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Was getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigte Eltern wissen sollten, wenn ein Elternteil mit dem Kind verreisen möchte

Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,

  • ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich (§ 1687 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
  • während die Befugnis zur Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein der Elternteil hat, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Danach bedarf es, wenn der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, mit dem Kind eine Urlaubsreise unternehmen will, nicht generell der Zustimmung des mitsorgeberechtigten anderen Elternteils.

  • Liegen jedoch Umstände vor, nach denen eine Reise besondere Gefahren mit sich bringt, die mit dem Reiseziel zusammenhängen und die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen, ist die Durchführung einer solchen Reise nicht mehr von der Alleinentscheidungsbefugnis aus § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB gedeckt.

Solche besonderen, mit dem Reiseziel zusammenhängenden Risiken bestehen dann, wenn das Land in das die Reise gehen soll, beispielsweise in letzter Zeit mehrfach Ziel terroristischer Anschläge war bzw. es Drohungen extremistischer Gruppen mit Anschlägen in der Touristenregion gibt.

Derartige Gefahrenlagen schließen zwar Urlaubsreisen in diese Region nicht aus, weshalb sich Eltern weiterhin dafür entscheiden können, mit ihren Kindern dort ihren Urlaub zu verbringen.
Allerdings setzt dies, wenn die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, voraus, dass die Entscheidung von beiden Eltern getragen wird.

Bestehen hinsichtlich der Gefährlichkeit der Urlaubsreise zwischen den Eltern Meinungsverschiedenheiten kann der Elternteil, der mit dem Kind die Reise unternehmen will, beim Familiengericht zwar nach § 1628 BGB beantragen, ihm (im Wege einstweiliger Anordnung nach § 49 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) die Entscheidung zu übertragen.
Jedoch können die gegenwärtigen Verhältnisse in einem Land einer Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB auf den die Reise beabsichtigenden Elternteil entgegenstehen.
Maßgebend für die Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis ist nämlich

  • weder der Wille des Kindes und dessen Freude auf den Urlaub, noch die eventuellen finanziellen Folgen eines Rücktritts von der Reise,
  • sondern, ob sich die Haltung der Eltern als Ausübung der Elternverantwortung darstellt, ob also die Befürchtungen des einen Elternteils, dass die Reise nicht gefahrlos durchgeführt werden kann, von vornherein unbegründet sind oder begründet sein können.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 21.07.2016 – 5 UF 206/16 – hingewiesen.

Wer hat Vorrang, wenn zwei Autofahrer in dieselbe Parklücke fahren wollen?

An einer Parklücke hat gemäß § 12 Abs. 5 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Vorrang,

  • wer sie zuerst unmittelbar erreicht,
  • Dieser Vorrang
    • bleibt auch dann erhalten, wenn der Berechtigte an der Parklücke vorbeifährt, um rückwärts einzuparken oder wenn sonst zusätzliche Fahrbewegungen ausgeführt werden, um in die Parklücke einzufahren bzw.
    • gilt auch dann, wenn an einer frei werdenden Parklücke gewartet wird.

Der nach dieser Vorschrift geltende Vorrang ist nicht auf den fließenden Verkehr beschränkt, gilt also auch auf Parkplätzen und in verkehrsberuhigten Bereichen.

  • Wer zum Vorwärtseinfahren in eine freie Parkbucht ansetzt, obwohl ein anderer, der die Parklücke zuerst erreicht hatte, rückwärts in diese Parkbucht einparken möchte, verletzt demnach dessen Vorrang nach § 12 Abs. 5 StVO.

Stößt in einem solchen Fall der Fahrzeugführer, der rückwärts einparken will, während des Rückwärtsfahrens gegen das Fahrzeug eines anderen, der zwischenzeitlich die Parklücke erreicht und seinerseits zum Vorwärtseinfahren in die Parklücke angesetzt hat, liegt somit,

  • nachdem für einen Sorgfaltsverstoß des Rückwärtsfahrenden der Anscheinsbeweis spricht,

regelmäßig ein schuldhaftes unfallursächliches Verhalten beider Beteiligter vor,

  • wobei denjenigen, der unter Verstoß gegen § 12 Abs. 5 StVO zum Einfahren in die Parklücke angesetzt hat, auch dann ein unfallursächliche Mittverschulden trifft, wenn er vor der Kollision angehalten und gehupt hatte.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 15.07.2016 – 13 S 20/16 – hingewiesen.

Wann liegt wegen gemeinschaftlicher Begehung mit einem anderen Beteiligten eine gefährliche Körperverletzung vor?

Wer vorsätzlich eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, ist schuldig der Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wird die Körperverletzung begangen,

  • durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
  • mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
  • mittels eines hinterlistigen Überfalls,
  • mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung oder
  • mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich,

liegt eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 StGB vor, die mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren und in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird.

  • Gemeinschaftliche Begehungsweise mit einem anderen Beteiligten setzt dabei weder Eigenhändigkeit noch Mittäterschaft voraus.
  • Ausreichend ist vielmehr schon das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei der Begehung der Körperverletzung (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 03.09.2002 – 5 StR 210/02 – sowie Beschluss vom 08.03.2016 – 3 StR 524/15 –).

Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Qualifikationstatbestandes, wonach durch ein solches Zusammenwirken – nicht anders als durch mittäterschaftliche Begehung – eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Opfer begründet wird (vgl. BGH, Urteil vom 03.09.2002 – 5 StR 210/02 –).

Allerdings ist eine gemeinschaftliche Begehung in dieser Beteiligungsform regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn der am Tatort anwesende Gehilfe

  • die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters – physisch oder psychisch (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2005 – 4 StR 347/05 –) – bewusst in einer Weise verstärkt,
  • welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist.

Dies wird in der Regel vor allem durch eine Schwächung der Abwehrmöglichkeiten verwirklicht, wenn das Opfer durch die Präsenz mehrerer Personen auf der Verletzerseite

  • insbesondere auch wegen des erwarteten Eingreifens des oder der anderen Beteiligten in seinen Chancen beeinträchtigt wird,
  • dem Täter der Körperverletzung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten.

Darauf hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 21.04.2016 – 2 StR 394/15 – hingewiesen.

Wer Opfer einer Körperverletzung geworden ist, ist, wenn der Täter ein Erwachsener oder Heranwachsender war, befugt, sich durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gericht dem Strafverfahren gegen den Täter als Nebenkläger anzuschließen.
Ferner kann der Verletzte unter Vorlage der erforderlichen Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragen, ihm für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe zu gewähren und er kann, auch wenn er sich dem Verfahren nicht als Nebenkläger anschließt, im Strafverfahren wegen der Tat Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen den Täter geltend machen.

Sind Familienangehörige, wenn sie familienhafte Mithilfe an einem Bauvorhaben leisten, gesetzlich unfallversichert oder nicht?

Dazu, ob bzw. wann es sich um ein als Arbeitsunfall anzuerkennendes Ereignis handeln kann, wenn beispielsweise der Schwiegervater in seiner Freizeit seinem Schwiegersohn beim Neubau einer Garage gemeinsam mit anderen Helferdienste leistet und bei der Ausführung der Arbeiten verunfallt, hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 14.6.2016 – L 9 U 842/16 – ausgeführt, dass

  • nach § 2 Abs. 1 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) „Beschäftigte“ sowie
  • nach § 2 Abs. 2 SGB VII solche Personen, die „wie Beschäftigte“ tätig werden,

kraft Gesetzes unfallversichert sind wenn sie einen Arbeitsunfall erleiden.

Ein Arbeitsunfall liegt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII vor,

  • bei einem Unfall eines Versicherten
  • infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass

  • die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang),
  • diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und
  • das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 29.11.2011 – B 2 U 10/11 R -; vom 18.01.2011 – B 2 U 9/10 R – und vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R -).

Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegt vor, wenn

  • der Versicherte zu dem Arbeitgeber in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis gestanden hat (BSG, Urteil vom 24.03.1998 – B 2 U 21/97 R -).

Kennzeichnend hierfür sind

  • die Eingliederung in das Unternehmen des Arbeitgebers,
  • das damit verbundene Weisungs- und Direktionsrecht des Unternehmers,
  • dessen Anordnungsrechte bezüglich Arbeit, Zeit und Ort der Arbeitsausübung,
  • Vereinbarungen bezüglich Vergütung, Kündigungsfristen und Urlaub.

Fehlte es an diesen Kriterien liegt ein Beschäftigungsverhältnis nicht vor.

Wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird tätig (sog. Wie-Beschäftigung), wer eine Verrichtung ausübt, die einer Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist (BSG, Urteil vom 15.06.2010 – B 2 U 12/09 R -).
§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erfasst tatbestandlich Tätigkeiten,

  • die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufweisen,
  • in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln.

Es muss eine

  • ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende,
  • dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers (vgl. § 136 Abs. 3 SGB VII) entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet werden,
    • die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte und regelmäßig verrichtet wird,
    • die in einem fremden Unternehmen dafür eingestellt sind (vgl. BSG, Urteile vom 27.03.2010 – B 2 U 5/11 R -; vom 15.06.2010 – B 2 U 12/09 R – und vom 13.09.2005 – B 2 U 6/05 R -).

Dabei reicht es nicht aus,

  • dass eine Tätigkeit einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist.

Vielmehr kommt es auf die objektiv arbeitnehmerähnliche Handlungstendenz an, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist (vgl. BSG, Urteile vom 05.07.2005 – B 2 U 22/04 R – und vom 26.06.2007 – B 2 U 35/06 R -).

  • Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch nicht nach § 2 Abs. 2 SGB VII wie ein Beschäftigter unter Versicherungsschutz (vgl. BSG, Urteile vom 05.07.2005 – B 2 U 22/04 R – und vom 26.06.2007 – B 2 U 35/06 R -).

Auch kann eine der Ausübung einer Beschäftigung ähnliche Tätigkeit unter Umständen zu verneinen sein, wenn die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt.

  • Eine „Sonderbeziehung“ liegt vor bei Verwandtschaft oder bei einer Gefälligkeit für Bekannte bzw. Freunde.

Jedoch sind auch dann, wenn eine solche „Sonderbeziehung“ besteht, alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen.
Dabei kann sich ergeben, dass die konkrete Verrichtung

  • außerhalb dessen liegt, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte getan wird oder
  • nicht wegen der Sonderbeziehung vorgenommen wird.

Dann kann sie den Tatbestand der „Wie-Beschäftigung“ erfüllen (BSG, Urteil vom 27.03.2012 – B 2 U 5/11 R -).

Je enger jedoch der Verwandtschaftsgrad ist, desto eher wird die Tätigkeit allein aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses durchgeführt (BSG, Urteile vom 26.10.1978 – 8 RU 14/78 – und vom 18.11.1997 – 2 BU 52/97 -).

  • Insbesondere kann die Beziehung der Eltern zu ihren Kindern bzw. umgekehrt als engstes verwandtschaftliches Gemeinschaftsverhältnis selbst bei einem erheblichen Umfang der Tätigkeit der Leistung das Gepräge geben, sodass kein Versicherungsschutz besteht (BSG, Urteil vom 25.10.1989 – 2 RU 4/89 -).

Dies gilt namentlich bei der unentgeltlichen Mitarbeit von nahen Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft leben (BSG, Urteil vom 20.04.1993 – 2 RU 38/92 -).

Können Anwohner die Beseitigung eines Altglassammelbehälters verlangen?

Ist in einem „Wohngebiet“ ein Altglassammelbehälter

  • in einem Abstand von weniger als 6 m zu einem Wohnhaus aufgestellt und
  • sind dessen Bewohner dadurch einer unzumutbaren Lärmbelastung ausgesetzt,

können sie die Beseitigung des Altglassammelbehälters verlangen.

Anspruchsgrundlage für ein solches Begehren ist der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch.
Danach kann jemand, der durch schlichtes öffentlich-rechtliches Handeln der Verwaltung in seinen Rechten verletzt wird, fordern, dass diese die andauernden Folgen ihres rechtswidrigen Vorgehens rückgängig macht. Dieser Anspruch auf Folgenbeseitigung ergänzt den allgemeinen Anspruch auf Unterlassung rechtswidrigen hoheitlichen Handelns. Die Ansprüche finden ihre Grundlage in den Grundrechten und dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 29.07.2015 – 6 C 35.14 –).

Maßstab für die Beurteilung der Lärmwirkung ist § 22 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG).
Nach dieser Vorschrift sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen – wie Altglassammelbehälter (vgl. nur Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27.10.1993 – 26 CE 92.2699 –; HessVGH, Urteil vom 24.08.1999 – 2 UE 2287/96 –; Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.06.2010 – 8 A 10357/10 –) – so zu errichten und zu betreiben, dass

  • schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
  • nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
  • die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden.

Schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind,

  • Gefahren,
  • erhebliche Nachteile oder
  • erhebliche Belästigungen

für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Ob eine Belästigung als erheblich anzusehen ist,

  • kann dabei nicht allein anhand der Vorgaben technischer Regelwerke beurteilt werden.
  • Abzustellen ist vielmehr auch auf die soziale Adäquanz einer Lärmeinwirkung.

Bestimmte Verhaltensweisen oder Zustände, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und die sich möglicherweise für den Einzelnen sogar nachteilig auswirken, werden nämlich von der Bevölkerung insgesamt hingenommen, weil sich die Verhaltensweisen oder Zustände noch in den Grenzen des als sozial Üblichen oder Tolerierbaren halten.

  • Altglassammelcontainer sind grundsätzlich innerhalb von Wohngebieten als sozial adäquat und damit als nicht erheblich störend anzusehen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.06.2010 – 8 A 10357/10 –).

Ein Standort eines Altglassammelbehälters erweist sich demzufolge nur dann als unzulässig, wenn besondere Umstände hinzutreten, die die Belastung über das Maß hinaus ansteigen lassen, das typischerweise zugemutet wird.

Solche Umstände können vorliegen, wenn bei der Bestimmung geeigneter Stellplätze für Altglassammelbehälter der Geräuschklasse I/ZU 21 in Wohngebieten der vom Umweltbundesamt empfohlene Mindestabstand von 12 m zum Immissionsort (vgl. nur OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.06.2010 – 8 A 10357/10 –) deutlich unterschritten wird.

Darauf hat der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 07.07.2016 – 10 S 579/16 – hingewiesen.

Was Jeder bedenken sollte, der einem anderen eine im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht erteilt

Wird einem anderen, durch Erklärung gegenüber diesem, Vollmacht erteilt (vgl. § 167 Abs. 1 Halbsatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGH)), kann dieser im Namen des Vollmachtgebers Willenserklärungen abgeben, Geschäfte tätigen und Verträge abschließen, die unmittelbar für und gegen den Vollmachtgeber wirken (vgl. § 164 BGB).

Das Risiko eines Missbrauchs einer solchen Vertretungsmacht,

  • dass also der Bevollmächtigte seine im Innenverhältnis beschränkten Befugnisse bei dem Abschluss von Verträgen im Namen des Vollmachtgebers überschreitet,

trägt dabei grundsätzlich der Vertretene (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 29.06.1999 – XI ZR 277/98 –; vom 01.06.2010 – XI ZR 389/09 – und vom 09.05.2014 – V ZR 305/12 –).

Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen.

  • Etwas anderes gilt zum einen nur in dem Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt.

Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 BGB; vgl. nur BGH, Urteile vom 17.05.1988 – VI ZR 233/87 –; vom 14.06.2000 – VIII ZR 218/99 – und vom 28.01.2014 – II ZR 371/12 –).

  • Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt,
    • wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat,
    • so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt.

Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. BGH, Urteile vom 25.10.1994 – XI ZR 239/93 –; vom 29.06.1999 – XI ZR 277/98 –; vom 01.02.2012 – VIII ZR 307/10 – und vom 09.05.2014 – V ZR 305/12 –).
Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt.

Darauf hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) im Urteil vom 14.06.2016 – XI ZR 483/14 – hingewiesen.

Was Fluggäste wissen sollten, wenn sie wegen Flugverspätung einen Anschlussflug nicht erreichen

Anspruch auf die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) haben

Endziel

  • ist der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein,
  • bei direkten Anschlussflügen ist der Zielort des letzten Fluges maßgebend.

Dass ein Ausgleichsanspruch besteht, wenn das die Verspätung (und damit die Nichterreichung des Anschlussfluges) verursachende Luftfahrtunternehmen für beide Flüge

  • einen Flugschein oder
  • eine Buchungsbestätigung

ausgegeben hat, hat der EuGH mit Urteil vom 26.02.2013 – C-11/11 – bereits entschieden.

Noch nicht hinreichend geklärt ist dagegen die Frage, ob ein Ausgleichsanspruch auch dann besteht, wenn ein Fluggast, der eine Pauschalreise gebucht hat,

  • wegen einer relativ geringfügigen Ankunftsverspätung einen direkten Anschlussflug nicht erreicht und
  • dies eine Verspätung von drei Stunden und mehr am Endziel zur Folge hat,
  • die beiden Flüge aber von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurden und
  • die Buchungsbestätigung durch ein Reiseunternehmen erfolgte, das die Flüge für seinen Kunden zusammengestellt hat?

Der unter anderem für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH

  • neigt zwar dazu, auch in einem solchen Fall einen Ausgleichsanspruch zu bejahen,
  • ist aber der Auffassung, dass sich dieses Ergebnis aus dem maßgeblichen europäischen Recht nicht hinreichend sicher ableiten lässt und

hat deshalb mit Beschluss vom 19.07.2016 – X ZR 138/15 – dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt,

  • ob ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung auch bei einer solchen Fallgestaltung bestehen kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 127/2016 vom 19.07.2016).

Wie Straftäter Konten von Online-Banking-Kunden, die das sog. mTAN-Verfahren nutzen, leerräumten

In einem vor dem Landgericht (LG) Osnabrück verhandelten Fall hatten, nach den Feststellungen des Gerichts, mehrere Angeklagte, in wechselnder Beteiligung, Konten von Kunden der Postbank, die für das Online-Banking das sog. mTAN-Verfahren nutzten, abgeräumt, in dem sie,

  • nach Ausspähung der Kontodaten der Postbankkunden mittels einer Schadsoftware („Trojaner“),
  • sich, um die für Überweisungen erforderlichen Transaktionsnummern (TAN), die per SMS an die Mobilfunknummern der Kunden geschickt werden, zu erhalten, sog. Multi-Sim-Karten oder Ersatz-Sim-Karten zu den Mobilfunkanschlüssen der jeweiligen Bankkunden besorgt, den SMS-Verkehr auf diese Karten umgeleitet und

die so erhaltenen TAN zur Überweisung von Guthaben der Bankkunden von deren Tagesgeld- oder Sparkonten auf die jeweiligen Girokonten und von dort auf Konten der von ihnen angeheuerten „Geldwäscher“ genutzt hatten.

Der von den Angeklagten auf diese Weise verursachte Schaden betrug ca. 790.000,00 €.

Wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges mittels „mTAN-Phishing“ und anderer Delikte hat die 15. Große Strafkammer des LG Osnabrück mit Urteil vom 15.07.2016 – 15 KLs 12/14 –

  • die beiden Haupttäter zu Gesamtfreiheitsstrafen von 6 Jahren und 6 Monaten sowie von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt sowie
  • fünf weitere, in unterschiedlicher Form an den Taten der Haupttäter Beteiligte, zu Freiheitsstrafen zwischen 1 Jahr und 6 Monaten und 2 Jahren und 6 Monaten (Quelle: Pressemitteilung des LG Osnabrück 22/16 vom 18.07.2016).

Wie ist das bei einem Grenzüberbau? Wann muss er beseitigt und wann muss er geduldet werden?

Ob derjenige, der ein Gebäude über die Grenze gebaut hat, ohne dass ihm dies vom Nachbarn gestattet worden war, den Überbau beseitigen muss oder nicht, ist in § 912 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt.

In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass,

  • wenn dem Überbauenden weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann,
  • der Nachbar den zwar Überbau dulden muss, er aber durch eine Geldrente zu entschädigen ist,
    • die in aller Regel deutlich geringer ist als eine Pacht oder eine Nutzungsentschädigung und
    • für deren Höhe die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend ist.

Das gilt nicht nur,

  • wenn die Grundstücksgrenze bei Errichtung eines Gebäudes überschritten wird,
  • sondern auch, wenn dies bei einem späteren Um- oder Ausbau geschieht.

Handelt es bei dem „Überbau“ um einen

  • teilweise oder vollständig auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudeanbau, beispielsweise eine Veranda,

hängt die entsprechende Anwendung von § 912 BGB ab,

  • von den mit dem Abbruch des Anbaus verbundenen Folgen für das auf dem Grundstück des Überbauenden stehende Gebäude, also davon, welche Folgen ein Abbruch des Anbaus für das Gebäude des Überbauenden hätte und
  • ob er vorsätzlich oder grob fahrlässig über die Grenze gebaut hat.

Übrigens:
Hat der Nachbar solche Anbauten auf seinen Grundstück widerruflich gestattet ist er zu deren Duldung nur bis zu einem Widerruf verpflichtet.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 15.07.2016 – V ZR 195/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 124/2016 vom 15.07.2016)

Was ein Internetanschlussinhaber wissen sollte wenn er wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen wird

Wer als Inhaber eines Internetanschlusses von einem Rechteinhaber wegen einer Urheberrechtsverletzung nach § 97a Urheberrechtsgesetz (UrhG) abgemahnt und/oder nach § 97 UrhG auf Unterlassung und/oder auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, beispielsweise weil über die, seinem Internetanschluss zugeordnete IP-Adresse, widerrechtlich ein Musikalbum zum Download für Dritte zur Verfügung gestellt worden ist, muss wissen,

Wird ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist,

Daraus wiederum folgt, da die betreffenden Vorgänge allein in seiner Sphäre liegen, eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers,

  • der, wenn er die Rechtsverletzung nicht begangen hat, geltend machen muss,
  • dass nicht er, sondern eine andere Person die Rechtsverletzung begangen haben müsse.

Eine Umkehr der Beweislast ist damit aber ebenso wenig verbunden wie eine über seine prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Gegner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

Der Anschlussinhaber genügt vielmehr der von der Rechtsprechung entwickelten sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt,

  • ob andere Personen und
  • wenn ja, welche Personen im relevanten Zeitraum selbstständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten und daher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen;
  • in diesem Umfang kann der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet sein (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – BearShare).

Hat der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast genügt und

  • durch schlüssigen Gegenvortrag die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung dafür erschüttert, dass er für die Rechtsverletzung verantwortlich ist – wofür schlüssiger Gegenvortrag ausreicht -,
  • ist es – wenn also keine tatsächliche Vermutung (mehr) für eine Täterschaft des Anschlussinhabers spricht – wiederum Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.

Aus den neueren Urteilen des BGH vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 –, – I ZR 7/14 – und – I ZR 75/14 – folgt nichts anderes.

Übrigens:
Als sog. Störer auf Aufwendungsersatz in Anspruch genommen werden kann ein Anschlussinhaber, der nicht als Täter oder Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung haftet, nur, wenn er Prüfpflichten verletzt hat, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und in wieweit ihm als Störer nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus und Pressemitteilung zum Urteil des BGH vom 12.05.2016 – I ZR 86/15 – wonach den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht trifft).

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Charlottenburg mit Urteil vom 08.06.2016 – 231 C 65/16 – hingewiesen.