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Was Senioren, die ein Hausnotrufsystem schon haben bzw. sich anschaffen wollen, wissen sollten

Ein Hausnotrufsystem ist für Senioren ein Hilfsmittel, das

  • einer selbstständigen Lebensführung und
  • der Pflegeerleichterung dient.

Eine private Pflegeversicherung ist deshalb in der Regel verpflichtet sich entsprechend der vertraglichen Bestimmungen an den Kosten hierfür zu beteiligen.

Das gilt auch,

  • wenn es sich bei den Versicherten um an Demenz erkrankte Senioren handelt,
  • die in der Alltagskompetenz nicht so erheblich eingeschränkt sind, dass die Nutzung eines Hausnotrufes nicht mehr möglich ist.

Das hat die 18. Kammer des Sozialgerichts (SG) Detmold mit Urteil vom 15.09.2016 – S 18 P 123/13 – im Fall einer privat pflegeversicherten Seniorin entschieden,

  • die trotz ihrer Demenz und trotz der mangelhaften Orientierung hierdurch,
  • noch in der Lage war, eigenständig in einer altersgerechten Wohnanlage zu leben.

Danach darf,

  • solange nicht sicher feststeht, dass ein Versicherter die Vorteile eines Hilfsmittels nicht nutzen kann,

seine Versorgung mit dem Hilfsmittel von der Versicherung nicht mit der Begründung verweigert werden,

Wichtig für Käufer und Verkäufer zu wissen: Welche Nacherfüllungsrechte hat der Käufer wenn die Kaufsache mangelhaft ist?

Der Käufer einer Sache kann nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Ist die in Vollziehung des Kaufvertrags überlassene Sache

  • zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (bei der Übergabe) nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 BGB

kann der Käufer, sofern

  • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist,
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),

nach § 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung

  • entweder die Beseitigung des Mangels oder
  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen,
    • also beispielsweise, wenn es sich bei der Kaufsache um einen neuen Pkw gehandelt hat,
    • grundsätzlich auch die Lieferung eines identischen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des gelieferten Fahrzeugs.

Zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung ist der Käufer nämlich frei in seiner Wahl und kann beliebig nach seinem Interesse entscheiden, ohne auf das des Verkäufers,

  • der auf seine Rechte aus § 439 Abs. 3 BGB verwiesen ist,

Rücksicht nehmen zu müssen.

  • Dem Verkäufer steht es daher nicht frei, die vom Käufer getroffene Wahl dadurch zu unterlaufen, dass er die Nacherfüllung auf die vom Käufer nicht gewählte Art und Weise (hier: Beseitigung des Mangels anstelle der Lieferung einer mangelfreien Sache) erbringt.
  • Nur durch Vornahme der verlangten Art der Nacherfüllung kann der Verkäufer das vom Käufer wirksam ausgeübte Wahlrecht zum Erlöschen bringen.

Demzufolge entfällt,

  • wenn ein Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache gewählt hat,

sein Anspruch auf Ersatzlieferung auch nicht aufgrund einer vom Verkäufer anschließend bewirkten Beseitigung des Mangels.

  • Ein Festhalten am gewählten Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Ersatzsache ist dem Käufer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann verwehrt, wenn mit seiner Zustimmung eine vom Verkäufer durchgeführte Mängelbeseitigung erfolgt ist.

Verweigern kann der Verkäufer – auch erstmals während des Rechtsstreits (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.10.2013 – VIII ZR 273/12 –) – die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 439 Abs. 3 BGB).

Dabei sind insbesondere

  • der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand,
  • die Bedeutung des Mangels – die sich, wenn der Verkäufer erstmals im Prozess den Ausschluss der verlangten Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB geltend macht, nach den zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegenden Umständen bestimmt – und
  • die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte (§ 439 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Maßgeblich kommt es dabei darauf an,

  • ob die Kosten der Nachlieferung
  • im Verhältnis zu den Kosten der Nachbesserung unverhältnismäßig sind (sogenannte „relative Unverhältnismäßigkeit“).

Ein Recht des Verkäufers, die einzig mögliche Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, besteht dagegen im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne der §§ 474 ff. BGB nicht (BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 70/08 –).

Darauf hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 20.02.2017 – 14 U 199/16 – hingewiesen.

Kann Vermieter einem Mieter wegen fahrlässiger Schadensverursachung kündigen?

Mit Beschluss vom 02.02.2017 – 67 S 410/16 – hat die 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin darauf hingewiesen, dass

  • bei einem langjährig beanstandungsfrei geführten Mietverhältnis

die fahrlässige Verursachung eines (Wasser-)Schadens durch den Mieter, auch wenn die Schadenshöhe erheblich ist,

  • weder die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),
  • noch die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB

rechtfertigt.

In einem solchen Fall

  • kommt der Pflichtverletzung, so die Kammer, zumindest ohne vorherige Abmahnung, nicht das für eine kündigungsbedingte Beendigung des Mietverhältnisses erforderliche Gewicht zu und
  • die Schadenshöhe ist kündigungsrechtlich allein dann erheblich, wenn der Mieter mit dem Ausgleich eines von ihm schuldhaft verursachten Schadens in Zahlungsverzug gerät und der Vermieter seine Kündigung – auch – darauf stützt (vgl. dazu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.04.2016 – VIII ZR 39/15 –).

BGH entscheidet: Bei fiktiver Abrechnung eines Unfallschadens sind die Kosten für eine Reparaturbestätigung grundsätzlich nicht erstattungsfähig

Wählt ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde, den Weg der fiktiven Schadensabrechnung,

  • verlangt er also von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung auf Gutachtenbasis Ersatz der fiktiven Reparaturkosten,

sind,

  • wenn (nachträglich) eine Reparatur des Fahrzeugs (in Eigenregie) erfolgt und
  • der Geschädigte sich die Ordnungsmäßigkeit der Reparatur von einem Sachverständigen bestätigen lässt,

die für diese Reparaturkostenbestätigung angefallenen Kosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig,

  • weil es sich bei den Kosten für eine Reparaturbestätigung nicht um Kosten handelt, die nach der gewählten fiktiven Berechnungsweise zur Wiederherstellung des Unfallfahrzeugs erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind.

Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig.

Etwas anderes könnte nur dann gelten,

  • wenn die Reparaturbestätigung aus Rechtsgründen zur Schadensabrechnung erforderlich gewesen wäre, etwa im Rahmen der Abrechnung eines zusätzlichen Nutzungsausfallschadens, weil die Reparaturbescheinigung – ihre Eignung im Übrigen vorausgesetzt – dann als Nachweis der tatsächlichen Gebrauchsentbehrung erforderlich wäre zur Rechtsverfolgung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB oder
  • im Fall der den Wiederbeschaffungsaufwand überschreitenden fiktiven Reparaturkosten für den Nachweis der verkehrssicheren (Teil-)Reparatur des Unfallfahrzeugs und damit des tatsächlich bestehenden Integritätsinteresses des Geschädigten.

Allerdings bleibt es einem Geschädigten,

  • wenn die konkreten Kosten einer – ggf. nachträglich – tatsächlich vorgenommenen Reparatur einschließlich der Nebenkosten,
  • wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer,

den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag übersteigen,

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 24.01.2017 – VI ZR 146/16 – hingewiesen.

Kann der Vermieter vom Mieter die Beseitigung eines auf dem Balkon angepflanzten Baumes verlangen?

Das Amtsgericht (AG) München hat mit Urteil vom 01.07.2016 – 461 C 26728/15 – in einem Fall, in dem ein Mieter auf der zur Wohnung gehörenden Loggia einen Ahornbaum gehalten hatte,

  • der von einer Topfpflanze über die Jahre hinweg zum Baum herangewachsen war,
  • eine nach außen deutlich sichtbare Krone gebildet hatte und
  • der, weil sich nach Verrottung des ursprünglichen Holzpflanzgefäßes, Erdreich und Wurzeln nun direkt auf dem Betonboden befanden, vom Mieter mit einer durch Starkdübeln in der Hauswand befestigten Stahlseilkonstruktion gegen Windboen gesichert worden war,

der Klage des Vermieters auf Beseitigung des Baums stattgegeben und den Mieter verurteilt, den Ahornbaum samt Erdreich und Wurzelwerk fachgerecht dauerhaft zu entfernen.

Wie das AG ausgeführt hat, hält sich das Anpflanzen von Bäumen, die mehrere Meter hoch werden und von denen die Gefahr ausgeht, dass sie wegen ungenügender Verwurzelung umstürzen, nicht im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs, weil

  • das Halten solcher Bäume in Deutschland auf Balkonen oder Loggien nicht üblich sei und
  • solche Bäume zum Halten auf Balkonen und Loggien auch nicht geeignet seien.

Abgesehen davon, so das AG weiter, stelle eine ohne Erlaubnis des Vermieters angebrachte Stahlsicherung gegen das Umfallen eines Baumes auch einen rechtswidrigen Eingriff in die Sachsubstanz dar.

Hingewiesen hat das AG ferner darauf, dass die Verjährungsfrist für den Beseitigungsanspruch des Vermieters in solchen Fällen erst in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Vermieter von dem unmittelbaren Wachsen des Baumes auf dem Balkon und von der Stahlseilkonstruktion Kenntnis hat oder nur in Folge großer Fahrlässigkeit keine Kenntnis hatte (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 24.02.2017 – 16/17 –).

Polizeihund beißt Kater – Land Niedersachsen muss Schadensersatz in Höhe von über 4000,- € zahlen

Weil ein Polizeihund, als mit ihm die Ehefrau eines Polizeibeamten „Gassi“ ging,

  • über eine Mauer auf das dahinter liegende Privatgrundstück gesprungen war und
  • einen dort friedlich sitzenden 14 Jahre alten Kater angegriffen sowie derart gebissen hatte, dass der Kater in einer Kleintierklinik mehrfach operiert werden musste,

hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Hildesheim mit Urteil vom 10.02.2017 – 7 S 144/16 – den Halter des Polizeihundes, das Land Niedersachsen, verurteilt,

  • der Eigentümerin des Katers die für dessen Heilbehandlung angefallenen Kosten in Höhe von über 4000,- € zu ersetzen.

Dass die Eigentümerin des Katers, trotz dessen Alters und dessen Wertes, Anspruch auf Ersatz der vollen Heilbehandlungskosten hat, hat die Kammer damit begründet, dass,

  • angesichts der herausgehobenen Anerkennung des Tierschutzes durch die Rechtsordnung (Art. 20a Grundgesetz (GG)), die im Falle der Verletzung eines Tieres aus der Heilbehandlung des Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig sind, wenn sie den Wert des Tieres erheblich übersteigen,
  • der Schädiger überdies das Risiko trage, dass die Behandlungskosten vorab nicht genau zu bestimmen seien und
  • die Eigentümerin des Katers sich kein Mitverschulden entgegenhalten lassen müsse (Quelle: Pressemitteilung des LG Hildesheim vom 28.02.2017 – 9/17 –).

Hälftige Betreuung des Kindes durch beide Eltern kann nach der Trennung auf Antrag eines Elternteils angeordnet werden

Das und

  • dass eine solche auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung vom Familiengericht auch gegen den Willen des anderen Elternteils angeordnet werden kann,

hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 01.02.2017 – XII ZB 601/15 – entschieden.

Der Entscheidung zugrunde lag ein Fall, in dem die Eltern nach der Scheidung gemeinsam sorgeberechtigt waren und der Vater,

  • weil er sich mit der mit seiner geschiedenen Ehefrau getroffenen Umgangsregelung, nach der ihr Sohn sich überwiegend bei ihr aufhält und ihn an den Wochenenden sowie in den Ferien besucht, nicht mehr begnügen wollte,

beim Familiengericht die Anordnung einer Umgangsregelung in Form eines paritätischen Wechselmodells beantragt hatte,

  • wobei er wollte, dass das Kind im wöchentlichen Turnus abwechselnd von Mutter und Vater zu sich genommen wird.

Wie der Senat festgestellt hat, ist eine gleichmäßige Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells vom Familiengericht anzuordnen, wenn

  • die geteilte Betreuung durch beide Eltern
  • dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht.

Gewichtige, bei dieser Entscheidung zu berücksichtigende Gesichtspunkte des Kindeswohls sind,

  • die Erziehungseignung der Eltern,
  • die Bindungen des Kindes,
  • die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie
  • die Beachtung des Kindeswillens.

Auf Seiten des Kindes wird danach ein Wechselmodell nur in Betracht zu ziehen sein,

  • wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen besteht,
  • wofür gegebenenfalls auch Bedeutung gewinnen kann, in welchem Umfang beide Elternteile schon zur Zeit des Zusammenlebens in die Betreuung des Kindes eingebunden waren.

Wesentlicher Aspekt ist zudem

  • der vom Kind geäußerte Wille,
  • dem mit steigendem Alter zunehmendes Gewicht beizumessen ist.

Da sich bei der praktischen Verwirklichung der geteilten Betreuung zwischen den Eltern ein erhöhter Abstimmungs- und Kooperationsbedarf ergibt, setzt das ferner geeignete äußere Rahmenbedingungen voraus,

  • so etwa eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte und die Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen,
  • aber auch eine entsprechende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern.

Dementsprechend sollten beide Eltern hinreichende Erziehungskompetenzen aufweisen und sich bewusst sein, dass eine kontinuierliche und verlässliche Kindererziehung der elterlichen Kooperation und eines Grundkonsenses in wesentlichen Erziehungsfragen bedarf.

OLG Hamm spricht achtjährigem Patienten wegen intraoperativer Aufklärungspflichtverletzung 12.500 Euro Schmerzensgeld zu

Stellt sich während der Operation eines Kindes heraus,

  • dass der ursprünglich geplante Eingriff nicht durchführbar ist,

kann eine neue Situation vorliegen,

  • die eine neue Aufklärung der sorgeberechtigten Eltern über eine zu verändernde mögliche Behandlung und
  • ihre hierzu erteilte Einwilligung erfordert.

Bei einem solchen intraoperativen Aufklärungsgespräch müssen die Eltern gegebenfalls über alternative zur Verfügung stehende Vorgehens- bzw. Behandlungsmöglichkeiten unterrichtet werden, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten.

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 07.12.2016 – 3 U 122/15 – hingewiesen und in einem Fall einem achtjährigm Kind wegen nicht ordnungsgemäßer Aufklärung seiner Eltern 12.500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, weil, nachdem sich während der Operation des Kindes,

  • durch die eine neue Verbindung zwischen dem Nierenbecken und dem Harnleiter geschaffen werden sollte, um die Abflussverhältnisse der linken Niere zu verbessern, die aufgrund von multiplen Nierengewebsdefekten nur noch 22 % ihrer Funktion hatte,

herausgestellt hatte, dass die geplante Rekonstruktion aufgrund nicht vorhersehbarer anatomischer Gegebenheiten nicht möglich ist, den Eltern gegenüber als einzig mögliche Behandlung die sofortige Nierenentfernung dargestellt und aufgrund dessen die Niere bei dem Kind mit Einwilligung seiner Eltern entfernt worden war,

  • obwohl auch die, wenngleich mit höheren Risiken und zweifelhaften Erfolgsaussichten verbundene Möglichkeit bestanden hätte, die unterbrochene Operation zu beenden und später nierenerhaltend so zu operieren, dass die Restfunktion der linken Niere erhalten bleibt.

Nach Auffassung des Senats war,

  • da den Eltern gegenüber die Entfernung der linken Niere als alternativlos dargestellt wurde,

die intraoperative Aufklärung defizitär, infolge dessen die erteilte Einwilligung der Eltern zur Entfernung der linken Niere bei ihrem Kind unwirksam und der Eingriff damit rechtswidrig.

Auch war der Senat davon überzeugt, dass sich die Kindeseltern bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt zwischen der sofortigen Nierenentfernung und der Möglichkeit der Übergangslösung befunden hätten, so dass nicht von einer hypothetischen Einwilligung der Eltern in die sofortige Entfernung der Niere ausgegangen werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 23.02.2017).

LG Köln entscheidet wann bei einem Unfall der Beweis des ersten Anscheins gegen den Linksabbieger spricht

Mit Urteil vom 08.02.2017 – 9 S 157/16 – hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Köln entschieden, dass, wenn es zu einer Kollision zwischen einem nach links abbiegenden Kraftfahrzeug und

  • dem durchgehenden oder
  • dem nachfolgenden Verkehr kommt,

jeweils der Beweis des ersten Anscheins zunächst gegen den Linksabbieger spricht,

  • der diesen gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis entkräften muss.

Bei einer Kollision mit einem ihn links überholenden Fahrzeug, ist, so die Kammer, nach der allgemeinen Lebenserfahrung nämlich davon auszugehen, dass der Linksabbieger die ihn nach § 9 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) treffenden Pflichten nicht erfüllt hat (so auch Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 10.09.2009 – 12 U 216/08 – sowie LG Saarbrücken, Urteil vom 24.01.2014 – 13 S 168/13 –; anderer Ansicht Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 23.06.2015 –1 U 107/14 –).

  • Zum einen ist davon auszugehen, dass der nachfolgende Verkehr nicht zu einem Überholmanöver angesetzt hätte, wenn der Linksabbieger seine Abbiegeabsicht ordnungsgemäß und rechtzeitig angezeigt hätte.
  • Zum anderen ist davon auszugehen, dass es nicht zum Unfall gekommen wäre, wenn der Linksabbieger seiner doppelten Rückschaupflicht nachgekommen wäre.
    Denn in diesem Fall hätte ihm die Überholabsicht des nachfolgenden Verkehrs regelmäßig rechtzeitig auffallen müssen.

Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der Überholende dem Linksabbieger nicht unmittelbar gefolgt war, sondern eine kleine Kolonne – zwei Fahrzeuge sind hierfür ausreichend – in einem Zuge überholt und dann mit einem aus der Kolonne ausscherenden Fahrzeug kollidiert ist.

Was Autofahrer, denen die Benutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt vorgeworfen wird, wissen sollten

Das Amtsgericht (AG) Landstuhl hat mit Urteil vom 06.02.2017 – 2 OWi 4286 Js 12961/16 – entschieden, dass das Aufnehmen eines im Fahrzeug liegenden Mobiltelefons durch den Fahrer während der Fahrt,

  • um es an einem anderen Ort im Fahrzeug
  • in eine Ladeschale zu stecken,

kein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) darstellt und einen Autofahrer

  • der sich unwiderlegbar dahingehend eingelassen hatte,
  • sein in der Frontablage liegendes, mit dem Freisprechsystem verbundenes Handy, ohne eine Funktion des Geräts zu benutzen, lediglich aufgenommen und in Richtung Mittelkonsole bewegt zu haben, um es dort in die Ladeschale zu stecken,

deshalb vom Vorwurf der verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt freigesprochen.

Die im Gegensatz dazu von dem für Bußgeldsachen zuständigen Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 07.12.2015 – 2 Ss (OWi) 290/15 – vertretene andere Auffassung,

  • nämlich, dass der Begriff des Benutzens im Sinne der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO nicht nur sämtliche Bedienfunktionen, sondern auch Tätigkeiten, die (nur) die Vorbereitung der Nutzung gewährleisten sollen, umfasst,
  • also auch das Halten eines Mobiltelefons, um es mit einem Ladekabel im Fahrzeug zum Laden anzuschließen,

hält das AG Landstuhl für eine unzulässige Erweiterung des Tatbestandes des § 23 Abs. 1a StVO.

Von dem für Bußgeldsachen zuständigen Senat des OLG Oldenburg ist mit dem obigen Beschluss in einem Fall,

  • in dem ein Lkw-Fahrer während der Fahrt ein Handy in der Hand gehalten hatte, um es zum Laden anzuschließen,

entschieden worden,

  • dass der Lkw-Fahrer wegen vorsätzlichen Benutzens eines Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeugs eine Geldbuße zahlen muss.