Blog

ArbG Köln entscheidet: Keine Marzipantorte für Betriebsrentner vom ehemaligen Arbeitgeber zu Weihnachten mehr

Mit Urteil vom 24.11.2016 – 11 Ca 3589/16 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Köln entschieden, dass Rentner,

  • die von ihrem ehemaligen Arbeitgeber zu Weihnachten jeweils eine Marzipantorte und ein Weihnachtsgeld in Höhe von 105 Euro erhalten haben,

in den Folgejahren dann keinen Anspruch auf diese Zuwendungen haben,

  • wenn das Weihnachtsgelt und die Torte in der Vergangenheit nicht alle Betriebsrentner bekommen haben oder
  • wenn der ehemalige Arbeitgeber mit einem jeweils gleichzeitig übermittelten Weihnachtsschreiben deutlich gemacht hat, dass die Leistungen immer nur für das aktuelle Jahr gewährt werden.

Begründet hat das ArbG dies damit, dass eine betriebliche Übung in solchen Fällen nicht entstanden ist (Quelle: Pressemitteilung des ArbG Köln vom 22.12.2016 – Nr. 17/2016 –).

Wer Dienste von einem ein Handelsgewerbe Betreibenden in Anspruch nimmt sollte wissen

…. dass die, die in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen

  • Geschäfte besorgen oder
  • Dienste leisten,

nach § 354 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) dafür

  • auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Ort üblichen Sätzen fordern können.

Dieser gesetzliche Provisionsanspruch setzt eine Vereinbarung der Parteien über eine Vergütung der erbrachten Leistungen nicht voraus.

  • Die Vorschrift greift im Gegenteil gerade schon dann ein, wenn es an einer (wirksamen) vertraglichen Vereinbarung über die für eine zu erbringende oder erbrachte Leistung zu zahlende Vergütung fehlt.

Ihr liegt dabei der seit jeher als maßgeblich anerkannte und auch an anderer Stelle im Gesetz mehrfach zum Ausdruck gekommene Gedanke zu Grunde, wonach jedermann weiß, dass ein Kaufmann sein Gewerbe in der Absicht regelmäßiger Gewinnerzielung betreibt und daher Handlungen für andere im Rahmen seines Gewerbebetriebs grundsätzlich nicht ohne Gegenleistung erbringen will.

Voraussetzung des gesetzlichen Provisionsanspruchs aus § 354 Abs. 1 HGB ist

  • neben der Kaufmannseigenschaft und
  • einem zu vermutenden Tätigwerden in Ausübung seines Handelsgewerbes (§§ 343, 344 Abs. 1 HGB),

dass der Kaufmann mit der ausgeführten Tätigkeit

  • ein Geschäft besorgt hat, welches im Interesse des Anspruchsgegners lag und befugtermaßen für diesen geschah.

Deshalb kann es für die Auslösung eines Provisionsanspruchs schon genügen, dass

  • jemand die ihm erkennbar von einem Kaufmann geleisteten Dienste in Anspruch nimmt,
  • obwohl er weiß oder sich nach den Umständen sagen muss, dass solche Dienste auch ohne ausdrückliche, eine Vergütungspflicht und/oder deren Höhe klarstellende vertragliche Grundlage nur gegen entsprechende Vergütung erbracht werden.

Zu den von § 354 Abs. 1 HGB erfassten Geschäftsbesorgungen oder Dienstleistungen rechnen bei der insoweit gebotenen weiten Auslegung

  • jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sowie
  • alle sonstigen, für den anderen Teil objektiv nützlichen Tätigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art.

Dementsprechend ist unter der in § 354 Abs. 1 HGB angesprochenen Provision jede Vergütung zu fassen, die ein Kaufmann für eine in dieser Vorschrift angesprochene Geschäftsbesorgung oder Dienstleistung üblicherweise beanspruchen kann.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.11.2016 – VIII ZR 269/15 – hingewiesen.

Was, wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat, wissen sollte

Ein Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag darf vom Versicherer fristlos gekündigt werden, wenn

  • durch das Verhalten des Versicherungsnehmers das Vertrauen des Versicherers in die Redlichkeit des Versicherungsnehmers derart erschüttert ist,
  • dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlagen nicht mehr zumutbar ist.

Darauf hat der 5. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 28.11.2016 – 5 U 78/16 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem ein Arbeitnehmer aus der von ihm abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung zunächst Zahlungen wegen Berufsunfähigkeit erhalten hatte,
  • der Versicherungsvertrag vom Versicherer nachfolgend aber deshalb gekündigt worden war, weil
    • bei einer Überprüfung seines Gesundheitszustandes der im Rollstuhl sitzend angetroffene Versicherungsnehmer vorgegeben hatte, Schmerzen zu haben,
    • während er, wie Recherchen ergeben hatten, nicht nur auf aktuellen im Internet veröffentlichten Bildern als erfolgreicher Marathonläufer posierte, sondern Interessenten auch seine Dienstleistungen als Küchenbauer anbot.

Nach Auffassung des Senats ist bei einem solchen Verhalten eines Versicherungsnehmers das Vertrauensverhältnis in dessen Redlichkeit in so hohem Maße zerstört, dass der Versicherer berechtigt ist

  • den Versicherungsvertrag wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ohne weiteres Zuwarten – auch für die Zukunft – fristlos zu kündigen und
  • zwar ohne vorherige Abmahnung, da ansonsten jeder Versicherungsnehmer die Möglichkeit hätte, einmal sanktionslos zu versuchen, die Versicherung hinters Licht zu führen (Quelle: Presseinformation des OLG Oldenburg).

Was Bezieher von Verletztenrente bei neuer prothetischer Versorgung wissen sollten

Hat ein durch einen Arbeitsunfall Verletzter eine neue mikroprozessorgesteuerte Beinprothese erhalten, rechtfertigt dies allein es nicht, die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung herabzusetzen.

Das hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) am 20.12.2016 – B 2 U 11/15 R – in einem Fall entschieden, in dem

  • ein Unfallverletzter nach der Amputation des linken Beines im Bereich des Oberschenkels von dem Unfallversicherungsträger mit einer Prothese versorgt und
  • ihm zunächst eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 70 vom Hundert bewilligt,

dem Unfallverletzten aber,

  • nachdem er anstelle der bisherigen Prothese eine mikroprozessorgesteuerte Oberschenkelprothese (sogenanntes C‑Leg) erhalten hatte,
  • wegen dadurch bedingter deutlicher Funktionsverbesserung des linken Beines,

nur noch eine geringere Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 vom Hundert gewährt worden war.

Dass die Versorgung mit der neuen Prothese den Unfallversicherungsträger nicht zur Herabsetzung der bisher gewährten Verletztenrente berechtigte, hat der Senat damit begründet, dass

  • die Höhe der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung, mit der u.a. die dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines anerkannten Arbeitsunfalls ausgeglichen werden, sich aus den Berechnungsfaktoren Jahresarbeitsverdienst und Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ergibt,
  • die Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Praxis von medizinischen Sachverständigen anhand sogenannter MdE‑Tabellen eingeschätzt wird und

die heranzuziehende MdE‑Tabelle keine Differenzierung nach der Qualität der jeweiligen Oberschenkelprothese vornimmt (Quelle: Pressemitteilung des BSG vom 20.12.2016 – Nr. 28/16 –).

Bei einem Flugunfall Geschädigte sollten wissen, wer wann nach dem Luftverkehrsgesetz auch ohne Verschulden haftet

Wird

  • beim Betrieb eines Luftfahrzeugs

durch Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)

  • der Halter des Luftfahrzeugs verpflichtet,

den Schaden zu ersetzen,

  • wobei der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ihrem Wortlaut gegenüber allerdings dahingehend eingeschränkt ist, dass die Luftfahrzeughalterhaftung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG im Allgemeinen nur zugunsten von solchen Geschädigten greift, die am Betrieb des schadensstiftenden Luftfahrzeugs in keiner Weise beteiligt waren.

Deshalb steht beispielsweise einem Flugsicherungsunternehmen, das auf die Landung eines Flugzeugs Einfluss nimmt,

  • wenn das Flugzeug bei der Landung Einrichtungen zerstört, die das Flugsicherungsunternehmen zum Zwecke der Wahrnehmung seiner Flugsicherungsaufgaben hinter der Landebahn installiert hat,

kein Anspruch aus § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gegen den Flugzeughalter zu (Bundesgerichtshofs (BGH), Urteil vom 08.11.2016 – VI ZR 694/15 –).

Ebenfalls keine Haftung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG besteht, wenn es sich bei dem Geschädigten

  • um einen Fluggast gehandelt hat und
  • der Flug in Erfüllung eines rechtsgeschäftlichen Beförderungsvertrags unternommen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2005 – VI ZR 356/03 – dazu wann ein Beförderungsvertrag vorliegt und wann nicht).

In einem solchen Fall gelten nach § 33 Abs. 1 Satz 2 LuftVG für die Haftung

  • die besonderen Vorschriften der §§ 44 bis 54 LuftVG,

so dass nach § 45 Abs. 1 LuftVG, wenn ein Fluggast geschädigt worden ist, dessen Beförderung

  • nicht nur aus Gefälligkeit erfolgte,
  • sondern aus Vertrag geschuldet wurde (egal ob unentgeltlich, entgeltlich oder gewerblich),

der Luftfrachtführer,

  • d.h., derjenige, der sich durch Vertrag im eigenen Namen verpflichtet, Personen oder Sachen auf dem Luftwege zu befördern,

zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl. auch § 48b LuftVG).

Nach § 45 LuftVG haftet auch ein nicht gewerblich tätiger Pilot mit einer Privatpilotenlizenz als Luftfrachtführer für Schäden, die seine vereinbarungsgemäß beförderten Passagiere beim Absturz des Flugzeuges erleiden (Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 19.11.2015 – 27 U 47/15 –).

Beschränkt gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 LuftVG ist die Haftung des Luftfrachtführers nur, wenn er den Entlastungsbeweis dafür erbringt, dass die verursachten Schäden nicht durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln verursacht worden sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.10.2011 – 18 U 216/10 –).

Für die Haftung des Halters militärischer Luftfahrzeuge gelten gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 FlugVG ebenfalls die besonderen Vorschriften der §§ 44 bis 54 FlugVG und wer Personen zu Luftfahrern ausbildet, haftet gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 LuftVG diesen Personen gegenüber nicht nach dem LuftVG sondern nur nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften.

Was Wohnungseigentümer wissen sollten, wenn einer von ihnen zur Veräußerung des Wohnungseigentums verurteilt worden ist

Wer eine Eigentumswohnung von einem früheren Eigentümer erworben hat,

  • der, nachdem er sich einer schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht hatte, gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz – WEG) zur Veräußerung des Wohnungseigentums verurteilt worden war,

verletzt seine Pflicht nach § 14 Nr. 1 WEG,

  • wenn er die Nutzung durch den früheren Wohnungseigentümer nicht beendet,
  • sondern ihm den Besitz an dem Sondereigentum weiter überlässt,

weil

  • nach § 14 Nr. 1 WEG jeder Wohnungseigentümer u.a. verpflichtet ist, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst und
  • durch ein Urteil, mit dem einem Wohnungseigentümer das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG entzogen worden und das für Sonderrechtsnachfolger auch ohne Eintragung im Grundbuch bindend ist, feststeht, dass sein Verbleib in der Wohnung den übrigen Wohnungseigentümern unzumutbar ist.

Ein in diesem Sinne nachteilig betroffener Wohnungseigentümer kann in einem solchen Fall nach § 15 Abs. 3 WEG von dem neuen Eigentümer die Unterlassung oder Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen,

  • also dass er dem früheren Wohnungseigentümer den Besitz entzieht,
  • da, wenn der pflichtwidrige Gebrauch nur durch aktives Eingreifen verhindern werden kann, der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun schuldet.

Von der Wohnungseigentümergemeinschaft kann dieser Anspruch im eigenen Namen verfolgt werden, wenn

  • sie die Geltendmachung der entsprechenden Individualansprüche der übrigen Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG durch Mehrheitsbeschluss an sich gezogen hat.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 18.11.2016 – V ZR 221/15 – hingewiesen.

Was Auftraggeber und Auftragnehmer eines Bauvertrags wissen sollten, wenn die Geltung der VOB/B vereinbart ist

Ist in einem Bauvertrag die Geltung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B (VOB/B) vereinbart,

  • haftet der Auftragnehmer grundsätzlich auch dann für einen Mangel (vgl. § 13 Abs. 1 VOB/B) der von ihm hergestellten Leistung,
  • wenn die Ursache hierfür im Verantwortungsbereich
    • des Auftraggebers oder
    • eines Vorunternehmers liegt.

Ist der Mangel zurückzuführen

  • auf die Leistungsbeschreibung oder
  • auf Anordnungen des Auftraggebers,
  • auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder
  • die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers,

haftet der Auftragnehmer nach § 13 Abs. 3 VOB/B allerdings dann nicht, wenn er die ihm nach § 4 Abs. 3 VOB/B obliegende Mitteilung gemacht hat, d.h.,

  • dem Auftraggeber Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer
  • unverzüglich (möglichst schon vor Beginn der Arbeiten) schriftlich mitgeteilt hat.

Diese Haftungsbefreiung des Unternehmers tritt nicht nur dann ein,

  • wenn er ordnungsgemäß auf seine Bedenken hingewiesen hat und der Auftraggeber untätig bleibt bzw. darauf nicht reagiert,
  • sondern auch, wenn der Auftragnehmer bei gebotener Prüfung die Fehlerhaftigkeit der Vorleistung nicht erkennen konnte.

Die Grenzen der Prüfungs- und Hinweispflicht für den Auftragnehmer ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den Umständen des Einzelfalles darstellt.
Maßgeblich sind in erster Linie

Übrigens:

  • Die Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht durch den Unternehmer ist kein Tatbestand, der eine Mängelhaftung begründen könnte (vgl. nur BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 210/13 –).
  • Vielmehr ist die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht ein Tatbestand, der den Unternehmer von der Sach- oder Rechtsmängelhaftung befreit.

Darauf hat das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2016 – 10 U 71/16 – hingewiesen.

Was man über die Testierfähigkeit bei Errichtung eines Testaments wissen sollte

Testierunfähig und damit unfähig ein Testament zu errichten ist nach § 2229 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) derjenige, der bei Errichtung des Testaments wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage war, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln,

  • dessen Erwägungen und Willensentschlüsse also bei Errichtung des Testaments nicht mehr auf einer dem allgemeinen Verkehrsverständnis entsprechenden Würdigung der Außendinge und der Lebensverhältnisse beruhten,
  • sondern durch krankhaftes Empfinden oder krankhafte Vorstellungen und Gedanken derart beeinflusst wurden, dass sie tatsächlich nicht mehr frei waren, sondern vielmehr von diesen krankhaften Einwirkungen beherrscht worden sind.

Diese Unfreiheit der Erwägungen und der Willensbildungen braucht nicht darin zu Tage zu treten, dass der Erblasser sich keine Vorstellung von der Tatsache der Errichtung eines Testaments und von dessen Inhalt oder von der Tragweite seiner letzten Anordnungen, insbesondere von der Auswirkung auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen zu machen vermag.
Sie kann sich vielmehr darauf beschränken, die Motive für die Errichtung einer letztwilligen Verfügung entscheidend zu beeinflussen.

  • Testierunfähig ist daher auch derjenige, der nicht in der Lage ist, sich über die für und gegen die letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein klares, von krankhaften Einflüssen nicht gestörtes Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln.

Dabei geht es nicht darum,

  • den Inhalt letztwilliger Verfügungen auf seine Angemessenheit zu beurteilen,
  • sondern nur darum, ob sie frei von krankheitsbedingten Störungen gefasst werden konnten.

Nach der Konzeption des § 2229 BGB,

  • wonach die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet,

gilt allerdings jedermann, der das 16. Lebensjahr (§ 2229 Abs. 1 BGB) vollendet hat,

  • solange als testierfähig,

bis das Gegenteil zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen ist, d.h. bewiesen ist,

  • dass der Erblasser bei Errichtung des Testaments testierunfähig war
  • und deshalb nach § 2229 Abs. 4 BGB ein Testament nicht errichten konnte.

Damit ist ein Erblasser also

Was mehrfach fehlerhaft operierte Patienten wissen sollten

Unterläuft bei der (ersten) Operation eines Patienten dem operierende Arzt

  • ein Behandlungsfehler, der eine nachfolgende Revisionsoperation erforderlich macht,
  • die in einem anderen Krankenhaus durchgeführt wird,

haftet der für die erste Operation verantwortliche Arzt bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus,

  • grundsätzlich auch für die Folgen von groben Behandlungsfehlern bei der nachfolgenden Revisionsoperation.

Lediglich dann, wenn der die Zweitschädigung herbeiführende Arzt die ärztliche Sorgfaltspflicht

  • nicht nur grob,
  • sondern in außergewöhnlich hohem Maße verletzt, d.h., einen besonders groben Behandlungsfehler begeht,

entfällt der Zurechnungszusammenhang zu dem früheren Behandlungsfehler (bei der ersten Operation) und

  • ist der nach der Revisionsoperation eingetretene Schaden im Rahmen einer haftungsrechtlichen Bewertung allein dem Handeln des die Revisionsoperation durchführenden Arztes zuzuordnen.

Darauf hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) mit Urteil vom 15.11.2016 – 26 U 37/14 – hingewiesen.

Für Patienten, die mehrfach fehlerhaft operiert worden sind, ist diese Entscheidung deshalb von erheblicher Bedeutung, weil,

  • wenn ein Fall vorliegt, in dem der Erstoperateur bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus für sämtliche Schadensfolgen haftet, die auf die behandlungsfehlerhafte Erstoperation zurückzuführen sind,

die geschädigten Patienten in solchen Fällen,

  • ihren gesamten Schaden von dem Erstoperateur bzw. dem für die erste Operation verantwortlichen Krankenhaus verlangen können und
  • demzufolge im Streitfall auch nur diesen Erstoperateur bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus verklagen müssen.

Was unter totalem Haarausfall leidende Frauen wissen sollten

Mit Urteil vom 30.11.2016 (Az. S 9 KR 756/15 und S 9 KR 920/16) hat das Sozialgericht (SG) Koblenz entschieden, dass eine Frau, die unter totalem Haarausfall leidet,

  • jährlich Anspruch auf Versorgung mit einer Echthaarperücke hat,
  • die Krankenkasse die Echthaarperücken bezahlen muss und sich nicht darauf berufen, dass eine Kunsthaarperücke ausreichend sei.

Begründet hat das insoweit sachverständig beratene SG dies damit, dass

  • als Dauerversorgung ein Jahr getragene Echthaarperücken trotz sorgfältiger Pflege nicht mehr geeignet und
  • selbst nach einer Reparatur, die überdies 8-12 Wochen dauere, nur noch eingeschränkt, etwa beim Sport, benutzbar seien.

Damit erteilte des SG der Auffassung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und der Krankenkasse, dass auch eine Echthaarperücke über mehrere Jahre genutzt werden könne und während des Zeitraums einer Reparatur die Haarlosigkeit durch Tragen eines Kopftuchs kaschiert werden müsse, eine Absage (Quelle: Pressemitteilung des SG Koblenz vom 16.12.2016 – 6/2016 –).