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Musizieren in Fußgängerzone ohne Sondernutzungserlaubnis kann Geld kosten

Weil ein Musiklehrer, ohne zuvor eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis bei der Stadt München beantragt zu haben, auf dem Marienplatz mit einer circa 20-köpfigen Trommlergruppe musiziert hatte, muss er wegen Verstoßes gegen Art. 66 Absatz 1 Nummer 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) eine Geldbuße in Höhe von 50 Euro zahlen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Beschluss vom 14.12.2015 – 1125 OWi 247 Js 218141/15 – entschieden.

Begründet hat das AG die Entscheidung damit, dass

  • die Fußgängerzone nach der Widmung durch die Stadt München nur für den Fußgängerverkehr genutzt werden darf,
  • das Musizieren eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung darstellt, die der Erlaubnis der Landeshauptstadt bedarf (vgl. Art. 14 Absatz 1, 18 Abs. 1 BayStrWG) und
  • nach Art. 66 Absatz 1 Nummer 2 BayStrWG i.V.m. § 17 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) mit Geldbuße von fünf Euro bis zu eintausend Euro belegt werden kann, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Straße unbefugt zu Sondernutzungen gebraucht.

 

Bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigte das AG zu Gunsten des für die Trommlergruppe verantwortlichen Musiklehrers, dass er geständig war und dass die Trommlergruppe sofort nach polizeilicher Monierung der Sondernutzung das Musizieren eingestellt hatte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München sam 08.02.2016 – 12/16 – mitgeteilt.

 

Wenn Fragen im Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages unvollständig beantwortet werden

Verschweigt ein Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrages Vorerkrankungen kann der Versicherer zur Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein.

Darauf hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Coburg mit Urteil vom 02.09.2015 – 12 O 308/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem der Kläger im Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung im Jahr 2008 die Frage nach durchgeführten stationären Behandlungen oder Operationen bzw. nach ambulanten oder stationären Kurmaßnahmen der letzten zehn Jahre zwar bejaht, hierzu aber lediglich auf zwei chirurgische Maßnahmen aus den Jahren 2003 und 2005 verwiesen hatte,

  • obwohl er darüber hinaus in den Jahren 1998 und 1999 jeweils für mehrere Tage in stationärer Behandlung sowie im Jahr 2000 auch mehrere Monate in therapeutischer Behandlung, jeweils wegen seiner Alkoholabhängigkeit, gewesen war und
  • der Versicherer deswegen den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hatte,

 

entschieden,

  • dass die Anfechtung zu Recht erfolgt ist und der Kläger deswegen keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsvertrag hat.

 

Die Kammer war überzeugt davon, dass der Kläger die Frage nach durchgeführten stationären Behandlungen oder Operationen bzw. nach ambulanten oder stationären Kurmaßnahmen der letzten zehn Jahre durch das Verschweigen der in den Jahren 1998, 1999 und 2000 durchgeführten Behandlungen

  • nicht nur falsch beantwortet,
  • sondern dabei auch arglistig gehandelt hatte.

 

Maßgeblich für die Auffassung der Kammer, dass der Kläger arglistig gehandelt hat,

  • er sich also der Möglichkeit bewusst gewesen ist, dass, hätte er die in den Jahren 1998, 1999 und 2000 durchgeführten Behandlungen angegeben, der Antrag nicht angenommen worden wäre und
  • er trotzdem die Behandlungen nicht offenbart hat,

 

war, dass ihm sowohl das Gewicht seiner Alkoholerkrankung bewusst gewesen ist, als auch, dass eine Alkoholerkrankung ein sog. gefahrerheblicher Umstand für einen Versicherer ist (Quelle Pressemitteilung des Landgerichts Coburg vom 05.02.2016).

 

Wenn die gekaufte Echthaarperücke wegen Haarausfalls nicht mehr passt

Wer eine Echthaarperücke erwirbt, die zum Zeitpunkt des Kaufes gepasst und keinen Mangel gehabt hat, trägt das künftige Verwendungsrisiko.
Der Käufer kann deshalb,

  • wenn die Perücke ihm wegen nachfolgendem Haarausfall zu groß wird und
  • der Verkäufer eine Nachbesserung verweigert,

 

vom Verkäufer nicht die Rückgängigmachung des Kaufvertrages verlangen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 24.10.2013 – 122 C 15000/13 – hingewiesen und in einem Fall die Klage abgewiesen, in dem

  • von der Klägerin bei dem beklagten Zweithaarstudio eine blonde Echthaarperücke zum Preis von 3500 Euro gekauft worden war,
  • diese damals, abgesehen von zwei etwa „Fünf D-Mark“ große Flecken im Bereich des Hinterkopfes, wo das Haar ausgefallen war, schulterlanges Haar getragen hatte,
  • die zum Zeitpunkt des Kaufs perfekt sitzende Perücke in der Folgezeit, da die Klägerin an einer Autoimmunerkrankung litt, in deren Folge sie ihr Kopfhaar vollständig verloren hatte, wegen des fehlenden Eigenhaars zu groß geworden war und

 

die Klägerin von dem beklagten Zweithaarstudio, da dieses die Perücke nicht nachbessern wollte und die Klägerin der Auffassung war, die Beratung durch das Studio sei nicht fachkundig gewesen, die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe der Perücke gefordert hatte.

Eine Beratungspflichtverletzung durch das beklagte Zweithaarstudio sah das AG nicht und begründete dies damit, dass eine besondere Fachkunde seitens eines Zweithaarstudio zwar hinsichtlich der technischen Fragen einer Ersatzhaarperücke bestehe, aber nicht zu medizinischen Sachverhalten und insbesondere nicht dazu, was die künftige gesundheitliche Entwicklung bei der Klägerin betrifft.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 05.02.2016 – 11/16 – mitgeteilt.

 

Wann liegt Steuerhinterziehung in großem Ausmaß vor?

Nach § 370 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) wird

  • mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft,

 

wer

  • den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
  • die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
  • pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt und

 

dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,

  • wobei die Gefährdung des durch die Verwirklichung des materiellen Besteuerungstatbestands entstandenen Steueranspruchs durch die infolge einer solchen Tathandlung unterbliebene, zu niedrige oder nicht rechtzeitig erfolgte Steuerfestsetzung für die Erfüllung des Straftatbestands genügt, unabhängig davon, ob das „staatliche Vermögen“ dadurch gemindert worden ist oder letztlich gar keine Zahllast des Steuerpflichtigen festzusetzen ist (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO).

 

Werden von einem Steuerpflichtigen

  • in großem Ausmaß

 

Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, liegt in der Regel ein besonders schwerer Fall vor, der nach § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO

  • mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft wird.

 

Mit Urteil vom 27.10.2015 – 1 StR 373/15 – hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) jetzt darauf hingewiesen,

  • dass ein großes Ausmaß im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO und damit ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung in der Regel immer schon dann vorliegt, wenn der Steueranspruch des Fiskus in einer Höhe von mehr als 50.000 Euro gefährdet ist und
  • an der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festgehalten wird, nach der die Wertgrenze in Fällen, in denen sich das Verhalten des Täters darauf beschränkte, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs führte, bei 100.000 Euro lag.

 

Damit liegt nunmehr ein großes Ausmaß im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro vor. 

 

Kein Fahrerlaubnisentzug wegen Schwerhörigkeit

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt hat mit Beschluss vom 28.01.2016 – 3 L 4/16.NW – im Fall

  • eines 85-jährigen Fahrerlaubnisinhabers, der von der Fahrerlaubnisbehörde deshalb, weil er wegen Beeinträchtigung der Hörfähigkeit ein Hörgerät trug, aufgefordert worden war, ein ärztliches Gutachten über seine Fahrtauglichkeit beizubringen,

 

entschieden,

  • dass diesem, wenn er sich weigert das Gutachten beizubringen, die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden darf.

 

Begründet hat die Kammer ihre Entscheidung damit, dass die Gutachtensanordnung materiell rechtswidrig war, weil

  • aus der Nichtvorlage eines geforderten Gutachtens auf die Nichteignung eines Betroffenen nur dann geschlossen werden kann, wenn die Gutachtensanordnung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen sowie verhältnismäßig war und (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 11.06.2008 – 3 B 99/07 –) und
  • hier keine Tatsachen vorlagen, die klärungsbedürftige Zweifel an der Kraftfahreignung des Antragstellers aufwarfen.

 

Zur Klärung der Eignung eines Betroffenen zum Führen eines Kraftfahrzeuges kann die Fahrerlaubnisbehörde nach §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) ein Gutachten nämlich nur anordnen,

  • wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken dagegen begründen, dass die nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV an einen Fahrerlaubnisbewerber bzw. -inhaber zu stellenden notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen nicht erfüllt sind, insbesondere eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zu §§ 11, 13 und 14 FeV vorliegt,
  • nach Nr. 2 der Anlage 4 zu §§ 1, 13 und 14 FeV aber bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) ein- oder beidseitig sowie bei Gehörlosigkeit ein- oder beidseitig eine Fahreignung für Fahrerlaubnisinhaber sowohl der Gruppe 1 als auch der Gruppe 2 besteht, wenn nicht gleichzeitig andere schwerwiegende Mängel (z. B. Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen) vorliegen und
  • damit also selbst eine hochgradige Schwerhörigkeit oder gar Gehörlosigkeit allein nicht als Mangel gilt, der generell und allein für das Führen von Fahrzeugen ungeeignet macht.

 

Grund dafür, dass auch bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) ein- oder beidseitig sowie bei Gehörlosigkeit ein- oder beidseitig eine Fahreignung für Fahrerlaubnisinhaber sowohl der Gruppe 1 als auch der Gruppe 2 besteht, wenn nicht gleichzeitig andere schwerwiegende Mängel (z. B. Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen) vorliegen, ist,

  • dass die Orientierung im motorisierten Straßenverkehr überwiegend über das optische System erfolgt, da verkehrsrelevante Informationen maßgeblich über visuelle Signale vermittelt werden und
  • weil durch eine vorhandene Hörminderung eine Steigerung anderer sensorischer Leistungen erreicht werden kann, hörgeminderte oder gehörlose Fahrer in der Lage sind, durch besondere Umsicht, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.

 

Wenn ein Fahrzeug auf einem Privatparkplatz ohne Lösen eines Parkscheins abgestellt wird

Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt,

  • begeht verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 –; vom 21.09.2012 – V ZR 230/11 –; vom 06.07.2012 – V ZR 268/11 –; vom 02.12.2011 – V ZR 30/11 – sowie vom 05.06.2009 – V ZR 144/08 –) und
  • kann u.a. gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden,
    • d.h. der Grundstücksbesitzer kann vom Fahrzeughalter die Abgabe der Erklärung verlangen, es, unter Meidung eines Ordnungsgeldes, zu unterlassen, das Fahrzeug selbst
    • oder durch Dritte auf seinem Grundstück abzustellen, weil der Fahrzeughalter dann, wenn er das Fahrzeug einem Dritten freiwillig zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hatte, Zustandsstörer ist.  

 

Das gilt

 

auch dann, wenn ein Fahrzeug beispielsweise auf einem privaten Parkplatz ohne Schranke, bei dem eine Beschilderung die Nutzer u.a. darauf hinweist,

  • dass sie mit der Einfahrt in die Parkeinrichtung zur Zahlung des Mietpreises und dazu verpflichtet sind, den Parkschein sichtbar und lesbar hinter der Windschutzscheibe anzubringen und
  • bei Nichtlösen und Nichtauslegen des Parkscheins sowie bei Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr als 15 Minuten ein „Nutzungsentgelt“ von 20 € (nachfolgend: erhöhtes Nutzungsentgelt) sofort zur Zahlung fällig ist,

 

ohne Entrichtung des vereinbarten Entgelts und ohne Auslegen des Parkscheins abgestellt wird,

  • obwohl in einem solchen Fall zwischen dem Parkplatzbetreiber und dem Fahrzeugführer ein Mietvertrag über einen Fahrzeugabstellplatz dadurch zustande gekommen ist, dass dieser das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot der Klägerin durch das Abstellen des Fahrzeugs angenommen hat (§ 145, § 151 BGB) und somit zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeugs ein Mietvertrag bestand, ohne dass es hierzu weiterer Willenserklärungen bedurfte.

 

Denn bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes ist eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber nicht geschuldet.
Macht er das Parken von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig,

  • begeht derjenige verbotene Eigenmacht,
  • der sein Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten,

 

da dann die Zustimmung des Parkplatzbetreiber zur Nutzung des Parkplatzes fehlt.  

Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr besteht, weil schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück die tatsächliche Vermutung dafür begründet, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (BGH, Urteile vom 21.09.2012 – V ZR 230/11 –; vom 17.12.2010 – V ZR 46/10 – und vom 12.12.2003 – V ZR 98/03 –).

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 18.12.2015 – V ZR 160/14 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein Parkplatzbetreiber von einem Fahrzeughalter verlangt hatte, es zu unterlassen seinen Pkw unberechtigt auf dem Parkgelände selbst abzustellen bzw. durch eine dritte Person dort abstellen zu lassen.

Hinweis:
Dass der unmittelbare Grundstücksbesitzer ein unbefugt auf seinem Privatgrundstück abgestelltes Fahrzeug (auch) kostenpflichtig abschleppen lassen kann, hat der BGH mit Urteil vom 05.06.2009 – V ZR 144/08 – in einem Fall entschieden, in dem ein Fahrzeug abgeschleppt worden war, das, trotz Hinweisschildes, dass unberechtigt parkende Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden, unbefugt auf dem Kundenparkplatz eines Supermarktes abgestellt worden war (vgl. hierzu auch BGH, Urteile vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 – sowie vom 06.07.2012 – V ZR 268/11 – dazu, dass der für das Abschleppen seines Fahrzeugs an den Abschleppunternehmer überhöhte Abschleppkosten gezahlt hat, die Zuvielleistung vom Grundstückseigentümer zurück verlangen kann und muss).

 

Wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines Gutachtens über eine medizinisch-psychologische Untersuchung verlangt

Verlangt die Fahrerlaubnisbehörde von einem Fahrerlaubnisinhaber oder –bewerber die Vorlage eines Gutachtens über eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) mit dem Hinweis, dass bei Nichtvorlage des Gutachtens die Entziehung der Fahrerlaubnis droht bzw. der Antrag auf (Wieder)Erteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt wird, handelt es sich dabei um eine lediglich vorbereitende Verfahrenshandlung der Fahrerlaubnisbehörde zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn Zweifel an der Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen, beispielsweise wegen des Verdachts auf Drogenkonsum oder Alkoholmissbrauch,

  • die nicht selbständig,
  • sondern nur zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung der Behörde, d. h. hier mit der Entscheidung über die Fahrerlaubnis, anfechtbar ist.

 

Demzufolge muss ein Betroffener, der die Vorlage des Gutachtens verweigert,

  • die, nachdem in einem solchen Fall die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt sind, voraussichtlich negative Entscheidung, beispielsweise über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis abwarten und
  • kann erst hiergegen gerichtlich vorgehen.

 

In diesem gerichtlichen Verfahren wird dann allerdings auch (mit)geprüft, ob die Anordnung der MPU gegenüber dem Kläger in der Sache rechtmäßig war, d.h., ob die medizinisch-psychologische Untersuchung zu Recht von dem Betroffenen verlangt worden ist.

Darauf hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt mit Urteil vom 20.01.2016 – 1 K 936/15.NW – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt vom 02.02.2016 – Nr. 6/16 –).

 

Wenn zuteilungsreifes Bausparkassendarlehen nicht in Anspruch genommen wird

Eine Bausparkasse kann einen Bausparvertrag mit einem festen Zinssatz,

  • der seit 10 Jahren zuteilungsreif ist,
  • vom Bausparer aber weiter bespart wird,

 

gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kündigen und so der Verpflichtung zur Zahlung der im Bausparvertrag vereinbarten Zinsen entgehen.

Darauf hat der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 30.12.2015 – 31 U 191/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein 1991 abgeschlossener Bausparvertrag,

  • den die Bausparkasse nach den Vertragsbedingungen nicht kündigen durfte, solange der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfüllt,
  • bei dem das Bausparguthaben jährlich mit 3 % zu verzinsen war sowie
  • seit Ende des Jahre 1997 die im Vertrag vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen vorlagen,

 

von der Bausparkasse Ende des Jahres 2014 zum 30.06.2015 unter Hinweis auf § 489 BGB gekündigt worden war, da der Bausparer das Bauspardarlehen bis dahin noch nicht in Anspruch genommen hatte.

Wie der Senat ausgeführt hat, lagen die Voraussetzungen des auch einer Bausparkasse gemäß § 489 BGB zustehenden und nicht abdingbaren Kündigungsrechts,

  • wonach der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzins in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen kann,

 

vor, weil

  • ein Bausparvertrag ein Darlehnsvertrag mit der Besonderheit ist, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehns ihre jeweiligen Rollen als Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer tauschen,
  • in der Ansparphase die Bausparkasse Darlehnsnehmerin ist,
  • der Bausparvertrag einen gebundenen Sollzins vorgesehen hat und
  • der von § 489 BGB vorausgesetzte vollständige Empfang der Darlehnsvaluta in einem Bausparfall der eingetretenen Zuteilungsreife gleichsteht,

 

so dass die unter Einhaltung der gesetzlichen Frist erfolgte Kündigung des Bausparvertrags wirksam war. 

 

Weil die Rückfahrkamera des gekauften Fahrzeugs keine Orientierungslinien anzeigte

Weil in dem vom Kläger zum Preis von ca. 77.500 EUR, unter anderem mit der Sonderausstattung Rückfahrkamera (400 EUR), aktiver Park-Assistent inklusive Parktronic (730 EUR) und Command APS (2.620 EUR) erworbenen PKW,

  • die aktivierte Rückfahrkamera im Display des Commandsystems keine Orientierungslinien anzeigte und die Fahrzeugelektronik auch keine Anzeige von Hilfslinien ermöglichte,

 

obwohl in der Verkaufsbroschüre ausgeführt war, dass die Rückfahrkamera sich automatisch beim Einlegen des Rückwärtsganges einschaltet, den Fahrer beim Längs- und Quereinparken unterstützt und dass statische und dynamische Hilfslinien dem Fahrer Lenkwinkel und Abstand anzeigen,

  • hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 09.06.2015 – 28 U 60/14 – den deswegen vom Kläger erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag für berechtigt erachtet und den beklagten Verkäufer – unter Abzug einer von dem Kläger zu entrichtenden Nutzungsentschädigung – zur Erstattung des Kaufpreises in Höhe von ca. 62.500 EUR gegen Rückgabe des gekauften PKWs verurteilt.

 

Der Senat sah einen erheblichen Sachmangel darin, dass die Rückfahrkamera keine dynamischen und statischen Orientierungslinien anzeigte, weil der Käufer eine Anzeige solcher Hilfslinien aufgrund des ihm überlassenen Verkaufsprospekts habe erwarten können und diese geschuldet gewesen seien. 

Ferner war der Senat der Auffassung,

  • dass dieser Aspekt schon wegen der von dem Kläger gewählten teuren Zusatzausstattung, für diesen bedeutsam und
  • der Mangel nicht geringfügig war,
    • da es dem Kläger auch auf die angebotenen Funktionen dieser Zusatzausstattung angekommen war, also darauf, dass das Rückwärtsfahren wie das Einparken mit der gewählten Zusatzausstattung besonders erleichtert wird und
    • weil das allein mit der ausgelieferten Rückfahrkamera nicht gewährleistet wurde, die Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera durch die fehlenden Hilfslinien als erheblich anzusehen war.   

 

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm mitgeteilt. 

 

Darf man auf seinem Grundstück eine Überwachungskamera anbringen?

Die Herstellung von Bildnissen einer Person, insbesondere die Filmaufzeichnung mittels einer Videokamera, auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, etwa auf einem öffentlichen Weg, kann einen unzulässigen Eingriff in das von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen gemäß Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auch geschütze Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen, selbst wenn keine Verbreitungsabsicht besteht, wobei die Frage, ob ein derartiger rechtswidriger Eingriff anzunehmen ist, nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer die (verfassungs-) rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigenden Güter- und Interessenabwägung beantwortet werden kann.

Der Schutzbereich des Grundrechts auf informatielle Selbstbestimmung umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen.

Bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss deshalb sichergestellt sein, dass

  • weder der angrenzende öffentliche Bereich
  • noch benachbarte Privatgrundstücke oder
  • der gemeinsame Zugang zu diesen

 

von den Kameras erfasst werden, außer

 

Die Befugnis, den eigenen räumlichen Bereich mit Videokameras zu überwachen, steht in verfassungsrechtlicher Hinsicht unter dem Schutz des Eigentumsgrundrechts des Art. 14 I GG.
Deshalb ist eine Videoüberwachung zulässig,

  • die sich auf den eigenen privaten Bereich der überwachenden Person beschränkt,
  • der nur für diese selbst (und ggf. für ihre Familienangehörigen) zugänglich ist.

 

Ein Eigentümer eines von ihm selbst bewohnten Einfamilien-Wohnhauses darf deshalb eine Überwachungskamera installieren, sofern diese ausschließlich auf sein eigenes Grundstück gerichtet ist.

Allerdings kann auch bei der Ausrichtung von Überwachungskameras allein auf das eigene Grundstück des Grundstückseigentümers das Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigt sein.

  • Dies ist dann der Fall, wenn Dritte eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen.
  • Eine solche Befürchtung ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarstreit oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Umstände.

 

Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch eine Videokamera beeinträchtigt das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, hingegen nicht. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteile vom 16.03.2010 – VI ZR 176/09 – und vom 21.10.2011 – V ZR 265/10 –).

Liegt ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter vor und ergibt die vorzunehmende Abwägung, dass das Interesse des Betreibers der Anlage das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen nicht überwiegt, hat der Betroffene einen Anspruch auf Unterlassung bzw. Beseitigung (vgl. auch AG Brandenburg, Urteil vom 22.01.2016 – 31 C 138/14 – zu Grenzen und Zulässigkeit der Videoüberwachung im Nachbarrecht; AG Lemgo, Urteil vom 24.02.2015 – 19 C 302/14 – dazu, wann bei Installation einer Videoüberwachungsanlage auf dem Nachbargrundstück ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorliegt; AG München, Urteil vom 20.03.2015 – 191 C 23903/14 – wonach die Videoüberwachung des privaten Grundstückseingangs und eines schmalen Gehwegstreifens unmittelbar davor in der Regel dann nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der zufällig miterfassten Passanten verletzt, wenn Sachbeschädigungen an dem Anwesen stattgefunden haben, weil in einem solchen Fall die Interessen des Grundstückeigentümers am Schutz seines Eigentums das allgemeine Persönlichkeitsrecht der zufällig miterfassten Passanten überwiegen; LG Berlin, Urteil vom 23.07.2015 – 57 S 215/14 – zum Anspruch auf Beseitigung einer auf dem Nachbargrundstück installierten Videokamera, wenn hierdurch eine Überwachung ernsthaft befürchtet werden muss; AG Dinslaken, Urteil vom 05.03.2015 – 34 C 47/14 – zum Beseitigungsanspruch gegen die Installation von sog. Dome-Videoüberwachungskameraattrappen an einem Nachbarhaus; AG Frankfurt, Urteil vom 14.01.2015 – 33 C 3407/14 (93) – dazu, dass die Anbringung der Attrappe einer Video-Überwachungskamera im Eingangsbereich eines Wohnhauses das allgemeinen Persönlichkeitsrechts der in dem Haus wohnenden Mieter verletzt; AG Neukölln, Urteil vom 16.07.2014 – 20 C 295/13 – sowie AG Köpenick, Urteil vom 27.08.2013 – 2 C 7/13 – dass ein Mieter in einer Mehrhausanlage keinen Anspruch auf Beseitigung einer im Fahrradkeller installierten Videokamera hat, wenn er keinen Anspruch auf Nutzung des Fahrradkellers hat).