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Gegen Sorgerechtsübertragung auf anderen Elternteil kann sich auch der nicht mehr sorgeberechtigte Elternteil wehren

Wird der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes die elterliche Sorge nach § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vollständig entzogen und zum Amtsvormund das Jugendamt bestellt, ist die Mutter,

  • wenn nachfolgend, auf Anregung des Jugendamtes, das Sorgerecht auf den Vater übertragen wird,
  • gegen diese Entscheidung beschwerdeberechtigt.

Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 27.04.2016 – XII ZB 67/14 – entschieden.

Denn, so der Senat, im Rahmen einer Sorgerechtsentscheidung nach vorausgegangenem Entzug der elterlichen Sorge ist immer auch zu prüfen, ob der von der Maßnahme nach § 1666 BGB betroffene Elternteil die elterliche Sorge wieder erhalten kann.

Nicht immer muss Automobilklub seinen Mitgliedern Abschleppkosten erstatten

Ein Automobilklub kann nämlich in seinen Mitgliedschaftsbedingungen die Kostenübernahme von Abschleppkosten bei einem durch das Mitglied grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Schaden ausschließen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 15.02.2016 – 122 C 23868/15 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Mitglied eines Automobilklubs im Zustand alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit mit seinem Pkw gefahren, wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Straße abgekommen, das Fahrzeug nach dem Unfall durch Vermittlung des Automobilklubs von einem Abschleppunternehmen abgeschleppt worden war und
  • das Mitglied des Automobilklub den Klub auf Erstattung der Abschleppkosten in Höhe von 246,76 Euro verklagt hatte,

die Klage abgewiesen, weil

  • in den Mitgliedschaftsbedingungen geregelt war, dass Kostenfreiheit nicht für Schäden gilt, die vom Mitglied grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt worden sind.

Eine solche Einschränkung der Vereinsleistung sei, so das AG, inhaltlich nicht zu beanstanden und es liege auch, weil der Kläger im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit ein Fahrzeug geführt und infolge überhöhter Geschwindigkeit einen Unfall verursacht habe, (jedenfalls) eine grobe fahrlässige Verletzung seiner Pflichten als Verkehrsteilnehmer vor, die ursächlich für angefallenen Abschleppkosten gewesen seien.

Den Einwand des Klägers, dass er von dem Automobilklub nicht über den Umstand aufgeklärt worden sei, dass eine Kostenübernahme bei einer Blutalkoholkonzentration von über 1,1 Promille nicht in Betracht komme und wenn er dies gewusst hätte, ein kostengünstigerer ortsansässiger Abschleppunternehmer von ihm beauftragt worden wäre, lies das AG nicht gelten, sondern stellte fest, dass eine Verletzung der Hinweispflicht schon deshalb nicht vorliege,

Abgasskandal: LG München I urteilt zu Gunsten Kläger

Dieselgate - VW Abgasskandal

In den Abgasskandal kommt langsam Bewegung. Nachdem VW erste Rückrufe gestartet hat, gibt es auch weitere Entscheidungen zur Möglichkeit einer Rückabwicklung.

LG München I verurteilt Vertragshändler zur Rücknahme Seat wegen Abgasskandal

Nachdem erste Entscheidungen von Gerichten zum Abgasskandal nicht unbedingt zu Gunsten der Kunden ausgefallen sind, gibt es nun offensichtlich ein Urteil des LG München I, in dem eine Rückabwicklung des Kaufvertrages erreicht werden konnte. Aktuelle sind noch keine konkreten Urteilsgründe bekannt. Soweit veröffentlicht, wurde das Fahrzeug im Fall es LG München I jedoch offensichtlich im Mai 2014 gekauft. Es handelte sich um einen Seat IBIZA mit dem Motor EA 189 (1,6 Liter Diesel).

Das LG München I geht nach den derzeitigen Erkenntnissen davon aus, dass der Händler ausreichend Zeit hatte, das Fahrzeug nachzubessern. Rechtsdogmatisch legt das Gericht daher offensichtlich zu Grunde, dass binnen einer angemessenen Frist keine Nachbesserung erfolgt ist. Damit steht das Rücktrittsrecht offen.

Auf Grund des Rücktritts ist der Kaufvertrag sodann rückabzuwickeln. Dies bedeutet, dass der Kaufpreis Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges zu erstatten ist. Der Kunde muss sich gleichzeitig jedoch die gezogenen Nutzen anrechnen lassen. Diese berechnen sich in der Regel aus den gefahrenen Kilometern. Die genaue Höhe wird vom Gericht im Rahmen der richterlichen Würdigung festgesetzt.

Der „Teufel“ liegt im Detail

Die bisherigen Berichte zum Urteil des LG München I klingen für alle vom Abgasskandal betroffenen Kunden erst einmal positiv. Wichtig ist es jedoch stets, den Einzelfall zu prüfen. Zum einen wird man damit rechnen müssen, dass gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt wird. Andere Gerichte hatten hier teils die Auffassung vertreten, der Mangel sei unerheblich. Ein Rücktritt wäre dann nicht ohne weiteres möglich. Weiter hat im Fall des LG München I der Kläger sein Fahrzeug wohl offensichtlich über ein halbes Jahr lang nicht genutzt und damit dokumentiert, dass der Mangel jedenfalls für ihn so erheblich ist, dass er mit dem Fahrzeug nicht mehr fahren möchte. Inwieweit dies für das LG München I ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung gewesen ist, kann erst beurteilt werden, wenn die Urteilsgründe vorliegen.

Der Fall deutet jedoch an, dass jeder Fall im Abgasskandal gesondert überprüft werden sollte. Es macht wenig Sinn, alle Fälle „über einen Kamm“ zu scheren. Gerade wenn die Kunden beim Kauf oder auch durch ihr späteres Verhalten zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie ein besonders umweltschonendes Fahrzeug wünschen, bestehen besonders gute Argumentationsgrundlagen um eine Rückabwicklung anzustreben.

Wir werden die Urteilsgründe – sobald vorliegend – prüfen und sodann berichten.

 

 

Sind „Dashcam“-Aufnahmen als Beweismittel im Straf- und Bußgeldverfahren verwertbar?

Der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart hat dazu jetzt mit Beschluss vom 04.05.2016 – 4 Ss 543/15 – in einer Verkehrsbußgeldsache,

  • in dem der Tatnachweis gegen einen Betroffenen allein aufgrund eines Videos geführt werden konnte, das ein anderer Verkehrsteilnehmer zunächst anlasslos mit einer „Dashcam“ aufgenommen hatte,

entschieden, dass, nachdem § 6b Abs. 3 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) kein Beweisverwertungsverbot für das Straf- und Bußgeldverfahren enthält und aus einem (möglichen) Verstoß gegen diese Vorschrift somit nicht zwingend eine Unverwertbarkeit der Videoaufnahme folgt,

  • eine solche Videoaufnahme jedenfalls für die Verfolgung schwerwiegender Verkehrsordnungswidrigkeiten verwertet werden darf.

Einschränkend festgestellt hat der Senat aber auch, dass die Gerichte über die Verwertbarkeit solcher Aufnahmen jeweils im Einzelfall unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden und im Rahmen der Abwägung dabei zu berücksichtigen haben,

  • einerseits, wie weit und wie intensiv die entsprechende Videoaufnahme des Verkehrsvorganges in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eingreift, beispielsweise ob lediglich ein Verkehrsvorgang dokumentiert und die Identifizierung des Betroffenen mittelbar über das Kennzeichen seines Fahrzeugs ermöglicht worden, also nicht der Kernbereich seiner privaten Lebensgestaltung oder seine engere Privat- oder gar Intimsphäre betroffen und somit der Eingriff als eher gering zu werten ist sowie
  • andererseits, die Schwere des Verkehrsverstoßes, da der Verfolgung schwerer Verkehrsverstöße für die Sicherheit des Straßenverkehrs eine hohe Bedeutung zukommt.

Ferner hat der Senat darauf hingewiesen, dass

  • die Bußgeldbehörden ihrerseits bereits bei Verfahrenseinleitung die Verwertbarkeit derartiger Aufnahmen zu prüfen,
  • a. die Schwere des Eingriffs gegen die Bedeutung und das Gewicht der angezeigten Ordnungswidrigkeit abzuwägen haben und
  • aufgrund des Opportunitätsgrundsatzes (vgl. § 47 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)) ein ausschließlich auf der Ermittlungstätigkeit von Privaten mittels „Dashcam“ beruhendes Verfahren nicht weiter verfolgen müssen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 18.05.2016).

Was erlaubt das Sondernutzungsrecht eines Wohnungseigentümers an einer Gartenterrasse?

Wer Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist, im Bereich seiner Gartenterrasse einen Pool anlegen und dazu eine Baugrube ausheben möchte,

  • bedarf hierzu der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer,
  • wenn in der Teilungserklärung geregelt ist, dass das Sondernutzungsrecht ausschließlich an der Gartenoberfläche und Gartenterrasse besteht.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 18.08.2015 – 484 C 5329/15 WEG – entschieden.

Begründet hat das AG dies damit, dass nach dem Wortlaut der Teilungserklärung das ausschließliche Sondernutzungsrecht an der Gartenoberfläche und Gartenterrasse

  • die zustimmungsfreie Nutzung nur für die Gartenoberfläche erlaubt und
  • nicht für das darunter liegende Erdreich.

Die Teilungserklärung so und nicht anders auszulegen mache auch Sinn, weil sich in dem Erdreich unter der Gartenoberfläche Einrichtungen zur Versorgung des Anwesens befinden könnten.

Für eine beabsichtigte Bepflanzung durch den sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer folgt nach Auffassung des AG daraus, dass

  • eine Bepflanzung, die nicht sehr tief geht und damit nur die Gartenoberfläche berührt, weiter möglich,
  • dagegen eine Bepflanzung mit Pflanzen, die sehr tiefe Wurzeln haben, von der Zustimmung der übrigen Miteigentümer abhängig ist.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 13.05.2016 – 38/16 – mitgeteilt.

Grundstücksbesitzer darf unbefugt abgestelltes Fahrzeug abschleppen lassen

Das sowie dass die Abschleppkosten einschließlich der Vorbereitungskosten vom Halter des auf seinem Privatgrundstück unbefugt abgestellten Fahrzeugs gezahlt werden müssen, hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 11.03.2016 – V ZR 102/15 – entschieden und einen Fahrzeughalter,

  • dessen Fahrzeug nicht von ihm, sondern einem anderen, auf dem Kundenparkplatz eines Verbrauchermarktes abgestellt und
  • wegen Überschreitung der dort erlaubten Höchstparkzeit im Auftrag des Betreibers des Verbrauchermarktes umgesetzt worden war (vgl. BGH, Urteile vom 18.12.2015 – V ZR 160/14 –; vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 –; vom 21.09.2012 – V ZR 230/11 – und vom 05.06.2009 – V ZR 184/08 – dazu, wenn das Parken an bestimmte Bedingungen geknüpft ist und diese nicht eingehalten werden),

zur Zahlung der Kosten für die Umsetzung an das Abschleppunternehmen verurteilt.

Wie der Senat ausgeführt hat, ist der Halter eines Fahrzeugs nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 683 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 670 BGB zum Ersatz der für die Entfernung erforderlichen Aufwendungen verpflichtet, wenn

  • sein Fahrzeug unbefugt auf seinem Privatgrundstück in verbotener Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) abgestellt worden ist und
  • der Grundstücksbesitzer das Fahrzeug im Wege der berechtigten Selbsthilfe entfernen lässt.

Ein Grundstücksbesitzer kann nach § 859 Abs. 1, Abs. 3 BGB nämlich die sofortige Beseitigung einer durch verbotene Eigenmacht begründeten Störung verlangen und ist demzufolge zur Selbsthilfe berechtigt, wenn weder Halter noch Fahrer des Fahrzeugs binnen kurzer Zeit ermittelt werden können und die einzige Möglichkeit, den rechtswidrigen Zustand unmittelbar zu beseitigen, somit in dem Anschleppen des Fahrzeugs besteht.

Da für die durch das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück begründete verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB

  • nicht nur der Fahrer,
  • sondern ebenfalls der Halter des Fahrzeugs verantwortlich ist und dieser damit von seiner Verpflichtung das Fahrzeug zu entfernen gemäß § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. gemäß § 861 Abs. 1 BGB frei wird,

entspricht in einem solchen Fall die Übernahme der Entfernungspflicht durch den Grundstücksbesitzer auch dem objektiven Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Fahrzeughalters.

Demzufolge

  • hat ein Grundstücksbesitzer, der mit dem Abschleppen ein Unternehmen beauftragt, gemäß § 257 Satz 1 BGB Anspruch auf Freistellung von den Verbindlichkeiten gegenüber dem Abschleppunternehmen bzw.
  • wenn er seinen Anspruch gegen den Fahrzeughalter an den Abschleppunternehmer abgetreten hat, hat dieser, weil der Freistellungsanspruch sich mit der Abtretung in einen Zahlungsanspruch umwandelt (BGH, Urteil vom 02.12.2012 – V ZR 30/11 –), gegen den Fahrzeughalter einen Anspruch auf Zahlung der üblichen Abschleppkosten und der Kosten für vorbereitende Maßnahmen (vgl. BGH, Urteile vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 – und vom 02.12.2011 – V ZR 30/11 –, jeweils zu der Frage der Ersatzfähigkeit der Aufwendungen im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs des Grundstücksbesitzers).

Beschäftigte haben grundsätzlich, aber nicht uneingeschränkt, Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz

Da die Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) davon ausgeht, dass Passivrauchen die Gesundheit gefährdet, verpflichtet § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV Arbeitgeber dazu, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden.

  • Demzufolge haben Beschäftigte grundsätzlich Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz.
  • Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt.

Nach § 5 Abs. 2 ArbStättV muss der Arbeitgeber nämlich Schutzmaßnahmen nur insoweit treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung dies zulassen.

  • Das bedeutet, dass bei Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr der Arbeitgeber lediglich verpflichtet ist, die durch das Passivrauchen gegebene Gefährdung der Gesundheit der nicht rauchenden Beschäftigten durch geeignete Maßnahmen zu minimieren.

Darauf hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 10.05.2016 – 9 AZR 347/15 – hingewiesen und

  • im Fall eines Croupiers, der in der von seinem Arbeitgeber im Bundesland Hessen betriebenen Spielbank im Durchschnitt wöchentlich zwei Dienste (jeweils sechs bis zehn Stunden) in einem für Raucher abgetrennten, mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestatteten Raum arbeiten musste und
  • vom Arbeitgeber verlangt hatte, ihm ausschließlich einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen,

die Klage abgewiesen und entschieden, dass,

  • weil § 2 Abs. 5 Nr. 5 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) das Rauchen in Spielbanken zulässt,
  • der Arbeitgeber seine Verpflichtung mit der baulichen Trennung des Raucherraums, seiner Be- und Entlüftung sowie der zeitlichen Begrenzung der Tätigkeit des Croupiers im Raucherraum erfüllt hat.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 10.05.2016 – 22/16 – mitgeteilt.

Was, wer Elternzeit beanspruchen will, wissen muss

Den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) genießt nur, wer wirksam Elternzeit verlangt hat.

Verlangt werden muss Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BEEG vom Arbeitgeber

  • schriftlich und
  • zwar
    • für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit unter gleichzeitiger Erklärung für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll sowie
    • für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes spätestens 13 Wochen vor Beginn der Elternzeit.

Bei dem Verlangen von Elternzeit handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung – zum Ruhen gebracht wird.
Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht.

  • Das Elternzeitverlangen erfordert die strenge Schriftform i. S. v. § 126 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
  • Es muss deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
  • Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung.
  • Allerdings kann sich ein Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, indem er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB).

Darauf hat der Neunte Senat des Bundearbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 10.05.2016 – 9 AZR 145/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem eine Angestellte nach der Geburt ihrer Tochter ihrem Arbeitgeber per Telefax mitgeteilt hatte, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme,

entschieden, dass

  • dieses Verlangen nicht wirksam und
  • deshalb das Arbeitsverhältnis infolge der nachfolgend erfolgten Kündigung durch den Arbeitgeber aufgelöst worden war.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 10.05.2016 – Nr. 23/16 – mitgeteilt.

Auch bei grobem Behandlungsfehler eines Tierarztes kommt es zur Umkehr der Beweislast

Die in der Humanmedizin entwickelten Rechtsgrundsätze hinsichtlich der Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern, insbesondere auch bei Befunderhebungsfehlern, sind auch im Bereich der tierärztlichen Behandlung anzuwenden.

Das hat der u.a. für die Arzthaftung einschließlich der Haftung des Tierarztes zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 10.05.2016 – VI ZR 247/15 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • sich sowohl die humanmedizinische als auch die Tätigkeit eines Tierarztes auf einen lebenden Organismus beziehen,
  • bei der tierärztlichen Behandlung – wie in der Humanmedizin – dem für die Beweislastumkehr maßgeblichen Gesichtspunkt, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers besonders verbreitert oder verschoben worden ist, eine besondere Bedeutung zukommt und
  • auch ein grob fehlerhaft handelnder Tierarzt durch einen schwerwiegenden Verstoß gegen die anerkannten Regeln der tierärztlichen Kunst Aufklärungserschwernisse in das Geschehen hineingetragen und dadurch die Beweisnot auf Seiten des Geschädigten vertieft hat.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 10.05.2016 – Nr. 83/2016 – mitgeteilt.

Das bedeutet:
Steht fest, dass ein Tierarzt bei der Behandlung eines Tieres einen groben Behandlungsfehler oder Befunderhebungsfehler begangen hat und bleibt ungeklärt, ob dieser Fehler ursächlich war für einen Schaden den das Tier erlitten hat, trägt somit der Tierarzt die Beweislast.

Was Jeder, der eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert hält, wissen sollte

Erwirbt ein Versicherungsnehmer, der eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert abgeschlossen hat, falls sein Haus abbrennt, nach den Allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB)

  • einen Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil), nur,
  • soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen,

ist Voraussetzung für den Anspruch auf den Neuwertanteil

  • nicht nur, dass mit der geforderten Neuwertentschädigung keine (objektive) Bereicherung des Versicherungsnehmers verbunden ist,
  • sondern auch, dass das Neubauvorhaben des Versicherungsnehmer von gleicher Art (Größe) und Zweckbestimmung ist, wie das durch den Brand zerstörte Haus.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.04.2016 – IV ZR 415/14 – hingewiesen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass eine solche, so genannte strenge Wiederherstellungsklausel sich orientiert an dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck der Neuwertversicherung,

  • den Schaden auszugleichen, der dem Versicherungsnehmer dadurch entsteht, dass er einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss, wenn er das zerstörte Gebäude wiederherstellt,
  • wobei auf diesen tatsächlichen Schaden der Umfang des Ersatzanspruchs allerdings auch beschränkt ist.

Die Neuwertversicherung soll grundsätzlich nicht auch solche Aufwendungen abdecken, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes bei seiner Wiedererrichtung verursacht wurden.
Eine derartige Bereicherung des Versicherungsnehmers aus Anlass des Schadenfalles ist zu vermeiden, auch um das Interesse am Abbrennen des versicherten Gebäudes nicht zu fördern.

  • Zweck der Wiederherstellungsklausel ist es deshalb zum einen,
    • die Bereicherung durch die Neuwertentschädigung auf den Teil zu beschränken,
    • der das Bedürfnis für die Neuwertversicherung begründet, also auf die ungeplanten, dem Versicherungsnehmer erst durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben (BGH, Urteile vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 –; vom 21.02.1990 – IV ZR 298/88 – und vom 08.06.1988 – IVa ZR 100/87 –).
  • Zum anderen zielt die Bestimmung ersichtlich für den Versicherungsnehmer aber auch auf
    • die Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers,
    • der davor geschützt werden soll, dass der Versicherungsnehmer – wie bei freier Verwendbarkeit der Versicherungsleistung – in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen (BGH, Urteile vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 – und vom 18.02.2004 – IV ZR 94/03 –).

Solche unerwünschten Vermögensvorteile können auch darin bestehen, dass

  • der Versicherungsnehmer zwar bereit ist, die durch eine Erweiterung oder wesentliche Veränderung des Neubaus gegenüber dem Vorgängergebäude entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen,
  • im Übrigen aber auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Gebäude bei der Finanzierung des neuen Bauvorhabens zurückgreifen kann.

Wollte man dem Versicherungsnehmer diesen Zugriff auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus ungeachtet der Art und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes zur freien Verwendung gestatten, wäre auch dadurch das subjektive Risiko erhöht, weil Versicherungsnehmer dann ebenfalls versucht sein könnten, zur Teilfinanzierung eines Neubauvorhabens den Versicherungsfall vorsätzlich herbeizuführen.