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Angebot der gegnerischen Haftpflichtversicherung die Anmietung eines Mietwagens zu vermitteln muss angenommen werden

Ein Geschädigter, dessen Pkw bei einem Verkehrsunfall reparaturbedürftig beschädigt worden ist, kann,

  • wenn er auf ein ihm „ohne weiteres“ zugängliches Angebot der generischen Haftpflichtversicherung, ihm einen klassengleichen Mietwagen zu vermitteln, nicht eingeht,
  • sondern stattdessen bei einer (anderen) Autovermietung ein seinem unfallbeschädigten PKW vergleichbares Mietfahrzeug anmietet,

nur die Mietwagenkosten ersetzt verlangen,

  • die ihm bei Wahrnehmung des Vermittlungsangebots der gegnerischen Haftpflichtversicherung entstanden wären.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 563/15 – entschieden.

Wie der Senat ausgeführt hat, kann ein Geschädigter, dessen Pkw bei einem Verkehrsunfall reparaturbedürftig beschädigt worden ist, vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als erforderlichen Herstellungsaufwand

  • grundsätzlich den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen,
  • die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte.

Hierbei ist der Geschädigte nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten,

  • im Rahmen des ihm Zumutbaren
  • von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann (vgl. etwa BGH, Urteile vom 02.02.2010 – VI ZR 139/08 – und vom 18.12.2012 – VI ZR 316/11 –).

Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Tarif erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, kann ausnahmsweise dann offen bleiben, wenn feststeht,

  • dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation „ohne weiteres“ zugänglich gewesen wäre,
  • so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2010 – VI ZR 139/08 –).

Wer muss beweisen, ob ein ärztlicher Fehler ursächlich für einen Gesundheitsschaden war?

Hat es sich bei dem ärztlichen Fehler, der dem Arzt unterlaufen ist,

  • um einen groben Behandlungsfehler gehandelt und
  • war dieser geeignet bei dem behandelten Patienten einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen,

muss regelmäßig der Arzt beweisen,

  • dass der Behandlungsfehler nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden des Patienten gewesen ist.

Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt nämlich regelmäßig zur Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden (vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 27.04.2004 – VI ZR 34/03 –; vom 16.11.2004 – VI ZR 328/03 –; vom 08.01.2008 – VI ZR 118/06 – und vom 10.05.2016 – VI ZR 247/15 –).

Dasselbe gilt, wenn

  • ein Befunderhebungsfehler vorgelegen hat und
  • bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt.

Auch dann muss der Arzt beweisen, dass der Befunderhebungsfehler nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden gewesen ist.
Bei einem Befunderhebungsfehler tritt nämlich eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität auch dann ein, wenn bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt (vgl. BGH, Urteile vom 13.01.1998 – VI ZR 242/96 –; vom 29.09.2009 – VI ZR 251/08 –; vom 13.09.2011 – VI ZR 144/10 –; vom 02.07.2013 – VI ZR 554/12 –; vom 21.01.2014 – VI ZR 78/13 –; vom 24.02.2015 – VI ZR 106/13 – und vom 10.05.2016 – VI ZR 247/15 –).

Aber auch in Fällen,

  • in denen die Unterlassung der Befunderhebung nicht grob fehlerhaft war,

muss der Arzt dann beweisen, dass die Unterlassung der Befunderhebung nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden gewesen ist, wenn

  • sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte,
  • sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellt und
  • diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen,
    • wobei der Eintritt eines solchen Gesundheitsschadens nicht wahrscheinlich zu sein braucht.
    • Nur wenn jeglicher haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist, ist nicht der Arzt, sondern der Patient beweispflichtig.

Dazu, dass auch eine nicht grob fehlerhafte Unterlassung der Befunderhebung zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen vgl. BGH, Urteile vom 13.02.1996 – VI ZR 402/94 –; vom 27.04.2004 – VI ZR 34/03 –; vom 13.09.2011 – VI ZR 144/10 –; vom 02.07.2013 – VI ZR 554/12 –; vom 21.01.2014 – VI ZR 78/13 –; vom 24.02.2015 – VI ZR 106/13 – und vom 10.05.2016 – VI ZR 247/15 –).

Diese Grundsätze über die Beweislastumkehr für den Kausalitätsbeweis, die von der Rechtsprechung entwickelt und vom Gesetzgeber in § 630h Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) übernommen worden sind, finden allerdings grundsätzlich nur Anwendung,

  • soweit durch den Fehler des Arztes
  • unmittelbar verursachte haftungsbegründende Gesundheitsverletzungen (Primärschäden) in Frage stehen.

Für den Kausalitätsnachweis für Folgeschäden (Sekundärschäden),

  • die erst durch die infolge des Behandlungsfehlers eingetretene Gesundheitsverletzung entstanden sein sollen,

gelten sie nur dann, wenn

  • der Sekundärschaden eine typische Folge des Primärschadens ist.

Die haftungsbegründende Kausalität betrifft

  • die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutsverletzung,
  • also für den so genannten Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheitlichen Befindlichkeit.

Dagegen betrifft die haftungsausfüllende Kausalität

  • den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Rechtsgutsverletzung (dem Primärschaden) und weiteren Gesundheitsschäden.

Bei einer unterlassenen oder unzureichenden Befunderhebung ist Rechtsgutsverletzung (Primärschaden), auf die sich die haftungsbegründende Kausalität ausrichtet,

  • nicht die nicht rechtzeitige Erkennung einer bereits vorhandenen behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung,
  • sondern die infolge der unterlassenen oder unzureichenden Befunderhebung entstandene gesundheitliche Befindlichkeit in ihrer konkreten Ausprägung,
    • wobei zu dieser gesundheitlichen Befindlichkeit in ihrer konkreten Ausprägung auch ein dadurch etwa geschaffenes oder erhöhtes Risiko des Patienten einen weiteren Schaden zu erleiden, gehört (BGH, Urteil vom 02.07.2013 – VI ZR 554/12 -).

Fußball-Fan, der sein Revier als Fan mit Aufklebern markiert hat, nach Jugendrecht verurteilt

Weil ein Fan des FC Bayern München,

  • um sein Revier als FC Bayern-Fan zu markieren, an der Telefonzelle in der Südlichen Auffahrtsallee auf Höhe der Hubertusstraße in München einen Aufkleber mit der Aufschrift „Minga, Oida“ im Format 7,2 mal 5 Zentimeter und an der Ampel in der Südlichen Auffahrtsallee auf Höhe des Anwesens Nummer 59 in München einen Aufkleber mit einer Größe von 9,5 mal 9,5 Zentimeter mit der Aufschrift „Auf die Bayern“ angebracht sowie
  • einen, von einem anderen beim Geldabheben im Ausgabeschacht des Geldautomaten der Stadtsparkasse München am Rotkreuzplatz vergessenen 100 Euro Schein eingesteckt hatte, um sich mit dem Geld Eintrittskarten für ein Basketballspiel zu kaufen,

hat das Amtsgericht (AG) München ihm mit Urteil vom 27.04.2016 – 1033 Ds 466 Js 200725/15 – wegen Sachbeschädigung und Diebstahls

  • auferlegt 100 Euro zu zahlen sowie 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit zu leisten und
  • angewiesen, an einem Beratungsgespräch des Jugendinformationszentrums teilzunehmen.

Die Verurteilung des zur Zeit der Hauptverhandlung 21-jährigen Münchners, der zum Zeitpunkt der Sachbeschädigungen Heranwachsender und zum Zeitpunkt des Diebstahls schon Erwachsener war, erfolgte deshalb noch nach Jugendrecht, weil zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls als er die Sachbeschädigungen beging, bei ihm noch deutliche Reifeverzögerungen vorlagen und diese Taten durchaus Züge einer Jugendverfehlung aufwiesen (Quelle: Pressemitteilung des AG München 50/16 vom 27.06.2016).

Zum Verständnis:
Jugendlicher ist,

  • wer zur Tatzeit Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt ist.

Heranwachsender ist,

  • wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist (vgl. § 1 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz (JGG)).

Nicht nach Erwachsenenrecht, sondern noch nach Jugendrecht verurteilt wird ein Heranwachsender dann, wenn

  • die Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen (also einem noch nicht Achtzehnjährigen) gleichstand oder
  • es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt (vergl. § 105 Abs. 1 JGG).

Werden, wie im obigen Fall des AG München, Straftaten gleichzeitig abgeurteilt, auf die

  • teils Jugendstrafrecht anzuwenden ist, wie auf die Sachbeschädigungen, weil bei dem zu diesem Zeitpunkt noch Heranwachsenden nach Auffassung des Gerichts die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 JGG vorgelegen haben und
  • teils Erwachsenenstrafrecht, weil der Täter bei dem Diebstahl schon über 21 Jahre und somit Erwachsener war,

gilt nach § 32 JGG

  • einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafrecht zu beurteilen wären und
  • wenn dies nicht der Fall ist, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden.

Weisungen sind Erziehungsmaßegeln (§ 9 Nr. 1 JGG), Auflagen sind Zuchtmittel (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 JGG), die erteilt werden, wenn

  • wegen der Schwere der Schuld die Verhängung von Jugendstrafe nicht geboten und
  • Erziehungsmaßregeln sowie/oder Zuchtmittel bei dem Jugendlichen bzw. bei dem noch nach Jugendrecht zu ahndenden Heranwachsenden zur Erziehung ausreichend sind (§ 17 Abs. 2 JGG).

Arzt darf nicht so behandeln wie der Patient es verlangt

Verstößt eine vom Patienten verlangte Behandlung gegen den medizinischen Standard, muss ein Arzt sie ablehnen.

Das und

  • dass ein vom Patienten gewünschtes behandlungsfehlerhaftes Vorgehen eines Arztes auch durch eine eingehende ärztliche Aufklärung über die möglichen Behandlungsfolgen nicht legitimiert wird,

hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 26.04.2016 – 26 U 116/14 – entschieden und in einem Fall einen Zahnarzt zur Zahlung von Schadensersatz sowie Schmerzensgeld und Rückerstattung des geleisteten Zahnarzthonorars an eine Patientin verurteilt, weil er

  • bei der Patientin eine CMD (craniomandibuläre Dysfunktion) zunächst hatte fachgerecht therapieren wollen,
  • von ihm auf Wunsch der Patientin dann aber mit der endgültigen Frontzahnsanierung behandlungsfehlerhaft zu früh begonnen, hierdurch die Bisshöhe falsch festgelegt worden und es zu einer irreparablen Kompression der Kiefergelenke gekommen war.

Ein Arzt kann sich danach im Falle eines behandlungsfehlerhaften Vorgehens nicht darauf berufen, dass der Patient dieses ausdrücklich verlangt habe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 27.06.2016).

Was ist die Folge, wenn ein Sachmängelhaftungsausschluss vereinbart wurde und einer von mehreren Verkäufern einen Mangel arglistig verschwiegen hat?

Verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können sich sämtliche Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.

Das hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 150/15 – entschieden.

Danach ist es bei einer solchen Fallgestaltung allen Verkäufern, also auch einem nicht arglistig handelnden Mitverkäufer verwehrt, sich auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss zu berufen.

Allerdings ist ein nicht arglistig handelnder Mitverkäufer schadensersatzpflichtig gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 BGB nur dann, wenn das für die Schadensersatzpflicht erforderliche und auf den Verkauf der mangelhaften Sache bezogene Verschulden im Sinne von § 276 BGB (auch bei ihm) vorliegt, wobei

  • dieses Verschulden gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst vermutet wird und
  • der nicht arglistig handelnde Mitverkäufer die Vermutung, zumindest fahrlässig gehandelt zu haben, entkräften muss.

Haftet Wartepflichtiger, der einem schneller als erlaubt Fahrenden die Vorfahrt nimmt, bei Unfall mit?

Kommt es zu einem Unfall, weil

  • der auf der bevorrechtigten Straße fahrende Fahrzeugführer vor dem Zusammenstoß die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten und
  • ein anderer, von einer untergeordneten Straße kommender und wartepflichtiger Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeit des Vorfahrtsberechtigten falsch eingeschätzt und geglaubt hat, es noch vor diesem über die Straße zu schaffen,

kann die Geschwindigkeitsüberschreitung des Vorfahrtsberechtigten in der Regel nicht dessen alleinige Haftung rechtfertigen.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 23.02.2016 – 9 U 43/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • ein vorfahrsberechtigter, statt zulässiger 50 km/h, 121 km/h schnell fahrender Motorradfahrer mit einem ca. 250 m vor ihm aus einer rechtsseitig gelegenen, untergeordneten Autobahnabfahrt nach links abbiegenden Pkw-Fahrer zusammengestoßen war,

auf eine Haftungsverteilung von 30 % zu 70 % zu Lasten des vorfahrtsberechtigten Motoradfahrers erkannt.

Dass der Motorradfahrer wegen seines überwiegenden Verschuldens nicht allein haftet, sondern in diesem Fall eine 30 %ige Haftung des Pkw-Fahrers für das Unfallgeschehen gerechtfertigt ist, hat der Senat damit begründet, dass

  • zwar auf Seiten des Motorradfahrers die unfallursächliche, massive Tempoüberschreitung zu berücksichtigen sei,
  • aber auch auf Seiten des Pkw-Fahrers ein schuldhaftes Verhalten deshalb vorliege, weil
    • das herannahende Motorrad für den Pkw-Fahrer bei Beginn des Abbiegevorgangs zu sehen gewesen sei und
    • er bei ausreichender Beobachtung die erhebliche Geschwindigkeit des Motorrads hätte erkennen können sowie demzufolge zuwarten müssen.

Abgesehen davon hätte der Pkw-Fahrer auch keinesfalls, wie in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall geschehen,

  • langsam und mit nur geringer Beschleunigung abbiegen dürfen,
  • sondern – wenn überhaupt – zügig anfahren müssen.

In beiden dieser Fälle,

  • beim Zuwarten und
  • laut Angaben des vom Senat befragten Sachverständigen, auch beim zügigen Abbiegen,

wäre der Zusammenstoß vermieden worden (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 24.06.2016).

Was Wohnungseigentümer, die neue Wohnungsfenster einbauen lassen wollen, wissen sollten

In einer Wohnungseigentumsanlage stehen die Fenster der Eigentumswohnungen nebst den Rahmen zwingend im Gemeinschaftseigentum, so dass, sofern in der Teilungserklärung nichts Gegenteiliges vereinbart ist, für den Austausch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuständig ist.

Zuständig für die Erneuerung von Fenstern bleibt die Eigentümergemeinschaft auch dann, wenn in der Gemeinschaftsordnung bestimmt ist,

  • dass die Eigentümer mit Ausnahme des Außenanstrichs der Außenfenster, der Sache der Eigentümergemeinschaft ist, zur Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster verpflichtet sind.

Denn behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung. Mit einer solchen Regelung wollen die Wohnungseigentümer nämlich die einheitliche Außenansicht des Gebäudes sicherstellen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 07.11.2014 – 481 C 12070/14 WEG – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem in der Gemeinschaftsordnung bestimmt war,
    • dass die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Außenanstrichs der Außenfenster, der Sache der Eigentümergemeinschaft ist, zur Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster verpflichtet sind und
    • der Wohnungseigentümer die äußere Gestalt des Bauwerks oder seine im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bestandteile – insbesondere die Farbe der außerhalb des Sondereigentums sichtbaren Anstriche – nicht ändern darf,
  • ein Wohnungseigentümer in seiner Wohnung, ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft, die alten Holz-Alu-Fenster, die keinen Mittelsteg hatten und flächenbündig sowie alufarben waren, hatte austauschen lassen gegen weiße Kunststofffenster mit Mittelsteg sowie ohne rahmen- und flächenbündiger Ausführung,

auf eine entsprechende Klage der Eigentümergemeinschaft gegen den Miteigentümer entschieden,

Ist für den Austausch von Fenstern in den Eigentumswohnungen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuständig, sind Wohnungseigentümer, die vorhandene Fenster ausbauen und neue einbauen lassen wollen, danach gut beraten wenn sie sich vor einer solchen baulichen Veränderung diese von der Eigentümergemeinschaft durch Beschluss genehmigen lassen.

Wird mit Schrittgeschwindigkeit gefahren, muss Sicherheitsgurt nicht angelegt sein

Dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte während der Fahrt angelegt sein müssen, gilt u. a. nach § 21a Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrs-Ordnung nicht „für Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen“.

Unangeschnallt soll danach auch fahren dürfen, ohne dass ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen §§ 21a Abs.1, 49 Abs. 1 Nr. 20a StVO, 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG) vorliegt,

  • wer im fließenden Verkehr auf einer Straße unterwegs ist, auf der üblicherweise schneller als mit Schrittgeschwindigkeit gefahren wird,
  • wenn er (dort) lediglich Schrittgeschwindigkeit fährt.

Das hat das Amtsgericht (AG) Lüdinghausen mit Urteil vom 30.05.2016 – 19 OWi-89 Js 968/16-92/16 – entschieden und einen Autofahrer,

  • der ohne angeschnallt gewesen zu sein, in Schrittgeschwindigkeit einen Kreisverkehr durchfahren hatte, um unmittelbar danach auf einen Parkstreifen zu fahren,

vom Vorwurf gegen die Vorschrift über das Anlegen von Sicherheitsgurten verstoßen zu haben, freigesprochen.

Kann Bausparkasse zuteilungsreifen, nicht in Anspruch genommenen Bausparvertrag kündigen?

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm vertritt dazu die Auffassung, dass ein zuteilungsreifer Bausparvertrag mit festem Sollzinssatz nach mehr als 10jähriger Nichtinanspruchnahme von der Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gekündigt werden kann (vgl. Beschluss vom 30.12.2015 – 31 U 191/15 – und Urteile vom 22.06.2016 – 31 U 234/15, 31 U 271/15 und 31 U 278/15 –).

Im Gegensatz dazu ist das OLG Stuttgart der Ansicht, dass die Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Kündigungen von Bausparverträgen durch Bausparkassen keine Anwendung findet (vgl. Urteile vom 30.03.2016 – 9 U 171/15 – und vom 04.05.2016 – 9 U 230/15 –).

Da die Rechtslage, ob Bausparkassen in solchen Fällen zur Kündigung berechtigt sind oder nicht, somit derzeit ungeklärt ist und die umstrittene Rechtsfrage erst vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden werden wird, sollten Bausparer, wenn ihr Bausparvertrag von der Bausparkasse gekündigt wird, anwaltschaftlichen Rat dazu einholen, wie sie sich (zwischenzeitlich) verhalten sollen.

Werbung für Schönheitsoperationen mit Vorher-/Nachher-Bildern ist unzulässig

Der für Wettbewerbssachen zuständige 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz hat mit Urteil vom 08.06.2016 – 9 U 1362/15 – den Eigentümer einer Klinik,

  • in der Schönheitsoperationen durchgeführt werden und
  • der auf einer Internetseite seine Leistungen unter anderem durch eine Zusammenstellung von Bildern päsentiert hatte, die Patientinnen vor und nach einem von ihm durchgeführten plastisch-chirurgischen Eingriff zeigen,

dazu verurteilt, es künftig zu unterlassen, für Schönheitsoperationen mit diesen sog. Vorher-/Nachher-Bildern zu werben.

Zur Begründung verwies der Senat auf die Bestimmung des § 11 Absatz 1 Satz 3 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), nach der für Schönheitsoperationen nicht mit einer vergleichenden Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden darf.
Da danach die Werbung mit Vorher-/Nachher-Bildern ausnahmslos verboten ist, änderte sich an der der Unzulässigkeit der Bilddarstellung nach Auffassung des Senats auch dadurch nichts, dass die Bilder auf der Internetseite erst nach einer Registrierung aufgerufen werden konnten und im Übrigen darauf hingewiesen wurde, dass das Bildmaterial nur den Patienten zugänglich gemacht werden soll, die sich schon eingehend informiert haben (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz vom 22.06.2016).