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Ein Fitnessstudio-Vertrag kann aus wichtigem Grund vorzeitig gekündigt werden

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes steht sowohl dem Studiobetreiber als auch dem Mitglied zu und kann grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen werden.

Ein Vertrag über die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio (Fitnessstudio-Vertrag) ist ein typengemischter Gebrauchsüberlassungsvertrag mit miet- und dienstvertraglichen Elementen, auf den die §§ 535 ff. und §§ 611 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend sowie auch § 314 BGB Anwendung finden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –; Landgericht (LG) Kiel, Urteil vom 30.01.2009 – 8 S 54/08 –; LG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2006 – 5 S 263/06 –; Amtsgericht (AG) Brandenburg an der Havel, Urteil vom 15.10.2015 – 34 C 5/15 –; AG Siegburg, Urteil vom 11.12.2014 – 112 C 131/13 –; AG Bremen, Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14 –; AG Kehl, Urteil vom 05.05.2014 – 4 C 68/14 –).

Sieht eine vorformulierte Vertragsbestimmung in einem solchen Vertrag eine Erstlaufzeit von 24 Monaten vor, hält dies grundsätzlich der Inhaltskontrolle nach § 207 Abs. 1 BGB stand (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).

  • Allerdings steht bei solchen für eine bestimmte Zeit abgeschlossen Verträgen jedem Vertragsteil grundsätzlich das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu.

Denn insofern kommt in den Vorschriften der § 626 Abs. 1, § 543 und § 314 Abs. 1 BGB der von Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Seite steht (BGH, Urteile vom 07.03.2013 – III ZR 231/12 – und vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 15.10.2015 – 34 C 5/15 –).

  • Dieses Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 15.10.2015 – 34 C 5/15 –).

Übt ein Studiobetreiber, weil beispielsweise ein Kunde mit der Zahlung von zwei monatlichen Beiträgen in Verzug ist, sein Recht zur außerordentlichen Kündigung des befristeten Vertrages aus, kann er von dem Kunden Schadensersatzanspruch wegen des ihm entgangenen Gewinns verlangen.
Die Höhe dieses Schadensersatzanspruchs bemisst sich, sofern diese im Vertrag bzw. den AGB nicht geregelt ist,

  • nach der Summe der noch ausstehenden bzw. infolge der Kündigung entgehenden Entgelte,
  • die jedoch um einen Abzinsfaktor sowie um ersparte Aufwendungen zu verringern sind (BGH, Urteile vom 02.02.2010 – VI ZR 139/08 – und vom 27.10.2005 – III ZR 59/05 –; AG Bremen, Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14 –; AG Husum, Urteil vom 14.05.2009 – 2 C 664/08 –).

Bei Fitness- und Sportverträgen können dabei grundsätzlich, wenn keine konkreten Angaben gemacht werden können, an ersparten Aufwendungen incl. Abzinsung zugrunde gelegt werden,

  • 10% (vgl. hierzu u.a.: AG Bremen, Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14 –; AG Husum, Urteil vom 14.05.2009 – 2 C 664/08 –) und
  • maximal 200,00 Euro pro Kunde/Teilnehmer im Jahr (vgl. Finanzgericht (FG) Hamburg, Urteil vom 07.02.1996 – II 33/94 –).

Darauf hat das AG Brandenburg mit Urteil vom 18.04.2016 – 31 C 204/15 – hingewiesen.

Patient muss bei Absage eines OP-Termins keinen Schadensersatz zahlen

Das Amtsgericht (AG) München hat mit Urteil vom 28.01.2016 – 213 C 27099/15 – in einem Fall, in dem in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Wahlleistungsvertrages einer Schönheitsklinik für eine Operation geregelt war, dass die Klinik

  • bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffstermins stets eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro brutto erhebt sowie
  • bei Abwesenheit des Patienten am Eingriffstag oder einer kurzfristigen Absage des Eingriffstermins eine Stornogebühr,
    • die bei Absage weniger als 14 Tage vor dem Eingriff 40%,
    • innerhalb von 7 Tagen vor dem Eingriff 60% und
    • innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff oder bei Abwesenheit am Eingriffstag 100% des Gesamtrechnungsbetrags brutto beträgt,

entschieden,

  • dass diese AGBs wegen unangemessener Benachteiligung der Patienten unwirksam sind.

Begründet hat das AG dies damit, dass

  • der Patient nach der Regelung in den AGB für den Fall einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff nicht nur 100 Prozent des Bruttobetrags vergüten, sondern auch noch eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro zahlen und demnach bei kurzfristiger Absage des Eingriffs mehr bezahlen müsste als er bei Durchführung des Eingriffs zu leisten hätte und
  • außerdem nicht berücksichtigt werde, dass die Klinik bei Absage eines Operationstermins sich Aufwendungen wie Medikamente und Verbrauchsmaterialen, Strom- und Reinigungskosten erspare, die zugunsten des Patienten abzuziehen seien.

Abgesehen davon müsse ein Patient jederzeit die Möglichkeit haben, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Eingriff in den Körper oder seine Gesundheit zulassen will und dieses Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit ist schützenswerter als das wirtschaftliche Interesse des Behandlers, das demzufolge zurückzutreten hat.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 29.04.2016 – 34/16 – mitgeteilt.

Operation eines Patienten mit Grundleiden unter Überschreitung der erteilten Einwilligung

Wer trägt im Schmerzensgeldprozess die Beweislast dafür, dass postoperative, auf die mangels Einwilligung rechtwidrige Operation zurückzuführende Beschwerden auch ohne den rechtswidrigen Eingriff aufgetreten wären?

Wird bei einem Patienten mit einem Grundleiden eine Operation ausgeführt,

  • die – mangels wirksamer Einwilligung – rechtswidrig ist und
  • die zu Beschwerden (Gesundheitsbeeinträchtigungen) führt,

ist es, wenn der Patient wegen dieser Beschwerden Schmerzensgeld (§ 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) verlangt, Sache der Behandlungsseite zu beweisen,

  • dass der Patient ohne den rechtswidrig ausgeführten Eingriff dieselben Beschwerden haben würde,
  • weil sich das Grundleiden in mindestens ähnlicher Weise ausgewirkt haben würde (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 13.01.1987 – VI ZR 82/86 –; vom 05.04.2005 – VI ZR 216/03 –).

Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz,

  • wonach der Schädiger zu beweisen hat,
  • dass sich ein hypothetischer Kausalverlauf bzw. eine Reserveursache ebenso ausgewirkt haben würde, wie der tatsächliche Geschehensablauf.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 22.03.2016 – VI ZR 467/14 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • von einer Patientin, nachdem die zystischen Tumoranteile bei einem bei ihr vorhandenen gutartigen Hirntumor stark zugenommen hatten, die Einwilligung zu einer Fensterung (Drainage) erteilt,
  • von dem Arzt aber unter Hinwegsetzung über die erteilte Einwilligung der Tumor entfernt worden und

es bei der Patientin zu einer postoperativen, kausal auf der Tumorentfernung beruhenden apallischen Schädigung gekommen war, festgestellt,

  • dass die Darlegungs- und Beweislast, dass eine Fensterung der Zyste zu den denselben Beeinträchtigungen geführt hätte, wie die tatsächlich durchgeführte rechtswidrige Operation, die Behandlungsseite trägt.

Nicht immer müssen Wohnungsmieter geplante Modernisierungsmaßnahmen dulden

Soll Mieter wegen der vorzunehmenden Arbeiten aus der Wohnung ausziehen kann dieser Umstand der Duldungspflicht entgegenstehen.

Plant ein Vermieter umfassende Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen mit einer Bauzeit von zwölf Monaten muss ein Mieter diese dann nicht dulden, wenn er

  • aufgrund des Umfangs der in Aussicht genommenen Arbeiten
  • monatelang nicht in seiner Wohnung verbleiben kann.

Darauf hat die 65. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin mit Urteil vom 17.02.2016 – 65 S 301/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein Vermieter den Mieter einer großen Wohnung mit ca. 166 m² auf Duldung von umfangreichen Arbeiten in Anspruch nehmen wollte.

Zwar ist, wie die Kammer ausgeführt hat, ein Wohnungsmieter nach §§ 555b, 555c, 555d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) grundsätzlich verpflichtet, vom Vermieter rechtzeitig angekündigte Modernisierungsmaßnahmen zu dulden.

Wird vom Mieter allerdings wegen der vorzunehmenden Arbeiten

  • nicht nur die Räumung einzelner Zimmer für einen Zeitraum von einigen wenigen Wochen verlangt,
  • sondern das Verlassen seiner gesamten Wohnung für mehrere Monate,

kann dies für den Mieter eine auch unter Würdigung der in § 555d Abs. 2 BGB genannten Interessen und Belange nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten, die, wenn sie vom Mieter innerhalb der Frist des § 555d Abs. 3 BGB geltend gemacht wird, der Duldungspflicht entgegenstehen kann.
Denn das Mietrecht schützt den vertragstreuen Mieter vor einem vollständigen, auch zeitlich beschränkten Entzug der Wohnung, die als privater Rückzugsbereich besondere Bedeutung für ihn hat, weitreichend und erlaubt dies nur im Ausnahmefall (Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Berlin vom 22.04.2016).

Eine im Rahmen eines Fernabsatzvertrages gekaufte Matratze darf getestet werden

Schläft der Verbraucher eine Nacht auf der Matratze und widerruft er danach den Kaufvertrag schuldet er dem Händler keinen Ersatz für einen dadurch eventuell eingetretenen merkantilen Minderwert.

Das hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 15.04.2016 – 7 C 273/15 – in einem Fall entschieden, in dem

  • ein Verbraucher im Rahmen eines Fernabsatzvertrages nach § 312b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von einem Händler eine Kaltschaum-Matratze mit dem Härtegrad H3 gekauft,
  • auf dieser eine Nacht geschlafen,
  • danach den Kaufvertrag wirksam gemäß §§ 312d Abs. 1 Satz 1, 355 Abs. 1 BGB widerrufen sowie die Matratze gemäß § 357 Abs. 1 BGB zurückgegeben hatte (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.03.2016 – VIII ZR 146/15 – zur Unbeachtlichkeit der Motivlage beim Widerruf) und

von dem Händler für die Nutzung der Matratze ein Wertverlustentgelt verlangt worden war.

Die Klageabweisung hat das AG damit begründet, dass im Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages

  • ein Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz für einen Wertverlust der Ware nach § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB voraussetzt, dass der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war und
  • ein evtl. durch die Nutzung für eine Nacht eingetretener Wertverlust hier auf die nur notwendige und noch moderate „Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Matratze“ zurückzuführen wäre.

Denn, so das AG, mit der Nutzung der Matratze nur über eine Nacht gehe noch keine übermäßige Nutzung im Sinne des § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB einher.
Das dem Verbraucher zustehende Prüfungsrecht beinhalte nämlich die Berechtigung des Verbrauchers, die Ware auszuprobieren sowie zu testen und zwar auch dann, wenn damit eine Ingebrauchnahme verbunden ist.
Solange sich der Verbraucher im Rahmen der berechtigten Prüfung bewege, schulde er auch dann keinen Wertersatz, wenn die Ware einen vollständigen Wertverlust erleidet, wie z.B. beim Aufbau von Möbeln oder beim Befüllen eines Wasserbettes (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 03.11.2010 – VIII ZR 337/09 – sowie AG Köln Urteil vom 04.04.2012 – 119 C 462/11 –).

Im Übrigen hat das AG darauf hingewiesen, dass auch ein Test der Matratze über 2 Nächte noch vom Prüfungsrecht umfasst gewesen wäre.

Staat ist zur ordnungsgemäßen Gewährleistung des Rechts auf Totenfürsorge verpflichtet

Totenfürsorgeberechtigten kann ein Geldentschädigungsanspruch zustehen, wenn der Staat schuldhaft das Recht auf Totenfürsorge verletzt.
Die durch Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte unantastbare Würde des Menschen wirkt über dessen Tod hinaus und gebietet eine würdige Bestattung sowie den Schutz der Totenruhe.

  • Zu einer würdigen Totenbestattung gehört in erster Linie, den etwaigen Wünschen des Verstorbenen zu Art und Ort seiner Bestattung – auch hinsichtlich weiterer Einzelheiten wie letzter Bekleidung, dem Sarg und der Gestaltung der Trauerfeier – nach Möglichkeit Rechnung zu tragen und
  • das Recht zur Totenfürsorge, das Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG ist und
    • das, sofern der Verstorbene damit zu seinen Lebzeiten keinen anderen Dritten durch eine entsprechende Vollmacht betraut hat und auch kein anderer Wille von ihm erkennbar ist, seinen nächsten Angehörigen (Ehepartner, volljährige Kinder, Eltern, Großeltern, Geschwister, Enkel) zusteht,
    • umfasst die Bestimmung über den Leichnam, die Art der Bestattung sowie die Wahl der Ruhestätte und somit auch das Recht, den Verstorbenen selbst zu bestatten.

Das Recht des Verstorbenen auf eine würdige Bestattung wirkt darüber hinaus auf die Verfahrensgestaltung der nach den jeweiligen Bestattungsgesetzen der Länder zuständigen Behörde ein (Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, Urteil vom 29.04.2008 – 19 A 3665/06 –).
Diese trifft die Amtspflicht im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB zur ordnungsgemäßen Gewährleistung des Rechts auf Totenfürsorge alle im Einzelfall möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um etwaige Totenfürsorgeberechtigte zu ermitteln und ihnen dessen Bestattung zu ermöglichen.

Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht und damit des Rechts auf Totenfürsorge

  • kann Geldentschädigungsansprüche wegen immaterieller Beeinträchtigungen der totenfürsorgeberechtigten Angehörigen begründen,

sofern

  • die verletzte Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Ermittlung gegenüber dem Anspruchsteller bestand und
  • es sich um einen schwerwiegenden amtspflichtwidrigen Eingriff in das Recht auf Totenfürsorge gehandelt hat, was
    • nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist,
    • wobei insbesondere die Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen sind (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 06.12.2005 – VI ZR 265/04 –).

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Urteil vom 05.04.2016 – 9 U 41/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Klägerin, weil deren Bruder nach seinem Tod auf Veranlassung des Gesundheitsamtes des beklagten Landes beigesetzt worden war, ohne dass sie, als nächste Angehörige etwas davon erfuhr, eine Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Rechts auf Totenfürsorge verlangt hatte.

Ärztliche Aufklärungspflicht bei einer Brustvergrößerung mit Silikonimplantaten

Worüber muss eine Patientin, die eine solche oder eine andere kosmetische Operation wünscht, aufgeklärt werden?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) muss ein Patient „im Großen und Ganzen“ wissen, worin er einwilligt.
Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können.
Dem Patienten muss eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (BGH, Urteil vom 19.10.2010 – VI ZR 241/09 –).

  • Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher ist der Patient, dem dieser Eingriff angeraten wird oder den er selbst wünscht, über dessen Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen zu informieren.

Das gilt in besonderem Maße für kosmetische Operationen,

  • die nicht, jedenfalls nicht in erster Linie der Heilung eines körperlichen Leidens dienen,
  • sondern eher einem psychischen und ästhetischen Bedürfnis.

Der Patient muss in diesen Fällen darüber unterrichtet werden,

  • welche Verbesserungen er günstigenfalls erwarten kann, und
  • ihm müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen gestellt werden,

damit er genau abwägen kann,

  • ob er einen etwaigen Misserfolg des ihn immerhin belastenden Eingriffs und
  • darüber hinaus sogar bleibende Entstellungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will,
  • selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge des Eingriffs in Betracht kommen.

Deswegen stellt die Rechtsprechung sehr strenge Anforderungen an die Aufklärung des Patienten vor einer kosmetischen Operation (BGH, Urteil vom 06.11.1990 – VI ZR 8/90 –; Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 29.03.2006 – 3 U 263/05 –; OLG München, Urteil vom 22.04.2010 – 1 U 3807/09 –; OLG Köln, Beschluss vom 02.09.2015 – 5 U 57/15 – ).

Bei einer Brustaugmentation mit Silikonimplantaten ist nach diesen Maßstäben,

  • neben den allgemeinen Operationsrisiken (Blutung, Infektion, Narbenbildung, Kapselfibrose, Folgeoperationen, mögliche Notwendigkeit des Austauschs des Implantats, Gefahr einer Asymmetrie, möglicherweise unbefriedigendes kosmetisches Ergebnis)

insbesondere darüber aufzuklären,

  • dass die Haltbarkeit von Silikonimplantaten begrenzt ist und durchschnittlich etwa 10 bis 15 Jahre beträgt,
  • die tatsächliche Lebensdauer individuell verschieden ist und von der Reaktion der Implantate mit dem umliegenden Gewebe abhängt, die wiederum von seiner Größe, dem Weichteilmantel, der Lage der Implantate und den körperlichen Aktivitäten der Patientin beeinflusst wird,
  • zu den Umständen, die die Lebensdauer der Implantate begrenzen, auch die Risiken einer Implantatruptur mit den Folgen möglicher lokaler Gewebereaktionen, einem Gel-Bleeding oder einer Beschädigung des Implantat durch eine massive Gewalteinwirkung, etwa einen Auto- oder Sportunfall gehören und
  • die begrenzte Lebensdauer von Silikonimplantaten nach 10 Jahren eine regelmäßige engmaschige Kontrolle und gegebenenfalls einen Austausch der Implantate erforderlich macht.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 20.04.2016 – 7 U 241/14 – hingewiesen.

Kann Vermieter ein Mietverhältnis wegen Überbelegung der Wohnung kündigen?

Amtsgericht (AG) München verurteilt Familie zur Räumung, weil die vom Familienvater angemietete Wohnung für die Familie zu klein war.

Zwar ist ein Mieter grundsätzlich berechtigt seine Kinder und seinen Ehegatten in die Wohnung aufzunehmen.
Allerdings darf dadurch keine Überbelegung eintreten, die nach einer Faustregel dann (noch) nicht vorliegt, wenn

  • auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils ca. 12 qm entfällt oder
  • durchschnittlich 10 qm pro Person bei der Unterbringung von Familien gegeben sind.

Sind diese Richtwerte unterschritten, liegt

  • eine Überbelegung der Wohnung vor,

die, wenn der Mieter auf entsprechende Aufforderung des Vermieters die in der Wohnung lebenden Personen nicht reduziert,

  • den Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigen kann und
  • zwar auch dann, wenn die eigenen Kinder des Mieters der Grund für die Überbelegung sind.

Darauf hat das AG München mit Urteil vom 29.04.2015 – 415 C 3152/15 – hingewiesen und einer Räumungsklage des Vermieters, mit einer Räumungsfrist von allerdings fünf Monaten, in einem Fall stattgegeben, in dem

  • der beklagte Familienvater am 10.02.2011 in München für eine monatliche Kaltmiete von 270 Euro eine Erdgeschoßwohnung mit einem Wohnraum, einer Küchenzeile, einem Bad mit Toilette und einem Kellerabteil angemietet hatte, bei der die Wohnfläche 25,88 Quadratmeter betrug, wovon auf den Wohnraum etwa 16 Quadratmeter entfielen,
  • aufgrund der geringen Größe der Wohnung er laut Mietvertrag nicht berechtigt war, abgesehen von der Ehefrau, eine weitere Person auf Dauer in die Wohnung aufzunehmen und
  • in der Wohnung dann aber nicht nur er mit seiner Ehefrau, sondern auch mit seinen 2010 und 2013 geborenen Kindern lebte.

Dass der Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigt war, begründete das AG damit, dass

  • nach den obigen Richtwerten bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags sowie Einzug mit Frau und einem Kind in die Wohnung eine Überbelegung vorgelegen habe, die durch das 2013 geborene Kind nur noch erhöht worden sei,
  • nunmehr auf jedes der vier in der Einzimmerwohnung lebenden Familienmitglieder gerade einmal rund 4 Quadratmeter Wohnfläche komme, also die Richtwerte weit unterschritten seien und

der Mieter durch diese Überbelegung der Wohnung gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen habe (Quelle: Pressemitteilung des Amtsgerichts München vom 22.04.2016 – 32/16 –).

Nicht jeder strafbare Versuch einer Straftat kann bestraft werden

Wann ist der Versuch einer Straftat strafbar und wann bleibt ein Täter in einem solchen Fall trotzdem straffrei, weil er strafbefreiend von der versuchten Tat zurückgetreten ist?

Legt die Staatsanwaltschaft einem zur Last,

  • zwar keine vollendete Straftat begangen,
  • sich aber des Versuchs einer Straftat schuldig gemacht zu haben, also gemäß § 22 Strafgesetzbuch (StGB) nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt zu haben,

muss man wissen, dass nach § 23 Abs. 1 StGB

  • der Versuch eines Verbrechens (§ 12 Abs. 1 StGB) stets strafbar ist,
  • der Versuch eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 StGB) jedoch nur dann, wenn das Gesetz (wie beispielsweise in § 223 Abs. 2 StGB) es ausdrücklich bestimmt.

Ist der Versuch der Straftat, deren man beschuldigt wird, danach strafbar und liegen die Voraussetzungen des Versuchs nach § 22 StGB vor, muss stets auch, was oft unzureichend getan oder schlicht übersehen wird, geprüft werden,

  • ob der Angeklagte strafbefreiend nach § 24 StGB von der versuchten Tat zurückgetreten ist,
  • was voraussetzt, dass
    • es sich um keinen fehlgeschlagenen Versuch handelt und
    • davon abhängig sein kann, ob ein unbeendeter oder ein beendeter Versuch vorliegt.

Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn der Täter nach der letzten von ihm vorgenommenen Tathandlung erkennt,

  • dass mit den bereits eingesetzten oder den ihm sonst zur Hand liegenden Mitteln der erstrebte Taterfolg nicht mehr herbeigeführt werden kann,
  • ohne dass er eine neue Handlungs- und Kausalkette in Gang setzt (s. etwa nur Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 30.11.1995 – und vom 19.05.2010 – 2 StR 278/09 –).

Die subjektive Sicht des Täters ist auch dann maßgeblich, wenn

  • der Versuch zwar objektiv fehlgeschlagen ist,
  • der Täter dies aber nicht erkennt;
  • zumindest soll ein freiwilliger Verzicht auf weitere Tathandlungen zur Straffreiheit nach § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB führen (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.2004 – 5 StR 239/04 –).

Für die Frage, ob ein Versuch

  • unbeendet oder
  • beendet ist,

kommt es maßgeblich darauf an, welche Vorstellung der Täter nach seiner letzten Ausführungshandlung von der Tat hat (sog. Rücktrittshorizont; s. nur BGH, Urteil vom 19.03.2013 – 1 StR 647/12 –).

Danach liegt ein unbeendeter Versuch vor, wenn

  • der Täter nach seiner Vorstellung nach der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung noch nicht alles getan hat, was zur Tatbestandsverwirklichung bzw. zur Herbeiführung des Taterfolgs erforderlich oder zumindest ausreichend ist;
  • in diesem Fall kann der Täter allein durch das freiwillige Unterlassen weiterer auf den Taterfolg abzielender Handlungen, also das bloße Nichtweiterhandeln strafbefreiend vom Versuch zurücktreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 StGB).

Hält der Täter dagegen

  • nach der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des Taterfolgs für möglich, so ist der Versuch beendet;
  • der strafbefreiende Rücktritt setzt dann voraus, dass der Täter
    • den Taterfolg freiwillig durch aktives Tun verhindert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB) oder
    • zumindest entsprechende ernsthafte Bemühungen entfaltet, wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausbleibt (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB; s. BGH, Beschluss vom 19.05.1993 – GSSt 1/93 –).

Sind an einer Tat mehrere beteiligt, so wird gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft,

  • wer freiwillig die Vollendung verhindert.

Diese Verhinderungsleistung kann indes schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiter zu handeln (st. Rspr.; s. BGH, Beschlüsse vom 04.04.1989 – 4 StR 125/89 –; vom 19.06.1991 – 3 StR 481/90 – und vom 19.03.2013 – 1 StR 647/12 –).
Ob darin ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch gesehen werden kann, hängt wiederum entscheidend von dem Vorstellungsbild der Täter nach der letzten von ihnen vorgenommenen Ausführungshandlung ab:
Gehen sie zu diesem Zeitpunkt davon aus, noch nicht alles getan zu haben, was nach ihrer Vorstellung zur Herbeiführung des Taterfolgs erforderlich oder zumindest ausreichend ist und liegt mithin ein unbeendeter Versuch vor, so können sie durch bloßes Nichtweiterhandeln zurücktreten.

Darauf hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 23.02.2016 – 3 StR 5/16 – hingewiesen.

Vorsicht in historischen Gemäuern

Besucher eines erkennbar nach einem historischen Vorbild errichteten Gebäudes können

  • weder erwarten, dass der Fußboden so gleichmäßig flach ist wie in einem modernen Gebäude,
  • noch, dass sie vor Unebenheiten durch besondere Schilder gewarnt werden,

sondern müssen gerade im Eingangsbereich mit Schwellen, Stufen oder sonstigen Veränderungen rechnen.

Darauf hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Beschluss vom 23.03.2016 – 11 U 97/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die Besucherin eines Tierparks dort beim Betreten der Nachbildung eines historischen Geestbauernhofs aufgrund der im Eingangsbereich vorhandenen unterschiedlicher Pflasterungen, Höhenunterschiede und Unebenheiten gestürzt war und
  • sich hierbei erheblich verletzt hatte,

deren Klage auf Schadensersatz gegen den Tierparkbetreiber abgewiesen.

Danach müssen in einem solchen Fall Warnhinweise vor Unebenheiten nicht aufgestellt werden, sondern Besucher besonders vorsichtig sein, was insbesondere auch gilt, wenn man von einem hellen, sonnigen in einen dunklen, schattigen Bereich tritt und das Auge eine gewisse Zeit braucht, um sich auf die veränderten Lichtverhältnisse einzustellen (Quelle: Pressemitteilung vom 21.04.2016 – 6/2016 –).