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Was Mütter und von ihnen öffentlich der Vaterschaft bezichtigte Männer wissen sollten, wenn Streit über die Vaterschaft besteht

Behauptet eine Mutter

  • öffentlich, auch über sozialen Medien, von einem Mann, dass er der Vater ihres Kindes ist und
  • veröffentlicht sie im Internet Bilder des Mannes und Bilder ihres Kindes, die sie mit „Kind des (Name des Mannes)“ untertitelt,

kann der die Vaterschaft bestreitende Mann, dessen Vaterschaft nicht bewiesen ist,

  • wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Unterlassung sowie die Löschung und den Widerruf dieser Behauptungen verlangen.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 12.04.2016 – 161 C 31397/15 – entschieden.

Begründet hat das AG dies u.a. damit,

  • dass es sich bei der Vaterschaftsbehauptung um eine auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare und die Privatsphäre betreffende Tatsachenbehauptung handle,
  • dass, wenn eine Mutter eine solche Behauptung aufstelle, sie die Beweislast für den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptung trage, sie also nachweisen müsse, dass der von ihr als Vater Bezichtigte auch tatsächlich der Vater ihres Kindes ist und
  • wenn der Mutter dieser Nachweis nicht möglich sei, dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Grundgesetz (GG) geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Mannes Vorrang einzuräumen sei vor der nach Art. 5 GG geschützten Meinungsfreiheit der Mutter.

Weiter hat das AG darauf hingewiesen, dass die Veröffentlichung von Bildern einer Person, bei der es sich um keine Person der Zeitgeschichte handelt, nur mit Einwilligung der abgebildeten Person zulässig ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 30.09.2016 – 77/16 –).

Was Vermieter und Mieter über die Kündigungsmöglichkeiten wegen Mietrückstands wissen sollten

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a bzw. Nr. 3 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • außerordentlich fristlos kündigen,

wenn der Mieter

  • für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete (vgl. hierzu § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB) in Verzug ist oder
  • in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Ausgeschlossen nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB wird dieses durch den Auflauf eines Rückstands in dieser Höhe entstandene Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nur durch

  • eine vollständige Zahlung des Rückstandes
  • vor Zugang der Kündigung.

Unwirksam wird eine erfolgte fristlose Kündigung des Vermieters nur,

  • entweder nach § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB, wenn durch
    • unverzügliche Aufrechnungserklärung nach der Kündigung
    • die gesamten Rückstände getilgt werden

oder

  • nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, wenn
    • spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs
    • die fällige Miete und die fällige Entschädigung nach § 546a vollständig getilgt sind oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet hat (sogenannte Schonfristzahlung).

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 24.08.2016 – VIII ZR 261/15 – hingewiesen.

Unterhalb der für die fristlose Kündigung geltenden Grenze des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist nach § 573 Abs. 3 Nr. 1 BGB eine

  • ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs

möglich, sofern

  • der Mietrückstand eine Monatsmiete übersteigt und
  • die Verzugsdauer nicht weniger als einen Monat beträgt.

In einem solchen Fall besteht für den Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 573 Abs. 1 BGB), weil der Mieter seine Pflichten aus dem Mietvertrag dann schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und

Was Patienten, die wegen eines Gesundheitsschadens aufgrund behaupteter Hygieneverstöße Schadensersatz verlangen, wissen sollten

Anders als im Bereich des ärztlichen Handelns, in dem grundsätzlich der Patient die Darlegungs- und Beweislast für einen von ihm behaupteten Behandlungsfehler sowie dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Gesundheitsschaden trägt, muss,

  • wenn sich ein durch den Klinikbetrieb oder die Arztpraxis gesetztes Risiko verwirklicht,
  • das von der Behandlungsseite durch sachgerechte Organisation und Koordinierung des Behandlungsgeschehens voll hätte beherrscht werden können und müssen,

in Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast die Behandlungsseite darlegen und beweisen,

  • dass sie alle erforderlichen organisatorischen und technischen Vorkehrungen ergriffen hatte, um das Risiko zu vermeiden.

Voll beherrschbare Risiken in diesem Sinne,

  • die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie durch den Klinik- oder Praxisbetrieb gesetzt werden und durch dessen ordnungsgemäße Gestaltung ausgeschlossen werden können sowie müssen,

sind allerdings abzugrenzen von den Gefahren, die aus den Unwägbarkeiten des menschlichen Organismus bzw. den Besonderheiten des Eingriffs in diesen Organismus erwachsen und deshalb der Patientensphäre zuzurechnen sind, weil

  • die Vorgänge im lebenden Organismus auch vom besten Arzt nicht immer so beherrscht werden können, dass schon der ausbleibende Erfolg oder auch ein Fehlschlag auf eine fehlerhafte Behandlung hindeuten würden.

Dem von der Behandlungsseite voll beherrschbaren Bereich beispielsweise zuzurechnen sind

  • die Reinheit des benutzten Desinfektionsmittels,
  • die Sterilität der verabreichten Infusionsflüssigkeit oder
  • die vermeidbare Keimübertragung durch an der Behandlung beteiligte Personen,

weil all diesen Fällen gemeinsam ist, dass

Dagegen kommt

  • bei ungeklärter Infektionsquelle

eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast nach den Grundsätzen über das voll beherrschbare Risiko nicht in Betracht.

Eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast nach den Grundsätzen über das voll beherrschbare Risiko tritt vielmehr nur dann ein,

  • wenn feststeht, dass der Gesundheitsschaden aus der von der Behandlungsseite vollbeherrschbaren Sphäre hervorgegangen ist (vgl. BGH, Urteile vom 20.03.2007 – VI ZR 158/06 – und vom 17.01.2012 – VI ZR 336/10 –)

und diese Voraussetzung ist nicht erfüllt,

  • wenn nicht feststeht, wo und wann sich ein Patient mit dem nachgewiesenen Erreger infiziert hat,
  • es also möglich ist, dass der Patient selbst Träger des Keims war und dieser in die Wunde des Patienten gewandert oder der Keim durch einen Besucher übertragen worden ist.

Ist die Infektionsquelle (noch) ungeklärt, steht also noch nicht fest, wo und wann sich der Patient mit dem nachgewiesenen Erreger infiziert hat und ist deshalb auch noch keine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast nach den Grundsätzen über das voll beherrschbare Risiko eingetreten,

  • erfüllt der dann zunächst noch als Anspruchssteller primär darlegungsbelastete Patient seine Darlegungslast, wenn

er konkrete Anhaltspunkte für einen Hygienevorstoß der Behandlungsseite vorträgt,

  • wobei er sich dabei darauf beschränken darf, Tatsachen vorzutragen, die die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für ihn gestattet (vgl. BGH, Urteile vom 08.06.2004 – VI ZR 199/03 – und vom 24.02.2015 – VI ZR 106/13 –),
  • beispielsweise, dass er als frisch Operierter neben einen Patienten gelegt worden war, der unter einer offenen, mit einem Keim infizierten Wunde im Kniebereich litt und sein „offenes Knie“ allen Anwesenden zeigte.

Ein solcher Vortrag, wenn er die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet, genügt, um eine erweiterte Darlegungslast der Behandlungsseite auszulösen, die dann

  • die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Maßnahmen trifft, die sie ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die Hygienebestimmungen eingehalten wurden (vgl. auch Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 06.06.2013 – 1 U 319/13 –).

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 16.08.2016 – VI ZR 634/15 – hingewiesen.

Wer eine Reise bucht muss wissen, dass der Nichtantritt auch bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag mit Mehrkosten verbunden sein kann

Ein Reiseveranstalter muss zwar nach § 651b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bis zum Reisebeginn

  • einem Kunden die Übertragung des Anspruchs auf die gebuchten Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen und
  • kann dem Eintritt des Dritten nur widersprechen, wenn dieser den besonderen Reiseerfordernissen nicht genügt oder seiner Teilnahme gesetzliche Vorschriften oder behördliche Anordnungen entgegenstehen.

Allerdings muss der Reiseveranstalter durch den Eintritt eines Dritten entstehende Mehrkosten,

  • auch die sich daraus ergebenden, dass die Tarifbedingungen der Luftverkehrsunternehmen typischerweise nach bestätigter Buchung keinen Wechsel in der Person des Fluggastes („name change“) zulassen und
  • deshalb eine neue Flugbuchung, also den Erwerb eines neuen Flugscheins für den Dritten erfordern,

nicht selbst tragen,

  • sondern kann den Kunden und den Dritten damit belasten, die hierfür als Gesamtschuldner haften.

Darauf hat der für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in zwei Urteilen vom 27.09.2016 – X ZR 107/15 und X ZR 141/15 – hingewiesen.

Ein Reiseveranstalter ist, so der Senat, auch wenn er nach § 651b BGB verpflichtet ist, einen Dritten den Eintritt in einen von einem Kunden gebuchten Reisvertrag zu ermöglichen,

  • nämlich nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind,
  • sondern kann den Anspruch eines Kunden auf Flugbeförderung im Rahmen einer gebuchten Pauschalreise auch dadurch erfüllen, dass er für diesen bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug zu einem Tarif bucht, der einen nachträglichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zulässt und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erhältlich ist als Tarife, die eine größere Flexibilität gestatten (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 27.09.2016 – Nr. 170/2016 –).

Was Ehegatten wissen müssen, wenn sie sich gegenseitig beerben wollen und nach ihrem Tod die Kinder erben sollen

Ehegatten die möchten, dass nach ihrem Tod

  • ihre Kinder Erben werden,
  • aber nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten zunächst Erbe der überlebende Ehegatte sein soll,

können ein gemeinschaftliches Testament nach § 2269 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) errichten und in diesem entweder,

  • sofern sie wollen, dass beim Tod des längerlebenden Ehegatten das Gesamtvermögen getrennt nach dem Vermögen des Vorverstorbenen und dem Eigenvermögen des Überlebenden vererbt werden und als je getrennte Vermögensmassen auf die (Nach-)Erben übergehen soll (sog. Trennungslösung),

bestimmen (Möglichkeit 1),

  • dass nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten der Längerlebende befreiter oder nicht befreiter Vorerbe (vgl. § 2136 BGB) des erstversterbenden Ehegatten und
  • nach dessen Tod die Kinder Nacherben (vgl. § 2100 BGB) des Erstversterbenden und Vollerben des Zweitversterbenden werden sollen,
    • wobei in diesem Fall die Kinder, weil sie als Nacherben des erstversterbenden Ehegatten eingesetzt und damit nicht nach § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB von der Erfolge nach diesem ausgeschlossen worden sind,
    • den ihnen nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils zustehenden Pflichtteilsanspruch gegen den anderen Elternteil als Vorerben des erstverstorbenen Elternteils nur geltend machen können, wenn sie die Nacherbschaft ausschlagen (vgl. § 2306 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Fall 1, Abs. 2 BGB).

oder,

  • wenn sie ihr Vermögen, was im Zweifel anzunehmen ist, als Einheit ansehen, das (abgesehen von dem unten aufgeführten Fall der Wiederheirat des Überlebenden) durch den Tod des erstversterbenden Ehegatten nicht in zwei getrennte Vermögensmassen zerfallen soll (sog. Einheitsprinzip),

verfügen (Möglichkeit 2),

  • dass nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten der Überlebende Vollerbe des erstversterbenden Ehegatten und
  • nach dessen Tod die Kinder Schlusserben des gesamten Nachlasses der Ehegatten werden sollen,
    • wobei in diesem Fall die Kinder Erben erst nach dem Tod des längerlebenden Elternteils werden, sie also nach § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB von der Erbfolge nach dem erstverstorbenen Elternteil ausgeschlossen sind und
    • demzufolge den ihnen nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils zustehenden Pflichtteilsanspruch gegen den anderen Elternteil als Vollerben des erstverstorbenen Elternteils geltend machen können.

Um die Kinder im letztgenannten Fall, also bei der Möglichkeit 2,

  • in dem sie erst als Schlusserben nach dem längerlebenden Elternteil eingesetzt sind, zu veranlassen, auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gegen den als Vollerben des erstversterbenden Elternteils eingesetzten längerlebenden Elternteil zu verzichten,

kann in das gemeinschaftliches Testament eine sog. Pflichtteilsstrafklausel aufgenommen, d.h., festgelegt werden,

  • dass, wenn eines der Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteilsanspruch geltend machen sollte, es auch nach dem Tod des längerlebenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll.

Im erstgenannten obigen Fall, also der Möglichkeit 1, in dem die Kinder als Nacherben des erstversterbenden Elternteils eingesetzt sind, bedarf es einer solchen Pflichtteilsstrafklausel deshalb nicht, weil die Kinder, wenn sie den Pflichtteil erhalten wollen, den Nacherbteil ausschlagen müssten (§ 2306 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Fall 1, Abs. 2 BGB).

Wollen die Ehegatten verhindern, dass, wenn der überlebende Ehegatte wieder heiratet, der neue Ehegatte mit in den Genuss des Teils des Nachlasses des erstverstorbenen Ehegatten kommt, der bei gesetzlicher Erbfolge den Kindern zustehen würde, können sie in dem gemeinschaftlichen Testament

  • wenn sie sich für die Möglichkeit 1 entschieden haben, in dem der längerlebende Ehegatte als Vorerbe des erstversterbenden Ehegatten und die Kinder als dessen Nacherben eingesetzt worden sind, zusätzlich bestimmen,
    • dass der Nacherbfall auch im Fall der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten eintreten soll

oder

  • in dem sie, wenn sie die Möglichkeit 2 gewählt haben, in der der längerlebende Ehegatte nicht nur als Vorerbe des verstorbenen Ehegatten sondern als dessen alleiniger Vollerbe und die Kinder erst als Schlusserben des gesamten Nachlasses der Ehegatten nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils eingesetzt sind, beispielsweise verfügen,
    • dass, falls der überlebende Ehegatte wieder heiratet gesetzliche Erbfolge eintreten soll,
    • was zur Folge hat, dass im Fall der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten und nur in diesem Fall eine Trennung der Vermögen nach dem Vermögen des Vorverstorbenen und dem Eigenvermögen des Überlebenden erfolgt und der überlebende Ehegatte dann vom Nachlass des Erstverstorbenen ½ und die Kinder, angenommen es wären zwei, jeweils ¼ erhalten würden.

Der als Vollerbe des erstverstorbenen Ehegatten eingesetzte überlebende Ehegatte wird bei der Möglichkeit 2 damit zugleich für den Fall einer erneuten Heirat zum

  • auflösend bedingten Vollerben und
  • aufschiebend bedingten Vorerben

hinsichtlich der Hälfte des Nachlasses des erstverstorbenen Ehegatten (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 06.11.1985 – IVa ZB 5/85 –).
Das heißt, er verliert seine Stellung als alleiniger Vollerbe des vorverstorbenen Ehegatten, wenn er heiratet, mit der Eheschließung.

Denn für den Fall der Wiederheirat des Überlebenden hat

  • die Hälfte des Nachlasses des erstverstorbenen Ehegatten, die mit der Eheschließung des überlebenden Ehegatten an die beiden Kinder als Nacherben geht,
  • der Überlebende vorher als Vorerbe erhalten.

Das bedeutet:

  • Stirbt der seinen Ehegatten Überlebende, ohne wieder geheiratet zu haben, so ist mit seinem Tod seine Stellung als Vollerbe des verstorbenen Ehegatten endgültig geworden.
    Die beiden Kinder werden in diesem Fall nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils Schlussmiterben zu jeweils ½.
  • Heiratet der überlebende Ehegatte dagegen wieder, werden die beiden Kinder am Nachlass des verstorbenen Elternteils Nacherben zu je ¼.
    In diesem Fall erben die beiden Kinder zweimal nacheinander, nämlich bei Wiederheirat des überlebenden Elternteils als Nacherben des erstverstorbenen Elternteils und nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils als Schlusserben (vgl. hierzu auch Oberlandesgericht (OLG) Celle, Beschluss vom 04.10.2012 – 6 W 180/12 – wonach der für den Fall erneuter Heirat zum auflösend bedingten Voll- und aufschiebend bedingten Vorerben eingesetzte Ehegatte in der Verfügung über das geerbte Vermögen nur im Falle dieser Heirat und auch nur von diesem Zeitpunkt an wie ein Vorerbe beschränkt ist).

Darüber, was Sie in Ihrem speziellen Einzelfall beachten müssen und wie Sie Ihren letzten Willen formulieren sollten, kann Sie ein Rechtsanwalt Ihres Vertrauens informieren.

Was Autofahrer die nachts an einer mit Nachtschalter betrieben SB-Tankstelle tanken wissen sollten

Wird eine SB-Tankstelle

  • ab 22:00 Uhr abends, auch aus Sicherheitsgründen, mit einem Nachtschalter so betrieben, dass das Bedienungspersonal um Mitternacht einen Schichtwechsel vollzieht und
  • stürzt ein Kunde, der sein Fahrzeug dort kurz nach Mitternacht betankt hat, auf dem Weg vom Nachtschalter zurück zu seinem PKW über eine auf dem Tankstellengelände herumliegenden Gegenstand,

haftet der Betreiber der Tankstelle dann nicht wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, wenn

  • er sein Bedienungspersonal angewiesen hat vor dem Schichtwechsel einen Kontrollgang durchzuführen, um Gegenstände, über die Kunden stürzen könnten, vom Boden des Tankstellengeländes zu entfernen und
  • von der für die Nachtschicht zuständigen Bedienung am Unfalltag eine derartige Kontrolle durchgeführt worden ist, ohne etwas auf dem Boden vorzufinden.

Das hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 23.08.2016 – 7 U 17/16 – entschieden.

Damit, so der Senat, habe ein Tankstellenbetreiber in einem solchen Fall der ihm insoweit obliegenden Verkehrssicherungspflicht genügt, zumal, wenn eine SB-Tankstelle ab 22:00 Uhr abends mit einem Nachtschalter betrieben werde, ein Kunde auch nicht damit rechnen könne, dass sich durchgängig Personal außerhalb des Verkaufsraums auf dem Tankstellengelände aufhalte (Pressemitteilung des OLG Hamm vom 27.09.2016).

BGH entscheidet: Bildberichterstattung über einen privaten Restaurantbesuch kann bei Politikern zulässig sein

Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis,

  • beispielsweise einer Misstrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus,

kann

  • die ohne Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos,

die den davon betroffenen Politiker am Vorabend in einer für sich genommen privaten Situation zeigen,

  • durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein.

Darauf und dass in einem solchen Fall

  • unter Berücksichtigung des Kontextes der Bildberichterstattung die Fotos dem Bereich der Zeitgeschichte nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) zuzuordnen sein können und
  • der durch Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützten Pressefreiheit Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Politikers einzuräumen sein kann,

hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.09.2016 – VI ZR 310/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem die Fotos

  • den Politiker in einer eher unverfänglichen Situation beim Abendessen in einem bekannten, von prominenten Personen besuchten Restaurant zeigten und
  • mit dem Text versehen waren, dass der Politiker „am Vorabend der Abstimmung im Parlament ersichtlich entspannt wirkt … und sich einen Drink in einer Bar genehmigt“,

sah der Senat keine berechtigten Interessen des abgebildeten Politikers im Sinne des § 23 Abs. 2 KunstUrhG verletzt und wies deshalb dessen Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung der Bilder ab (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 27.09.2016 – Nr. 167/2016 –).

Möglichkeiten der Gebrauchsregelung des Gemeinschaftseigentums – Was Wohnungseigentümer wissen sollten

Ansprüche auf interessengerechte Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 3 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) können,

  • sofern die Wohnungseigentümer über die verlangte Regelung durch Beschluss entscheiden können (§ 15 Abs. 2 WEG),

von einem Wohnungseigentümer mit einer Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG durchgesetzt werden,

  • wobei es der vorherigen Befassung der Eigentümerversammlung mit der Angelegenheit ausnahmsweise dann nicht bedarf, wenn im Hinblick auf die tiefgreifende Zerstrittenheit der Parteien und die Stimmengleichheit – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass ein dem Klageziel entsprechender Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 114/09 –).

Das Gericht hat dann die im Rahmen von § 21 Abs. 8 WEG festzulegende Regelung nach denselben Maßstäben zu treffen, wie sie das Wohnungseigentumsgesetz den Wohnungseigentümern vorgibt, im Fall der Ersetzung eines Beschlusses über eine interessengerechte Gebrauchsregelung gemäß § 15 Abs. 3 WEG also nach billigem, das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer berücksichtigende Ermessen.

Auch über die

  • Nutzung des Gemeinschaftseigentums

kann, soweit sich aus Gesetz, Vereinbarungen oder Beschlüssen keine Regelung ergibt, der Abschluss einer interessegerechten Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 3 WEG verlangt werden.

  • Solche Gebrauchsregelungen können Bestimmungen zur Nutzungsart und -zweck enthalten.
  • Möglich sind auch Nutzungsbeschränkungen bis hin zu einem Nutzungsverbot.

Nicht unter § 15 WEG fällt allerdings eine Regelung,

  • die im Gemeinschaftseigentum stehende Flächen an einem Wohnungseigentümer
  • zum ausschließlichen Gebrauch zuweist.

Eine solche Regelung stellt wegen des damit verbundenen vollständigen Ausschlusses der anderen Wohnungseigentümer von dem Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums

  • keine Konkretisierung des Gebrauchs im Sinne von § 15 WEG dar, wie beispielsweise
    • die Vermietung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen, die den Wohnungseigentümern nicht das Recht zum Mitgebrauch entzieht, vielmehr es weiterhin voraussetzt und nur die Art und Weise der Ausübung regelt, indem er die Möglichkeit des unmittelbaren (Eigen-)Gebrauchs durch die des mittelbaren (Fremd-)Gebrauchs ersetzt und an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs den Anteil an den Mieteinnahmen treten lässt (§ 13 Abs. 2 Satz 2, §16 Abs. 1 WEG; vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2000 – V ZB 46/99 –),
  • sondern begründet, in Abänderung des § 13 Abs. 2 WEG ein Sondernutzungsrecht des begünstigten Wohnungseigentümers und erfordert daher eine Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG (BGH, Beschluss vom 20.09.2000 – V ZB 58/99 –).

Das gilt auch dann, wenn allen Wohnungseigentümern eine gleichwertige Fläche des Gemeinschaftseigentums zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird, weil

  • mit der Überlassung einer gleichwertigen Fläche zur Alleinnutzung die Entziehung der Mitgebrauchsberechtigung an den übrigen Flächen nur ideell und wirtschaftlich, nicht aber – worauf es entscheidend ankommt – rechtlich kompensiert wird,
  • worin auch der wesentliche Unterschied zur Vermietung von Flächen, die im Gemeinschaftseigentum stehen, besteht

Hinzu kommt, dass die Feststellung, ob der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit einer Fläche in gleichwertiger Weise durch die Zuweisung einer anderen Fläche kompensiert wird, erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann.

Nicht zu einem (befristeten) Sondernutzungsrecht führt dagegen grundsätzlich

  • eine Regelung,
  • die im Interesse eines geordneten Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums dessen turnusmäßige Nutzung durch einzelne Wohnungseigentümer vorsieht (Rotationsregelung).
    Sie kann daher durch (Mehr- heits-) Beschluss getroffen werden.

Sondernutzungsrechte sind dadurch gekennzeichnet, dass einem oder mehreren Wohnungseigentümern unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer das Recht zur Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums zugewiesen wird (BGH, Urteil vom 02.12.2011 – V ZR 74/11 –).

  • Bei einer Turnusregelung kann ein Wohnungseigentümer das Gemeinschaftseigentum zu den ihm zugewiesenen Zeiten zwar ausschließlich nutzen.
  • Dient die Regelung dem geordneten, weil nicht gleichzeitig möglichen oder zweckmäßigen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums, wie etwa bei einem Wasch- und Trockenraum, bedeutet dies aber nur eine Einschränkung, nicht dagegen einen Entzug des Mitgebrauchs.

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 191/15 – hingewiesen.

Was Miterben wissen sollten, wenn ein zum Nachlass gehörendes Haus von einem von ihnen allein genutzt wird

Erben mehrere Personen ein Hausgrundstück,

  • das einer der Miterben zusammen mit dem Erblasser bewohnt hat und
  • nach dem Tod des Erblassers weiterhin bewohnt,

kann von diesem die Zahlung eines Entgelts für die Nutzung des Hausgrundstücks an die Erbengemeinschaft erst verlangt werden, wenn

  • ein Verlangen geäußert worden ist, die Verwaltung und Benutzung des zum Nachlass gehörenden Hausgrundstücks neu zu regeln.

Eine bloße Zahlungsaufforderung reicht hierfür nicht aus.

Darauf hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Mönchengladbach mit Beschluss vom 22.04.2016 – 11 O 1/16 – hingewiesen.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass

  • nach § 743 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) jeder Miteigentümer zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands insoweit befugt ist, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird,
  • grundsätzlich also eine Berechtigung zur Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums besteht, ohne dafür eine Entschädigung an die anderen Miteigentümer entrichten zu müssen,
  • demzufolge der Anspruch auf Nutzungsentgelt nicht schon dadurch ausgelöst wird, dass ein Miteigentümer das im Miteigentum stehende Grundstück allein nutzt,
  • nach § 745 Abs. 2 BGB jedoch jeder Teilhaber eines Miteigentumsanteils, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen kann und
  • ein Anspruch auf Nutzungsentgelt damit erst vom Zeitpunkt des Neuregelungsverlangens für die Zukunft entstehen kann.

Wann liegt bei betrieblichen Aktivitäten von gesetzlich Versicherten mehrerer Unternehmen eine „gemeinsame Betriebsstätte“ vor?

Sind an einem Arbeitsunfall gesetzlich Unfallversicherte mehrerer Unternehmen beteiligt, ist Voraussetzung für die Haftungsprivilegierung gemäß § 106 Abs. 3 Alt. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII),

  • also dass die sich aus §§ 104, 105 SGB VII ergebenden Haftungsbeschränkungen greifen (u.a. Haftung nur für eine vorsätzlich Verursachung des Versicherungsfalls) für Unternehmer (§ 104 SGB VII) sowie andere im Betrieb tätige Personen (§ 105 SGB VII),

dass die an dem konkreten Unfallgeschehen Beteiligten

  • vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer „gemeinsamen Betriebsstätte“ verrichten.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 23.09.2014 – VI ZR 483/12 –) erfasst der Begriff der „gemeinsamen Betriebsstätte“ betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen,

  • die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen,
  • miteinander verknüpft sind,
  • sich ergänzen oder
  • unterstützen,

wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt.

Erforderlich ist aber

  • ein bewusstes Miteinander im Betriebsablauf,
  • das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt.

§ 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ist nicht schon dann anwendbar, wenn Versicherte zweier Unternehmen auf derselben Betriebsstätte aufeinandertreffen.

  • Eine „gemeinsame Betriebsstätte“ ist nach allgemeinem Verständnis mehr als „dieselbe Betriebsstätte“;
  • das bloße Zusammentreffen von Risikosphären mehrerer Unternehmen erfüllt den Tatbestand der Norm nicht.

Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung.

  • Erforderlich ist vielmehr eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solche in der konkreten Unfallsituation, die eine Bewertung als „gemeinsame“ Betriebsstätte rechtfertigt.

Der Haftungsausschluss nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ist (nur) im Hinblick auf die zwischen den Tätigenden verschiedener Unternehmen bestehende Gefahrengemeinschaft gerechtfertigt.

  • Eine Gefahrengemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass typischerweise jeder der (in enger Berührung mit anderen) Tätigen gleichermaßen zum Schädiger und Geschädigten werden kann.

Der Haftungsausschluss knüpft daran an, dass eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigen bei konkreten Arbeitsvorgängen in der konkreten Unfallsituation gegeben ist, die die „gemeinsame Betriebsstätte“ kennzeichnet.

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 15.09.2016 – 7 U 117/15 – hingewiesen.