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Kann Baulärm auf Nachbargrundstück zu Mietminderung berechtigen?

Mit Urteil vom 16.06.2016 – 67 O 76/16 – hat die 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin in einem Fall,

  • in dem ein Mieter eine Wohnung gemietet hatte und
  • nach Mietbeginn auf dem benachbarten Grundstück, auf einer dortigen, ursprünglich mit Bäumen bewachsenen Baulücke, eine Tiefgarage und ein Gebäude errichtet worden waren,

entschieden, dass der Mieter,

  • wegen der durch die Baumaßnahmen auf dem Nachbargrundstück bedingten erheblichen Bauimmissionen (Lärm, Staub und Erschütterungen nicht nur wochentags, sondern zeitweise auch am Wochenende),
  • für die Dauer der Baumaßnahmen berechtigt ist, die Miete um 20 Prozent zu mindern.

Begründet hat das LG dies damit, dass

  • die Mietvertragsparteien bei Vertragsschluss stillschweigend vereinbart hätten, dass die gemietete Wohnung den üblichen Mindeststandard, der auch ein gesundheitlich unbedenkliches Wohnen gewährleiste, einhalte und,
  • auch wenn gerade in Großstädten Baumaßnahmen nicht unüblich seien, die ganz überwiegende Mehrzahl der Mietwohnungen doch von solchen Beeinträchtigungen nicht betroffen und mithin der konkludent vereinbarte Standard während der Bauphase hier bei weitem unterschritten worden sei.

Dass der Vermieter über keine rechtlichen Möglichkeiten verfüge, die Beeinträchtigungen abzuwehren oder von dem Nachbarn eine Entschädigung zu verlangen, rechtfertige, so das LG weiter, ebenso wenig eine andere Beurteilung wie der Umstand, dass der Mieter bei Mietbeginn fahrlässig nicht an eine spätere Bebauung der benachbarten Baulücke und die damit verbundenen Bauimmissionen gedacht habe.

Die sog. „Bolzplatzentscheidung“ des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14 –), nach der unter bestimmten Voraussetzungen zu Lasten des Mieters nach Vertragsschluss auftretende Immissionen nicht zu berücksichtigen sind, hat das LG vorliegend nicht für einschlägig erachtet (Quelle Pressemitteilung des LG Berlin 32/2016 vom 17.06.2016).

19-jähriger Feuerwehrmann wegen Brandstiftung zu Jugendstrafe und Schadensersatz verurteilt

Ein 19-Jähriger, der Mitglied der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr war und der, weil er einen Feuerwehreinsatz provozieren wollte, bei dem er sich beweisen konnte,

  • einen vor einer Gewerbehalle einer Holzbearbeitungsfirma stehenden Müllcontainer entzündet hatte,
  • wodurch auch die Gewerbehalle in Brand geraten und trotz des eingeleiteten Feuerwehreinsatzes bis zur Bodenplatte vollständig ausgebrannt war,

ist

  • wegen Brandstiftung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe verurteilt worden und
  • muss, wie der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit rechtskräftigen Beschlüssen in den Verfahren 9 U 117/15 und 9 U 232/15, jeweils vom 16.02.2016 und vom 01.04.2016 entschieden hat, auch die durch den Brand verursachten Schäden in vollem Umfang ersetzen,

da, nach der Überzeugung des Senats, der Müllcontainer von dem 19-Jährigen absichtlich entzündet, das Abbrennen der Gewerbehalle dabei mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen worden und seine zivilrechtliche Verantwortlichkeit bei der Tatbegehung weder ausgeschlossen noch gemindert war.

Das bedeutet, der 19-Jährige muss

  • der Gebäudeversicherung die von ihr der Holzverarbeitungsfirma zur Regulierung des Gebäudeschadens gezahlten ca. 228.000 Euro erstatten und
  • der Holzverarbeitungsfirma ihre nicht durch Versicherungsleistungen abgedeckten Schäden (insgesamt ca. 50.000 Euro), u.a. weitere Gebäudeschäden sowie Schäden an der Betriebseinrichtung und den Vorräten, die sie nach den insoweit bestehenden Versicherungen als Selbstbehalt tragen muss, ersetzen (Quelle Pressemitteilung des OLG Hamm vom 15.06.2016).

Makler dürfen für Wohnungsbesichtigung von Wohnungssuchenden kein Geld verlangen

Darauf hat das Landgericht (LG) Stuttgart mit Urteil vom 15.06.2016 – 38 O 73/15 Kfh sowie 38 O 10/16 Kfh – hingewiesen und einen Immobilienmakler,

  • der von Wohnungsinteressenten, die alleine oder in Kleingruppen eine zur Anmietung angebotene Wohnung besichtigen wollten, eine Gebühr von 35 Euro verlangt hatte,

auf entsprechende Klagen des Mietervereins Stuttgart und der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hin, verurteilt,

  • diese Praxis zu unterlassen.

Eine solche „Gebührenerhebung“ ist nach der Entscheidung des LG wegen Umgehung des sogenannten Bestellerprinzips bei Wohnungsmaklern, nach dem der Auftraggeber des Maklers die Kosten tragen muss, unzulässig und zwar unabhängig davon wie sich der Makler im Einzelfall bezeichnet.

Die Entscheidung bedeutet für Wohnungssuchende, die in vergleichbaren Fällen für eine Wohnungsbesichtigung an einen Makler eine Gebühr zahlen mussten, dass sie einen Anspruch auf Rückzahlung dieser Gebühr haben (Quelle: Nachricht der LTO-Redaktion vom 15.06.2016).

Beim Autokauf ist das Fehlen einer zugesagten Herstellergarantie ein Sachmangel

Besteht entgegen der Angabe des Verkäufers bei einem gekauften Kraftfahrzeug eine Herstellergarantie nicht, stellt dies einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar, der den Käufer zum Rücktritt berechtigen kann.

Darauf hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 15.06.2016 – VIII ZR 134/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Kläger von einem Kraftfahrzeughändler einen Gebrauchtwagen gekauft hatte, der von diesem zuvor auf einer Internetplattform zum Verkauf angeboten und dort mit einer noch mehr als ein Jahr laufenden Herstellergarantie beworben worden war.

Wie der Senat ausgeführt hat, kann,

  • da als Beschaffenheitsmerkmale einer Kaufsache nicht nur die Faktoren anzusehen sind, die ihr selbst unmittelbar anhaften, sondern vielmehr auch all jene Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben und
  • das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Kraftfahrzeug, nachdem ihr beim Autokauf regelmäßig sogar ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht zukommt, diese Voraussetzungen erfüllt,

das Fehlen der beworbenen Herstellergarantie demzufolge einen Mangel des verkauften Gebrauchtwagens begründen (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 105/2016 vom 15.06.2016).

Was ein Autokäufer wissen sollte

Der Käufer eines Gebraucht- oder Neuwagens kann, wenn das Fahrzeug bei Übergabe mangelhaft war, gegen den Verkäufer aufgrund des zwischen des Parteien geschlossenen Kaufvertrages die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche nach §§ 433, 434, 437 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend machen.
Danach kann der Käufer vom Verkäufer, sofern die Gewährleistung im Kaufvertrag nicht wirksam ausgeschlossen worden ist und vom Verkäufer nicht die Einrede der Verjährung erhoben werden kann,

  • vorrangig grundsätzlich lediglich Nacherfüllung nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB verlangen und
  • nur unter den (zusätzlichen) in § 437 Nr. 2 BGB bzw. § 437 Nr. 3 BGB genannten Voraussetzungen vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern und Schadensersatz fordern.

Solche kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche hat der Käufer gegen den Hersteller des Fahrzeugs nicht, weil diese einen Kaufvertrag zwischen den Parteien voraussetzen.

Ansprüche des Käufers gegen den Hersteller des Fahrzeugs bestehen grundsätzlich nur, wenn der Hersteller eine (freiwillige) Garantieerklärung abgegeben hat, die auch im Kaufvertrag enthalten sein kann.

Dann kann der Käufer

  • neben den Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer
  • auch Ansprüche aus § 443 Abs. 1 BGB i.V.m. dieser Herstellergarantie dieser gegen den Fahrzeughersteller geltend machen.

Aber aufgepasst:

Solche Herstellergarantien sind nicht zeitlich sondern regelmäßig auch in ihrem Umfang beschränkt.

Meist geben die Herstellergarantien dem Berechtigten nur einen

  • Anspruch auf kostenlose Nachbesserung eines vom Hersteller zu vertretenden Material- oder Herstellungsfehlers durch Reparatur oder durch Austausch eines defekten Teiles,
  • mitunter auch nur einen Kostenerstattungsanspruch.

Ist nach den Garantiebedingungen von der Herstellergarantie nur ein Austausch fehlerhafter Teile umfasst, können Ansprüche auf Schadensersatz oder Rücktritt nicht aus den Garantiebedingungen hergeleitet werden.
Denn der Anspruch aus der Garantieerklärung des Herstellers ist ein vom Kaufrecht unabhängiger Erfüllungsanspruch aus der Garantie, mit der Folge, dass der Garantienehmer auch dann nicht auf die sekundären Mängelrechte nach § 437 BGB zurückgreifen kann, wenn die Garantieleistung, z.B. wegen Unmöglichkeit oder Verweigerung der Garantie, ausbleibt (Landgericht (LG) Köln, Urteil vom 01.03.2012 – 27 O 341/11 –).
Auch kann durch eine entsprechende Klausel in einer formularmäßigen Vereinbarung über eine Herstellergarantie die Geltendmachung von Ersatzansprüchen für Sachschäden wegen nicht oder nicht ordnungsgemäß im Rahmen der Garantie ausgeführter Nachbesserung wirksam ausgeschlossen werden (LG Köln, Urteil vom 05.11.2015 – 15 O 76/15 –).

Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, wer hat die Kosten für die Reinigung von Hygienekleidung zu tragen?

In lebensmittelverarbeitenden Betrieben gehört es zu den Pflichten des Arbeitgebers nicht nur dafür zu sorgen,

  • dass seine Arbeitnehmer saubere und geeignete Hygienekleidung tragen,

sondern auch, jedenfalls sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist,

  • die Kleidung auf eigene Kosten reinigen zu lassen.

Darauf hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 14.06.2016 – 9 AZR 181/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der Betreiber eines Schlachthofes seinen im Bereich der Schlachtung beschäftigten Arbeitnehmern für ihre Tätigkeit weiße Hygienekleidung zur Verfügung gestellt und
  • ihnen für die Reinigung dieser Kleidung monatlich 10,23 Euro vom Nettolohn abgezogen hatte,

entschieden,

  • dass diese Abzüge unberechtigt sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • nach Anhang II Kapitel VIII Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vom 29.04.2004 über Lebensmittelhygiene und gemäß Nr. 3 Buchst. b der Anlage 2 zu § 5 Abs. 1 Satz 1 der nationalen Lebensmittelhygiene-Verordnung Personen, die in einem Bereich arbeiten, in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird, geeignete und saubere Arbeitskleidung tragen müssen,
  • nach Nr. 5.1 der Anlage 1.1 der Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung von Hygienevorschriften für Lebensmittel und zum Verfahren zur Prüfung von Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis (AVV Lebensmittelhygiene – AVV LmH) die Arbeitskleidung geeignet ist, wenn sie hell, leicht waschbar und sauber ist und die persönliche Kleidung vollständig bedeckt,
  • die erforderliche Reinigung dieser Arbeitskleidung somit im Interesse des Arbeitgebers vorgenommen wird und

die Arbeitnehmer aufgrund dessen auch nicht verpflichtet sind die für die Reinigung aufgewendeten Kosten zu tragen bzw. diese dem Arbeitgeber gemäß § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu erstatten (Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 31/16 vom 14.06.2016).

Was Krankenhauspatienten, insbesondere bei Vereinbarung von Chefarztbehandlung, wissen sollten

Nach den Vorschriften des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) werden vollstationäre und teilstationäre Leistungen der DRG-Krankenhäuser nach dem KHEntgG und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz vergütet, § 1 Abs. 1 KHEntgG.
Unter den Oberbegriff der Krankenhausleistungen fallen dabei allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen, § 2 Abs. 1 Hs. 2 KHEntgG. Grundsätzlich werden alle voll- und teilstationär erbrachten Krankenhausleistungen durch Pflegesätze vergütet, §§ 17, 2 Nr. 2 KHG.
Detailregelungen zu den Wahlleistungen, welche nur unter bestimmten Voraussetzungen gesondert berechnet werden dürfen, enthält § 17 KHEntgG.

Nach § 17 KHEntgG kann ein Krankenhauspatient eine Vereinbarung über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen mit dem Krankenhausträger treffen und

  • auf diese Weise – gegen Zahlung eines zusätzlichen Honorars – sicherstellen,
  • dass ihm die persönliche Zuwendung und besondere Qualifikation und Erfahrung des von ihm gewählten liquidationsberechtigten Arztes zuteil wird („Chefarztbehandlung“), und
  • zwar ohne Rücksicht darauf, ob er nach Art und Schwere der Erkrankung auf die Behandlung durch einen besonders qualifizierten Arzt angewiesen ist.

Der Kreis der in Betracht kommenden Wahlärzte wird durch §§ 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG festgelegt.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz KHEntgG ist in der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 schriftlich abzuschließenden Wahlleistungsvereinbarung darauf hinzuweisen, dass eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen

  • sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses erstreckt,
  • soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses.

Wird in einer Wahlleistungsvereinbarung der Kreis der liquidationsberechtigten Ärzte gegenüber den Vorgaben des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntG erweitert,

  • ist dies unzulässig,
  • mit der Rechtsfolge, dass die Wahlleistungsvereinbarung insgesamt unwirksam ist,
  • was auch die Unwirksamkeit des sog. „Chefarztvertrages“ zur Folge hat.

Darauf hat das Landgericht (LG) Stuttgart mit Urteil vom 04.05.2016 – 13 S 123/15 – hingewiesen und eine Wahlleistungsvereinbarung, in der es hieß,

  • „Ausdrücklich wird nochmals darauf hingewiesen, dass sich die Vereinbarung über zusätzliche wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung beteiligten Ärztlichen Direktoren/Ärzte, soweit diese zur Erbringung wahlärztlicher Leistungen berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen durch Ärzte und ärztlich gerichtete Einrichtungen außerhalb des Klinikums erstreckt (Wahlarztkette nach § 17 Abs. 3 KHEntgG)“,

mit der Begründung für unwirksam erachtet,

  • dass der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG nicht zutreffend, sondern dadurch, dass sich in der Formulierung die Einschränkung auf angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses weder wörtlich noch sinngemäß findet, verkürzt wiedergegeben und
  • durch diese unterbliebene Einschränkung der Kreis der liquidationsberechtigten Ärzte in der Wahlleistungsvereinbarung erweitert worden ist, da unter die Regelung insbesondere auch Honorarärzte, welche aufgrund eines Kooperationsvertrages mit dem Krankenhaus tätig werden, ohne dort angestellt zu sein, Belegärzte oder Konsiliarärzte gefasst werden können.

Die Folge der Unwirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung und damit auch der Unwirksamkeit des sog. „Chefarztvertrages“ war in dem vom LG Stuttgart entschiedenen Fall wiederum, dass dem behandelnden Arzt kein Vergütungsanspruch nach § 612 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. den Regelungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zustand.

Dem familienunterhaltsverpflichteten Ehegatten muss, wenn der andere stationär pflegegebedürftig wird, ein angemessener eigener Unterhalt als Selbstbehalt belassen werden

Ehegatten sind nach § 1360 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten.

  • Der Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB ist ein grundsätzlich wechselseitiger Anspruch unter Ehegatten und setzt das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB voraus.
  • Haben sich Ehegatten getrennt, tritt der Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 1 BGB an die Stelle des Familienunterhalts zwischen Ehegatten.

Da Ehegatten erst dann getrennt leben, wenn

  • zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und
  • ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB),

ergibt sich allein aus dem Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaft ein Getrenntleben der Ehegatten noch nicht. Vielmehr kann eine eheliche Lebensgemeinschaft auch dann bestehen, wenn die Ehegatten einvernehmlich eigenständige Haushalte unterhalten.

  • Daher führt auch die dauerhafte stationäre Pflege eines Ehegatten in einem Pflegeheim für sich genommen nicht zur Trennung der Ehegatten (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 25.01.1989 – IVb ZR 34/88 – ).

Will ein Ehegatte dennoch die Trennung im Sinne von § 1567 BGB herbeiführen, so bedarf es hierzu

  • einer entsprechenden Äußerung oder
  • eines sonstigen für den anderen Ehegatten erkennbaren Verhaltens, das unmissverständlich den Willen zum Ausdruck bringt, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht weiterführen zu wollen.

Anders als beim Trennungsunterhalt und abweichend von der regelmäßigen Rechtsnatur des Unterhalts ist beim Familienunterhalt

  • Leistungsfähigkeit grundsätzlich keine Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs.

Wird allerdings ein familienunterhaltsberechtigter Ehegatte stationär pflegebedürftig,

  • richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente und
  • setzt der Unterhaltsanspruch, abweichend vom Regelfall, auch die Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten voraus.

Dies deshalb, weil dem stationär Pflegebedürftigen in einem solchen Fall aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit ein besonderer, in der Regel existenznotwendiger Bedarf entsteht, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird und der das Einkommen der Ehegatten nicht selten erreichen oder sogar übersteigen wird.
Im Unterschied zum Fall des häuslichen Zusammenlebens muss dem Unterhaltspflichtigen daher auch beim Familienunterhalt der angemessene eigene Unterhalt als Selbstbehalt belassen werden.
Dieser dem Unterhaltsschuldner mindestens zu belassende Eigenbedarf kann in zulässiger Weise nach dem in der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen sogenannten eheangemessenen Selbstbehalt bemessen werden.
Ergibt sich dadurch eine Deckungslücke hinsichtlich der Heimkosten, ist es Aufgabe der Sozialhilfe, im Rahmen der gebotenen Existenzsicherung auch für den noch offenen Betrag durch ergänzende Leistungen aufzukommen.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 27.04.2016 – XII ZB 485/14 – hingewiesen.

Wann hat ein Vermieter das Recht die von ihm vermietete Wohnung zu besichtigen?

Sofern ernsthafte Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt bestehen und abgesehen davon, spätestens alle 5 Jahre, muss ein Mieter die Besichtigung der Mietwohnung durch den Vermieter dulden.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 10.12.2015 – 461 C 19626/15 – entschieden und in einem Fall, in dem,

  • aus einer Mietwohnung über mehr als zwei Wochen unangenehme, nicht definierbare Gerüche ausgetreten waren und die Vermieterin, weil sie Sorge hatte, dass Schimmel, Fäulnis oder gar eine Verwesung Ursache des üblen Geruchs sein könnten, die Wohnung hatte besichtigen wollen und
  • dies vom Mieter abgelehnt worden war,

den Mieter verurteilt, die Besichtigung der Wohnung durch die Vermieterin nach einer Vorankündigung von fünf Werktagen zu dulden.

Nach dieser Entscheidung hat ein Vermieter beispielsweise dann ein Besichtigungsrecht, wenn es in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum zu einem muffigen Geruchsaustritt aus der Mietwohnung gekommen ist, weil dies eine nachhaltige negative Beeinträchtigung der Sachsubstanz durch Schimmelbildung befürchten lässt.

Dass ein Vermieter alle 5 Jahre eine Besichtigung der Mietwohnung verlangen kann, hat das AG damit begründet,

  • dass ein Vermieter nicht auf Dauer von seinem Eigentum und insbesondere der Möglichkeit, den Zustand seines Eigentums zu überprüfen, ausgeschlossen werden könne,
  • nach der allgemeinen Verkehrsanschauung und der allgemeinen Vertragspraxis nach Ablauf von fünf Jahren auch bei bestimmungsgemäßem und vertragsgemäßem Gebrauch eine solche Abnutzung auftreten kann, dass Arbeiten in dem Mietobjekt vorgenommen werden müssen, um eine Substanzschädigung zu vermeiden und
  • durch eine Wohnungsbesichtigung alle fünf Jahre, die vorher angekündigt und schonend vorgenommen werden müsse, ein Mieter auch nicht über Gebühr in seinem Lebensbereich beeinträchtigt werde (Quelle: Pressemitteilung des AG München 45/16 vom 10.06.2016).

Wie darf man sich in einer Notwehrlage verteidigen?

Nach § 32 Strafgesetzbuch (StGB) ist Notwehr die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Liegt eine Notwehrlage vor, weil eine Person rechtswidrig angegriffen wird, ist sie grundsätzlich berechtigt, zur Verteidigung das Abwehrmittel zu wählen, welches eine endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistet.

  • Dabei muss der Angegriffene sich nicht mit der Anwendung weniger gefährlicher Verteidigungsmittel begnügen, wenn deren Abwehrwirkung zweifelhaft ist;
  • auf Risiken braucht er sich nicht einzulassen.
  • Nur wenn mehrere wirksame Mittel zur Verfügung stehen, hat der Verteidigende dasjenige Mittel zu wählen, das für den Angreifer am wenigsten gefährlich ist.

Wann eine weniger gefährliche Abwehrhandlung geeignet ist, die Gefahr zweifelsfrei und sofort endgültig zu beseitigen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 05.10.1990 – 2 StR 347/90 –).

Unter mehreren Verteidigungsmöglichkeiten ist der Angegriffene zudem nur dann auf eine für den Angreifer weniger gefährliche Alternative zu verweisen,

  • wenn ihm genügend Zeit zur Wahl des Mittels sowie zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteile vom 30.06.2004 – 2 StR 82/04 – und vom 27.09.2012 – 4 StR 197/12 –).

Bei einem lebensgefährlichen Waffeneinsatz

  • gegen einen unbewaffneten Angreifer

ist der Angreifer in der Regel gehalten,

  • den Gebrauch der Waffe zunächst anzudrohen oder
  • einen weniger gefährlichen als den lebensbedrohenden Einsatz zu versuchen (BGH, Urteil vom 21.03.1996 – 5 StR 432/95 –).

Nach dem Rechtsbewährungsprinzip des Notwehrrechts entfällt das Notwehrrecht im Allgemeinen auch nicht wegen der Möglichkeit einer Flucht vor dem Angreifer.

Darauf hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 12.04.2016 – 2 StR 523/15 – hingewiesen.