichtshof des Saarlandes stärkt die Verteidigungsrechte von Betroffenen im Bußgeldverfahren

…. gibt der Verfassungsbeschwerde eines wegen eines Rotlichtverstoßes verurteilten Betroffenen statt und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Mit Beschluss vom 27.04.2018 – Lv 1/18 – hat der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) des Saarlandes entschieden, dass ein Betroffener,

  • dem vorgeworfen wird, einen mittels eines automatisch arbeitenden Überwachungs- oder Messgeräts festgestellten Geschwindigkeits- oder Rotlichtverstoß begangen zu haben,

von der Bußgeldbehörde verlangen kann, dass ihm, oder einem von ihm beauftragten Sachverständen in dessen Büro, zur Überprüfung der Plausibilität des Messergebnisses, rechtzeitig vor der gerichtlichen Verhandlung,

  • die, auch die nicht bei den Akten befindlichen Messdaten, in lesbarer Form, zur Verfügung gestellt werden,
  • also der Falldatensatz, die Token-Datei und das Passwort des verwendeten Messgeräts, mittels derer die Falldatei geöffnet/entschlüsselt werden kann, sowie
  • die Statistikdatei, sofern das verwendete Messgerät eine solche automatisch anfertigt,

dass, falls die Verwaltungsbehörde einem solchen Begehren nicht nachkommen und die Daten im amtsgerichtlichen Verfahren noch nicht vorliegen sollten,

  • von dem Betroffenen oder seinem Verteidiger beantragt werden kann, die Hauptverhandlung bis zum Erhalt der Messdaten auszusetzen und für den Fall einer Ablehnung des Aussetzungsantrags gemäß § 238 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) hierüber einen Beschluss zu fassen,

dass in einem solchen Fall das Amtsgericht

  • dem Aussetzungsantrag stattgeben sowie
  • sicherstellen muss, dass, bevor es ein Urteil spricht, der Betroffene die gewünschten Daten zur Auswertung der Messung erhält

und dass andernfalls der Anspruch des Betroffenen auf

  • ein faires Verfahren und
  • rechtliches Gehör

verletzt ist.

Begründet hat der VerfGH dies u.a. damit,

  • dass ein Betroffener die Richtigkeitsvermutung bei einem sog. standardisierten Messverfahren nur angreifen kann, wenn er konkrete Anhaltspunkte für einen Fehler im Rahmen der Messung vorträgt und
  • es Betroffenen, ohne, dass ihnen von der Bußgeldbehörde die Messdaten, die Grundlage der Messung sind, auch die, die sich nicht bei der gerichtlichen Akte befinden, in lesbarer Form für eine sachverständige Untersuchung zur Verfügung gestellt werden, unmöglich gemacht wird, diese Punkte vorzutragen und eine effektive Verteidigung mit Vortrag von Messfehlern – wenn diese aufgetreten sein sollten – vorzubereiten.

Hinweis:
Bevor Verfassungsbeschwerde erhoben werden kann, muss der Rechtsweg erschöpft sein, d.h. der vorrangig zu stellende Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde bzw. die Rechtsbeschwerde eines verurteilten Betroffenen gegen das amtsgerichtliche Urteil vom Oberlandesgericht als unbegründet sowie die Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO zurückgewiesen worden sein.

Ob ein Radfahrer, der auf einem schadhaftem Radweg stürzt, Ersatz des ihm dabei entstandenen Schadens und

…. ggf. Schmerzensgeld von der verkehrssicherungspflichtigen Gebietskörperschaft verlangen kann, hängt u.a. auch davon ab, ob der für den Sturz ursächliche schlechte Zustand des Radweges für einen sorgfältigen Straßenbenutzer

  • rechtzeitig erkennbar gewesen ist oder
  • das nicht der Fall war.

Denn Gebietskörperschaften, also Städte und Gemeinden, müssen im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht nur solche Gefahren

  • ausräumen und
  • vor ihnen warnen,

die

  • für einen sorgfältigen Straßenbenutzer nicht ohne weiteres oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und
  • auf die er sich bzw. sein Fahrverhalten nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann,

so dass regelmäßig dann keine, eine Haftung der zuständigen Gebietskörperschaft begründende Verkehrssicherungspflichtverletzung vorliegt, wenn Verkehrsteilnehmer

  • bei zweckgerechter Benutzung der Straße und
  • der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit

etwaige Schäden hätten selbst abwenden können.

Darauf hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 01.02.2018 – 10 O 984/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LG Magdeburg).

Was Käufer und Verkäufer einer (gebrauchten) Immobilie wissen sollten, wenn in dem notariellen Kaufvertrag

…. ein allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart ist.

Auf einen solchen, in einem notariellen Kaufvertrag vereinbarten allgemeinen Haftungsausschluss, kann sich der Verkäufer dann nicht berufen, wenn

  • der Immobilie eine vertraglich (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) fehlt

oder

  • der Käufer beweisen kann, dass der Verkäufer einen vorhandenen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB).

Beachtet werden muss hierbei aber,

  • dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, etwa in einem Internetexposé, die in dem notariellen Kaufvertrag keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB führt,

sowie,

  • dass ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 444 BGB eine Aufklärungspflicht des Verkäufers über den Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB voraussetzt,
    • der Verkäufer Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus nur offenbaren muss, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich hält und
    • eine Offenbarungspflicht für Sachmängel dann nicht besteht, wenn diese einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind.

Übrigens:
Auch dann, wenn

  • ein Sachmangel nicht vorhanden ist,
  • ein Verkäufer aber vorsätzlich falsche Angaben über Eigenschaften der Kaufsache gemacht hat,

kann er wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo) ebenso auf Schadensersatz haften, wie bei einem vorsätzlichen Verschweigen von Mängeln.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.02.2018 – V ZR 274/16 – hingewiesen.

Gynäkologe muss einem mit einer schweren Hirnschädigung zur Welt gekommenen Kind u.a. 400.000 Euro Schmerzensgeld zahlen

…. weil das Kind aufgrund eines behandlungsfehlerhaften Umgangs des Arztes mit einem,

  • der rechtzeitigen Erkennung fetaler (kindlicher) Gefahrenzustände bei dem ungeborenen Kind dienenden,

pathologischem Cardiotokogramm(CTG) erst mit einer Verzögerung von 45 Minuten entbunden wurde und

  • wegen einer Sauerstoffunterversorgung mit schweren dauerhaften körperlichen und geistigen Schäden zur Welt gekommen war.

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 19.03.2018 – 3 U 63/15 – in einem Fall entschieden, in dem ein Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, den

  • auf eine Sauerstoffunterversorgung des Kindes hinweisenden

pathologischen Befund des in seiner Praxis

  • im Rahmen der zunächst unauffällig verlaufenden Schwangerschaft

bei der Mutter erstellten CTG erst nach ca. 50 Minuten zur Kenntnis genommen,

  • danach zur Überprüfung des pathologischen Befundes eine Doppler-Ultraschalluntersuchung durchgeführt und

sodann,

  • obgleich nun schnellstmöglichst die Entbindung hätte erfolgen müssen,

die Mutter veranlasst hatte, zunächst mit dem eigenen PKW nach Hause zu fahren, ihre Tasche zu holen und sodann die Entbindungsklinik aufzusuchen.

In diesen zu einem Zeitverlust von jedenfalls insgesamt 45 Minuten für die Entbindung führenden Versäumnissen des Arztes,

  • das CTG innerhalb von spätestens 15-20 Minuten nach Beendigung der Aufzeichnung zur Kenntnis zu nehmen,
  • auf eindeutige Pathologien zu sichten und
  • die Mutter danach sofort, unter Verdeutlichung des Ernstes der Lage sowie der Erforderlichkeit, schnellstmöglich, gegebenenfalls mit Hilfe eines Rettungswagens, in eine nahegelegene Entbindungsklinik einzuweisen,

sah der Senat

  • eine für den bei dem Kind eingetretenen Hirnschaden jedenfalls mitursächlich gewordene grob fehlerhafte Behandlung

und

  • den aufgrund seiner grob fehlerhaften Behandlung nunmehr dem Arzt obliegenden Beweis dafür, dass der Hirnschaden auch ohne Behandlungsfehler eingetreten wäre, hatte dieser nicht erbringen können (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 03.05.2018).

Wohnungseigentümer sollten wissen, dass die Sanierung von Feuchtigkeitsschäden im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums

…. Aufgabe aller Wohnungseigentümer ist und

  • die Sanierung von einzelnen Wohnungseigentümern gemäß § 21 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verlangt werden kann,
  • wenn die Durchfeuchtung die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigt.

Das hat der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 04.05.2018 – V ZR 203/17 – entschieden.

Danach kann, sofern

  • beispielsweise aufgrund fehlender bzw. mangelhafter Abdichtung des Gebäudes

bei Teileigentumseinheiten,

  • die nach der Teilungserklärung als Wohnung, Büro bzw. Laden genutzt werden dürfen und
  • somit grundsätzlich dazu geeignet sein müssen, als Aufenthaltsraum für Menschen zu dienen,

die Innen- und Außenwände massiv durchfeuchtet sind, eine sofortige Instandsetzung grundsätzlich zwingend auch dann erforderlich sein, wenn

  • gesundheitsschädlicher Schimmel (noch) nicht aufgetreten sein sollte (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 04.05.2018).