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Wenn ein Fahrzeug im Internet als „scheckheftgepflegt“ beschrieben worden ist

Wer als Privatperson einen PKW als „scheckheftgepflegt“ anbietet, muss sich dies später beim Verkauf an eine Privatperson als Beschaffenheitsvereinbarung zurechnen lassen mit der Folge, dass ein vereinbarter Gewährleistungsausschluss insoweit nicht greift.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 05.05.2015 – 191 C 8106/15 – in einem Fall entschieden,

  • in dem die Klägerin von dem Beklagten einen gebrauchten VW Polo unter Ausschluss der Sachmängelhaftung zum Preis von 1950 Euro gekauft hatte, der von dem Beklagten zuvor auf einer Internetplattform als mit einer Motorleistung von 55 kW sowie „scheckheftgepflegt“ angeboten und
  • bei dem nachfolgend festgestellt worden war, dass die Motorleistung nur 44 kW betrug und das Fahrzeug nicht scheckheftgepflegt war.

 

Den Rücktritt der Klägerin vom Kaufvertrag erachtete das AG München als berechtigt.

Danach konnte die Klägerin die Rückabwicklung verlangen, weil das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies und damit mangelhaft war (§ 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Nach Auffassung des AG lag hinsichtlich der Eigenschaft „scheckheftgepflegt“ und der Motorleistung eine Beschaffenheitsvereinbarung, so dass sich der beklagte Verkäufer nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen konnte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 23.10.2015 – 70/15 – mitgeteilt.

 

Berechnung der für die Ausgleichsleistung maßgeblichen Flugentfernung bei mehrgliedriger Flugverbindung

Steht einem Fluggast, der beispielsweise einen Flug von Düsseldorf nach Zürich und sodann weiter von Zürich nach Valencia gebucht hatte, gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung – FluggastrechteVO) zu,

  • weil der durchzuführende Flug von Düsseldorf nach Zürich annulliert, der Fluggast sodann auf die Flüge von Düsseldorf nach Ibiza und von Ibiza nach Valencia umgebucht worden war und den Flughafen Valencia, den er ursprünglich planmäßig um 14:00 Uhr hätte erreichen sollen, erst mit einer Verspätung von 6 Stunden erreicht hatte,

 

ist die Flugentfernung, nach der sich die zu zahlende Entschädigungsleistung richtet,

  • nach der Methode der Großkreisentfernung zu ermitteln (vgl. Art. 7 Abs. 4 FluggastrechteVO)
  • durch Addition der Einzelstrecken von Düsseldorf nach Zürich und von Zürich nach Valencia.

 

Das hat das Amtsgericht (AG) Düsseldorf mit Urteil vom 28.09.2015 – 45 C 21/15 – entschieden.

 

Bei Streit über Berechtigung zur Mietminderung wegen Feuchtigkeitserscheinungen

Streiten ein Wohnungsmieter und sein Vermieter darüber,

  • ob eine Mietminderung des Mieters gemäß § 536 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen angezeigter Feuchtigkeits- und Schimmelerscheinungen in verschiedenen Räumen der Wohnung berechtigt war und
  • hat der Vermieter den Mieter auf Zahlung des geminderten Mietzinses verklagt, weil er, im Gegensatz zum Mieter, der die Schäden als bauwerkbedingt ansieht, der Auffassung ist, dass die Schäden auf ein nutzungsbedingtes Verhalten des Mieters wegen der hohen Luftfeuchtigkeit zurückzuführen sind und eine Mietminderung infolgedessen ausscheidet,

 

muss der Vermieter zunächst beweisen, dass kein Baumangel vorliegt.

Diesen Beweis hat der Vermieter erbracht, wenn feststeht, dass das Gebäude, in dem die von dem Mieter angemietete Wohnung liegt,

  • mangelfrei errichtet wurde, d.h., den zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden gesetzlichen Vorschriften entspricht und
  • auch keine sonstigen Baumängel vorliegen.

 

Liegt bauseits kein Mangel vor, muss der Mieter beweisen,

  • dass die Feuchtigkeits- und Schimmelerscheinungen nicht durch ein nutzungsbedingtes Fehlverhalten verursacht wurden.

 

Dieser Beweis ist vom Mieter dann nicht erbracht,

  • wenn er durch ein zumutbares Nutzungsverhalten den Eintritt der Mängel hätte vermeiden können.

 

Das ist auch dann der Fall,

  • wenn aufgrund neuerer und modernerer Berechnungsmethoden, die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes noch nicht bekannt waren, festgestellt wird, dass das Gebäude zwar durchaus schimmelgefährdet ist,
  • aber, trotz des schimmelgefährdeten Zustandes der Schadenseintritt leicht und einfach dadurch hätte vermieden werden können,
    • dass die Wohnung nach dem morgendlichen Lüften etwa alle weitere acht Stunden gelüftet wird und
    • zusätzlich bei hohem Feuchtigkeitsanfall zum Beispiel durch Kochen und Baden ein unverzüglicher Luftaustausch durch Lüften stattfindet.

 

Denn ein solches Verhalten ist zumutbar und kann von einem Mieter verlangt werden.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Dortmund mit Urteil vom 29.09.2015 – 425 C 7665/14 – hingewiesen.

 

Produktpräsentation im Internet mit der ein Kunde zur Abgabe eines konkreten Angebots aufgefordert werden soll

Ein Händler, der auf der Angebotsseite seines Online-Shops ein Elektrofahrrad

  • mit dem Hinweis „nur noch wenige Exemplare auf Lager“ und
  • einer in Aussicht gestellten Lieferzeit von 2-4 Tagen anbietet,

 

muss das beworbene Rad

  • entweder selbst oder
  • abrufbar bei einem Dritten,

 

zur Lieferung innerhalb der beworbenen Lieferfristen vorrätig haben.
Ansonsten handelt es sich um eine wettbewerbswidrige unzulässige Lockvogelwerbung.

Darauf hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 11.08.2015 – 4 U 69/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Händler das von einem Kunden nachgefragte Elektrofahrrad nicht vorrätig hatte und auch nicht kurzfristig beschaffen konnte.

Wie der Senat ausgeführt hat, ist es einem Unternehmer, der bestimmte Waren oder Dienstleistungen in einem angemessenen Zeitraum nicht in angemessener Menge zur Verfügung stellen kann, untersagt,

  • diese Waren oder Dienstleistungen zu einem bestimmten Preis anzubieten oder
  • Kunden durch Produktpräsentationen im Internet zur Abgabe eines konkreten Angebots aufzufordern,

 

ohne den Kunden auf seinen fehlenden Warenvorrat hinzuweisen und mit dem Hinweis im Angebot darauf, dass „nur noch wenige Exemplare auf Lager“ seien,

  • werde der Kunde nicht über einen fehlenden Warenvorrat aufgeklärt,
  • sondern der Eindruck erweckt, dass der Anbieter tatsächlich noch über entsprechende Waren – wenn auch nur wenige – verfüge und der Kunde animiert mit einer Kaufentscheidung nicht mehr allzu lange zu warten.

 

Die Kontrollbetreuung

Nach § 1896 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden.
Mit dieser so genannten Kontrollbetreuung kann

  • im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden,
  • wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist,

 

Eine Kontrollbetreuung darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist.
Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall bestellt hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden, kann das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen.

 

Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist,

  • weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder
  • wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen.

 

Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht

  • ist nicht erforderlich.
  • Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt.

 

Soll dem Kontrollbetreuer auch der Aufgabenkreis Vollmachtwiderruf übertragen werden, setzt dies tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen

  • mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und
  • in erheblicher Schwere befürchten lässt.

 

Sind

  • behebbare Mängel bei der Vollmachtausübung festzustellen,
  • erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch, durch einen zu bestellenden (Kontroll-)Betreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) sowie die Ausübung bestehender Weisungsrechte.
     

Nur

  • wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder
  • es aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheint, drohende Schäden auf diese Weise abzuwenden,

 

ist die Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf, der die ultima ratio darstellt, verhältnismäßig (BGH, Beschluss vom 28.07.2015 – XII ZB 674/14 –).

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 23.09.2015 – XII ZB 624/14 – hingewiesen. 

 

Muss Bankkunde für Ausstellung einer Ersatzkarte zahlen?

Die Entgeltklausel für die Ausstellung einer Ersatzkarte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank ist unwirksam.

Das hat der unter anderem für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.10.2015 – XI ZR 166/14 – in einem Fall entschieden, in dem eine Bank wegen einer in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis in Bezug auf Zahlungsverkehrskarten enthaltenen Klausel, nach der

  • das Entgelt für eine „Ersatzkarte auf Wunsch des Kunden (Entgelt für Ausstellung der Karte)“ 15 € betragen,
  • dieses Entgelt allerdings nur zu entrichten sein sollte, wenn die Notwendigkeit der Ausstellung der Ersatzkarte ihre Ursache nicht im Verantwortungsbereich der Bank hat,

 

von einem Verbraucherschutzverband auf Unterlassung verklagt worden war.

Unwirksam ist eine solche nach § 307 Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Inhaltskontrolle unterliegende Klausel nach der Entscheidung des Senats deshalb, weil

  • nach der umfassend formulierten Regelung – die sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach auf sämtliche Fälle bezieht, in denen der Kunde bei der Beklagten wegen der Ausstellung einer Ersatzkarte vorstellig wird – die Bank auch dann die Zahlung des Entgelts in Höhe von 15 € verlangen kann, wenn die Ausgabe der Ersatzkarte notwendig geworden ist, wegen der vereinbarungsgemäß erfolgten Sperrung der Erst- bzw. Originalkarte nach § 675k Abs. 2 BGB infolge eines vom Kunden gemäß § 675l Satz 2 BGB angezeigten Verlustes oder Diebstahls,
  • die Bank (Zahlungsdienstleister) in einem solchen Fall nach der Sperrung der Erstkarte und Wegfall der Sperrgründe aber gemäß § 675k Abs. 2 Satz 5 BGB die gesetzliche Nebenpflicht trifft, dem Kunden ein neues Zahlungsauthentifizierungsinstrument (Zahlungskarte) auszustellen,
  • sie mit der Entgeltforderung dafür von der gesetzlichen Vorgabe des § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB abweicht, nach der der Zahlungsdienstleister mangels gesetzlicher Anordnung für die Erfüllung dieser gesetzlichen Nebenpflicht kein Entgelt verlangen kann und

 

ABGs, die zum Nachteil der Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, diese zugleich mit der Folge ihrer Unwirksamkeit unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 20.10.2015 – Nr. 177/2015 – mitgeteilt.

 

Fristlose Kündigung gerechtfertigt, wenn Fitness-Club in anderen Stadtteil umzieht?

Einem Kunden eines Fitness-Clubs steht bei einer Verlegung der Räume des Fitness-Studios in ein anderes Stadtgebiet ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund zu,

  • wenn die Erreichbarkeit der neuen Räume von ihm einen derartigen Mehraufwand an Zeit und ggf. auch Geld erfordern,
  • dass ihm das Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.

 

Das hat das Amtsgericht (AG) Brandenburg mit Urteil vom 15.10.2015 – 34 C 5/15 – entschieden.

Wie das AG ausgeführt hat, handelt es sich bei einem Fitness-Studio-Mitgliedsvertrag,

 

um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem dem Kunden grundsätzlich ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zusteht.
Insofern kommt in den Vorschriften der §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und § 314 Abs. 1 BGB der von Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zusteht (BGH, Urteile vom 07.03.2013 – III ZR 231/12 – und vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).

  • Dieses Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann auch nicht durch eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).
  • Schließt eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses zwar nicht gänzlich aus, knüpft dieses aber an zusätzliche Voraussetzungen, die geeignet sein können, den Vertragspartner des Verwenders von der Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts abzuhalten, führt dies ebenfalls zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden und damit zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH, Urteile vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 – und vom 03.07.2000 – II ZR 282/98 –).

 

Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen dem Vertragspartner nämlich nicht solche Rechte entziehen oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat (BGH, Urteile vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 – und vom 23.04.2010 – LwZR 15/08 –).

  • Insofern wäre also auch eine allgemeine Vertragsklausel unwirksam, wonach bei einer Verlegung des Fitness-Studios in andere Räume im Stadtgebiet eine Kündigung ausgeschlossen wäre.

 

Auch derartige Vertrags-Klauseln würden – jedenfalls in ihrer dem Kunden ungünstigsten Auslegung – das nach allgemeiner Meinung nicht abdingbare Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages ausschließen und schon deshalb der Inhaltskontrolle nicht Stand halten.

Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann,

  • was im Allgemeinen grundsätzlich schon dann anzunehmen ist, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen.
  • Lediglich wenn der Kündigungsgrund aus Vorgängen hergeleitet wird, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung (BGH, Urteile vom 07.03.2013 – III ZR 231/12 –; vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –; vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 – und vom 09.03.2010 – VI ZR 52/09 –).
  • Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen.

 

Ein Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt,

  • trägt zwar grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können, so dass ein Umzug eines Kunden – etwa aus familiärer oder beruflicher Veranlassung – prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt (BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).
  • Werden jedoch die Räume des Fitness-Studios in einen anderen Stadtteil verlegt, liegen die Gründe hierfür allein in der Sphäre des Studiobetreibers und sind von dem Kunden – als dem kündigenden Vertragsteil – nicht beeinflussbar.

 

Zwar kann eine Verlegung der Räume des Fitness-Studios innerhalb des Gebiets einer Stadt für Kunden noch zumutbar sein.
Andererseits kann die Erreichbarkeit der neuen Räume, wegen der Größe eines Stadtgebiets – insbesondere unter Berücksichtigung wohin die Verlegung des Fitness-Studios erfolgt und woher der Kunde kommt und ob der Kunde das Fitness-Studio in seiner relativ kurzen Mittagspause nutzen wollte – aber auch von einem Kunden einen derartigen Mehraufwand an Zeit und ggf. Geld erfordern, dass diesem das Festhalten an dem Vertrag dann nicht mehr zugemutet werden kann.

 

Wenn während eines Zivilrechtsstreits eine Partei ein Privatgutachten einholt

Die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenauslagen für die Einholung von Privatgutachten während des Rechtsstreits richtet sich nach § 91 Abs. 1 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Sie sind daher lediglich in dem Umfang zu erstatten, in dem sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.

Bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten ist im Wege einer „ex-ante-Betrachtung“ zu klären, ob eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme als sachdienlich ansehen durfte (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 20.12.2011 – VI ZB 17/11 –).
Danach ist die Beauftragung eines privaten Gutachters dann als sachdienlich anzusehen, wenn

  • eine Partei ohne Einholung der Stellungnahme des Sachverständigen nicht ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, die Ausführungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen zu erschüttern und
  • sie, hätte sie dies nicht wenigstens teilweise erreicht, mit einer für sie nachteiligen Entscheidung hätte rechnen müssen.

 

Darauf hat das Landgericht (LG) Krefeld mit Beschluss vom 28.09.2015 – 3 O 118/12 – hingewiesen.

 

Die persönliche Anhörung eines Betreuten im Beschwerdeverfahren

Nach § 278 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) hat das Gericht den Betroffenen vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören.
Die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 11.08.2010 – XII ZB 171/10 –).
Allerdings darf das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn

  • diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und
  • von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.N

 

Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn

  • die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliegt,
  • sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtlichen Gesichtspunkte ergeben,
  • das Beschwerdegericht das in den Akten dokumentierte Ergebnis der erstinstanzlichen Anhörung nicht abweichend werten will und
  • es auf den persönlichen Eindruck des Gerichts von dem Betroffenen nicht ankommt (BGH, Beschluss vom 02.03.2011 – XII ZB 346/10 –).

 

Von einer erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren sind in der Regel jedoch dann neue Erkenntnisse zu erwarten, wenn

  • der Betroffene im Beschwerdeverfahren erstmals den Wunsch äußert, ihm einen bestimmten Betreuer zu bestellen (vgl. BGH, Beschluss vom 16.03.2011 – XII ZB 601/10 –).
  • Gleiches gilt, wenn der Betroffene im erstinstanzlichen Verfahren zur Person des Betreuers nicht angehört worden ist und sich für das Beschwerdegericht Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Betroffene mit seinem Rechtsmittel auch das Ziel eines Betreuerwechsels verfolgt, er also beispielsweise erklärt, dass falls die Betreuung auf seine Beschwerde nicht aufgehoben wird, er zumindest eine andere Person als Betreuer möchte.  

 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 23.09.2015 – XII ZB 498/14 – hingewiesen. 

 

Wegen Veröffentlichung von pornografischen Fotomontagen im Internet

Ein Mann muss seiner Schwägerin, wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts, 15.000,- € Schmerzensgeld zahlen, weil er im Internet Fotomontagen veröffentlicht hatte, auf denen das Gesicht seiner Schwägerin und die teil- oder vollständig entblößten Körper nackter Frauen in pornografischen Posen zu sehen waren.

Das hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 02.03.2015 – 5 O 3400/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Klägerin, nachdem sie darauf aufmerksam gemacht worden war, dass pornografische Darstellungen ihrer Person auf verschiedenen Websites im Internet veröffentlicht seien, ihren Schwager, den Beklagten, verdächtigt und gegen ihn Strafanzeige erstattet sowie Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben.

Konkrete Beeinträchtigungen infolge der pornografischen Internetveröffentlichung  (z.B. Telefonanrufe oder Klingeln an der Haustür), die ein 15.000,- € übersteigendes Schmerzensgeld hätten rechtfertigen können, waren der Klägerin (glücklicherweise) erspart geblieben.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 19.10.2015 mitgeteilt.