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Auftraggeber und Auftragnehmer sollten wissen, dass eine Ohne-Rechnung-Abrede zur Nichtigkeit eines zwischen ihnen

…. geschlossenen Dienst-, Werk- oder Werkleistungsvertrages führt und ihnen dann keine vertraglichen Ansprüche zustehen,

  • also dem Auftraggeber weder Schadensersatzansprüche wegen nicht ordnungsgemäßer Vertragserfüllung,
  • noch dem Auftragnehmer Zahlungsansprüche aus dem Vertrag.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 18.10.2017 – 12 U 115/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem ein Auftraggeber einem Architekten

  • nach der mündlichen Beauftragung mit Architektenleistungen vor Stellung der Schlussrechnung

5.000 Euro ohne Rechnung sowie in bar gezahlt hatte,

  • ohne dass dieser Betrag in die Schlussrechnung aufgenommen wurde,

entschieden, dass der Architekt

  • indem er von dem Architektenhonorar 5.000 Euro in bar und ohne Rechnungsstellung verlangt und entgegengenommen,
  • der Auftraggeber dies erkannt und zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt habe und
  • beiden bewusst gewesen sei, dass für den in bar gezahlten Betrag Umsatzsteuer nicht habe entrichtet werden sollen,

verbotene Schwarzarbeit geleistet hat und

  • der von den Parteien abgeschlossene Architektenvertrag aufgrund dessen wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtig ist.

Denn, so der Senat, ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz),

  • einen Werkvertrag abzuschließen oder Werkleistungen zu erbringen,
  • mit denen ein Unternehmer seine sich aus der Leistung ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,

führe jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn

  • der Unternehmer gegen dieses Verbot vorsätzlich verstoße,
  • der Besteller den Verstoß des Unternehmers kenne und
  • bewusst zum eigenen Vorteil ausnutze.

Dass Parteien zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses noch keine „Ohne-Rechnung-Abrede“ getroffen und damit zunächst einen wirksamen Vertrag abgeschlossen hätten, rechtfertige, so der Senat weiter, keine andere Bewertung, weil die nachträgliche „Ohne-Rechnung-Abrede“ den Vertrag geändert und insgesamt unwirksam gemacht habe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 24.11.2017).

Extreme Geruchsbelästigung durch einen Mieter in einem Mehrfamilienhaus kann Grund für eine fristlose Kündigung

…. des Mietverhältnisses sein.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Ansbach mit Urteil vom 01.06.2017 – 3 C 865/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • aus der Wohnung einer Mieterin, offensichtlich auf eine nicht artgerechte Hundehaltung der Mieterin sowie die Verunreinigung der Wohnung durch den Hund zurückzuführender so extremer Fäkaliengestank ins Treppenhaus und den Außenbereich gedrungen war,
  • dass andere Bewohner des Mehrfamilienhauses mitunter ihren Garten und Balkon nicht mehr nutzen sowie teilweise die eigenen Fenster nicht mehr öffnen konnten und

der Vermieter deswegen das Mietverhältnis mit der Mieterin fristlos gekündigt hatte, entschieden, dass

Käufer, die zur Zahlung eines Einkaufs in einem Internetshop mit Zustimmung des Verkäufers den Online-Zahlungsdienst PayPal nutzen, sollten wissen, dass

…. wenn sie

  • wegen Nichterhalts des Kaufgegenstandes oder
  • wegen erheblicher Abweichung des gelieferten Artikels von der Artikelbeschreibung,

einen Antrag auf Käuferschutz stellen und PayPal diesen Antrag zu ihren Gunsten entscheidet,

  • mit der Folge, dass ihnen der von ihrer Kreditkarte oder ihrem Konto abgebuchte Kaufpreis erstattet sowie
  • das PayPal-Konto des Verkäufers mit dem gutgeschriebenen Kaufpreisbetrag rückbelastet wird,

sie vom Verkäufer dennoch (erneut) auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch genommen, d.h. verklagt werden können, so dass

  • in diesem Fall dann letztlich das Gericht entscheidet, ob sie zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet sind und dem Verkäufer der Kaufpreis tatsächlich zusteht.

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteilen vom 22.11.2017 – VIII ZR 83/16 und VIII ZR 213/16 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass in solchen Fällen

  • mit der vorbehaltlosen Gutschrift des Kaufpreises auf dem PayPal-Konto des Verkäufers zwar die vom Käufer geschuldete Leistung bewirkt worden und somit der Kaufpreisanspruch des Verkäufer erloschen ist,

die Vereinbarung der Kaufvertragsparteien das Bezahlsystem PayPal zu verwenden jedoch gleichzeitig die stillschweigende weitere Vereinbarung beinhaltet,

  • dass die betreffende Kaufpreisforderung wiederbegründet wird,
  • wenn das PayPal-Konto des Verkäufers nach einem erfolgreichen Antrag des Käufers auf Käuferschutz rückbelastet wird (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 22.11.2017 – Nr. 187/2017 –).

Wer beim Einsteigen in eine S-Bahn mit dem Fuß in den Spalt zwischen Bahnsteig und Zug gerät und sich dabei verletzt

…. hat jedenfalls dann keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wenn

  • er regelmäßig die S-Bahn nutzt,
  • mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und
  • der Spalt zwischen Zug und S-Bahn lediglich ca. 14 cm breit ist.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 25.04.2017 – 173 C 27106/16 – entschieden.

Danach soll in einem solchen Fall das Mitverschulden des Fahrgastes derart überwiegen, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Deutschen Bahn demgegenüber gänzlich zurücktritt.

Begründet hat das AG dies damit, dass ein Spalt von lediglich 14 cm Breite von Fahrgästen,

  • zumal dann, wenn ihnen, als regelmäßige S-Bahn-Nutzer, dessen Existenz bekannt sein muss,

bereits bei Beachtung geringer Sorgfaltsanforderungen mühelos überwunden werden kann (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 17.11.2017).

Amtsgericht München entscheidet, dass in der Unterzeichnung eines mit Schadensaufnahme überschriebenen Formulars

…. in einer Kfz-Werkstatt in der Regel nicht die Erteilung eines Gutachtensauftrags zu sehen ist.

Mit Urteil vom 13.07.2017 – 222 C 1303/17 – hat das Amtsgericht (AG) München darauf hingewiesen, dass, wenn ein Autobesitzer nach einem Unfallschaden

  • seinen PKW in eine Werkstatt bringt,
  • um sich über die Kosten einer Reparatur zu erkundigen und dort

ein mit „Schadensaufnahme“ überschriebenes Formblatt unterzeichnet, darin

  • auch dann, wenn am unteren Rand des Formulars in kleiner Schrift der Hinweis angebracht ist „Die Unterschrift gilt als Auftragserteilung zur Erstellung des Gutachtens nach Honorartabelle …“

keine Erteilung eines Gutachtensauftrags gesehen werden kann und demzufolge

  • keine Verpflichtung besteht ein daraufhin erstelltes Schadensgutachten zu bezahlen.

Begründet hat das AG dies damit, dass in einem solchen Fall ein objektiver Erklärungsempfänger

  • wegen der irreführenden Überschrift und
  • eines fehlenden Extrahinweises auf das Kleingedruckte unten am Formular,

nicht davon ausgehen kann, dass

Arbeitsunfall kann auch vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer infolge ungerechtfertigter polizeilicher Maßnahme

…. beispielsweise einer Leibesvisitation, einen Gesundheitsschaden erleidet.

Darauf hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 17.10.2017 – L 3 U 70/14 – hingewiesen und in einem Fall, in dem eine für die Deutsche Bahn am Service-Point eines Fernbahnhofs arbeitende Frau eine psychische Erkrankung erlitten hatte, weil sie,

  • nachdem sie ungerechtfertigterweise in Verdacht geraten war, aus einer, ihr während ihrer Tätigkeit von der Bahnsteigaufsicht übergebenen Fundsache etwas entwendet zu haben,

sich auf einem Polizeirevier hatte komplett entkleiden und einer Leibesvisitation unterziehen müssen, entschieden, dass,

  • wenn, wie hier, ein Arbeitnehmer allein infolge seiner beruflichen Tätigkeit polizeilichen Maßnahmen ausgesetzt ist und
  • hierdurch einen Gesundheitsschaden erleidet,

ein Arbeitsunfall vorliegt.

Dass die Unfallversicherung zur Anerkennung als Arbeitsunfall verpflichtet ist, hat das LSG damit begründet, dass

  • die ungerechtfertigten Maßnahmen der Polizei bei der Frau unmittelbar zu Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht geführt habe,
    • so dass ein Gesundheitserstschaden vorliege,
  • ursächlich für dieses von außen auf ihren Körper einwirkende Ereignis – nämlich die polizeilichen Maßnahmen – allein die berufliche, ordnungsgemäß den dienstlichen Vorschriften entsprechend ausgeübte Tätigkeit der Bahn-Mitarbeiterin gewesen sei und
  • keine privat veranlassten Handlungen der Frau.

Dagegen bestehe, weil es sich um eine private Verrichtung handle, dann kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz, so das LSG weiter, wenn beispielsweise

  • ein alkoholisierter Arbeitnehmer sich bei einer Verkehrskontrolle der Blutentnahme entziehen möchte oder
  • ein Versicherter auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstelle bei einer Fahrkartenkontrolle seinen Ausweis nicht zeigen möchte und

es bei der polizeilichen Festnahme zu einer Verletzung kommt (Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt vom 02.11.2017 – Nr. 15/2017 –).

Wegen erheblichen Fehlverhaltens eines Wohnungsmieters ist nur entweder eine Abmahnung oder eine Kündigung möglich

Mit Urteil vom 15.07.2016 – 46 C 144/16 – hat das Amtsgericht (AG) Hamburg darauf hingewiesen, dass auf Vorfälle,

  • wie beispielsweise eine (wiederholte) erhebliche Störung des Hausfriedens,
  • die zur außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,

eine Kündigung dann nicht mehr gestützt werden kann,

  • wenn diese Vorfälle bereits Gegenstand einer notwendigen Abmahnung waren.

Begründet hat das AG dies damit, dass, wenn ein Fehlverhalten durch eine Abmahnung geahndet wurde,

  • es dadurch verbraucht ist und deswegen

nicht mehr für eine weitere Sanktion herangezogen werden kann.

Demzufolge muss ein Vermieter sich gegebenenfalls bei einem an den Tag gelegten erheblichen Fehlverhalten des Mieters entscheiden,

Wichtig zu wissen, wenn wegen Diebstahls des Autos Leistungen aus der Teilkaskoversicherung geltend gemacht werden

Wer sein Auto teilkaskoversichert hat, hat,

  • wenn sein Fahrzeug gestohlen wird,

grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung.

Allerdings muss der Versicherungsnehmer, der erfolgreich einen Kaskoanspruch wegen eines Diebstahls geltend machen will, im Streitfall,

  • wenn der Kaskoversicherer beispielsweise behauptet, dass der Diebstahl vorgetäuscht sei und
  • deshalb die Regulierung des Diebstahlschadens verweigert,

zumindest

  • das typische Geschehen eines Diebstahles in groben Zügen nachweisen können,
  • also z.B. das Abstellen des Autos zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort und das spätere Verschwinden von dort.

Bewiesen werden kann dies,

  • wenn Zeugen nicht vorhanden sind,

zwar auch durch die Angaben des Versicherungsnehmers, allerdings nur dann, wenn

  • nicht Umstände vorliegen, die schwerwiegende Zweifel an der für den Versicherungsnehmer normalerweise streitenden Redlichkeitsvermutung begründen.

Ist das der Fall, d.h. bestehen aufgrund von der Versicherung belegter Umstände,

  • beispielsweise weil der Versicherungsnehmer im Rahmen der Schadensanzeige bei der Versicherung Angaben gemacht hat, die denjenigen gegenüber der Polizei bei Anzeige des Diebstahles (teilweise) widersprechen,

schwerwiegende Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers, muss er,

  • wenn er Versicherungsleistungen erhalten will,

das Vorliegen eines Diebstahls durch den sog. strengen Vollbeweis führen können.

Darauf hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 08.12.2016 – 22 O 95/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 30.10.2017 – Nr. 13/2017 –).

Dazu, dass auch der Versuch eines Versicherungsnehmers,

  • durch eine bewusste Falschaussage vor Gericht seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen,

zu schwerwiegenden Zweifeln an seiner Redlichkeit und Glaubwürdigkeit führen kann, vgl. Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 09.08.2017 – 20 U 184/15 –).

BGH entscheidet, wann eine vom Vermieter vorformulierte Klausel zur automatischen Verlängerung eines Mietvertrages unwirksam ist

Mit Urteil vom 25.10.2017 – XII ZR 1/17 – hat der u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass eine von dem Vermieter

  • in einem Mietvertrag mit einer bestimmten Basislaufzeit vorformulierte Klausel,

die bestimmt,

  • dass der Vertrag sich automatisch ohne Neubeantragung um eine weitere bestimmte Zeit, beispielsweise 5 Jahre, verlängert, wenn nicht 6 Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich gekündigt wird,

dann wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), wenn

  • bei Vertragsbeginn nicht eindeutig feststeht, bis wann die Kündigung zur Abwendung der Verlängerung spätestens ausgesprochen werden muss und
  • dass dies auch dann der Fall ist, wenn
    • das Vertragsende und die daran anknüpfende letztmögliche Kündigungsmöglichkeit deswegen unklar sind,
    • weil schon der Vertragsbeginn nicht eindeutig feststeht (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 27.10.2017 – Nr.168/2017 –).

Dieselgate – LG Nürnberg-Fürth entscheidet: Vom Abgasskandal betroffene Autobesitzer können vom Fahrzeughersteller Schadensersatz verlangen

…. sind also nicht auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer beschränkt.

Das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth (Az.: 9 O 7324/16) hat im Fall eines Käufers, der von einem Händler ein Dieselfahrzeug erworben hatte, in das vom Hersteller, ohne Kenntnis des Händlers, ein Motor eingebaut worden war,

  • der eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung (Art. 3 Nr. 10 und Art. 5 Absatz 2 Satz 1 VO/EG 715/2007) aufwies,
  • mittels derer, zur Umgehung der geltenden Abgaswerte, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf optimiert wurden,

entschieden, dass

  • der Fahrzeughersteller, wegen eines als mittelbarer Täter (§ 25 Absatz 1 Fall 2 Strafgesetzbuch (StGB)) durch den unwissenden Händler begangenen Betruges (§ 263 Absatz 1 StGB) zum Nachteil des Käufers,
  • dem Käufer gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB auf Ersatz der ihm aus dem Fahrzeugkauf entstandenen Schäden haftet

und

  • der Käufer, ohne dass es hierzu einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf, dem Händler als Verkäufer gegenüber, zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt ist (§§ 323 Absatz 1, 346 Absatz 1, 349, 437 Nr. 2 BGB), weil
    • dem Fahrzeug bei Übergabe (§ 446 Satz 1 BGB) die (technisch) übliche Beschaffenheit (§ 434 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) gefehlt hat,
    • nicht sicher feststeht, dass auf Grund des angebotenen Updates keine weiteren Schäden am Motor auftreten und er für die übliche Dauer halten wird, ein Frist zur Nacherfüllung somit wegen Unzumutbarkeit entbehrlich (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB) und
    • der Mangel ungesetzlichen Abschaltens der erhöhten Verbrennung von Stickoxiden bei Fahrten auf Straßen auch erheblich, d.h. ein Rücktritt vom Kaufvertrag nicht nach § 323 Absatz 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist (Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth).