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Beim Fußballspiel: Wann haften Spieler für die Verletzungen von gegnerischen Mitspielern?

Da im Rahmen eines kämpferisch ausgetragenen Fußballspiels zwischen den Spielern weitgehende Haftungsfreistellungen gelten,

  • führen auch schwerwiegende Verletzungen nicht notwendig zu einem Schadensersatzanspruch des verletzten Spielers,
  • sondern nur dann, wenn ein vorsätzlicher oder zumindest grob fahrlässiger Regelverstoß vorgelegen hat.

 

Darauf hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 27.10.2015 – 23 O 58/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem der Kläger kurz vor dem Abpfiff eines Verbandsjuniorenspiels bei einem Zusammentreffen mit dem in der gegnerischen Mannschaft spielenden Beklagten einen doppelten Kieferbruch erlitten und deshalb u.a. Schmerzensgeld in mittlerer vierstelliger Höhe verlangt hatte, die Klage abgewiesen, weil

  • trotz der Anhörung der Parteien und der Vernehmung mehrerer Zeugen nicht genau geklärt werden konnte, was in den letzten Sekunden des Spiels tatsächlich geschehen war,
  • der Kläger den Nachweis des erforderlichen Regelverstoßes damit nicht erfolgreich hatte führen können und
  • darüber hinaus auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten des beklagten Gegenspielers ersichtlich waren, selbst wenn ein regelwidriges Verhalten vorgelegen haben sollte.

 

In dem Fall war vom Kläger

  • vorgebracht geworden, dass, nachdem er als Torhüter den Ball mit beiden Armen sicher vor der Brust gehalten und mit dem Oberkörper darauf gelegen habe, vom Beklagten aus Frust mit voller Wucht gegen den Kopf getreten worden sei und es sich hierbei um keine im Spiel gerechtfertigte Härte mehr, sondern eine vorsätzliche Körperverletzung, jedenfalls aber einen grob fahrlässigen Regelverstoß gehandelt habe.

 

Der Beklagte

  • hatte schon einen Regelverstoß bestritten und behauptet, dass der Kläger den Ball nicht sicher gehalten habe, sondern mit Oberkörper, Kopf und Händen voraus in Richtung des etwa einen Meter vor ihm liegenden Balles gesprungen, er, der Beklagte jedoch schneller am Ball gewesen, zum Schuss gekommen und der Kläger dabei unglücklicherweise getroffen worden sei, entweder von seinem Fuß oder vom Ball.

 

Durch den Schiedsrichter

  • war eine Ahndung des Vorfalles nicht erfolgt.

 

In seiner Entscheidung hat das LG u.a. ausgeführt, dass

  • Fußball ein Kampfspiel mit erhöhtem Gefährdungspotential ist, bei dem es nicht selten beim gemeinsamen Kampf um den Ball zu Verletzungen kommt,
  • die Spieler sich dieser erhöhten Verletzungsgefahr bewusst sind und
  • angesichts der Hektik und Eigenart des Fußballspiels,

 

Spieler für die Verletzungen von gegnerischen Mitspielern

  • nicht schon haften, wenn sie mit einfacher Fahrlässigkeit gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen, sondern
  • nur dann haften, wenn ein vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verstoß vorliegt,
    • wobei die Beweislast für den erforderlichen schuldhaften Regelverstoß beim Verletzten liegt und
    • zur Bewertung von Regelverstößen die Regeln des Deutschen Fußballbundes heranzuziehen sind (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 15.01.2016 – Nr. 2/2016 –).

 

Nottestament vor drei Zeugen bei naher Todesgefahr

Gemäß § 2250 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Erblasser,

  • der sich in so naher Todesgefahr befindet, dass er seinen letzten Willen voraussichtlich nicht mehr vor einem Notar (vgl. §§ 2231 Nr. 1, 2232 BGB) oder dem Bürgermeister (vgl. § 2249 BGB) beurkunden lassen kann,
  • sein Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.

 

Dabei gehört zu den zwingenden Erfordernissen für den Errichtungsakt auch

  • die Aufnahme einer Niederschrift (§ 2250 Abs. 3 Satz 1 BGB),
  • die von den Zeugen unterschrieben werden muss (§ 2250 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Beurkundungsgesetz (BeurkG) und § 2249 Abs. 1 S. 5 BGB).

 

Das Mitwirken von drei und nicht nur von zwei Zeugen ist unerlässlich für die Formwirksamkeit eines Testamentes gemäß § 2250 Abs. 2 BGB. Denn bei einem solchen Nottestament, bei dem wegen naher Todesgefahr weder ein Notar (§ 2232 BGB) noch ein Bürgermeister (§ 2249 BGB) hinzugezogen werden kann, übernehmen drei Zeugen die Beurkundungsfunktion.
Die Zeugen werden

  • hier nicht von einer Beurkundungsperson als zusätzliche Überwachungs-, Schreib- oder Genehmigungszeugen zugezogen,
  • sondern das Testament wird vor ihnen selbst errichtet.

 

Damit treten sie gewissermaßen an die Stelle der Amtsperson und übernehmen die Beurkundungsfunktion. Das bedeutet, dass alle drei Zeugen für die richtige Auffassung der Erklärung des Erblassers verantwortlich sind.
Zu diesem Zweck müssen Sie

  • gemeinsam bei der Erklärung zugegen sein und
  • diese anhören.
  • Darüber hinaus obliegt Ihnen die Verantwortung dafür, dass der erklärte letzte Wille zutreffend im Sinne des Erblassers schriftlich niedergelegt wird.

 

Um das zu gewährleisten, ist die Verlesung der über die letztwillige Erklärung aufzusetzenden Niederschrift angeordnet (§ 2250 Abs. 3 Satz 2 BGB i. V. m. § 13 Abs. 1 BeurkG), damit der Erblasser alsdann zum Ausdruck bringen kann, ob er bei der Abgabe seine Erklärungen richtig verstanden worden ist und ob die angefertigte Niederschrift seinem letzten Willen entspricht.
Ist das der Fall, dann muss der Erblasser die Niederschrift durch ausdrückliche Erklärung oder auf sonstige Weise genehmigen.
Dabei kann sich die Notwendigkeit ergeben, ein Zeichen oder eine Gebärde des Erblassers entweder im Sinne einer Zustimmung oder als Ablehnung zu deuten.
Hierzu sind wiederum anstelle einer Urkundsperson die drei Zeugen berufen, denen damit eine weitere, besondere Kontrollfunktion übertragen ist.

Erst wenn der Erblasser die Niederschrift nach der übereinstimmenden Beurteilung der drei Zeugen genehmigt hat, steht mit der vom Gesetz geforderten Sicherheit fest, dass ihr Inhalt der Erklärung über den letzten Willen entspricht.
Unter diesem Gesichtspunkt ist das Verlesen und die Genehmigung der Niederschrift durch den Erblasser ein ebenso wesentlicher Bestandteil der Testamentserrichtung wie die Abgabe der letztwilligen Erklärung selbst, und der Zweck der gesetzlichen Bestimmung des § 2250 Absatz 2 BGB erfordert demgemäß zur Gültigkeit des Nottestaments in gleicher Weise wie bei der Erklärung des Erblassers auch bei dem Verlesen und der Genehmigung der Niederschrift die Anwesenheit sämtlicher drei Zeugen.
Für diese Mitwirkung der Zeugen

  • genügt es nicht, dass sie die Erklärungen des Erblassers nur hören und richtig wiedergeben können,
  • sondern sie müssen auch die Absicht und das Bewusstsein ihrer gemeinsamen Mitwirkung und Verantwortung bei der Testamentserrichtung gehabt haben.

 

Als mitwirkende Zeugen können deshalb nur Personen gelten,

  • die zur Mitwirkung herangezogen worden sind oder
  • von sich aus ihrer Bereitwilligkeit zur Mitwirkung und die Übernahme der damit verbundenen Verantwortung erklärt haben.

 

Es genügt deshalb nicht, wenn neben zwei mitwirkenden Zeugen eine weitere Person bei der Errichtung des Testamentes zugegen war und die Erklärungen des Erblassers mit angehört hat, wenn sie nicht zugleich das Bewusstsein und den Willen hatte, für den Vorgang als dritter Zeuge mit verantwortlich zu sein.

Haben von den drei mitwirkenden Zeugen nur ein Zeuge oder zwei Zeugen die aufgenommene Niederschrift unterschrieben, dann ist dieser Mangel gemäß § 2250 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 2249 Abs. 6 BGB unschädlich, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass das Testament die Erklärung des Erblassers zuverlässig wiedergibt.
Denn bei der fehlenden Unterschrift eines Zeugen handelt es sich um einen Formfehler, der „bei Abfassung der Niederschrift“ über die Errichtung des Testamentes unterlaufen ist, und der unter den Voraussetzungen des § 2249 Abs. 6 BGB unschädlich ist.

Darauf hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 29.12.2015 – 6 W 93/15 – hingewiesen.

 

Auch bei nachbarschaftlichen Gefälligkeiten ist Haftung nicht ausgeschlossen

Wer absprachegemäß in der urlaubsbedingten Abwesenheit seines Nachbarn die Bewässerung von dessen Hausgarten übernimmt und

  • dabei durch leicht fahrlässiges Verhalten, beispielsweise weil er vergisst den Wasserhahn abzudrehen, einen Wasserschaden verursacht, für den die Gebäude- und Hausratsversicherung des Nachbarn eintritt,
  • kann von der Versicherung in Regress genommen werden.

 

Aus dem Nachbarschaftsverhältnis ergibt sich in diesen Fällen keine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 17.11.2015 – 9 U 26/15 – hingewiesen und in einem Fall wie dem obigen, in dem die Klägerin den bei ihr versicherten Nachbarn aus der Gebäude- und Hausratversicherung für den vom Beklagten verursachten Wasserschaden ca. 7.300 Euro erstattet hatte, entschieden, dass die Klägerin den Erstattungsbetrag von dem haftpflichtversicherten Beklagten ersetz verlangen kann.

Seine Entscheidung hat der Senat damit begründet,

  • dass der Klägerin zwar vertragliche Ansprüche ihres Versicherungsnehmers aus gemäß § 86 VVG übergegangenem Recht nicht zustehen, weil die Übernahme der Bewässerung des Gartens eines Nachbarn während dessen längeren Abwesenheit zu den alltäglichen unentgeltlich erbrachten Gefälligkeiten im Rahmen einer intakten nachbarschaftlichen Gemeinschaft gehört,
  • der Beklagte allerdings deliktsrechtlich nach § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. § 86 VVG für den verursachten Schaden haftet, weil er es versäumt hat, den Wasserhahn zu schließen und
  • ein Haftungsverzicht für leicht fahrlässiges Verhalten nicht angenommen werden kann, da daran weder der Beklagte noch sein Nachbar gedacht hatten.

 

Eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz lasse sich, wie der Senat weiter ausgeführt hat,

  • weder allein aus dem guten Nachbarschaftsverhältnis ableiten,
  • noch kann die von dem Bundesgerichtshof (BGH) entwickelte Rechtsprechung zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers bei leicht fahrlässig verursachten Schäden am Gebäude durch den Mieter auf Fälle der vorliegende Art übertragen werden (BGH, Urteile vom 13.09.2006 – IV ZR 26/04 und IV ZR 116/05 –).

 

Wann haftet Gebäudeversicherer für Frostschäden im unbewohnten Ferienhaus?

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 23.12.2015 – 5 U 190/14 – in einem Fall,

  • in dem ein Eigentümer eines Ferienhauses, nachdem Anfang Februar, als Minustemperaturen im zweistelligen Bereich herrschten, in seinem zu dieser Zeit nicht bewohntem Ferienhaus nach dem Ausfall der Heizungsanlage (Baujahr 2009) mehrere Leitungen und Heizkörper geplatzt waren, es dadurch zu einem erheblichen Wasserschaden gekommen war und
  • der Eigentümer des Ferienhauses deswegen von seinem Gebäudeversicherer Zahlung einer Entschädigung in Höhe von rd. 11.000,-€ verlangt hatte,

 

seiner Klage im wesentlichen stattgegeben.

Der Gebäudeversicherer haftete für den in dem Ferienhaus entstandenen Frostschaden, da aufgrund der Beweisaufnahme feststand,

  • dass die Ventile der Heizkörper zumindest auf der sog. Sternstufe gestanden waren sowie
  • von einem von dem Kläger beauftragten Ehepaar zwei Mal die Woche in dem Ferienhaus alles überprüft, insbesondere auch die Heizungsanlage kotrolliert worden war und

 

der Kläger deshalb nach Auffassung des 5. Zivilsenats des OLG Oldenburg keine vertraglichen Obliegenheiten verletzt hatte.

Der Senat begründete dies damit, dass das Ferienhaus aufgrund der Heizkörperventileinstellung ausreichend beheizt und gegen Frost gesichert und die Heizungsanlage auch ausreichend kontrolliert worden war.
Bei einer Heizungsanlage aus dem Jahr 2009 reicht danach eine zwei Mal wöchentlich erfolgende Kontrolle aus.
Denn eine Heizungsanlage sei nur so häufig zu kontrollieren, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ein reibungsloses Funktionieren gewährleistet werden könne und eine Heizung so häufig zu kontrollieren, dass es auch bei einem plötzlichen Ausfall der Anlage nicht zu einem Frostschaden kommen könne, obliege einem Versicherungsnehmer nicht.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgericht Oldenburg am 18.01.2016 mitgeteilt.

 

Allgemeine Unkostenpauschale bei der Abwicklung von Verkehrsunfallschäden

Typischerweise entstehen durch Unfallereignisse Auslagen wie Telefon-, Porto- und Fahrkosten kleineren Umfangs.
Soweit solche Aufwendungen nicht im Einzelnen belegt werden können, dürfen sie im Rahmen einer Unfallkostenpauschale beansprucht werden.
Dazu, wie hoch diese allgemeine Unkostenpauschale ist, die ein Geschädigter ohne Darlegung der getätigten Aufwendungen beanspruchen, werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten.

 

Pro Unfallereignis kann nur eine Pauschale erstattet werden, ohne dass es auf die Anzahl der bei dem Unfall beschädigten Gegenstände ankommt, da auch in Fällen, wo mehrere Schadensgruppen betroffen sind, keine gesonderten Unkostenpauschalen erstattet werden.

Sofern tatsächlich höhere Kosten entstanden sein sollten, ist es dem Geschädigten unbenommen, seine Unkosten konkret zu belegen und abzurechnen (vgl. hierzu OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.02.2011 – 22 U 162/08 –; AG Brandenburg, Urteil vom 08. Januar 2016 – 31 C 111/15 – und allgemein zur Zuerkennung von Unkostenpauschalen Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 08.05.2012 – VI ZR 37/11 –).

 

Absehen von an sich verwirktem Regelfahrverbot nach qualifiziertem Rotlichtverstoß?

Überquert ein Autofahrer unter Missachtung des schon länger als eine Sekunde andauernden Rotlichts einer Lichtzeichenanlage ohne anzuhalten eine Kreuzung deshalb,

  • weil die für den parallelen Fußgängerverkehr geltende Lichtzeichenanlage bei seiner Annäherung an die Kreuzung auf Grün umgeschaltet und er diese Lichtzeichenanlage mit der für ihn und seine Fahrtrichtung geltende Lichtzeichenanlage verwechselt hat,

 

kann er nicht damit rechnen, dass das deswegen mit Bußgeldbescheid wegen fahrlässig begangener Nichtbeachtung einer schon länger als eine Sekunde andauernden Rotphase einer Lichtzeichenanlage (so genannter qualifizierter Rotlichtverstoß) gemäß § 24 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7; 49 Abs. 3 Nr. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), neben einer Geldbuße, festgesetzte einmonatige Regelfahrverbot im gerichtlichen Verfahren wegfällt.

Darauf hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg im Beschluss vom 22.12.2015 – 3 Ss OWi 1326/15 – hingewiesen.

Für den Wegfall des verwirkten Regelfahrverbots aufgrund eines sogenannten „Augenblicksversagens“ ist danach in einem solchen Fall kein Raum.
Denn ein sog. Augenblicksversagen, welches ein Absehen vom Regelfahrverbot rechtfertigen würde, scheidet in Fällen grober Pflichtverletzung von vornherein aus und im Falle einer Verwechslung einer Fußgängerampel mit der für den fließenden Verkehr maßgeblichen Lichtzeichenanlage kann schlechterdings nur von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden. Bei der Verpflichtung zur Unterscheidung einer Fußgängerampel und der für den Kraftfahrer maßgeblichen Ampel handelt es sich nämlich um eine grundlegende, auch völlig einfach zu erfüllende Mindestanforderung, die ein Verkehrsteilnehmer in jeder Lage ohne weiteres bewältigen muss. Eine derartige Verwechslung lässt – wenn und soweit keine weiteren besonderen Umstände hinzutreten – nur den Schluss auf eine außerordentlich gravierende Pflichtverletzung des Betroffenen zu, bei der ein Absehen vom Regelfahrverbot nicht gerechtfertigt ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 10.08.2015 – 3 Ss OWi 900/15 –).

 

Für mit dem eigenen Internetauftritt verlinkte Inhalte von Internetseiten Dritter

Die Haftung desjenigen, der auf seiner Internetseite einen Hyperlink auf eine Website mit rechtswidrigen Inhalten setzt, richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 18.10.2007 – I ZR 102/05 –)
Stellt das Setzen des Links, weil dadurch die fremde Internetseite für den eigenen werblichen Auftritt genutzt wird, eine geschäftliche Handlung dar, begründet dies allein eine Haftung für die Inhalte der über den Link erreichbaren Internetseite noch nicht.

  • Macht sich derjenige, der den Hyperlink setzt, die Inhalte, auf die er verweist, allerdings zu eigen, haftet er dafür wie für eigene Informationen.

 

Maßgeblich für die Frage, ob man sich mit seinem eigenen Internetauftritt verlinkte Inhalte zu Eigen macht, ist die objektive Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.2009 – I ZR 166/07 –).

  • Darüber hinaus kann derjenige, der seinen Internetauftritt durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten eines Dritten verknüpft,
    • im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer (vgl. zum Urheberrecht BGH, Urteil vom 12.07.2012 – I ZR 18/11 –; zum Persönlichkeitsrecht Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 –) und
    • im Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2007 – I ZR 18/04 –) in Anspruch genommen werden,
    • wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat, die sich aus dem Gesichtspunkt ergeben, dass Hyperlinks die Gefahr der Verbreitung etwaiger rechtswidriger Inhalte erhöhen, die sich auf den Internetseiten Dritter befinden.

 

Ist ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte, sofern er sich diese nicht zu eigen gemacht hat, grundsätzlich erst, wenn

  • er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte
  • selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt.

 

Wer einen Hyperlink setzt, ist bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf der verlinkten Internetseite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um eine klare Rechtsverletzung handelt.

Darauf hat der I. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 18.06.2015 – I ZR 74/14 – hingewiesen.

 

Telefonkarten mit einem Guthaben von 5,11 Euro

Wer von der Deutschen Telekom AG angebotene Telefonkarten mit einem Guthaben von 5,11 Euro erwirbt, auf denen gut gelaunte Menschen in Badebekleidung vor tiefblauem, wolkenlosen Himmel abgebildet sind und die damit beworben werden, dass man mit ihnen in über 80 Ländern der Welt bargeldlos günstig telefonieren könne,

  • darf zwar erwarten, dass die Karte bargeldloses Telefonieren aus dem Auslandsurlaub ermöglicht,
  • aber nicht, das ihm mit dem Kauf einer solchen Karte auch die Möglichkeit versprochen wird, Mehrwert- oder Sonderdienste in Anspruch zu nehmen,

 

so dass, wenn mit ihr keine Sondernummern angewählt werden können, die Telefonkarte auch nicht mangelhaft ist (vgl. § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Das hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 12.01.2016 – 17 O 3451/14 – entschieden.

Begründet hat das LG die Entscheidung u.a. damit, dass das Guthaben der Karte von 5,11 Euro ersichtlich nicht ausreicht, um Sonderdienste, wie etwa die Anwalts-Hotline, sinnvoll nutzen zu können.

Das Urteil des LG Nürnberg-Fürth ist noch nicht rechtskräftig (Quelle Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Nürnberg).

 

Berufung auf ein, das Absehen von einem Regelfahrverbot rechtfertigendes Augenblicksversagen nach Geschwindigkeitsüberschreitung?

Von einem ein Absehen von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot rechtfertigenden sog. Augenblicksversagen kann nur für den Fall

 

Für den Begriff des Augenblicksversagens ist deshalb kennzeichnend,

  • dass es sich um eine gleichsam spontane Fehlreaktion innerhalb eines Verkehrsgeschehens handeln muss.
  • Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn das fragliche Fehlverhalten des Betroffenen jener Fehlreaktion bereits vorgelagert war.

 

Darauf hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg mit Beschluss vom 04.01.2016 – 3 Ss OWi 1490/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • ein Betroffener, der als Führer eines Pkw’s mit Anhänger die nach § 3 Abs. 3 Nr. 2a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) außerhalb geschlossener Ortschaften zulässige Höchstgeschwindigkeit von lediglich 80 km/h um 40 km/h überschritten und
  • sich im gerichtlichen Verfahren gegen das mit Bußgeldbescheid gegen ihn, neben einer Geldbuße, gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbotes wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (BKatV) i.V.m. lfd. Nr. 11.1.7 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV sowie § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV wegen grober und beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verhängte einmonatige Regelfahrverbot damit verteidigt hatte, geglaubt zu haben, mit dem von ihm ausgeliehenen Anhänger 100 km/h fahren zu dürfen, weil an diesem ein entsprechendes Schild angebracht gewesen sei,

 

entschieden, dass dieser Irrtum des Betroffenen über die erlaubte Höchstgeschwindigkeit bei der Übernahme des Anhängers deshalb kein so genanntes Augenblicksversagen darstellte, welches ein Absehen von dem Regelfahrverbot unter gleichzeitiger Erhöhung des als Regelsatz vorgesehenen Bußgeldes rechtfertigen kann, weil

  • in der Zulassungsbescheinigung eine Eintragung der 100-km/h-Zulassung nicht erfolgt war, der Betroffene die insoweit gebotene Überprüfung der Fahrzeugpapiere unterlassen hatte und
  • das Fehlverhalten des Betroffenen somit bereits bei Übernahme des Anhängers gegeben war.

 

Patienten haben Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen

Patienten haben Anspruch darauf, dass der Arzt gegen Kostenerstattung lesbare Kopien von den kompletten Patientenunterlagen fertigt und ihnen zur Verfügung stellt bzw. mit ihrem Einverständnis an die Versicherung herausgibt.
Ein Zurückbehaltungsrecht an den Unterlagen wegen einer noch offenen Behandlungsrechnung hat der Arzt nicht.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 06.03.2015 – 243 C 18009/14 – entschieden.

Wie das AG ausgeführt hat, haben Patienten Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen, ohne dass dafür ein besonderes Interesse dargelegt werden muss.
Erfüllt ist der Anspruch auf Herausgabe der Patientenunterlagen in Kopie nur, wenn der Arzt sämtliche Unterlagen in lesbarer Kopie gegen Kostenerstattung zur Verfügung stellt.

Ein Zurückbehaltungsrecht an den Unterlagen wegen einer noch offenen Behandlungsrechnung besteht nicht, da die Patientenunterlagen mitunter gerade die Feststellung eines Behandlungsfehlers ermöglichen sollen, aufgrund dessen die Zahlung der Rechnung durch die Versicherte oder die Klägerin verweigert wird.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 15.01.2016 – 04/16 – mitgeteilt.