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Wenn eine Vorsorgevollmacht von dem Betroffenen widerrufen wird

Ist zweifelhaft, ob eine Vorsorgevollmacht wirksam widerrufen worden ist, können die Angelegenheiten des Betroffenen durch den Bevollmächtigten wegen der dadurch bedingt eingeschränkten Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr regelmäßig nicht ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 19.08.2015 – XII ZB 610/14 – hingewiesen.

Wie der Senat ausgeführt hat, darf ein Betreuer gemäß § 1896 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zwar nicht bestellt werden, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.

 

Das gilt auch dann, wenn die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung nach den getroffenen Feststellungen außer Frage steht, es aber zweifelhaft ist,

  • ob sie von dem Betroffenen wirksam widerrufen worden ist,
  • weil zumindest begründete Zweifel daran bestehen, dass der Betroffene zur Zeit des Widerrufs geschäftsfähig war.

 

Zwar bleibt von diesen Zweifeln die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung unberührt. Jedoch können die Angelegenheiten des Betroffenen auch in einem solchen Fall durch einen Bevollmächtigten nicht ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden. Denn die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr wird durch ihren Widerruf auch dann eingeschränkt, wenn Zweifel an der Wirksamkeit des Widerrufs verbleiben.

 

Außerordentliche Kündigung eines Sicherheitsmitarbeiters

Einem Sicherheitsmitarbeiter kann fristlos gekündigt werden, wenn er die ihm obliegende Ausgangskontrolle in einem besonders zu sichernden Bereich während eines erheblichen Zeitraums verlässt.

Darauf hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 09.09.2015 – 17 Sa 810/15 – hingewiesen und die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers in einem Fall für rechtswirksam erklärt, in dem der Arbeitnehmer,

  • der bei der Kontrolle des Ausgangs des Produktionsbereichs einer Münzprägeanstalt eingesetzt war und die Mitarbeiter, die den Produktionsbereich durch das dortige zu öffnende Drehkreuz dann einer Personenkontrolle unterziehen sollte, wenn ein Zufallsgenerator das Drehkreuz sperrte,

 

den Zufallsgenerator ausgeschaltet und den Kontrollbereich, ohne für einen Ersatz zu sorgen, für längere Zeit verlassen hatte.  

Das hat die Pressestelle des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg mitgeteilt (Nr. 31/2015).

 

Gartenhaus auf Sondernutzungsfläche eines Wohnungseigentümers?

Ein Gartenhaus darf in der Regel nur mit Genehmigung der Wohnungseigentümergemeinschaft auf einer Sondernutzungsfläche aufgestellt werden.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom16.10.2014 – 483 C 2225/14 WEG – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem von dem Eigentümer einer Erdgeschosswohnung auf seiner Sondernutzungsfläche im Garten ein Gartenhäuschen mit den Maßen 1,3 Meter auf 1,8 Meter auf 2,05 Meter sowie eine mobile Holzterrasse mit 1,2 Meter auf 2 Meter aufgestellt worden war, obwohl die übrigen Wohnungseigentümer bei einer Eigentümerversammlung ihre Zustimmung dazu verweigert hatten,
  • auf die Klage eines anderen, im Obergeschoss wohnenden Mitgliedes der Wohnungseigentümergemeinschaft, von dem geltend gemacht worden war, dass durch das Gartenhaus die Optik des Anwesens beeinträchtigt sei und ihn die intensive Nutzung des Gartens bei der Arbeit zu Hause störe,

 

entschieden, dass das Gartenhaus samt Terrasse von dem beklagten Eigentümer der Erdgeschosswohnung wieder entfernt werden muss, weil dieser mit der Errichtung des Gartenhauses und der Terrasse seine Pflichten als Wohnungseigentümer verletzt hat. 

Seine Entscheidung begründet hat das AG München damit, dass es sich bei dem Aufstellen des Gartenhauses und der Terrasse um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) gehandelt hat, die (auch) der Zustimmung des Klägers bedurft hätte, weil dieser durch den Bau nicht unerheblich beeinträchtigt ist.
Die Feststellungen des AG hatten nämlich ergeben, dass   

  • durch das Gartenhaus und die Terrasse das äußere Erscheinungsbild des gemeinschaftlichen Eigentums verändert wurde und
  • abgesehen davon, auch die mit Hilfe der mobilen Terrasse von dem Beklagten beabsichtigte intensivere Nutzung des Gartens mit erhöhten Lärmbeeinträchtigungen verbunden war.

 

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 09.10.2015 – 64/15 – mitgeteilt.

 

Blutentnahme ohne richterliche Anordnung verwertbar?

Das Amtsgericht (AG) München hat in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels mit Urteil vom14. 04.2015 – 953 OWi 434 Js 211506/14 – entschieden, dass das Ergebnis einer ohne richterliche Anordnung entnommenen Blutprobe dann verwertet werden kann,

  • wenn die Anordnung der Blutentnahme nicht unter willkürlicher Umgehung der richterlichen Entscheidungsbefugnis erfolgt ist,
  • sondern aufgrund sachlicher Erwägungen.

 

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte

  • der bei einer am Vormittag stattgefundenen Verkehrskontrolle wegen seiner zitternden und schwitzenden Hände sowie seiner geröteten und glasigen Augen aufgefallene Betroffene auf Frage Cannabiskonsum eingeräumt, zunächst auch freiwillig in eine Blutentnahme eingewilligt, diese dann aber eineinhalb Stunden später im Institut für Rechtsmedizin verweigert und
  • dort der Polizeibeamte deshalb die sofortige Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen mit der Begründung angeordnet, dass wegen des Zeitverlustes bei Einholung der richterlichen Entscheidung und der Verzögerung der Blutentnahme der Beweiswert gefährdet würde, da sich der Wirkstoff im Blut abbaut.

 

Da das Ergebnis der Blutprobe eine THC-Konzentration von 7,6 µg/l (Wirkstoff Konzentration) im Blut des Betroffenen ergeben hatte, verurteilte das AG den Betroffenen zu einer Geldbuße von 500 Euro und verhängte gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot

Die Verwertbarkeit des Ergebnisses der ohne eine richterliche Anordnung entnommenen Blutprobe, der der Betroffene widersprochen hatte, begründete das AG München damit,

  • dass die polizeiliche Anordnung der Blutentnahme nicht unter willkürlicher Umgehung der richterlichen Entscheidungsbefugnis erfolgt, also die Entscheidung nicht willkürlich dem Richter entzogen worden,
  • sondern das Absehen vom Einholen einer richterlichen Anordnung der Blutentnahme maßgeblich aufgrund der sachlichen Erwägung, dass der Beweiswert durch weitere Verzögerungen gefährdet würde, erfolgt war und
  • nach §§ 81a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO), 46 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) die Anordnung der Blutentnahme bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch den Polizeibeamten zusteht.

 

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 12.10.2015 – 65/15 – mitgeteilt.

 

Keine Haftung für Schäden bei gemeinsamer Baumfällaktion

Verabreden sich Bekannte zur Durchführung von gemeinsamen Baumfällarbeiten, bei denen sie nach einem gemeinsamen, zuvor besprochenen Plan arbeitsteilig vorgehen,

  • so haftet ein Teilnehmer auch dann nicht für Schäden, die der andere Teilnehmer an einer solchen gemeinsamen Aktion erleidet,
  • wenn er die Schäden durch fahrlässiges Verhalten (mit)verursacht hat.

 

Darauf hat die 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 17.09.2015 – 11 U 141/14 – hingewiesen und die Klage eines Mannes auf Schadensersatz und Schmerzensgeld abgewiesen, der infolge fahrlässigen Verhaltens des beklagten anderen Teilnehmers an einer gemeinsamen Baumfällaktion aus 8 Metern Höhe gestürzt war und sich dabei schwer verletzt hatte.

Dass in diesem Fall der eine Teilnehmer dem anderen nicht haftet, obwohl er fahrlässig gehandelt und dadurch den Unfall des anderen mitverursacht hatte, hat der Senat damit begründet,

  • dass eine gemeinsam geplante gefährliche Handlung vorlag, bei der der Beklagte sich an den Plan gehalten hatte und
  • ihm deshalb der Schaden des Klägers nicht zuzurechnen ist.

 

Danach verletzt, wer aus freiem Entschluss und eigener Sorglosigkeit sich einer gemeinsamen Absprache gemäß in eine gefährliche Situation begibt und es allein in der Hand hat, diese gefährliche Arbeitsweise jederzeit zu beenden, das aus dem Gebot von Treu und Glauben folgende Verbot des Selbstwiderspruches, wenn er

  • die finanziellen Folgen seiner Körperverletzung teilweise auf den anderen Teilnehmer abwälzen will,
  • obwohl dieser durch sein Verhalten keinen der abgesprochenen Arbeitsteilung widersprechenden zusätzlichen Gefahrenkreis geschaffen hat.

 

Das hat die Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts am 12.10.2015 – 13/2015 – mitgeteilt.

 

Schüsse auf fahrende Fahrzeuge

Weil ein 59-jähriger Berufs-Lkw-Fahrer auf Autobahnen

  • in insgesamt 112 Fällen aus seinem fahrenden Lkw heraus Schüsse mit scharfen Waffen auf andere, in dieselbe oder die entgegengesetzte Fahrtrichtung fahrende Fahrzeuge, insbesondere auf Ladungen von Autotransportern und Aufliegern von Lkws abgegeben, diese dabei auch jeweils getroffen hatte und
  • das Gericht davon überzeugt war, dass er in 4 Fällen davon, auf Grund der zur Tatzeit bestehenden Verkehrssituation das Risiko eines Fehlschusses erkannt sowie nicht nur in Kauf genommen hatte, den arglose Fahrer oder Beifahrer des beschossenen Fahrzeugs möglicherweise direkt zu treffen, sondern auch, dass der Fahrer durch den Schuss erschrecken, das Steuer des Fahrzeugs verreißen und entweder durch den Schuss selbst oder durch einen Unfall zu Tode kommen könnte,

 

ist er schuldig gesprochen worden, des versuchten Heimtückemordes in vier Fällen und des Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie der Sachbeschädigung in 108 Fällen.

Dass der Schütze sich (auch) des versuchten Mordes schuldig gemacht hat, hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 16.07.2015 – 4 StR 117/15 – bestätigt und die gegen diesen Schuldspruch gerichtete Revision des Schützen verworfen.
Über die Höhe der gegen ihn zu verhängenden Strafe muss jedoch neu verhandelt werden (vgl. auch Pressemitteilung des BGH vom 08.10.2015 – Nr. 171/2015 –).

 

Keine Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld durch Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung, mit der der Arbeitgeber aufgrund des höheren Stundenlohnes nach dem Mindestlohngesetz bisher gezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld streichen will, ist unwirksam.

Darauf hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg mit Urteilen vom 02.10.2015 – 9 Sa 570/15, 9 Sa 569/15, 9 Sa 591/15 sowie 9 Sa 1727/15 – hingewiesen und in vier Fällen,

  • in denen in Arbeitsverträgen neben dem Stundenlohn eine von der Betriebszugehörigkeit abhängige Sonderzahlung zum Jahresende in Höhe eines halben Monatsentgelts, teilweise mit Kürzungsmöglichkeit im Falle von Krankheitszeiten, sowie ein zusätzliches Urlaubsgeld für die Zeit gewährten Urlaubs vereinbart war und
  • diese Leistungen durch eine Änderungskündigungen gestrichen und stattdessen Stundenlöhne in Höhe des Mindestlohns bzw. geringfügig darüber gezahlt werden sollten,

 

entschieden, dass die Änderungskündigen unwirksam sind.

Seine Entscheidung begründete das LArbG Berlin-Brandenburg damit,

  • dass es sich jedenfalls bei dem zusätzlichen Urlaubsgeld sowie abhängig von der Vertragsgestaltung auch bei der Sonderzuwendung, um Leistungen handelte, die nicht im engeren Sinne der Bezahlung der Arbeitsleistung dienen, sondern um eine zusätzliche Prämie,
  • diese Leistungen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden können, sondern den Beschäftigten zusätzlich zustehen und
  • eine Änderungskündigung zwecks Streichung dieser Leistungen voraussetze, dass andernfalls der Fortbestand des Betriebes mit den vorhandenen Arbeitsplätzen gefährdet sei, was nicht habe festgestellt werden können.

 

Das hat die Pressestelle des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg am 08.10.2015 – Nr. 32/2015 – mitgeteilt.

 

Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 62 FamFG in einer Unterbringungssache

Für die Feststellung nach § 62 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist kein Raum,

  • wenn das Vorliegen des Rechtsfehlers noch vor Eintritt der Erledigung jedenfalls inzident festgestellt worden ist,
  • was auch dann zu bejahen ist, wenn das Beschwerdegericht einen Verfahrensfehler erkannt und geheilt hat.

 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 02.09.2015 – XII ZB 226/15 – hingewiesen.

Wie der Senat ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG dem Umstand Rechnung getragen, dass im Einzelfall trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels ein Bedürfnis nach einer gerichtlichen Entscheidung fortbestehen kann, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage besonders geschützt ist.

  • Gerade in Fällen schwerwiegender Grundrechtseingriffe oder konkret zu erwartender Wiederholung (§ 62 Abs. 2 FamFG) soll die Klärung von Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung nicht daran scheitern,
  • dass das für die Rechtsverfolgung grundsätzlich erforderliche Rechtsschutzinteresse wegen Erledigung, etwa zeitlichem Ablauf einer Genehmigung, entfallen ist.

 

Die Regelung des § 62 Abs. 1 FamFG eröffnet dem Betroffenen mithin die Möglichkeit,

  • eine gerichtliche Feststellung der Rechtslage zu erhalten,
  • obwohl in der Hauptsache selbst – aufgrund der Erledigung – keine Regelung mehr möglich ist.

 

Demnach ist für die Feststellung nach § 62 Abs. 1 FamFG dann kein Raum, wenn das Vorliegen des Rechtsfehlers noch vor Eintritt der Erledigung jedenfalls inzident festgestellt worden ist, was auch dann zu bejahen ist, wenn das Beschwerdegericht einen Verfahrensfehler erkannt und geheilt hat. 

 

Fahreignungsbegutachtung bei Alkoholproblematik

Nach § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 46 Abs. 1 und 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend und ohne Ermessensbetätigung zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen.

  • Ermächtigt § 46 Abs. 1 FeV zur Entziehung der Fahrerlaubnis somit erst, wenn die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen ist,
  • enthält § 46 Abs. 3 FeV im Vorfeld dieser Entscheidung und mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Bestehens dieser Eignung.

 

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV).

  • Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV).

 

Ein Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens

  • formell und materiell rechtmäßig,
  • insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist bzw. war (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 05.07.2001 – 3 C 13.01 –; vom 09.06.2005 – 3 C 25.04 – und vom 10.12.2013 – 10 S 2397/12 –).

 

Darauf und dass bei den von der Fahrerlaubnisbehörde heranzuziehenden Rechtsgrundlagen für die Fahreignungsbegutachtung je nach Fallgestaltung zu differenzieren ist, hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Beschluss vom 08.09.2015 – 10 S 1667/15 – hingewiesen.

  • Danach kommt, wenn die Fahreignungsbegutachtung dazu dient, abzuklären, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV in Betracht (Anschluss an Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 24.08.2010 – 11 CS 10.1139 –). Denn die Diagnose von Alkoholabhängigkeit erfordert nur die Feststellung von in der Gegenwart bzw. in der Vergangenheit liegenden Tatsachen, ohne dass es einer Prognose des künftigen Verhaltens des Probanden bedarf (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 09.12.2014 – 11 CS 14.1868 –).
  • Ist dagegen über die Frage der (Wieder)Erlangung der Fahreignung nach vorausgegangener Alkoholabhängigkeit zu befinden und soll durch die Begutachtung festgestellt werden, ob eine in der Vergangenheit alkoholabhängige Person die Fahreignung deshalb wiedererlangt hat, weil sie (jedenfalls) jetzt nicht mehr alkoholabhängig ist, ist Rechtsgrundlage für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e 2. Alt. FeV.

 

Wenn sich ein zivilrechtliches Unterbringungsverfahren während des Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache erledigt

Der Anspruch auf ein faires Verfahren gebietet es, einen anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen eines zivilrechtlichen Unterbringungsverfahrens

 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 02.09.2015 – XII ZB 138/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die Erledigung der zivilrechtlichen Unterbringung durch Zeitablauf bereits zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung eingetreten war, so dass der Betroffene schon im Beschwerdeverfahren einen Antrag nach § 62 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) hätte stellen müssen, weil damit die Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung der amtsgerichtlichen Unterbringungsgenehmigungsentscheidung unzulässig geworden war,

 

entschieden,

  • dass das Fehlen des erforderlichen Feststellungsantrags dem Beschwerdezurückweisungsbeschluss dann nicht die Rechtswidrigkeit nimmt, wenn das Beschwerdegericht es versäumt hat, einen anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen auf die Möglichkeit hinzuweisen, seinen Antrag umzustellen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringungsanordnung.