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Wer haftet wenn Linksabbieger im Kreuzungsbereich mit entgegenkommendem Fahrzeug kollidiert

…. und Ampelschaltung mit Grünabbiegerpfeil für Linksabbieger ungeklärt ist?

Kollidiert der Führer eines Pkw,

  • beim Abbiegen nach links im Bereich einer Kreuzung mit Ampelschaltung und Grünabbiegerpfeil für Linksabbieger,
  • mit einem entgegenkommenden Fahrzeug,

sind bei der Haftungsverteilung,

  • wenn die Unfallbeteiligten jeweils behaupten einen Grünpfeil bzw. Grünlicht gehabt zu haben und
  • keiner der Unfallbeteiligten beweisen kann, dass der andere einen Rotlichtverstoß begangen hat,
    • die Ampelschaltung also ungeklärt ist,

gem. § 17 Abs.1, Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) lediglich die Betriebsgefahren der beteiligten Fahrzeuge gegeneinander abzuwägen,

  • so dass bei Gleichwertigkeit der Fahrzeuge eine hälftige Haftungsverteilung angezeigt ist.

Dem Linksabbieger kann in einem solchen Fall nämlich kein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zur Last gelegt werden.

Denn ist die Vorfahrt an einer Kreuzung mit einer Lichtzeichenanlage geregelt

  • und hat der Linksabbieger einen Grünpfeil,

ist § 9 Abs. 3 StVO durch § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO außer Kraft gesetzt.

Den dem grünen Pfeil folgenden Verkehrsteilnehmer treffen nicht die besonderen Sorgfaltspflichten gegenüber dem Gegenverkehr, die § 9 Abs. 3 StVO dem Linksabbieger im Allgemeinen aufbürdet.
Leuchtet der grüne Pfeil auf,

  • dann wird die den Vorrang des Gegenverkehrs betreffende Regelung des § 9 Abs. 3 StVO
  • durch die Regelung des § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO verdrängt, nach der der Linksabbieger die Kreuzung in Richtung des grünen Pfeils ungehindert befahren und räumen darf.

Der Linksabbieger kann auf Grund des grünen Pfeils darauf vertrauen, dass der Gegenverkehr durch Rotlicht gesperrt ist und dieser das Rotlicht auch beachtet.
Das gilt

  • nicht nur bei einem sog. „Diagonalpfeil“, also einem Grünpfeil hinter der Kreuzung,
  • sondern auch dann, wenn die Lichtzeichenanlage bereits vor Einfahren in die Kreuzung einen Grünabbiegepfeil anzeigt.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken mit Urteil vom 29.06.2016 – 1 U 14/15 – hingewiesen.

Was man wissen sollte, wenn man klageweise Schmerzensgeldansprüche wegen erlittener Verletzungen geltend macht

Verlangt ein Geschädigter vom Schädiger für erlittene Körperverletzungen

  • uneingeschränkt

ein Schmerzensgeld, so werden

  • durch den gerichtlich zuerkannten Betrag

alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die

  • entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder
  • deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte.

Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen.

Solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt

  • noch nicht eingetreten waren und
  • deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war,

mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Rechtsfolge nicht umfasst und

  • können deshalb Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein.

Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes erkennbar waren, beurteilt sich

  • nicht nach der subjektiven Sicht der Parteien oder der Vollständigkeit der Erfassung des Streitstoffes durch das Gericht,
  • sondern nach objektiven Gesichtspunkten,
    • das heißt nach den Kenntnissen und Erfahrungen der einschlägigen medizinischen Fachkreise.

Maßgebend ist, ob sich bereits in jenem Verfahren eine Verletzungsfolge als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon damals bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden konnte, wobei

Allerdings kann der Schmerzensgeldanspruch, wie jeder andere auf Zahlung einer Geldsumme lautende Anspruch,

  • auch nur teilweise geltend gemacht werden.

So kann ein Geschädigter

  • im Wege einer offenen Teilklage

insbesondere eine Beschränkung auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufgetretenen Verletzungsfolgen vornehmen (sog. zeitlich unbegrenztes Teilschmerzensgeld), vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.01.2004 – VI ZR 70/03 –.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des OLG München mit Urteil vom 24.02.2017 – 10 U 3261/16 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen für Internetanschlussinhaber die wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15 – in einem Fall, in dem ein Rechteinhaber den Inhaber eines Internetanschlusses,

  • weil über diesen eine Urheberrechtsverletzung begangen worden war,

nach § 97 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in Anspruch genommen und der Anschlussinhaber

  • die Begehung der Urheberrechtsverletzung bestritten sowie
  • vorgetragen hatte, dass
    • seine Ehefrau über einen eigenen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss habe, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch seine Ehefrau mitzuteilen und
    • auf seinem Computer keine Filesharing-Software vorhanden sei (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – dazu, dass der Anschlussinhaber im Rahmen des Vortrags zu Umständen, die seine eigene Internetnutzung betreffen, auch zu der Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist),

entschieden, dass

  • der Internetanschlussinhaber dadurch seiner sekundären Darlegungslast genügt hat und
  • es somit wieder Sache des Rechteinhabers als Anspruchsteller sei, die für eine Haftung des Internetabschlussinhabers als Täter der Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass,

  • auch unter Berücksichtigung des für den Rechteinhaber sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) der Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen stehe und
  • es aufgrund dessen dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar sei,
    • die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können oder
    • die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen.

BGH entscheidet: Wann kann bei fiktiver Abrechnung eines Unfallschadens der Schädiger den Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen?

Ein Geschädigter, der nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde, von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung

  • auf Gutachtenbasis Ersatz der fiktiven Reparaturkosten begehrt,

darf der fiktive Schadensberechnung,

  • sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen,

grundsätzlich

  • die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen,

die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

In der Regel besteht ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug

  • tatsächlich voll,
  • minderwertig oder
  • überhaupt nicht

reparieren lässt.

Allerdings kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit

  • in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien“ Fachwerkstatt

verweisen,

  • wenn er darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und
  • wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien“ Fachwerkstatt für den Geschädigten im Allgemeinen dann, wenn

  • das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war.

Aber auch bei Fahrzeugen,

  • die älter sind als drei Jahre,

kann es für den Geschädigten insbesondere dann unzumutbar sein,

  • sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne Weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen,

wenn er – zum Beispiel unter Vorlage des „Scheckheftes“, der Rechnungen oder durch Mitteilung der Reparatur- bzw. Wartungstermine – konkret darlegt,

  • dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und
  • dies vom Schädiger nicht widerlegt wird.

Abgestellt werden muss bei der Frage der Unzumutbarkeit, ob es

  • für einen ordentlichen und verständigen Menschen an der Stelle des Geschädigten unzumutbar ist,

einen … Jahre alten Pkw der Marke … mit einer Laufleistung vom … km und einen Schaden … in die Fachwerkstatt … zur Vornahme einer Reparatur zu geben, die vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, so dass beispielsweise bei einem

  • über neun Jahre alten und
  • bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigten Fahrzeug,

das zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden ist,

  • der Verweis auf eine „freie“ Fachwerkstatt nicht unzumutbar ist.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 – hingewiesen.

Was in nichtehelicher Lebensgemeinschaft Zusammenlebende wissen sollten, wenn der eine ein minderjähriges Kind des anderen adoptieren möchte

Nach § 1741 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann eine

  • nicht verheiratete und
  • nicht verpartnerte

Person ein Kind nur allein annehmen, mit der Folge,

  • dass mit der Abnahme eines minderjährigen Kindes gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten erlischt.

Demzufolge kann,

  • anders als bei der Stiefkindadoption durch Ehegatten oder Lebenspartner (vgl. §§ 1741 Abs. 2 Satz 3, 1754 Abs. 1, 1755 Abs. 2 BGB),

eine mit ihrem Partner

  • weder verheiratete
  • noch in einer Lebenspartnerschaft lebende

Person dessen minderjähriges Kind nicht annehmen, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihrem Partner und seinem Kind erlischt.

Von einem Mann und einer Frau, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben, kann deshalb nicht die Adoption eines minderjährigen Kindes der Frau durch den Mann mit der Maßgabe beantragt werden, dass dieses die Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes erlangt.
Vielmehr ist der Weg zu einer solchen gemeinschaftlichen Elternschaft erst durch eine Eheschließung eröffnet.

Das hat der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 08.02.2017 – XII ZB 586/15 – entschieden.

Kann die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB im Mietvertrag formularmäßig verlängert werden?

Nach Auffassung des Landgerichts (LG) Detmold (vgl. Urteil vom 01.06.2011 – 10 S 14/09 –) soll es zulässig sein, die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach der

  • Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten verjähren,

durch eine entsprechende Klausel im Mietvertrag moderat zu erhöhen (in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war das ein Jahr).

Das Amtsgericht (AG) Dortmund hat dagegen mit Urteil vom 07.02.2017 – 425 C 6067/16 – entschieden, dass die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB

  • nur individualvertraglich im Rahmen des § 202 Abs. 2 BGB,
  • in der Regel aber nicht formularvertraglich

verlängert werden kann,

  • weil die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB zum gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages gehört und
  • eine formularmäßige Verjährungsfristverlängerung deshalb gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam ist, sofern nicht ausnahmsweise ganz besondere Interessen des Vermieters vorliegen, auf die sich die Verlängerungsklausel beschränkt.

SG Berlin entscheidet: Sozialhilfebezieher müssen Kosten für die Umstellung auf das digitale Antennenfernsehen DVB-T2 HD aus der Regelleistung finanzieren

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Beschluss vom 28.02.2017 – S 146 SO 229/17 – entschieden, dass,

  • wenn in der Nacht vom 28. zum 29.03.2017 das digitale Antennenfernsehen DVB-T abgeschaltet und auf den neuen Standard DVB-T2 HD umgestellt wird und
  • alle Fernsehzuschauer, die ihr Programm nicht per Satellit oder Kabel empfangen, sondern das Antennenfernsehen nutzen, zum Empfang des neuen Standards dann
    • entweder einen Fernseher mit kompatiblem Empfangsteil oder
    • einen Receiver benötigen sowie
    • die, die auch Privatfernsehen schauen möchten, infolge der Umstellung zusätzlich eine monatliche Gebühr entrichten müssen,

Sozialhilfebezieher, die das Antennenfernsehen nutzen, keinen Anspruch darauf haben, dass das Sozialamt

  • die Kosten für die Anschaffung eines Receivers zum Empfang des eingeführten digitalen Antennenfernsehens DVB-T2 HD sowie
  • die zukünftig anfallenden Gebühren für den Empfang privater Fernsehprogramme übernimmt,

weil

  • ein Fernsehgerät weder ein Einrichtungsgegenstand noch ein Haushaltsgerät im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ist,
  • es zusätzliche Leistungen für die Erstausstattung nur für Gegenstände zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie Essen und Schlafen gibt und
  • es sich auch nicht um einen ausnahmsweise zu übernehmenden Sonderbedarf handelt, der erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht (Quelle: Pressemitteilung des SG Berlin vom 03.03.2017).

BVerwG entscheidet: In extremen Ausnahmesituationen darf Zugang zu einem Betäubungsmittel zur Selbsttötung nicht verwehren werden

Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)

  • eines schwer und unheilbar kranken Patienten,
  • der seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln kann,

auch das Recht umfasst zu entscheiden,

  • wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll,

darf ihm vom Staat in extremen Einzelfällen der Zugang zu einem verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel nicht verwehrt werden, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 02.03.2017 – 3 C 19.15 – in einem Fall entschieden, in dem eine Frau beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels beantragt hatte, weil sie

  • seit einem Unfall im Jahr 2002 unter einer hochgradigen, fast kompletten Querschnittslähmung litt,
  • vom Hals abwärts gelähmt war,
  • künstlich beatmet werden musste,
  • aufgrund häufiger Krampfanfälle starke Schmerzen hatte sowie
  • auf ständige medizinische Betreuung und Pflege angewiesen war und

wegen dieser von ihr als unerträglich und entwürdigend empfundenen Leidenssituation den Wunsch hatte, aus dem Leben zu scheiden.

Wie das BVerwG ausgeführt hat, müsse im Lichte des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts eine Ausnahme

  • von den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, nach denen es grundsätzlich nicht möglich sei, den Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu erlauben,

für schwer und unheilbar kranke Patienten gemacht werden, wenn

  • sie wegen ihrer unerträglichen Leidenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen und
  • ihnen keine zumutbare Alternative – etwa durch einen palliativmedizinisch begleiteten Behandlungsabbruch – zur Verfügung steht.

Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt und deshalb die Erlaubnis zu erteilen ist, hat das BfArM nach der Entscheidung des BVerwG zu prüfen (Quelle: Pressemitteilung des BVerwG vom 02.03.2017 – Nr. 11/2017 –).

Was Senioren, die ein Hausnotrufsystem schon haben bzw. sich anschaffen wollen, wissen sollten

Ein Hausnotrufsystem ist für Senioren ein Hilfsmittel, das

  • einer selbstständigen Lebensführung und
  • der Pflegeerleichterung dient.

Eine private Pflegeversicherung ist deshalb in der Regel verpflichtet sich entsprechend der vertraglichen Bestimmungen an den Kosten hierfür zu beteiligen.

Das gilt auch,

  • wenn es sich bei den Versicherten um an Demenz erkrankte Senioren handelt,
  • die in der Alltagskompetenz nicht so erheblich eingeschränkt sind, dass die Nutzung eines Hausnotrufes nicht mehr möglich ist.

Das hat die 18. Kammer des Sozialgerichts (SG) Detmold mit Urteil vom 15.09.2016 – S 18 P 123/13 – im Fall einer privat pflegeversicherten Seniorin entschieden,

  • die trotz ihrer Demenz und trotz der mangelhaften Orientierung hierdurch,
  • noch in der Lage war, eigenständig in einer altersgerechten Wohnanlage zu leben.

Danach darf,

  • solange nicht sicher feststeht, dass ein Versicherter die Vorteile eines Hilfsmittels nicht nutzen kann,

seine Versorgung mit dem Hilfsmittel von der Versicherung nicht mit der Begründung verweigert werden,

Wichtig für Käufer und Verkäufer zu wissen: Welche Nacherfüllungsrechte hat der Käufer wenn die Kaufsache mangelhaft ist?

Der Käufer einer Sache kann nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Ist die in Vollziehung des Kaufvertrags überlassene Sache

  • zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (bei der Übergabe) nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 BGB

kann der Käufer, sofern

  • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist,
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),

nach § 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung

  • entweder die Beseitigung des Mangels oder
  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen,
    • also beispielsweise, wenn es sich bei der Kaufsache um einen neuen Pkw gehandelt hat,
    • grundsätzlich auch die Lieferung eines identischen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des gelieferten Fahrzeugs.

Zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung ist der Käufer nämlich frei in seiner Wahl und kann beliebig nach seinem Interesse entscheiden, ohne auf das des Verkäufers,

  • der auf seine Rechte aus § 439 Abs. 3 BGB verwiesen ist,

Rücksicht nehmen zu müssen.

  • Dem Verkäufer steht es daher nicht frei, die vom Käufer getroffene Wahl dadurch zu unterlaufen, dass er die Nacherfüllung auf die vom Käufer nicht gewählte Art und Weise (hier: Beseitigung des Mangels anstelle der Lieferung einer mangelfreien Sache) erbringt.
  • Nur durch Vornahme der verlangten Art der Nacherfüllung kann der Verkäufer das vom Käufer wirksam ausgeübte Wahlrecht zum Erlöschen bringen.

Demzufolge entfällt,

  • wenn ein Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache gewählt hat,

sein Anspruch auf Ersatzlieferung auch nicht aufgrund einer vom Verkäufer anschließend bewirkten Beseitigung des Mangels.

  • Ein Festhalten am gewählten Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Ersatzsache ist dem Käufer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann verwehrt, wenn mit seiner Zustimmung eine vom Verkäufer durchgeführte Mängelbeseitigung erfolgt ist.

Verweigern kann der Verkäufer – auch erstmals während des Rechtsstreits (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.10.2013 – VIII ZR 273/12 –) – die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 439 Abs. 3 BGB).

Dabei sind insbesondere

  • der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand,
  • die Bedeutung des Mangels – die sich, wenn der Verkäufer erstmals im Prozess den Ausschluss der verlangten Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB geltend macht, nach den zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegenden Umständen bestimmt – und
  • die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte (§ 439 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Maßgeblich kommt es dabei darauf an,

  • ob die Kosten der Nachlieferung
  • im Verhältnis zu den Kosten der Nachbesserung unverhältnismäßig sind (sogenannte „relative Unverhältnismäßigkeit“).

Ein Recht des Verkäufers, die einzig mögliche Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, besteht dagegen im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne der §§ 474 ff. BGB nicht (BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 70/08 –).

Darauf hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 20.02.2017 – 14 U 199/16 – hingewiesen.