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Grundstücksbesitzer darf Falschparker abschleppen lassen

Ein privater Grundstücksbesitzer

  • ist in der Regel berechtigt, einen Pkw, der auf einer als Privatparkplatz gekennzeichneten Parkfläche abgestellt worden ist, sofort abschleppen zu lassen,
  • muss hierbei, solange die Maßnahme erforderlich ist, um die Besitzstörung durch den Falschparker zu beenden – anders als eine staatliche Stelle – die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht beachten und
  • kann von dem Falschparker als Schadensersatz die ortsüblichen Abschleppkosten verlangen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 02.05.2016 – 122 C 31597/15 – entschieden (vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 05.06.2009 – V ZR 144/08 –; vom 02.12.2011 – V ZR 30/11 –; vom 06.07.2012 – V ZR 268/11 –; vom 21.09.2012 – V ZR 230/11 –; vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 – sowie vom 18.12.2015 – V ZR 160/14 –).

Begründet hat das AG dies u.a. damit,

  • dass durch das Abstellen eines Fahrzeugs auf einem nicht der Öffentlichkeit gewidmeten Grundstück Eigentum und Besitz des Grundstückeigentümers bzw. -besitzers verletzt werden,
  • dass darin eine verbotene Eigenmacht und ein teilweiser Besitzentzug liegen (§§ 858, 859 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und
  • dass, wer entsprechende Schilder, die auf die private Nutzung hinweisen, missachtet, auch schuldhaft handelt (§ 823 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Das hat die Pressestelle des AG München am 15.07.2016 – 55/16 – mitgeteilt.

Wann und wie haften Hundehalter bei einem Gerangel zwischen ihren Hunden?

Kommt es zu einem Gerangel zwischen zwei Hunden, in dessen Rahmen

  • der Halter des einen Hundes von dem anderen Hund gebissen wird,

so ist die

  • – sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten äußernde –

typische Tiergefahr des Hundes des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 20.12.2005 – VI ZR 225/04 –; vom 25.03.2014 – VI ZR 372/13 – und vom 27.01.2015 – VI ZR 467/13 –)

  • Eine für einen Schaden mitursächliche Tiergefahr können dabei bereits von einem Tier ausgehende und auf ein anderes Tier einwirkende Reize – wie beispielsweise der von läufigen Hündinnen ausgehende Duft – darstellen.

An der Verwirklichung der Tiergefahr fehlt es nämlich insbesondere nur dann,

  • wenn keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist (BGH, Urteil vom 25.03.2014 – VI ZR 372/13 –) – was bei einem Gerangel zwischen zwei Hunden, die ihrer tierischen Natur entsprechend aufeinander einwirken, nicht der Fall ist – oder
  • wenn das Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt (BGH, Urteil vom 20.12.2005 – VI ZR 225/04 –).

Ist die typische Tiergefahr des Hundes des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden,

  • muss der Geschädigte sich dies entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mindernd auf seinen (jedenfalls) dem Grunde nach bestehenden Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB gegen den Halter des schädigenden Hundes anrechnen lassen,
  • wobei für die entsprechend § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge der beiden Tierhalter es sodann darauf ankommt, mit welchem Gewicht konkret sich das in den Tieren jeweils verkörperte Gefahrenpotential in der Schädigung manifestiert hat.

Ausgeschlossen ist eine Anspruchsminderung wegen mitwirkender Tiergefahr allerdings dem Sinngehalt des § 840 Abs. 3 BGB entsprechend dann,

  • wenn der Halter des schädigenden Hundes dem Geschädigten auch gemäß § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 31.05.2016 – VI ZR 465/15 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem der Kläger, während er seinen Hund, einen Labrador-Mischling, an der Leine spazieren führte,

von dem Hund der Beklagten, einem Golden Retriever, gebissen worden war,

  • nachdem sich dieser durch eine etwa einen Meter hohe Hecke, durch die das Grundstück der Beklagten von dem Weg abgegrenzt war, gezwängt hatte,
  • auf den Kläger und dessen Hund zugerannt und
  • es zu einem Gerangel sowie einem Kampf zwischen den Hunden gekommen war.

Was Erben und Pflichtteilsberechtigte wissen sollten wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hatte

Gemäß § 2325 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann der Pflichtteilsberechtigte, wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat,

  • als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen,
  • um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

Nach § 2325 Abs. 3 Satz 1 BGB wird die Schenkung innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt,

  • so dass kein Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen einer Schenkung mehr besteht,
  • wenn die Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB im Zeitpunkt des Erbfalls abgelaufen ist.

Für den Beginn der Zehnjahresfrist ist abzustellen,

  • auf den Eintritt des Leistungserfolges,
  • bei Grundstücken also auf die Umschreibung im Grundbuch.

Allerdings liegt eine Leistung im Sinne erst dann vor,

  • wenn der Erblasser nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgibt,
  • sondern auch darauf verzichtet, den verschenkten Gegenstand – sei es aufgrund vorbehaltener dinglicher Rechte oder durch Vereinbarung schuldrechtlicher Ansprüche – im Wesentlichen weiterhin zu nutzen.

Nicht als geleistet gilt eine Schenkung, wenn

  • der Eigentümer zwar seine Rechtsstellung formal aufgibt, wirtschaftlich aber weiterhin im „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes bleibt,
  • der Erblasser den „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes nach der Schenkung also nicht auch tatsächlich entbehren muss.

Wird bei einer Schenkung daher der Nießbrauch uneingeschränkt vorbehalten, ist der „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes nicht aufgegeben worden.

Ob auch dann, wenn sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks ein Wohnungsrecht an diesem oder Teilen daran vorbehält, wie ein Nießbrauch den Fristbeginn des § 2325 Abs. 3 BGB hindert, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Maßgebend hierfür, ob dies der Fall ist oder nicht, sind die Umstände des Einzelfalles, anhand derer beurteilt werden muss, ob der Erblasser den verschenkten Gegenstand auch nach Vertragsschluss noch im Wesentlichen weiterhin nutzen konnte.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.06.2016 – IV ZR 474/15 – hingewiesen.

Kann auch wegen älterer Mietrückstände ein Wohnraummietverhältnis noch fristlos gekündigt werden?

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat dies bejaht und mit Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 296/15 – in einem Fall,

  • in dem der Vermieter einer Wohnung das Mietverhältnis mit dem Mieter, weil dieser die Mieten für die Monate Februar und April 2013 schuldig geblieben war, nach einer erfolglosen Mahnung vom 14.08.2013 mit Schreiben vom 15.11.2013 wegen der weiterhin offenen Mietrückstände fristlos gekündigt hatte,

die bislang in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Rechtsfrag dahingehend entschieden,

  • dass eine auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gestützte fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses nicht gemäß § 314 Abs. 3 BGB unwirksam ist, wenn sie aufgrund älterer Mietrückstände erfolgt.

Begründet hat der Senat dies damit,

  • dass die fristlose Kündigung von Mietverhältnissen in §§ 543, 569 BGB abschließend geregelt ist,
  • diese Vorschriften, die im Einzelnen die Modalitäten der fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses regeln, keine Zeitspanne vorsehen, innerhalb derer die Kündigung auszusprechen ist und
  • neben diesen speziell geregelten Vorschriften zur fristlosen außerordentlichen Kündigung im Wohnraummietrecht § 314 Abs. 3 BGB, wonach der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat, keine Anwendung findet.

Da es eine zeitliche Schranke für den Ausspruch der fristlosen Kündigung somit nicht gibt, kann das Recht zur fristlosen Kündigung im Einzelfall allenfalls verwirkt sein, wobei jedoch die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen, nämlich ein berechtigtes Vertrauen des Mieters, dass der Vermieter von seinem Recht zur fristlosen Kündigung wegen Verzugs mit zwei Monatsmieten keinen Gebrauch machen werde (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 120/2016 vom 13.07.2016).

Welche Anforderungen sind an die Fristsetzung zur Nacherfüllung im Kaufrecht zu stellen?

Für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1 BGB und § 281 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) genügt es, wenn der Käufer

  • durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder
  • durch vergleichbare Formulierungen

deutlich macht, dass dem Verkäufer für die Erfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht,

  • ohne dass es dabei der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-) Termins bedarf.

Darauf hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Klägerin bei der Betreiberin eines Küchenstudios eine Einbauküche bestellt und den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte, weil

  • nach dem Einbau wichtige Bereiche der Einbauküche nicht oder nur bedingt funktionierten und
  • die verlangte Mängelbeseitigung durch die Küchenstudiobetreiberin ausgeblieben war.

Eine ausreichende Fristsetzung kann danach auch ein Nachbesserungsverlangen enthalten, in dem die Mängel konkretisiert werden und um „schnelle Bearbeitung“ gebeten wird.

Auch darf der Käufer eine objektiv zu kurze Nachbesserungsfrist dann als angemessen ansehen, wenn sie ihm vom Verkäufer selbst vorgeschlagen worden ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 121/2015 vom 13.07.2016).

Schützt ein Zeugnisverweigerungsrecht den Fahrzeughalter vor einer Fahrtenbuchauflage?

Das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt sagt „nein“ und hat mit Beschluss vom 05.07.2016 – 3 L 519/16.NW – entschieden, dass auch dann, wenn der für die begangene Verkehrsordnungswidrigkeit verantwortliche Fahrzeugführer nicht ermittelt werden kann,

  • weil dem Fahrzeughalter im Ordnungswidrigkeitenverfahren ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und
  • er hiervon berechtigterweise Gebrauch macht,

eine Fahrtenbuchauflage für das Tatfahrzeug rechtmäßig ist.

Danach soll der Halter eines Fahrzeugs nicht verlangen können, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht geltend gemacht hat.
Denn, so das VG, die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen,

  • diene der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs und
  • stelle eine Maßnahme der vorbeugenden Gefahrenabwehr dar.

Sie solle auf die dem Fahrzeughalter mögliche und zumutbare Mitwirkung bei der Feststellung des Führers des Kraftfahrzeuges hinwirken, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde und den Fahrzeughalter zur Erfüllung seiner Aufsichtspflichten anhalten, soweit er andere Fahrer sein Fahrzeug benutzen lässt.
Der Antragsteller müsse es sich daher nach der gesetzgeberischen Entscheidung des § 31a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) gefallen lassen, dass mit anderen Mitteln – eben der Fahrtenbuchauflage – in Zukunft sichergestellt werde, dass der Täter einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat im Straßenverkehr zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Ein doppeltes „Recht“, nach einem Verkehrsverstoß

  • einerseits im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Aussage zu verweigern und
  • trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben,

bestehe nicht.
Ein solches „Recht“ würde dem Zweck des § 31a StVZO widersprechen.

Warum man die Inhalte von Versicherungsantrag und –schein immer vergleichen sollte

Liegt nämlich eine

  • den Versicherungsnehmer benachteiligende Abweichung zwischen den Inhalten des Versicherungsantrags und dem Versicherungsschein vor,

hängt es vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ab, ob und falls ja, mit welchem Inhalt der Versicherungsvertrag als geschlossen gilt,

  • ob nach § 5 Abs. 1 VVG mit der Abweichung oder
  • nach § 5 Abs. 3 VVG mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers.

Weicht der

  • Inhalt des Versicherungsscheins dagegen zugunsten des Versicherungsnehmers vom Inhalt des zugrunde liegenden Antrags ab,

so kommt der Versicherungsvertrag,

  • auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG,

mit dem Inhalt des Versicherungsscheins zustande,

  • wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen eines Monats widerspricht.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.06.2016 – IV ZR 431/14 – hingewiesen und damit eine bislang strittige Rechtsfrage geklärt.

Begründet hat der Senat die Entscheidung damit,

  • dass § 5 Abs. 2 VVG, weil es sich dabei um eine Schutzvorschrift für den Versicherungsnehmer handelt, nur im Falle einer den Versicherungsnehmer benachteiligenden Abweichung anzuwenden ist,
  • also im Falle einer dem Versicherungsnehmer günstigen Abweichung für das Zustandekommen des Versicherungsvertrages ausschließlich die Genehmigungsfiktion des § 5 Abs. 1 VVG gilt.

Die Genehmigungsfiktion hat insoweit konstitutive vertragsgestaltende Wirkung. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass alle Bedingungen eines Versicherungsvertrages in einer einheitlichen Urkunde niedergelegt werden und damit im Streitfall leicht beweisbar sind.

Eine Ausnahme von der Genehmigungsfiktion nach § 5 Abs. 1 VVG ist, so der Senat weiter, nur dann zu machen, wenn

  • der Erklärende – also der Versicherer – in Wahrheit etwas anderes wollte und
  • der Erklärungsempfänger – also der Versicherungsnehmer – dies erkannt hat,

mithin der übereinstimmende Wille beider Parteien auf einen anderen Regelungsinhalt gerichtet war.
In diesen Fällen,

  • also wenn ein übereinstimmendes abweichendes Verständnis vorliegt,

ist unabhängig von der Regelung des § 5 VVG der wahre Wille des Erklärenden maßgebend (BGH, Urteil vom 22.02.1995 – IV ZR 58/94 –).

Wann spricht der Anscheinsbeweis gegen einen nach rechts in eine bevorrechtigte Straße einfahrenden Wartepflichtigen?

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) darf ein Wartepflichtiger nur in eine vorfahrtsberechtigte Straße einfahren,

  • wenn dadurch Vorfahrtsberechtigte weder gefährdet noch wesentlich behindert werden,
  • wobei sich die Pflichten nach § 8 Abs. 2 StVO nicht nur auf das sog. Einmündungsviereck erstecken, sondern darüber hinaus
    • auch auf den Bereich, in dem sich die Fahrlinien der Fahrzeuge kreuzen, berühren oder bedrohlich nähern und
    • Vorfahrtsberechtigte dadurch in ihrer Weiterfahrt behindert werden können.

Kein Anscheinsbeweis spricht gegen einen Wartepflichtigen, der aus einer untergeordneten Straße nach rechts in eine bevorrechtigte Straße einbiegt und in dem durch die Vorfahrt geschützten Bereich mit einem (von rechts kommenden) vorfahrtsberechtigten Fahrzeug zusammenstößt dann,

  • wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass der Wartepflichtige den Bevorrechtigten auch bei der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO gebotenen größten Sorgfalt nicht hätte wahrnehmen können,

da die bloße Möglichkeit, dass auf der Vorfahrtstraße ein anderes Kraftfahrzeug herannahen könnte, noch keine Wartepflicht auslöst und demzufolge ein Wartepflichtiger das Vorfahrtsrecht eines herannahenden Verkehrsteilnehmers nur dann zu beachten hat,

  • wenn das bevorrechtigte Fahrzeug in dem Augenblick, in dem er mit dem Einfahren beginnt, bereits sichtbar ist,

Ebenfalls kein Raum für einen Anscheinsbeweis nach § 8 StVO ist, wenn für den nach rechts in die Vorfahrtsstraße einbiegenden Wartepflichtigen,

  • beim Beginn des Einbiegens sich nicht nur von links keine Fahrzeuge näherten,
  • sondern auch die für ihn rechte Straßenseite frei war und
  • keine Anzeichen dafür sprachen, dass eines der sich auf der bevorrechtigten Straße von rechts nähernden Fahrzeuge die Fahrbahnseite wechseln wird,

weil ein Wartepflichtiger in einem solchen Fall grundsätzlich davon ausgehen darf, dass er keinen der vorfahrtberechtigten Fahrer in der Weiterfahrt behindern wird.

Allerdings spricht der Anscheinsbeweis nach § 8 StVO gegen einen nach rechts in die Vorfahrtsstraße einbiegenden Wartepflichtigen dann,

  • wenn im Hinblick auf bestehende Örtlichkeiten – etwa der relativ geringen Straßenbreite, dem Fehlen einer Mittellinie, von beidseits geparkten Fahrzeugen usw. –

der Wartepflichtige nicht darauf vertrauen konnte, dass die Fahrspur der bevorrechtigten Straße, auf die er einzufahren beabsichtigt, frei ist sowie auch frei bleibt,

  • weil er in einem solchen Fall nicht darauf vertrauen darf, dass er, ohne den Gegenverkehr zu behindern oder zu gefährden, in die vorfahrtsberechtigte Straße wird einfahren können.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 29.04.2016 – 13 S 3/16 – hingewiesen.

Was vom Dieselgate betroffene Autobesitzer wissen sollten

Dieselfahrzeuge in die der Hersteller eine manipulierte Abgassoftware verbaut hat, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimieren, sind im Sinne des § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mangelbehaftet.

Wer ein solches Fahrzeug gekauft hat, kann

  • vom Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung verlangen und
  • wenn die Nacherfüllungsphase erfolglos verlaufen ist, d.h.,
    • dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB gesetzt,
    • ihm das Fahrzeug am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Nacherfüllung zur Verfügung gestellt worden ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08 – und vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 –; Hanseatisches Oberlandesgericht (OLG) Bremen, Urteil vom 27.03.2015 – 2 U 12/15 –; Landgericht (LG) Heidelberg, Urteil vom 05.02.2015 – 2 O 75/14 –) und
    • sich eine Nachbesserung als objektiv unmöglich erwiesen hat, weil der Mangel als solcher einschließlich seiner Ursache (mittels eines Software-Updates) nur unter Zurückbleiben einer technischen und/oder merkantilen Wertminderung beseitigt werden konnte,
  • entweder nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 Abs. 1 BGB gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises, abzüglich des Nutzungswertersatzes für jeden gefahrenen Kilometer, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 09.12.2014 – VIII ZR 196/14 – und Urteil vom 09.04.2014 – VIII ZR 215/13 –) oder
  • wenn er das Fahrzeug behalten will, nach §§ 437 Nr. 2, 441 BGB gegenüber dem Verkäufer die Minderung des Kaufpreises erklären und vom Verkäufer einen Teil des bezahlten Kaupreises, nämlich den Minderwert zurückfordern.

Will ein Käufer ohne vorheriges Nacherfüllungsverlangen, also ohne die Nacherfüllungsphase zu durchlaufen, sofort vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, muss er folglich in einem Rechtsstreit darlegen und beweisen können,

  • dass eine Behebung des Mangels ohne das Auftreten von Folgeproblemen nicht möglich ist und/oder es trotz angedachter bzw. angebotener Nachbesserungsmaßnahmen bei dem Fahrzeug zu einer dauerhaften Wertminderung kommen wird,
  • was grundsätzlich nur mittels eines Sachverständigengutachtens möglich sein wird.

Nicht in Betracht kommt gewöhnlich eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen einer möglichen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB und zwar auch dann nicht, wenn das Fahrzeug bei einem Vertragshändler gekauft worden ist, weil auch ein Vertragshändler sich das Wissen des Pkw-Herstellers normalerweise nicht zurechnen lassen muss.

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Beschluss vom 30.06.2016 – 7 W 26/16 – hingewiesen.

Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3 BGB vom Verkäufer verlangt werden kann nur dann, wenn dem Verkäufer

  • die Manipulation bekannt war oder
  • er diese zumindest für möglich gehalten hat,

weil der Schadensersatzanspruch voraussetzt, dass den Verkäufer ein Verschulden trifft.

Übrigens:
Gewährleistungsansprüchen wegen manipulierter Abgassoftware können nur geltend gemacht werden, wenn die Sachmängelhaftung im Kaufvertrag nicht wirksam ausgeschlossen worden ist.

Abgesehen davon muss bedacht werden, dass,

  • wenn die Gewährleistungsansprüche bereits verjährt sein sollten,

der Käufer diese möglicherweise nicht mehr wird durchsetzen können, weil der Verkäufer,

  • sofern er vor Eintritt der Verjährung nicht hierauf verzichtet hat,
  • dann die Einrede der Verjährung erheben kann.

Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer verjähren,

  • sofern im Kaufvertrag nicht wirksam etwas anderes vereinbart worden ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29.05.2013 – VIII ZR 174/12 –),
  • gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren ab Lieferung des Kaufsache.

Nur wenn der Verkäufer dem Käufer den Mangel arglistig verschwiegen hat gilt gemäß §§ 438 Abs. 1 Abs. 3 Satz 1, 195 BGB eine dreijährige Verjährungsfrist.

Warum man sich bei der Buchung eines Fluges vergewissern sollte, dass die Gepäckbeförderung kostenfrei erfolgt

Wer einen Flug bucht, kann nämlich nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Gepäckbeförderung kostenfrei erfolgen wird.

Das hat jedenfalls das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 08.01.2016 – 159 C 12576/15 – entschieden und in einem Fall, in dem ein Reisender

  • bei einem Unternehmen, das ein Flugbuchungsportal anbietet, über dessen Internetportal zwei Flugtickets gekauft und
  • für ein mitgeführtes Aufgabegepäck am Hin- und Rückflug jeweils 40 US-Dollar zusätzlich hatte zahlen müssen,

dessen Klage auf Rückzahlung der zusätzlichen Kosten für die Gepäckstück abgewiesen, weil

  • sich aus den Flugunterlagen nicht ergab, dass die kostenfreie Gepäckbeförderung Vertragsinhalt geworden war,
  • nach den Flug- und Gepäckbestimmungen der gebuchte Tarif lediglich die kostenfreie Mitnahme von je einem Handgepäckstück pro Reisendem beinhaltete und
  • der Reisende nicht hatte nachweisen können dass das beklagte Reiseunternehmen trotzdem zur unentgeltlichen Gepäckbeförderung verpflichtet war.

Um Kosten zu senken, Reisenden aber weiterhin einen attraktiven Preis für die Beförderung anbieten zu können, würden Fluggesellschaften, so das AG, zunehmend dazu übergehen, Leistungen wie Sitzplatzreservierung, Gepäckbeförderung, Bordgastronomie oder die Zurverfügungstellung von Zeitungen nur noch fakultativ gegen Zahlung von Zusatzkosten anzubieten.
Deswegen könne ein Reisender, der einen Flug bucht, ohne entsprechende Zusicherung auch nicht davon ausgehen, dass die Leistung der Gepäckbeförderung kostenfrei erfolgen wird (Quelle: Pressemitteilung des AG München 53/16 vom 08.07.2016).