Blog

Was Eltern wissen sollten, wenn der Anspruch ihrer Kinder auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kitaplatz)

…. nicht erfüllt wird.

Mit Beschluss vom 21.02.2018 – 18 L 43.18 – hat die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin darauf hingewiesen,

  • dass die zuständigen Träger der Jugendhilfe grundsätzlich sicherstellen müssen, dass für jedes Kind, das einen Rechtsanspruch nach § 24 des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege besitzt und für das ein entsprechender Bedarf geltend gemacht wird, auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung steht

und

Nach Begehung einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Anhörungsbogen eine nicht existente Person als verantwortlichen Fahrzeugführer anzugeben

…. und so die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre zu führen, ist nach derzeitiger Rechtslage nicht strafbar, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit der vorsätzlichen falschen Namensangabe nach § 111 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG).

Das hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart mit Urteil vom 20.022018 – 4 Rv 25 Ss 982/17 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Verkehrsteilnehmer, dem als Betroffener zur Last lag, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben, um zu verhindern, wegen dieser Ordnungswidrigkeit belangt zu werden, den ihm von der Bußgeldbehörde zugesandten Anhörungsbogen von einem unbekannt gebliebenen Dritten hatte ausfüllen lassen, der im Internet damit warb, Punkte und Fahrverbote gegen Zahlung eines Entgelts zu übernehmen,
  • von dem Dritten in dem Anhörungsbogen als zur Tatzeit verantwortlicher Fahrer der Name einer tatsächlich nicht existenten Person unter einer bestimmten Adresse angegeben worden war,
  • daraufhin die Bußgeldbehörde gegen die in Wirklichkeit nicht existierende Person einen Bußgeldbescheid erlassen sowie zugleich das Verfahren gegen den Betroffenen eingestellt hatte und
  • bis schließlich feststand, dass es eine Person mit den angegebenen Personalien tatsächlich nicht gab, hinsichtlich der von dem Betroffenen begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung Verfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. § 26 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG)), so dass eine Ahndung nicht mehr erfolgen konnte,

darauf hingewiesen, dass

  • diese Manipulation des Betroffenen im Bußgeldverfahren, nach derzeitiger Rechtslage, keinen Straftatbestand erfüllt.

Begründet hat der Senat dies damit, dass, weil als verantwortlicher Fahrer

  • keine bestimmte existierende Person angegeben worden sei,
  • sondern eine nichtexistierende,

die falsche Behauptung

  • also nicht in Bezug auf eine andere tatsächlich existierende Person aufgestellt worden ist,

eine falsche Verdächtigung nach § 164 Strafgesetzbuch (StGB) nicht vorliege.

Auch komme, so der Senat weiter, bei dem Betroffenen weder eine Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB noch eine Beteiligung an einem Vortäuschen einer Straftat (§ 145d Abs. 2 StGB) oder an einer Strafvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB) in Betracht und eine Strafbarkeit des Betroffenen wegen versuchter mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1, 4, §§ 22, 23 StGB durch Herbeiführens einer falschen Eintragung der Ordnungswidrigkeit im Fahreignungsregister scheide, da es sich bei dem vom Kraftfahrt-Bundesamt geführten Fahreignungsregister um kein öffentliches Register im Sinne der Norm handle, ebenfalls aus.

Belangt werden hätte der Betroffene nach Auffassung des Senats lediglich

  • wegen einer Ordnungswidrigkeit der Beteiligung an einer vorsätzlichen falschen Namensangabe nach §§ 111 Abs. 1, 14 OWiG,

können, was in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall allerdings deswegen nicht (mehr) möglich war, weil

Übrigens:
Wie Fälle rechtlich zu beurteilen sind, in denen,

  • in Absprache mit dem Täter der Ordnungswidrigkeit,
  • sich eine an der Tat nicht beteiligte existente Person selbst zu Unrecht der Täterschaft bezichtigt,

ist vom OLG Stuttgart nicht einheitlich entschieden worden.

  • Während nach Auffassung des 2. Strafsenats des OLG Stuttgart (vgl. Urteil vom 07.2015 – 2 Ss 94/15 –) dies für den Täter zu einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und für die weitere Person wegen Beihilfe hierzu führen kann,
  • vertritt im Gegensatz dazu der Strafsenat des OLG Stuttgart (vgl. Beschluss vom 07.04.2017 – 1 Ws 42/17 –) die Ansicht, dass die Bestimmung einer anderen Person zu einer straflosen Selbstbezichtigung bezüglich einer Ordnungswidrigkeit – ohne Hinzutreten weiterer, eine Tatherrschaft begründender Umstände – mangels teilnahmefähiger Haupttat als straflose Anstiftung und nicht als falsche Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 2 StGB in mittelbarer Täterschaft zu qualifizieren ist.

OLG Oldenburg hat entschieden, dass Werkunternehmer, die Sachen zu einer Inspektion erhalten, alles Zumutbare tun müssen, um

…. zu verhindern, dass die ihnen zur Inspektion gegebenen Sachen gestohlen werden können und dass sie bei Verletzung dieser Pflicht im Falle eines Diebstahls haften.

Mit Urteil vom 06.11.2017 – 9 U 22/17 – hat der 9. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem einem Mann sein Yamaha-Bootsmotor,

  • den er zur Inspektion in eine Werkstatt gegeben hatte,
  • der dort von dem Werkunternehmer auf einem Transportgestell auf einem, teilweise nur mit einem Maschendrahtzaun gesicherten Grundstück gelagert und an einem Wochenende über Nacht

gestohlen worden war, den Werkunternehmer verurteilt,

  • dem Mann den Zeitwert des Motors – der 3.800 Euro betrug – zu ersetzen.

Begründet hat der Senat die Schadensersatzpflicht des Werkunternehmers damit, dass

  • sich aus dem Vertrag über die Inspektion die Nebenpflicht für den Werkunternehmer ergebe, alles Zumutbare zu tun, um einen Diebstahl des ihm für die Inspektion anvertrauten Bootsmotors zu verhindern,
  • die Anforderungen an das Zumutbare dabei um so höher seien, je wertvoller der Gegenstand und je einfacher er zu entwenden sei und

deshalb der Werkunternehmer den Motor, der einen Neuwert von 6.800 Euro hatte, nicht nachts, wie geschehen, auf einem Grundstück hätte stehen lassen dürfen,

  • das nur unzureichend, nämlich lediglich durch einen ohne besondere Kenntnisse leicht, durch einfaches Herunterdrücken, zu überwindenden Maschendrahtzaun gesichert und
  • von dem der Motor mit Hilfe des Transportgestells einfach abzutransportieren war.

Übrigens:
Obwohl in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall dem Mann schon fünf Tage vor dem Diebstahl angeboten worden war, den Motor wieder abholen zu können, lies dies die Haftung des Werkunternehmers nicht entfallen, weil dieser, wie der Senat ausführte,

  • wegen der Vorbereitung, die für die Abholung des Motors, angesichts seiner Größe und seines Gewichts, erforderlich gewesen sei,

eine umgehende Abholung nicht habe erwarten können (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 12.02.2018).

BGH entscheidet wann ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt sein kann

Mit Beschluss vom 31.01.2018 – XII ZB 133/17 – hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass bei Unterhaltsrückständen,

  • ebenso wie bei anderen in der Vergangenheit fällig gewordenen Ansprüchen,

eine Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann in Betracht kommt, wenn

  • der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre (Zeitmoment) und
  • der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Vertrauenstatbestand).

Für das

  • Zeitmoment der Verwirkung bei Unterhaltsrückständen

kann dabei

  • bereits das Verstreichenlassen einer Frist von mehr als einem Jahr ausreichen und
  • ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich auch schon vor Eintritt der Verjährung und auch während der Hemmung nach § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB verwirkt sein.

Für das Vorliegen des

  • für den Schuldner vom Gläubiger gesetzten Vertrauenstatbestandes,

der, neben dem Zeitablauf, weitere Voraussetzung für eine Verwirkung ist und demzufolge

  • weder allein durch ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs,
  • noch durch die Unterlassung der Fortsetzung einer bereits begonnenen Geltendmachung begründet werden kann,

ist der Schuldner darlegungs- und im Bestreitensfall beweispflichtig.

BAG entscheidet: Altersabstandsklauseln in der Versorgungsordnung von Arbeitgebern bei der Hinterbliebenenversorgung können gerechtfertigt sein

Mit Urteil vom 20.02.2018 – 3 AZR 43/17 – hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass, wenn

  • einem verstorbenen Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber u.a. eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurde und

nach der Versorgungsordnung des Arbeitgebers der Anspruch auf Leistungen an die Ehegatten eines verstorbenen Arbeitnehmers voraussetzt,

  • dass sie nicht mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind,

keine gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßende Diskriminierung wegen des Alters vorliegt,

  • sondern die durch eine solche Altersabstandsklausel bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gerechtfertigt ist.

Begründet worden ist dies vom BAG damit, dass

  • Arbeitgeber, die eine Hinterbliebenenversorgung zusagen, ein legitimes Interesse hätten, das hiermit verbundene finanzielle Risiko zu begrenzen und

Altersabstandsklauseln

  • die nur bei solchen Ehegatten Leistungen ausschließen, deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand, wie das bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren der Fall ist, erheblich übersteigt,

erforderlich und angemessen seien, da sie dann auch

  • nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer führen, die von der Klausel betroffen sind (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 20.02.2018).

Ärzte, die bei einer Operation eine noch nicht allgemein eingeführte Methode (Neulandmethode) anwenden möchten

…. müssen den Patienten in hinreichender Weise auch auf noch nicht abschließend bekannte Risiken der neuen Methode hinweisen.

Mit Urteil vom 23.01.2018 – 26 U 76/17 – hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm darauf hingewiesen, dass, wenn

  • bei einer Operation eine neue, noch nicht allgemein eingeführte Methode (Neulandmethode) angewendet wird und

der Patient vor der Operation nicht besonders darauf hingewiesen worden ist, dass

  • es sich um ein neues, noch nicht abschließend beurteilbares Verfahren handelt,
  • bei dem auch unbekannte Risiken sowie Komplikationen auftreten können,

die Einwilligung des Patienten in den operativen Eingriff unwirksam ist und

  • eine solche, mit einer unwirksamen Einwilligung vorgenommene Operation Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Patienten begründen kann.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • die Wahl der Behandlungsmethode zwar primär Sache des Arztes sei, aber

die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten eine Unterrichtung über eine alternative Behandlungsmöglichkeit erfordere, wenn

  • für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten

und Ärzte, die eine Neulandmethode wählen, Patienten explizit über diesen Umstand sowie darüber, dass auch bisher unbekannte Komplikationen auftreten können aufzuklären haben, weil

  • Patienten sonst nicht in der Lage sind, für sich sorgfältig abzuwägen, ob sie sich nach der herkömmlichen Methode mit bekannten Risiken operieren lassen wollen oder nach der neuen Methode unter Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Vorteile und der noch nicht in jeder Hinsicht bekannten Gefahren (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 20.02.2018).

Grundstückseigentümer, denen die allgemeine Räum- und Streupflicht nicht übertragen ist, sind auch dann nicht verpflichtet

…. über die Grenze ihres Grundstücks hinaus zu räumen und zu streuen, wenn sie auf ihrem Grundstück eine Wohnung vermietet haben.

Mit Urteil vom 21.02.2018 – VIII ZR 255/16 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass,

  • wenn eine Stadt bzw. Gemeinde nicht die allgemeine Räum- und Streupflicht auf die Grundstückseigentümer (als Anlieger) übertragen hat,

ein Grundstückseigentümer regelmäßig nicht verpflichtet ist,

  • über die Grundstücksgrenze hinaus

Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen und er deswegen auch grundsätzlich nicht haftet, wenn

  • einer seiner Mieter oder der Lebensgefährte eines Mieters
  • im Bereich des Grundstückseingangs auf dem nicht geräumten öffentlichen Gehweg stürzt.

Denn, so der Senat, von Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände abgesehen, beschränke sich die Verpflichtung

  • eines Vermieters aus dem Mietvertrag (in dessen Schutzbereich auch Lebensgefährten des Mieters einbezogen seien) sowie
  • eines Grundstückseigentümers im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB),

seinen Mietern während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zum Mietobjekt zu gewähren (§ 535 Abs. 1 BGB),

  • wozu es grundsätzlich auch gehöre, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, zu räumen und zu streuen,

regelmäßig auf den Bereich des Grundstücks, so dass in einem solchen Fall

  • die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen allein bei der Gemeinde bzw. Stadt liege (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 21.02.2018).

EuGH entscheidet wann Rufbereitschaft zu Hause Arbeitszeit ist

Mit Urteil vom 21.02.2018 hat die Fünfte Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-518/15 entschieden, dass die Bereitschaftszeit,

  • die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringen muss und
  • während deren er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb so kurzer Zeit Folge zu leisten, dass dadurch die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen bzw. sich seinen persönlichen und sozialen Interessen zu widmen, erheblich eingeschränkt ist,

als Arbeitszeit im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der EU-Richtlinie 2003/88/EG anzusehen ist.

Für die Einordnung als „Arbeitszeit“ im Sinne der Richtlinie ist danach entscheidend, dass

  • sich ein Arbeitnehmer an einem von seinem Arbeitgeber bestimmten Ort – wobei es sich auch um den Wohnsitz des Arbeitgebers handeln kann – persönlich aufhalten

und

  • für den Arbeitgeber nicht nur erreichbar sein,
  • sondern dem Arbeitgeber auch so zur Verfügung stehen muss, dass er
    • sofort bzw. in so kurzer Zeit – in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war es innerhalb von acht Minuten – dem Ruf des Arbeitsgebers Folge leisten sowie
    • die geeigneten Leistungen erbringen kann und
    • aufgrund dessen die Möglichkeiten des Arbeitnehmer, sich während der Rufbereitschaft seinen persönlichen und sozialen Interessen zu widmen, objektiv eingeschränkt sind (Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 14/2018 vom 21.02.2018).

In Internetbewertungsportalen bewertete Betroffene sollten wissen, dass sie die Löschung ihrer veröffentlichten Daten dann verlangen können, wenn

…. der Bewertungsportalbetreiber mit der mit dem Bewertungsportal verbundenen Praxis seine Stellung als „neutraler“ Informationsmittler verlässt.

Darauf und dass der Betreiber eines Arztsuche- und Arztbewertungsportals im Internet

  • seine Rolle als „neutraler“ Informationsmittler zugunsten eines Werbeangebots dann verlässt,

wenn er Ärzten, gegen Zahlung eines Entgelts, anbietet, ihr Profil auf dem Portal,

  • auf dem, neben den sogenannten „Basisdaten“ eines Arztes, wie akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, weitere Kontaktdaten sowie Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen,
  • auch Bewertungen abgerufen werden können, die von Nutzern in Form eines Notenschemas, aber auch von Freitextkommentaren, abgegeben worden sind,

anders als das Basisprofil der nichtzahlenden Ärzte, mit einem Foto sowie zusätzlichen Informationen zu versehen und daneben

  • beim Aufruf des Profils eines nichtzahlenden Arztes – als „Anzeige“ gekennzeichnet – die Profilbilder unmittelbarer Konkurrenten gleicher Fachrichtung im örtlichen Umfeld mit Entfernungsangaben und Noten eingeblendet werden,
  • während eine solche Einblendung beim Aufruf des Profils der zahlenden Ärzte unterbleibt,

hat der Sechste Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17 – hingewiesen.

Denn, so der Senat, nimmt ein Portalbetreiber sich in einer solchen Weise zugunsten eines Werbeangebots in seiner Rolle als „neutraler“ Informationsmittler zurück, überwiegt,

  • gegenüber seinem Grundrecht auf Meinungs- und Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG), Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)),

das Recht der im Portal gegen ihren Willen mit ihrem akademischen Grad, ihren Namen, ihrer Fachrichtung und ihrer Praxisanschrift geführten nichtzahlenden Ärzte auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK),

  • so dass ihnen ein „schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung“ ihrer Daten (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)) zuzubilligen und
  • ihre Daten damit nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG zu löschen sind (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 20.02.2018).

Schrei eines Kindes in das Ohr einer Erzieherin ist nicht geeignet Tinnitus zu verursachen

…. und begründet demzufolge auch keinen Arbeitsunfall.

Darauf hat das Sozialgericht (SG) Dortmund hingewiesen und mit Urteil vom 22.01.2018 – S 17 U 1041/16 – in einem Fall, in dem von einer in einem heilpädagogischen Kinderheim beschäftigten Erzieherin,

  • weil diese ihre dauerhaften Ohrgeräusche darauf zurückführte, dass ihr ein Kind ins Ohr geschrien hatte,

verlangt worden war, dass die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten der Versorgung mit einem Tinnitus Masker übernimmt, entschieden, dass

  • ein Anspruch der Erzieherin auf Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht.

Begründet hat das SG dies damit, dass

  • es selbst bei durch menschliche Schreie erreichbaren Spitzenschallpegeln von mehr als 130 dB allein zu Mini-Lärmtraumata kommen könne, die mit vorübergehenden bzw. ganz geringen Hörminderungen einhergingen,
  • jedoch bleibende Hörschäden und erst recht ein Tinnitus nicht zu erwarten seien und somit

nicht festgestellt werden könne, dass die Erzieherin aufgrund des „Schrei-Ereignisses“ einen Tinnitus Masker benötige (Quelle: Pressemitteilung des SG Dortmund vom 19.02.2018).