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BGH entscheidet wann Betreiber eines Bewertungsportals sich Bewertungsäußerung zu eigen macht

Der unter anderem für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 04.04.2017 – VI ZR 123/16 – in einem Fall, in dem von dem Betreiber eines Internetportals, in das Patienten ihre Bewertung von Kliniken einstellen konnten, nach dem Verlangen einer Klinik einen sie betreffenden negativen Bewertungsbeitrag zu entfernen,

  • der beanstandete Textbeitrag des Patienten inhaltlich überprüft, anschließend ohne Rücksprache mit dem Patienten eigenmächtig durch selbständige Einfügungen sowie Streichungen geändert und die Klinik darüber in Kenntnis gesetzt worden war,

entschieden, dass der Portalbetreiber damit

  • die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen sowie
  • sich diese zu eigen gemacht hat und

von der Klinik aufgrund dessen als unmittelbarer Störer auf Unterlassung der Äußerungen in dem Bewertungsportal in Anspruch genommen werden kann, wenn es sich dabei

  • um unwahre Tatsachenbehauptungen und/oder
  • um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handelt (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 04.04.2017 – Nr. 49/2017 –).

Was sowohl der nach dem Tod eines Erblassers Pflichtteilsberechtigte wissen sollte

…. als auch der der Erbe ist.

Ein Pflichtteilsberechtigter,

  • der nicht Erbe ist,

kann vom Erben u.a. verlangen,

  • nach § 2314 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Auskunft über
    • den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses über die zum Zeitpunkt des Erbfalls
      • vorhandenen Nachlassgegenstände,
      • Forderungen (Aktiva) und
      • Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden),
    • die ausgleichspflichtigen Zuwendungen des Erblassers und
    • die Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall gemacht hat sowie wann diese jeweils gemacht worden sind, weil diese Schenkungen gemäß § 2325 BGB einen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründen,
  • nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB seine Zuziehung bei der Aufnahme des nach § 260 BGB vorzulegenden Bestandsverzeichnisses und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt

sowie

  • nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB, dass das Bestandsverzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird,

wobei die Kosten hierfür gemäß § 2314 Abs. 2 BGB dem Nachlass zur Last fallen.

Der Auskunftsanspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB und der Anspruch auf Bestandsverzeichnisaufnahme durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB bilden dabei einen einheitlichen Anspruch.

Der Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB steht im Gegensatz dazu selbstständig neben dem Anspruch auf Auskunft nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB und ist vom Pflichtteilsberechtigten ggf. neben dem Auskunftsanspruch gesondert geltend zu machen (Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 08.03.2017 – 20 U 3806/16 –).

Kommt der Erbe seiner Verpflichtung auf Auskunftserteilung nicht nach kann der Pflichtteilsberechtigte Stufenklage nach § 254 Zivilprozessordnung (ZPO) erheben auf

  • Auskunft,
  • eidesstattliche Versicherung, dass der Bestand des Nachlasses nach bestem Wissen so vollständig angegeben worden ist, als er – der Erbe – dazu imstande ist (§ 260 Abs. 2 BGB) und
  • (zunächst unbeziffert) Zahlung des Pflichtteils aus dem Betrag, der sich aus der zu erteilenden Auskunft errechnet.

Was eine THC-Konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr im Blut eines Kraftfahrzeugführers für Folgen haben kann

…. und zwar schon dann, wenn cannabisbedingte Ausfallerscheinungen nicht vorliegen.

Führt ein Kraftfahrzeugführer ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr,

  • obwohl er eine Konzentration des Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) von mindestens 1,0 ng/ml im Blut aufweist,

kann aus einer solchen THC-Konzentration,

  • wenn gegenläufige Beweisanzeichen fehlen,

auf ein objektives und subjektives sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geschlossen werden und

  • zwar auch dann, wenn die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt ist.

Das hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 14.02.2017 – 4 StR 422/15 – entschieden, so dass ein Betroffener in solchen Fällen künftig immer mit einer Verurteilung

  • wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung berauschender Mittel nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG

rechnen muss.

Darüberhinaus droht in einem solchen Fall aber auch der Entzug der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlubnisbehörde, wenn

  • bei dem Betroffenen von einem jedenfalls gelegentlichem, also mehr als einmaligem Cannabiskonsum ausgegangen werden kann.

Denn wird ein Kraftfahrzeug mit einem THC-Wert von 1,0 ng/ml oder mehr im Serum geführt, ist,

von einem fehlenden Trennen zwischen dem Konsum des Betäubungsmittels und dem Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen und

  • nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) ist nicht (mehr) fahrgeeignet unter anderem,
  • wer zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert hat und nicht zwischen diesem Konsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen trennt (Quelle: Pressemitteilung des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2017).

Wenn ein Haus- oder Nutztier einen Schaden verursacht hat – Wann haftet der Tierhalter und wann hat er die Möglichkeit sich zu entlasten?

Wird durch ein Tier,

  • infolge der Verwirklichung der typischen Tiergefahr,
  • die sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten des Tieres äußert,

ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, ist nach § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • derjenige, welcher das Tier hält,

verpflichtet,

  • dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Die Möglichkeit, sich von dieser Gefährdungshaftung zu entlasten räumt § 833 Satz 2 BGB dem Tierhalter nur dann ein, wenn

  • der Schaden verursacht worden ist
    • durch ein Haustier, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters – d.h. einem wirtschaftlichen Zweck – zu dienen bestimmt ist
  • und
    • entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung (bzw. Unterbringung) des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder
    • der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Nicht erfasst von § 833 Satz 2 BGB werden Tiere, die

  • aus Liebhaberei oder
  • zu sonstigen ideellen Zwecken wie zum Beispiel zur Ausübung des Reitsports

gehalten werden,

  • ohne dass der Halter aus ihrer Nutzung – der Vermietung, Erteilung von Reitunterricht, Zucht oder dergleichen – seinen Erwerb bezieht.

Unter Erwerbstätigkeit im Sinne des § 833 Satz 2 BGB ist jede Tätigkeit zu verstehen,

  • objektiv darauf angelegt ist und
  • subjektiv von der Absicht getragen wird,

Gewinn zu erzielen, so dass

  • die bloße Gewinnerzielungsabsicht als solche, die in den objektiven Umständen keinen Niederschlag findet, nicht genügt.
  • Vielmehr muss zumindest im Ansatz die realistische Möglichkeit bestehen, dass der Tierhalter – ggf. nach einer gewissen Anlaufzeit – auf Dauer gesehen aus seiner Tätigkeit Gewinne erwirtschaftet.

Nicht erforderlich für die Annahme einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 833 Satz 2 BGB ist es, dass der Tierhalter seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Anteil aus der Tierhaltung erwirtschaftet und diese eine wesentliche Grundlage seines Erwerbs bildet.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 14.02.2017 – VI ZR 434/15 – hingewiesen.

Warum die Erstellung einer Patientenverfügung sinnvoll ist

…. wenn man in bestimmten, künftig möglicherweise eintretenden Lebens- bzw. Behandlungssituationen eine bestimmte ärztliche Behandlung wünscht oder nicht (mehr) wünscht, wie etwa (weitere) lebenserhaltende Maßnahmen.

Wenn ein Volljähriger,

  • beispielsweise weil er sich nach einem Unfall oder Schlaganfall in einem komatösen Zustand befindet,

selbst nämlich keine Entscheidungen (mehr) treffen kann,

  • er also in ärztliche Behandlungen selbst auch nicht mehr einwilligen kann,

der Betroffene aber vorher schon einen entsprechenden eigenen Willen

  • in einer schriftlichen Patientenverfügung (§ 1901 a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) niedergelegt hat,

sind die von ihm in der Patientenverfügung getroffenen Entscheidungen,

  • also, ob eine ärztliche, auch eine lebensverlängernde Maßnahme – wie etwa eine künstliche Ernährung über eine Magensonde (PEG) – unterbleiben, durchgeführt, fortgesetzt oder abgebrochen werden soll,

für alle, auch für die behandelnden Ärzte, bindend,

  • sofern die von dem Betroffenen in der Patientenverfügung beschriebene Lebens- und Behandlungssituation auf die bei ihm konkret eingetretene zutrifft.

Dagegen müssen, wenn

  • ein Betroffener keine Patientenverfügung errichtet hat,
  • aber auch dann, falls sie auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation nicht zutrifft bzw. sie nicht ausreichend bestimmt ist,

die Entscheidungen darüber, ob bzw. welche in Betracht kommenden ärztlichen Maßnahmen durchgeführt oder nicht (länger) durchgeführt werden sollen,

  • sofern für diesen Fall der Betroffene einer Person ausdrücklich schriftlich Vollmacht auch für die Entscheidung über die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen erteilt hat, von dieser Person,
  • ansonsten von einem vom Amtsgericht zu bestellenden Betreuer

getroffen werden.

Diesem Bevollmächtigten bzw. diesem Betreuer obliegt es zuvor den (mutmaßlichen) Behandlungswunsch des Betroffenen zu ermitteln, was, wenn keine Patientenverfügung vorliegt, äußerst schwierig sein kann.

Will in einem solchen Fall der Bevollmächtigte bzw. der Betreuer,

  • weil er überzeugt ist, dass dies dem (mutmaßlichen) Willen des Betroffenen entspricht,

dass (weitere) lebenserhaltende Maßnahmen unterbleiben oder abgebrochen werden, bedarf diese Maßnahme dann keiner gerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 5 Satz 1 BGB, wenn

  • zwischen dem Bevollmächtigten bzw. dem Betreuer und dem behandelnden Arzt des Betroffenen Einvernehmen darüber besteht, dass diese Vorgehensweise dem Willen des Betroffenen entspricht.

Besteht darüber dagegen kein Einvernehmen zwischen dem Bevollmächtigten bzw. dem Betreuer und dem behandelnden Arzt des Betroffenen greift das Genehmigungserfordernis gemäß § 1904 Abs. 2 BGB ein, d.h., dass

  • lebenserhaltende Maßnahmen nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts abgebrochen bzw. beendet werden dürfen und
  • dazu das Gericht erst prüfen muss, ob diese Maßnahme dem (mutmaßlichen) Willen des Betroffenen entspricht oder nicht.

Übrigens:
Eine Patientenverfügung bedarf keiner notariellen Beurkundung sondern lediglich der Schriftform. Der Ersteller kann sie auch jederzeit schriftlich ändern und formlos widerrufen.

Um unmittelbare Bindungswirkung (auch) gegenüber den behandelnden Ärzten zu entfalten muss eine Patientenverfügung ausreichend bestimmt sein, d.h.,

  • in ihr muss der Ersteller umschreibend festlegen, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation bzw. bei bestimmten spezifizierten Krankheiten will und was nicht,
  • möglichst durch Bezeichnung der ärztlichen Maßnahmen in die der Ersteller einwilligt oder die er untersagt,

etwa durch Angaben zur

  • Schmerz- und Symptombehandlung,
  • künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr,
  • Wiederbelebung,
  • künstlichen Beatmung,
  • Antibiotikagabe oder Dialyse usw..

Nicht ausreichend sind

  • ausschließlich allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, „ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist“ oder
  • lediglich die Äußerung, „keine lebenserhalten- den Maßnahmen“ zu wünschen, da diese Äußerung jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung enthält (Bundesgerichtshofs (BGH), Beschluss vom 08.02.2017 – XII ZB 604/15 –).

OLG Nürnberg entscheidet: Käufer kann Anspruch auf Ersatzlieferung trotz nachträglicher Mangelbehebung haben

Das OLG Nürnberg hat mit Urteil vom 20.02.2017 – 14 U 199/16 – in einem Fall, in dem

  • sich nach der Übergabe eines vom Kläger bei dem beklagten Händler gekauften Neuwagens gezeigt hatte, dass das Fahrzeug nicht frei von Sachmängeln ausgeliefert worden war und

der Kläger,

  • nachdem mehrere Versuche des Beklagten den Mangel zu beseitigen gescheitert waren,

Lieferung und Übereignung eines gleichwertigen, mangelfreien Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des ursprünglich gelieferten Pkws verlangt hatte, entschieden, dass

  • dem Kläger nach §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der geltend gemachte Anspruch zusteht und
  • zwar auch dann, wenn der Mangel an dem dem Kläger übergebenen Fahrzeug, nach dem Ersatzlieferungsverlangen des Klägers ohne dessen Einverständnis von dem Beklagten behoben worden ist.

Begründet hat das OLG dies damit, dass ein Käufer nach 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung

  • statt der Beseitigung des Mangels
  • die Lieferung einer mangelfreien Sache

verlangen kann, wenn

  • der Mangel zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts nach § 439 Abs. 1 BGB (noch) vorhanden war,
  • die verlangte Nacherfüllung nicht unmöglich sowie
  • das Ersatzlieferungsverlangen nicht unverhältnismäßig i.S.v. § 439 Abs. 3 BGB ist

und dann diese vom Käufer getroffene Wahl vom Verkäufer nicht dadurch unterlaufen werden kann, dass er die Nacherfüllung auf die vom Käufer nicht gewählte Art und Weise (hier: Beseitigung des Mangels anstelle der Lieferung einer mangelfreien Sache) erbringt.

Da bislang jedoch noch nicht höchstrichterlich geklärt ist,

  • welche Auswirkungen eine nach Ausübung des Wahlrechts nach § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ohne Zustimmung des Käufers erfolgte Mangelbeseitigung auf dessen Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache hat,

hat das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen.

Was, wer eine Reiserücktrittsversicherung hat, wissen sollte

Eine Bestimmung in Allgemeinen Bedingungen einer Reiserücktrittsversicherung, die vorsieht, dass

  • keine Leistungspflicht besteht für bei Reisebuchung bestehende Krankheiten und deren Folgen,
  • d.h., nur neue auftretende Erkrankungen versicherte Reiserücktrittgründe sein und Versicherungsschutz genießen sollen,

ist wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherten unwirksam (§ 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), weil

  • die Klausel nicht differenziert zwischen Vorerkrankungen, die der versicherten Person bekannt und die der versicherten Person unbekannt sind, d.h. auch alle Vorerkrankungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, die der versicherten Person bei Reisebuchung unbekannt waren und
  • der Versicherungsschutz damit nicht nur auf unerwartete Erkrankungen beschränkt wird.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 30.08.2016 – 159 C 5087/16 – entschieden (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 31.03.2017 – 26/17 –).

BGH entscheidet: Wenn ein Internetanschlussinhaber weiß wer die Urheberrechtsverletzung begangen hat muss er dem Rechteinhaber den Namen des Rechtsverletzers offenbaren

…. und zwar auch dann, wenn es sich um ein Familienmitglied handelt, weil er ansonsten seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt.

Demzufolge kann ein Internetanschlussinhaber, über dessen Anschluss Musiktitel im Wege des „Filesharing“ öffentlich zugänglich gemacht worden sind und der aufgrund dessen wegen Urheberrechtsverletzung von dem Rechteinhaber auf Schadensersatz sowie auf Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch genommen wird, seine Verurteilung nicht dadurch vermeiden,

  • dass er die Begehung der Rechtsverletzung bestreitet und
  • erklärt, dass
    • seine bei ihm wohnenden und bereits volljährigen Kinder jeweils eigene Rechner besitzen sowie über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zu seinem Internetanschluss haben,
    • ihm auch bekannt sei, welches seiner Kinder die Verletzungshandlung begangen hat,
    • er aber Angaben hierzu verweigere.

Denn hat ein vom Rechteinhaber wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommener Anschlussinhaber

  • im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen
  • den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat,

kann er seine eigene Verurteilung nur dadurch abwenden,

  • dass er dessen Namen offenbart.

Das hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 30.03.2017 – I ZR 19/16 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • ein vom Rechteinhaber wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommener Anschlussinhaber der die Rechtsverletzung nicht begangen hat, im Rahmen der ihm obliegenden sogenannten sekundären Darlegungslast zwar nicht etwa verpflichtet ist, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen,
  • er aber dann, wenn er weiß oder erfahren hat, welches Familienmitglied die Rechtsverletzung über seinen Anschluss begangen hat und dessen Namen nicht offenbaren will, seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt.

In einem solchen Fall sei, so der Senat weiter, es einem Anschlussinhaber auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien,

  • nämlich dem Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Grundgesetz (GG) sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta einerseits und
  • dem Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG andererseits,

zumutbar, dem Rechteinhaber den Namen des Familienmitglieds zu offenbaren, der der Täter der Rechtsverletztung ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 30.03.2017 – Nr. 46/2017 –).

BGH entscheidet wann private Krankenversicherungen die Kosten einer Lasik-Operation an den Augen erstatten müssen

Mit Urteil vom 29.03.2017 – IV ZR 533/15 – hat der u.a. für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass

  • eine Fehlsichtigkeit auf beiden Augen von -3 bzw. -2,75 Dioptrien
  • eine Krankheit im Sinne von § 1 Abs. 2 der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung darstellt und

der private Krankenversicherer deshalb bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auch die Kosten einer Lasik-Operation zur Beseitigung dieser Fehlsichtigkeit tragen muss.

Da es in § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen heißt

  • „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen (…)“

und nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers

  • zum Normalzustand der Sehfähigkeit ein beschwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr gehören,

ist, so der Senat, eine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen dann anzunehmen, wenn

  • bei einem Versicherungsnehmer eine nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung dieser körperlichen Normalfunktion vorliegt,
  • die ohne medizinisch indizierte Korrektur ein beschwerdefreies Sehen nicht ermöglicht.

Auch könne, so der Senat weiter, die medizinische Notwendigkeit einer Lasik-Operation nicht allein wegen der Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden,

  • wenn der Versicherungsnehmer in den vereinbarten Versicherungsbedingungen nicht deutlich darauf hingewiesen wird,
  • dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich davon abhängen soll,
    • ob er (dauerhaft) auf ein Hilfsmittel, wie Brille oder Kontaktlinsen zurückgreifen kann,
    • das den bei ihm bestehenden anormalen Körperzustand auszugleichen oder abzuschwächen geeignet ist, ohne am eigentlichen Leiden etwas zu ändern (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 30.03.2017 – Nr. 45/2017 –).

Wichtig zu wissen für Autofahrer die einen Wildunfall hatten

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover hat mit (allerdings noch nicht rechtskräftigen) Urteilen vom 29.03.2017 – 7 A 5245/16 u.a. – entschieden, dass

  • die Straßenbaubehörde Autofahrer nach einem Wildunfall nicht zur Zahlung der Kosten heranziehen kann,

die dadurch entstehen, dass

  • bei der Kollision mit ihrem Kraftfahrzeug verendete und im Seitenraum von Bundes- und Landesstraßen liegen gebliebene Wildtiere geborgen und entsorgt werden müssen.

Dass die jeweiligen Fahrzeugführer in solchen Fällen,

  • auch dann, wenn die zuvor herrenlosen und nach der Kollision mit einem Kraftfahrzeug verendeten Wildtierkörper als Verunreinigung der Straße anzusehen wären,

ihre ihnen nach § 7 Abs. 3 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) bzw. den entsprechenden Vorschriften der Landesstraßengesetze obliegende Pflicht zur unverzüglichen Beseitigung nicht verletzt haben und demzufolge auch nicht zur Erstattung der mit der Beseitigung verbundenen Kosten in Anspruch genommen werden können, hat die Kammer damit begründet,