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OLG Oldenburg entscheidet, wann volljährige Kinder auch nach Abschluss einer Ausbildung noch einen Anspruch gegen die Eltern

…. auf Ausbildungsunterhalt für ein Studium haben können.

Mit Urteil vom 02.01.2018 – 4 UF 135/17 – hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg darauf hingewiesen, dass ein volljähriges Kind, wenn

  • es sich – in Abänderung seiner bisherigen persönlichen sowie beruflichen Pläne – in engem zeitlichen Zusammenhang nach einer abgeschlossenen Ausbildung noch zu einem Studium entschließt und
  • sich Ausbildung und Studium inhaltlich sinnvoll ergänzen,

einen Anspruch gegen die Eltern auf Finanzierung des Studiums haben kann.

Denn, so der Senat, Eltern schulden im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht nach § 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Finanzierung einer Ausbildung, die

  • den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den Neigungen des Kindes am besten entspreche und
  • sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern halte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem vom Senat der Anspruch des Kindes auf Ausbildungsunterhalt für ein Studium bejaht worden ist, hatte das Kind

  • nach einem Realschulabschluss zunächst eine Ausbildung abgeschlossen,
  • anschließend die Fachoberschule besucht und sich auch noch zu einem an die absolvierte Ausbildung anschließendem Fachhochschulstudium entschlossen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 07.02.2018).

Dazu,

  • wann Eltern ihrem Kind zur Ermöglichung einer (weiteren) Berufsausbildung bzw. in den sogenannten Abitur-Lehre-Studium-Fällen Unterhalt zahlen müssen,
  • welche Obliegenheiten das Kind trifft und
  • wann Kinder keinen Anspruch auf (weiteren) Ausbildungsunterhalt haben bzw. die Leistung von Ausbildungsunterhalt für ein Studium den Eltern unzumutbar sein kann,

vergleiche auch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08.03.2017 – XII ZB 192/16 – und vom 03.05.2017 – XII ZB 415/16 –.

Wichtig zu wissen wenn der Stromversorger eine deutlich überhöhte Stromrechnung stellt

…. und Streit über deren Berechtigung besteht.

Mit Urteil vom 07.02.2018 – VIII ZR 148/17 – hat der Achte Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass Haushaltskunden,

  • die von einem Energieversorgungsunternehmen als Grundversorger mit Strom beliefert werden,

berechtigt sind die Zahlung der ihnen in Rechnung gestellten Strommenge vorläufig zu verweigern, wenn der ihnen in Rechnung gestellte Stromverbrauch

  • nicht nur um ein Vielfaches höher ist als ihr Verbrauch im Vorjahreszeitraum,
  • sondern auch als der übliche tatsächliche Verbrauch von Haushalten vergleichbaren Zuschnitts sowie
  • dafür, dass die abgerechnete enorme Strommenge tatsächlich verbraucht worden sein könnte, nach dem Lebenszuschnitt der Stromkunden und der in ihrem Haushalt vorhandenen Stromabnehmer keine Anhaltspunkte erkennbar sind

und dass in solchen Fällen,

  • weil dann die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (StromGVV) nahe liegt,

der Einwand der Haushaltskunden, die berechnete Strommenge nicht bezogen zu haben,

  • schon im Rahmen der Zahlungsklage des Versorgers zu prüfen ist und
  • das Energieversorgungsunternehmen nach allgemeinen Grundsätzen die Voraussetzungen seines Anspruchs, also auch den tatsächlichen Bezug der in Rechnung gestellten Energiemenge, beweisen muss.

Denn, so der Senat, nur dann,

  • wenn Haushaltskunden das Naheliegen der ernsthaften Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers nicht aufzeigen können,

ermögliche es die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV den Versorgungsunternehmen ihre Forderungen mit einer vorläufig bindenden Wirkung festzusetzen sowie im Prozess ohne eine abschließende Beweisaufnahme über deren materielle Berechtigung durchzusetzen, mit der Folge, dass

  • die Kunden mit ihren Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung (insbesondere Mess- und Ablesefehler) im Zahlungsprozess des Versorgers ausgeschlossen sind und
  • die Beweisaufnahme über diese Einwendungen auf den Rückforderungsprozess des Kunden gegen das Versorgungsunternehmen verlagert wird (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 07.02.2018).

Wichtig für Inhaber von Kreditkarten zu wissen, wenn ihre Kreditkarte eine Reise-Rücktrittskosten-Versicherung beinhaltet und

…. sie nach einer gebuchten, aber beispielsweise wegen Erkrankung (wieder) stornierten Reise die Stornokosten von der Reise-Rücktrittskosten-Versicherung ersetzt haben möchten.

In den Fällen, in denen Kreditkarten

  • zusätzlich bestimmte Versicherungsleistungen,
  • beispielsweise eine Reise-Rücktrittskosten-Versicherung,

beinhalten, stellt sich die vertragliche Konstellation regelmäßig so dar,

  • dass das kartenausgebende Unternehmen einen Kollektivversicherungsvertrag mit einem Versicherer abgeschlossen hat,

die Karteninhaber also nicht Versicherungsnehmer (vgl. § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)) sind,

  • sondern lediglich versicherte Personen

und sofern ein Versicherungsfall eintritt,

  • der Anspruch der versicherten Personen dann aus diesem Kollektivversicherungsvertrag i. V. m. § 328 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folgt.

Im Streitfall trägt deshalb der Karteninhaber, der

  • aus einem solchen Kollektivversicherungsvertrag gegen den Versicherer,
  • beispielsweise dem Reiserücktrittsversicherer nach Stornierung einer gebuchten Reise wegen Erkrankung

die Stornokosten ersetzt verlangt, die

  • Darlegungs- und
  • Beweislast

dafür, dass

  • ein Versicherungsvertrag zwischen dem kreditkartenausgebenden Unternehmen und dem in Anspruch genommenen Versicherer
  • (auch noch) zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls bestanden hat, also

der in Anspruch genommene Versicherer zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles (noch) der zuständige Versicherer war und

  • somit für den geltend gemachten Anspruch passiv legitimiert ist.

Ist allerdings unstreitig,

  • dass der in Anspruch genommene Versicherer vor Eintritt des Versicherungsfalls der für die Reise-Rücktrittskosten-Versicherung zuständige Versicherer war,

kommt eine sekundäre Darlegungslast des in Anspruch genommenen Versicherers dahingehend in Betracht, vorzutragen,

  • dass und seit wann – ggfs. auf Grund welcher Umstände – das Versicherungsverhältnis mit dem Kreditkartenunternehmen beendet (worden) ist und
  • er deshalb zum Zeitpunkt des Eintritts des streitgegenständlichen Versicherungsfalls nicht (mehr) der zuständige Versicherer war.

Darauf hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Urteil vom 31.01.2018 – 6 U 115/17 – hingewiesen.

Wichtig für Eigentümer benachbarter Grundstücke zu wissen, wenn sich an der Grundstücksgrenze hochgewachsene Bäume befinden

Mit Urteil vom 27.10.2017 – V ZR 8/17 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass einem Nachbarn,

gegen den Baumeigentümer ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog zustehen kann, wenn

  • infolge des Abfallens von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von diesen Bäumen ein erhöhter Reinigungsaufwand auf seinem Grundstück entsteht und
  • die Bäume von dem Baumeigentümer unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand (weiter) unterhalten werden.

Denn, so der Senat, dass wegen Fristablaufs nicht mehr die Beseitigung oder das Zurückschneiden der Bäume auf die zulässige Höhe verlangt werden kann, hat nicht zur Folge, dass der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht.

Voraussetzung für einen nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist allerdings,

  • dass es sich bei dem Laubabwurf um eine wesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 BGB handelt,
    • die beispielsweise dann vorliegt, wenn das von den Bäumen des abfallende Laub dazu führt, dass die Dachrinnen und die Abläufe am Haus des Nachbarn häufiger als es sonst nötig wäre gereinigt werden müssen,
  • dass der Nachbar durch den Laubabwurf Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen und
  • dass das Naturschutzrecht dem Baumeigentümer nicht die Fällung oder den Rückschnitt der Bäume verbietet.

Wird durch einen von den Rädern eines vorausfahrenden Fahrzeugs aufgewirbelten Stein ein nachfolgendes Fahrzeug beschädigt

…. kommt, weil der Schaden beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist und

ein Fall höherer Gewalt nach § 7 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) nicht vorliegt, grundsätzlich eine Haftung

  • des Halters des Fahrzeugs, durch dessen Räder der Stein aufgewirbelt wurde, aus § 7 Abs. 1 StVG und
  • dessen Haftpflichtversicherung aus 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG

in Betracht.

Ausgeschlossen ist deren Haftung nach § 17 Abs. 3 StVG allerdings dann,

  • wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde,
    • wofür beweisbelastet ist, derjenige, der sich auf die Unabwendbarkeit beruft und
  • als unabwendbar gilt ein Ereignis dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs, dessen Räder den Stein aufgewirbelt haben, jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat.

Das bedeutet, Anspruch auf Schadensersatz hat der Geschädigte in einem solchen Fall dann nicht, wenn den Fahrer des Fahrzeugs, das den Stein aufgewirbelt hat,

  • unstreitig oder
  • nachweisbar

kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht trifft.

Kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht wird einem Fahrzeugführer beispielsweise vorgeworfen werden können, wenn

  • auf einer Autobahn ein auf der Fahrbahn liegender Stein von den Rädern seines Fahrzeugs aufgewirbelt sowie gegen das nachfolgende Fahrzeug geschleudert worden ist und
  • er mit auf der Fahrbahn liegenden Steinen nicht rechnen musste, also

für ihn eine Gefährdung Dritter durch einen hochgeschleuderten Stein nicht voraussehbar war.

Dagegen kann eine Sorgfaltspflichtverletzung dann vorliegen, wenn

  • eine Straße erkennbar durch lose herumliegende Steine verschmutzt ist oder
  • wie in einem Baustellenbereich mit dem Vorhandensein lose herumliegender Steine gerechnet werden musste

und

  • ein Fahrzeugführer einer durch seine Fahrweise bedingten möglichen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht durch wesentliche Herabsetzung der Geschwindigkeit Rechnung getragen hat.

Darauf hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 30.03.2017 – 2 S 2191/16 – hingewiesen.

BayVGH entscheidet: Zweijährige Ruhefrist für Urnenbestattungen ist ausreichend

Mit Urteil vom 31.01.2018 – 4 N 17.1197 – hat der 4. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) entschieden, dass eine gemeindliche Friedhofssatzung, die für Urnenbestattungen

  • eine Ruhefrist von zwei Jahren vorsieht und
  • danach eine Umbettung der Urne aus einer individuellen Grabstätte in ein anonymes Sammelgrab als möglich zulässt,

gültig ist und eine Umbettung der Urne nach zweijähriger Ruhefrist, wenn sie pietätvoll vollzogen wird,

  • weder gegen den postmortalen Achtungsanspruch verstößt,
  • noch das aus der Menschenwürde abzuleitende Gebot der Achtung der Totenruhe verletzt.

Denn, so der Senat,

  • in einer solchen möglichen Umbettung einer Urne nach zwei Jahren liege keine Herabwürdigung der Person und
  • bei einer Umbettung der Urne werde, im Unterschied zu Erdbestattungen, bei denen im Fall einer Umbettung ein noch nicht abgeschlossener Verwesungsprozess berührt sein kann, auch nicht unmittelbar in die darin befindliche Asche eingegriffen (Quelle: Pressemitteilung des VGH München vom 31.01.2018).

Was nach dem Tod eines Wohnungsmieters der Vermieter und ein in das Mietverhältnis Eintrittsberechtigter wissen sollten

…. über die Möglichkeit das Mietverhältnis wegen (drohender) Zahlungsunfähigkeit des in das Mietverhältnis Eingetretenen zu kündigen.

Mit Urteil vom 31.01.2018 – VIII ZR 105/17 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass,

  • wenn nach dem Tod des ursprünglichen Mieters eine der in § 563 Abs. 1 oder 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bezeichneten Personen in ein Mietverhältnis eintritt,

ein wichtiger Grund in der Person des Eingetretenen,

  • der den Vermieter nach § 563 Abs. 4 BGB zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses mit der gesetzlichen Frist berechtigt,

nur dann vorliegt, wenn der Grund so beschaffen ist, dass er dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht, was

  • bei objektiv feststehender Unfähigkeit des in das Mietverhältnis eingetretenen neuen Mieters zur vollständigen oder pünktlichen Leistung der Miete der Fall sein kann,
  • bei einer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung lediglich drohenden finanziellen Leistungsunfähigkeit beziehungsweise „gefährdet erscheinender“ Leistungsfähigkeit des Mieters jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommt.

Will ein Vermieter in einem besonderen Ausnahmefall die Unzumutbarkeit zur Fortsetzung des Mietverhältnisses mit einer drohenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit oder „gefährdet erscheinenden finanziellen Leistungsfähigkeit“ des in das Mietverhältnis eingetretenen neuen Mieters begründen,

  • müssen danach auch konkrete Anhaltspunkte und objektive Umstände nicht bloß die Erwartung, sondern den zuverlässigen Schluss rechtfertigen, dass fällige Mietzahlungen alsbald ausbleiben werden und
  • dürfen dem neuen Mieter keine Geldquellen zur Verfügung stehen, die die Erbringung der Mietzahlungen sicherstellen, wie dies etwa bei staatlichen Hilfen oder sonstigen Einkünften (z.B. Untermietzahlungen; Unterstützung Verwandter; Nebentätigkeitsvergütungen) oder vorhandenem Vermögen der Fall ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 31.01.2018 – Nr. 23/2018 –).

Bei nur relativer Indikation einer Operation müssen Ärzte die Patienten umfassend über echte Alternativen aufklären

…. wenn sie sich nicht schadensersatz- und/oder schmerzensgeldzahlungspflichtig machen wollen.

Mit Urteil vom 15.12.2017 – 26 U 3/14 – hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm darauf hingewiesen, dass bei Bestehen einer nur relativen Indikation zur Vornahme eines operativen Eingriffs,

  • beispielsweise wenn wegen fehlender neurologischer Ausfallerscheinungen nur eine relative Indikation für eine Operation an der Lendenwirbelsäule besteht,

der operative Eingriff,

  • wegen unzureichender Aufklärung des Patienten und damit mangels wirksamer Einwilligung,

dann widerrechtlich erfolgt, wenn der Patient nicht dezidiert darüber aufgeklärt worden ist, dass auch

  • alternativ konservativ behandelt bzw.
  • die konservative Behandlung als echte Behandlungsalternative fortgesetzt werden kann.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • die Wahl der Behandlungsmethode zwar primär Sache des Arztes sei,

dem Patienten aber, wenn es mehrere Behandlungsmöglichkeiten gebe, damit dieser eine echte Wahlmöglichkeit habe,

  • durch eine entsprechend vollständige Aufklärung die Entscheidung überlassen werden müsse,
  • auf welchem Weg die Behandlung erfolgen solle und auf welches Risiko er sich einlassen wolle,

wobei je weniger dringlich sich der Eingriff – nach medizinischer Indikation und Heilungsaussicht – in zeitlicher und sachlicher Hinsicht darstelle, desto weitgehender Maß und Genauigkeitsgrad der Aufklärungspflicht seien,

  • so dass bei einer nur relativ indizierten Operation regelmäßig auch eine Aufklärung über die Möglichkeit einer abwartenden Behandlung oder das Nichtstun geboten sei.

Von einer

  • hypothetischen Einwilligung des Patienten in die Operation

könne in einem solchen Fall, so der Senat weiter, dann nicht ausgegangen werden, wenn

  • der Patient glaubhaft machen könne, dass er sich bei umfassender Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt zwischen den Behandlungsalternativen befunden hätte und
  • dem Arzt der Nachweis, dass der Patient sich gleichwohl für den operativen Eingriff entschieden hätte, nicht gelingt.

Arbeitnehmer sollten wissen, dass auf einem Um- bzw. Abweg kein gesetzlicher (Wege)Unfallversicherungsschutz besteht

Das Thüringer Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 08.01.2018 – L 1 U 900/17 – in einem Fall,

  • in dem eine Arbeitnehmerin auf dem Rückweg von der Arbeit mit dem Zug, den Ausstieg an ihrem Heimatbahnhof verpasst,
  • den Zug daraufhin an der nächsten Haltestelle verlassen hatte und
  • auf dem Weg zu dem auf einem anderen Bahnsteig bereitstehenden Gegenzug verunfallt war,

entschieden,

  • dass es sich hierbei um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Begründet hat das LSG dies damit, dass unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich nur der direkte Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steht und für einen Versicherten,

  • sofern nicht ausnahmsweise das Abweichen vom direkten Weg bzw. der Umweg, beispielsweise wegen Ausfalls eines Haltepunktes, erforderlich wird,

kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung mehr besteht, wenn er

  • sich nicht (mehr) auf direktem Weg in Richtung seiner Arbeitsstätte oder seiner Wohnung, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fortbewegt,
  • sich also auf einem sog. Abweg befindet.

Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung

  • erlischt in einem solchen Fall, so das LSG, sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen wird und
  • lebt erst wieder auf, wenn sich der Versicherte wieder auf dem direkten Weg befindet und der Abweg beendet ist (Quelle: Pressemitteilung des LSG Erfurt vom 29.01.2018).

Dieselgate – Besitzer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs sollten wissen, dass durch ein Software-Update

…. der bei Auslieferung des Fahrzeugs bestehende Mangel

  • auch dann nicht vollständig beseitigt wird,

wenn das Fahrzeug aus technischer Sicht durch das Update so aufgerüstet werden kann bzw. worden ist, dass es

  • einerseits nunmehr sämtlichen gesetzlichen Vorschriften entspricht,
  • andererseits aber die Motorleistung dennoch so gut ist wie bei der Auslieferung, und
  • es durch die Software auch nicht zu Schäden am Abgasrückführungssystem, am Partikelfilter oder am Motor kommen kann.

Darauf hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Ravensburg mit Urteil vom 09.01.2018 – 2 O 171/17 – hingewiesen.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass die ursprüngliche Manipulationssoftware sich – trotz nachträglichem Update – negativ auf die Verkäuflichkeit des Fahrzeugs auswirkt, so dass ihm weiterhin ein merkantiler Minderwert anhaftet, der,

  • da der Verkauf zur gewöhnlichen Verwendung des Fahrzeugs gehört,

einen selbständigen Mangel gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt.

Die Tatsache, dass Fahrzeughersteller überhaupt zu dem Mittel gegriffen hat, eine unzulässige Software in Hunderttausende von Fahrzeugen einzubauen, lasse, so die Kammer, nämlich Raum für den Verdacht,

  • dass es mit einem bloßen Software-Update nicht getan sein kann, wenn das Fahrzeug alle Vorschriften erfüllen soll und gleichwohl die Leistung und Haltbarkeit des Fahrzeugs absolut gleichwertig sein soll zum ursprünglichen Auslieferungszustand

und dieser fortbestehende Verdacht verborgener Qualitätsmängel drücke sich,

  • ungeachtet des Software-Updates,

in einem niedrigeren Verkaufspreis aus, der auf dem Gebrauchtwagenmarkt für ein solches Fahrzeug zu erzielen ist.

Auch werde einen durchschnittlich informierten Käufer, so die Kammer weiter,

  • weder eine mögliche Bestätigung des Kraftfahrbundesamtes (KBA), dass die Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der mit dem Update versehenen Fahrzeuge herzustellen,
  • noch eine schriftliche Bestätigung des Herstellers, dass bei dem Fahrzeug nach Installation des Software-Updates keine qualitativen Einbußen vorliegen,

beruhigen, weil ihm dies keine Sicherheit gebe, dass das Fahrzeug

  • nach dem Update der Software tatsächlich die gleiche Leistung und Haltbarkeit aufweist,
  • wie sie das Fahrzeug in der ursprünglichen Konfiguration hatte.

Hinzu komme, dass

  • wegen des sehr breiten Echos in den Medien, das der Einbau der Manipulationssoftware gefunden habe und
  • der Diskussion über mögliche Fahrverbote,

vom Abgasskandal betroffene Fahrzeuge tendenziell vorzeitig verkauft werden,

  • deshalb auf längere Zeit ein Überangebot derartiger Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt bestehen wird und
  • dies den Preis zusätzlich nach unten drückt.